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BSG 27.04.2010 - B 2 U 344/09 B
BSG 27.04.2010 - B 2 U 344/09 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters - Fehlen eines Übertragungsbeschlusses gem § 153 Abs 5 SGG - kleiner Senat - Besetzung - keine Heilung - Ausschluss gem § 295 ZPO)
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 134 SGG, § 142 Abs 1 SGG, § 153 Abs 1 SGG, § 153 Abs 5 SGG, § 202 SGG, § 295 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend SG Leipzig, 8. Januar 2009, Az: S 23 U 33/07
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 30. September 2009, Az: L 6 U 32/09, Urteil
Leitsatz
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Die Befugnis des Berichterstatters, zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern anstelle des Senats nach § 153 Abs 5 SGG zu entscheiden, erfordert einen schriftlichen und den Beteiligten zuzustellenden Beschluss des Senats.
Tatbestand
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Umstritten ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) beim Kläger, die die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) ablehnte. Das angerufene Sozialgericht (SG) wies die Klage ab (Gerichtsbescheid vom 8. Januar 2009). Das Landessozialgericht (LSG) hat in der Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Urteil vom 30. September 2009). Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters, weil das LSG nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei.
Entscheidungsgründe
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Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das angefochtene Urteil des Sächsischen LSG vom 30. September 2009 ist aufzuheben und die Sache an das LSG gemäß § 160a Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuverweisen, weil das Urteil auf einem Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG beruht.
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Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist ua begründet, wenn ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§§ 160a, 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil das angefochtene Urteil des LSG unter Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz <GG>) ergangen ist.
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Gesetzlicher Richter für die Entscheidung von Verfahren vor dem LSG ist ein Senat in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern (§ 33 Satz 1 SGG). In dieser Besetzung hat das LSG vorliegend nicht über die Berufung des Klägers entschieden, weil der Senat des LSG in der Besetzung mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern die Berufung des Klägers nach mündlicher Verhandlung zurückgewiesen hat.
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Die vom Gesetz vorgesehenen Ausnahmen von der in § 33 Satz 1 SGG vorgeschriebenen Besetzung sind nicht erfüllt. Eine ggf zu erörternde Befugnis des Vorsitzenden oder an dessen Stelle des Berichterstatters zu einer Entscheidung nach § 155 Abs 3, 4 SGG scheitert schon daran, dass das notwendige Einverständnis der Beteiligten hierfür fehlt.
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Soweit § 153 Abs 5 SGG die Möglichkeit vorsieht, dass der Senat des LSG in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1 SGG durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen kann, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, sind diese Voraussetzungen ebenfalls nicht erfüllt. Es mangelt insbesondere an einem Beschluss des Senats, durch den die Berufung dem Berichterstatter zusammen mit zwei ehrenamtlichen Richtern zur Entscheidung übertragen wird.
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Das LSG hat in seinem Urteil vom 30. September 2009 auf keinen derartigen Beschluss Bezug genommen. Der vorliegenden Akte des LSG ist ein derartiger Beschluss nicht zu entnehmen. Ein solcher Beschluss müsste jedoch Gegenstand der Akte sein, weil er nach § 153 Abs 1, § 142 Abs 1, § 134 SGG zu unterschreiben, damit schriftlich abgefasst werden muss sowie an die Geschäftsstelle zu übergeben ist. Zudem müsste der Beschluss den Beteiligten bekannt sein, weil Beschlüsse, die nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen, ihnen zuzustellen sind (§ 153 Abs 1, § 133 SGG). Der Kläger hat jedoch mitgeteilt, dass ihm ein derartiger Beschluss nicht bekannt ist, und in der Akte des LSG sind auch keine Zustellnachweise zu finden.
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Dieser Verfahrensmangel ist nicht dadurch geheilt, dass der Entscheidung des LSG eine mündliche Verhandlung vorausgegangen ist, in der der Kläger anwaltlich vertreten war und die Besetzung des LSG erkennen konnte. Zwar gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Rüge von Verfahrensmängeln der Berufungsinstanz im Revisionsverfahren und die Heilung von Verfahrensmängel (§§ 556, 295 ZPO) nach § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend (BSG SozR 1500 § 160a Nr 61 mwN). Eine Heilung ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung ein Beteiligter nicht wirksam verzichten kann (§ 295 Abs 2 ZPO). Zu diesen Vorschriften gehören die von Amts wegen zu beachtenden Grundlagen des Prozessrechts, wie die Prozessvoraussetzungen und die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts aufgrund des Verfassungsgebots des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG (vgl nur Greger in Zöller, ZPO, § 295 RdNr 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, § 295 RdNr 16, 25, 29; jeweils mwN). Gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts wurde vorliegend verstoßen.
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Der Senat hat von der durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das angefochtene Urteil wegen des festgestellten Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, weil ein nicht heilbarer Verfahrensmangel vorliegt.
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Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.
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