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BFH 27.07.2010 - I B 61/10
BFH 27.07.2010 - I B 61/10 - Zulässigkeit eines Zwischenurteils als Grundurteil über das Vorliegen einer vGA
Normen
§ 4 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 96 Abs 1 S 1 FGO, § 99 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 8 Abs 3 S 2 KStG 1999, § 8b Abs 2 KStG 1999
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 8. März 2010, Az: 6 K 1157/07, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Es ist nicht zweifelhaft, dass über das Vorliegen einer vGA dem Grunde nach zunächst durch Zwischenurteil entschieden werden kann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass dem Gesellschafter aus im Gesellschaftsverhältnis wurzelnden Gründen ein Vermögensvorteil zugewendet wurde und bei der Kapitalgesellschaft hierdurch eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) eingetreten ist, die sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ausgewirkt hat.
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2. NV: Ob eine vGA dann auszuschließen ist, wenn am selben Tag zu denselben Bedingungen Geschäftsanteile zum einen an einen Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, zum anderen an einen Gesellschafter veräußert werden, hängt davon ab, ob die Veräußerung an den außenstehenden Dritten zu fremdüblichen Bedingungen erfolgt ist.
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3. NV: Im Gesellschaftsverhältnis wurzelnde Zuwendungen einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter können nicht mit verdeckten Einlagen anderer Gesellschafter saldiert werden.
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4. NV: Es ist geklärt, dass § 8b Abs. 2 KStG 2002 erst ab 2002 anwendbar ist.
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5. NV: Es ist nicht klärungsbedürftig, dass auch die Freistellung von einer Verbindlichkeit eine Gegenleistung für die Übertragung eines Wirtschaftsguts sein kann, die die Annahme einer vGA ausschließt. Dies gilt allerdings nur, wenn die gegenseitig gewährten Vermögensvorteile jeweils auf schuldrechtlicher Grundlage erbracht werden.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Der Frage, ob ein Zwischenurteil als Grundurteil über die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) erlassen werden darf, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Grundurteil dann gemäß § 99 Abs. 1 FGO erlassen werden darf, wenn sich im konkreten Einzelfall der Streit über den Grund eines Anspruchs von demjenigen über die Höhe des Anspruchs trennen lässt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30. März 1989 IV R 71/88, BFH/NV 1990, 228; vom 17. Dezember 2008 III R 22/06, BFH/NV 2009, 1087; vom 11. Februar 1998 I R 67/97, BFH/NV 1998, 1197). Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils ist ferner die Feststellung, dass nach hoher Wahrscheinlichkeit der Klageanspruch in irgendeiner Höhe besteht (Urteile des Bundesgerichtshofs vom 5. Dezember 1978 VI ZR 185/77, Versicherungsrecht 1979, 281; vom 23. Oktober 1969 VII ZR 85/67, BGHZ 53, 17; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 99 FGO Rz 11; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 99 Rz 8).
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Es ist nicht zweifelhaft, dass auch über das Vorliegen einer vGA zunächst dem Grunde nach entschieden werden kann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass dem Gesellschafter aus im Gesellschaftsverhältnis wurzelnden Gründen ein Vermögensvorteil zugewendet wurde und bei der Kapitalgesellschaft hierdurch eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) eingetreten ist, die sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt (zu den Voraussetzungen einer vGA vgl. z.B. Senatsurteil vom 22. August 2007 I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961, m.w.N.).
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2. Es unterliegt keinem Zweifel und ist daher nicht klärungsbedürftig, dass die Veräußerung eigener Anteile einer GmbH an einen Gesellschafter auch dann eine vGA sein kann, wenn die GmbH den veräußerten Anteil unmittelbar zuvor von einem anderen Gesellschafter erworben und dafür nicht den Verkehrswert, sondern nur den darunter liegenden Buchwert gezahlt hat (vgl. Senatsurteile vom 31. Oktober 1990 I R 47/88, BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255; vom 14. November 1984 I R 50/80, BFHE 142, 453, BStBl II 1985, 227).
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3. Ob eine vGA dann auszuschließen ist, wenn am selben Tag zu denselben Bedingungen Geschäftsanteile zum einen an einen Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, und zum anderen an einen Gesellschafter veräußert werden, hängt davon ab, ob die Veräußerung an den außenstehenden Dritten zu fremdüblichen Bedingungen erfolgt ist. Dies zu beurteilen ist vor allem Sache des Finanzgerichts (FG). Klärungsbedürftige Fragen in diesem Zusammenhang stellen sich im Streitfall nicht.
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4. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend macht, es sei klärungsbedürftig, ob auch eigene Anteile einer Kapitalgesellschaft Gegenstand einer verdeckten Einlage sein können (vgl. Senatsurteil in BFHE 142, 453, BStBl II 1985, 227), ist nicht ersichtlich und dargetan, inwieweit die Annahme einer vGA an X von dieser Frage berührt sein könnte. Ob eine Leistung an einen Gesellschafter als vGA zu beurteilen ist, ist bezogen auf den einzelnen Geschäftsvorfall zu beurteilen. Im Gesellschaftsverhältnis wurzelnde Zuwendungen einer Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter können nicht mit verdeckten Einlagen anderer Gesellschafter --hier: Y-- saldiert werden (Senatsurteil in BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961, unter II.3.b cc bbb).
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5. Die Frage, ob es an einem finalen Zuwendungswillen der GmbH an einen Gesellschafter als Voraussetzung für eine vGA fehlt, wenn der unterstellte Vermögensvorteil (verbilligter Kauf und Verkauf) in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang von einem anderen Gesellschafter (nahe stehende Person) der GmbH gewährt wurde, ist nicht klärungsbedürftig. Wie das FG im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, setzt eine vGA grundsätzlich weder eine bestimmte Ausschüttungsabsicht noch eine Einigung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft über die "verdeckte" Zuwendung voraus. Soweit die Klägerin auf die im Senatsurteil vom 29. April 2008 I R 67/06 (BFHE 221, 201) erörterte Ausnahme von diesem Grundsatz verweist, greift diese im Streitfall schon deshalb nicht ein, weil sich die Klägerin nicht verpflichtet wähnte, den Gesellschaftsanteil auf X zum Buchwert zu übertragen.
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6. Der Senat hat mit Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 116/08 (BFHE 227, 397) entschieden, dass § 8b Abs. 2 KStG 2002 erst ab 2002 und nicht schon im Jahr 2001 anwendbar ist. Gründe, warum diese Vorschrift im Streitfall abweichend hiervon noch nicht anwendbar sein soll, sind nicht ersichtlich. Das BFH-Urteil vom 11. November 2009 IX R 57/08 (BFHE 227, 431) ist zu der Frage ergangen, ob Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen einer GmbH bei natürlichen Personen im Jahr 2001 dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen; es ist daher für den Streitfall nicht einschlägig.
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7. Es ist nicht klärungsbedürftig, dass auch die Freistellung von einer Verbindlichkeit eine Gegenleistung für die Übertragung eines Wirtschaftsguts sein kann. Allerdings kommt ein Vorteilsausgleich --wie bereits im FG-Urteil zutreffend ausgeführt-- nur in Betracht, wenn die gegenseitig gewährten Vermögensvorteile jeweils auf schuldrechtlicher Grundlage erbracht werden (Senatsurteile vom 8. Juni 1977 I R 95/75, BFHE 122, 491, BStBl II 1977, 704; vom 28. Februar 1990 I R 83/87, BFHE 160, 192, BStBl II 1990, 649). Ob der Vergleich, den X mit der Z-Bank geschlossen hat, auch für die Klägerin einen Vorteil bewirkt hat, wie dieser gegebenenfalls zu bemessen ist und ob dieser als Teil der Gegenleistung für die Übertragung des Geschäftsanteils beurteilt werden kann, obwohl er im Vertrag über den Erwerb des Geschäftsanteils nicht als Gegenleistung aufgeführt ist, ist vornehmlich der Sachverhalts- und Beweiswürdigung zuzurechnen, die dem FG vorbehalten ist.
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8. Die Klägerin rügt des Weiteren, das FG habe gegen den klaren Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) verstoßen, weil es in den Tatbestand nicht aufgenommen habe, dass die Z-Bank die Klägerin auf Zahlung von 500.000 € verklagt hätte. Das FG hat den Inhalt des zwischen X und der Z-Bank geschlossenen Vergleichs durch die Bezugnahme auf das in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin vorgelegte Schriftstück festgestellt. Einer weiteren ausdrücklichen Aufnahme in den Tatbestand bedurfte es nicht.
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