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BFH 12.05.2011 - V R 50/10
BFH 12.05.2011 - V R 50/10 - Baumbestand keine Betriebsvorrichtung bei Verpachtung eines Grundstücks
Normen
§ 4 Nr 12 S 2 UStG 1999, Art 13 Teil B Buchst b Nr 3 EWGRL 388/77, § 4 Nr 12 S 2 UStG 2005
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 8. Oktober 2010, Az: 16 K 219/10, Urteil
Leitsatz
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NV: Bei der Verpachtung eines Grundstücks mit Obstbaumbestand sind die Obstbäume keine Betriebsvorrichtung i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) unterhielt einen Gartenpflegebetrieb, zu dem auch ein Obstanbaugebiet gehörte. Mit Vertrag vom 8. April 2001 verpachtete er Grundstücke seines Obstanbaubetriebes einschließlich der aufstehenden Obstbäume mit Wirkung ab 1. Juli 2001 zu einem jährlichen Pachtzins von 25.000 DM.
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Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass es sich bei der Verpachtung der auf den Grundstücken aufstehenden Obstbäume um die Verpachtung von Betriebsvorrichtungen handele und der Pachtvertrag insofern in eine steuerfreie Grundstücksverpachtung und eine gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerpflichtige Verpachtung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei und änderte die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2004 bis 2006 entsprechend. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
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Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit dem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 2011, 589 veröffentlichten Urteil statt, da die Obstbäume keine Betriebsvorrichtungen seien. Es fehle an einer dem Wesen der Betriebsvorrichtung entsprechenden maschinenähnlichen Funktion.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Die Obstbäume seien als Betriebsvorrichtung anzusehen.
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Das FA beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Kläger hat mit der Verpachtung des Grundstücks mit Obstbäumen eine insgesamt nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Leistung erbracht.
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1. Die Verpachtung des Grundstücks war nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei.
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§ 4 Nr. 12 Buchst. a UStG befreit die "Vermietung und Verpachtung von Grundstücken" und beruht auf der insoweit wortlautgleichen Bestimmung des Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Dem Grundsatz richtlinienkonformer Auslegung entsprechend ist wesentliches Merkmal der Vermietung und der Verpachtung, dass dem Mieter (Pächter) auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, einen Gegenstand so in Besitz zu nehmen, als ob er dessen Eigentümer wäre, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. z.B. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 12. Juni 2003 C-275/01, Sinclair Collis Ltd., Slg. 2003, I-5965 Rdnrn. 22, 25; vom 3. März 2005 C-428/02, Fonden Marselisborg Lystbadehavn, Slg. 2005, I-1527, Rdnrn. 27, 30; Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.1.). Dies trifft auf die Verpachtung eines Grundstücks mit einem Baumbestand wie im Streitfall zu.
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2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Steuerfreiheit auch die Überlassung der Obstbäume umfasst, da die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dieser Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht vorliegen.
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a) Nicht als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG "die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind". Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. Nicht steuerfrei ist danach die "Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen".
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b) Im Streitfall handelt es sich bei dem Obstbaumbestand weder um eine Maschine noch um eine sonstige Vorrichtung, die zu einer Betriebsanlage gehört.
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Ohne dass dabei eine Bindung an die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung besteht, müssen ebenso wie bei § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) zu einer Betriebsanlage gehörende Vorrichtungen "von Menschenhand hergestellt sein, so daß Pflanzen ausscheiden" (BFH-Urteil vom 1. Februar 1989 II R 240/85, BFHE 156, 254, BStBl II 1989, 518, unter II.1.). Obstbäume sind daher keine "Betriebsvorrichtungen" i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG.
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Abweichendes ergibt sich auch nicht aus Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG, der nur die "Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen" nicht aber --wie nach nationalem Recht-- auch die Verpachtung derartiger Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerfreiheit erfasst.
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c) Dass der BFH mit Urteil vom 8. November 1995 XI R 63/94 (BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114, Leitsatz 2) entschieden hat, dass "mit Grund und Boden verbundene Rebanlagen … selbständiger Gegenstand einer Lieferung" sein können, steht der Steuerfreiheit entgegen der Auffassung des FA nicht entgegen. Denn der BFH stützte dies darauf, dass nicht "über einen Sachverhalt zu entscheiden [sei], bei dem der Grund und Boden einschließlich der Rebanlagen veräußert worden war, [sondern] es um die abweichende Fallgestaltung [geht], daß die Rebanlagen gesondert übertragen werden" (BFH-Urteil in BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114, unter II.2.c). Im Streitfall ist demgegenüber nicht über die gesonderte Lieferbarkeit von Rebanlagen oder Obstbäumen, sondern über den Umfang der Steuerbefreiung für die Verpachtung von Grundstücken zu entscheiden.
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