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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BSG 19.07.2010 - B 8 SO 22/10 B
BSG 19.07.2010 - B 8 SO 22/10 B - Aufhebung einer rechtswidrigen Leistungsbewilligung bei fehlender Bedürftigkeit wegen Änderung der Verhältnisse
Normen
§ 45 SGB 10, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Lüneburg, 17. Dezember 2007, Az: S 22 SO 137/07, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 28. Januar 2010, Az: L 8 SO 15/08, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Januar 2010 wird als unzulässig verworfen.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Im Streit ist die Rücknahme der Bewilligung von Eingliederungshilfe (für die Zukunft) ab 1.6.2006.
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Am 8.7.2004 stellte der Kläger, vertreten durch seine Betreuerin, einen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Hier gab er an, über kein Vermögen zu verfügen. Die Beklagte bewilligte "bis auf Weiteres" Eingliederungshilfe (Bescheid vom 20.8.2004). Im Mai 2006 übersandte die Betreuerin der Beklagten Unterlagen über mehrere Konten mit einem Gesamtguthaben von 116 295,92 Euro, wobei Beträge über 47 850,69 Euro nach der ursprünglichen Leistungsbewilligung am 15.11.2005 auf die Konten des Klägers überwiesen worden waren. Im Hinblick auf dieses Vermögen erfolgte die "Einstellung der Leistungen" ab 1.6.2006 (Bescheid vom 15.5.2006; Widerspruchsbescheid vom 26.3.2007). Klage und Berufung hatten Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 17.12.2007; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Niedersachsen-Bremen vom 28.1.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Bescheid sei von Anfang an rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die streitige Rücknahme sei deshalb § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X), der die Ausübung von Ermessen voraussetze, woran es vorliegend fehle. Eine Aufhebung nach § 48 SGB X scheitere daran, dass nach Erlass des Bewilligungsbescheids vom 20.8.2004 keine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eingetreten sei. Bereits bei der Leistungsbewilligung habe sich ein den Anspruch ausschließendes Vermögen von fast 80 000 Euro auf den Konten des Klägers befunden. Die späteren Überweisungen auf die Konten des Klägers von weiteren 47 850,69 Euro am 15.11.2005 könnten dann keine iS des § 48 SGB X wesentliche Änderung mehr sein.
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Mit ihrer Beschwerde macht die Beklagte eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es sei folgende Frage zu klären:
"Ist bei Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben, wenn derselbe Verwaltungsakt bei Anwendbarkeit des § 48 SGB X wegen einer wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen (Erzielung von Vermögen) nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X zwingend mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben wäre?"
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG entscheiden.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung der Fragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Zwar formuliert die Beklagte eine Rechtsfrage, versäumt es aber, deren Klärungsfähigkeit darzulegen.
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Klärungsfähig ist eine Rechtsfrage nur dann, wenn sie für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsbedürftigkeit - konkret-individuell sachlich entscheiden können (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39; SozR 1500 § 160a Nr 31). Dies erfordert es, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung des angefochtenen Urteils und damit insbesondere den Schritt darlegt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Die Beklagte hätte deshalb erläutern müssen, dass und an welcher Stelle die aufgeworfene Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren hätte beantwortet werden müssen. Hierzu wäre auch erforderlich gewesen, die Voraussetzungen für eine Rücknahme bzw Aufhebung der Leistungsbewilligung nach §§ 45, 48 SGB X darzulegen. Die Beklagte begnügt sich jedoch mit Ausführungen dazu, unter welchen Voraussetzungen Ermessen auszuüben ist, versäumt es hingegen darzulegen, dass und aus welchen Gründen die Leistungsbewilligung von Anfang an rechtswidrig gewesen oder geworden ist. Im Widerspruchs- wie im Klageverfahren ist geltend gemacht worden, dass das auf den Konten des Klägers befindliche Geld den Eltern zustehe und von ihnen für deren Altersvorsorge angespart worden sei. In diesem Zusammenhang hätte die Beklagte sich deshalb mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur "verdeckten Treuhand" (vgl zuletzt Urteil vom 28.8.2007 - B 7/7a AL 10/06 R) und der Verwertbarkeit von Vermögen, ggf aber auch mit der Härteregelung des § 90 Abs 3 SGB XII auseinandersetzen müssen.
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Die von der Beklagten aufgestellte Rechtsfrage stellt sich im Übrigen ohnehin nicht ernsthaft. Es ist geklärt, dass eine tatsächliche Änderung in den Verhältnissen (hier die Erzielung von Einkommen nach Erlass des Dauerverwaltungsakts in Höhe von 47 850,69 Euro) bei fehlerhaft angenommenen Leistungsvoraussetzungen (Bedürftigkeit) zu einer Korrektur des Bescheids nach § 48 SGB X führen kann (vgl: BSGE 35, 277 ff = SozR Nr 21 zu § 1286 RVO; BSGE 60, 218, 220 f = SozR 1300 § 48 Nr 27; BSGE 67, 204 = SozR 3-3870 § 4 Nr 1; BSG SozR 1300 § 48 Nr 17; SozR 3-1300 § 48 Nr 60). Denn § 48 SGB X unterscheidet nicht danach, ob der Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig war (BSGE 95, 57 ff = SozR 4-1300 § 48 Nr 6 RdNr 16). Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X liegen deshalb auch dann vor, wenn die tatsächliche Änderung jene Leistungsvoraussetzung betrifft, die rechtsfehlerhaft zur Leistungsbewilligung geführt hat. Dies hat das LSG offensichtlich verkannt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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