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BVerfG 13.01.2015 - 2 BvE 1/13
BVerfG 13.01.2015 - 2 BvE 1/13 - Zur Antragsbefugnis politischer Parteien im Organstreitverfahren - hier: unzureichende Darlegung einer Verletzung des durch Art 21 GG begründeten verfassungsrechtlichen Status der Antragsteller
Normen
Art 21 Abs 1 GG, § 64 Abs 1 BVerfGG
Gründe
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Das mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Organstreitverfahren betrifft insgesamt 20 Anträge von acht nicht im Bundestag vertretenen Parteien.
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I.
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Die Antragsteller machen die Verletzung der verfassungsgemäßen Ordnung sowie die Missachtung internationaler Normen durch die Antragsgegner geltend. Hierzu führen sie 20 unterschiedliche Punkte an, in denen ihrer Auffassung nach die gegenwärtige Rechtslage und/oder -praxis mit Vorgaben des Grundgesetzes, der Europäischen Union oder internationaler Organisationen nicht vereinbar ist. Gegenständlich beziehen sich die Begehren der Antragsteller auf wahlrechtliche (Anträge zu 1. und 13.), parteienrechtliche (Anträge zu 14. - 17.) und sonstige staatsorganisationsrechtliche Fragen (Anträge zu 2., 3., 7. - 11.). Hinzu kommt die Forderung nach der Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption sowie des Straf- und Zivilrechtsübereinkommens des Europarates über Korruption (Anträge zu 4. - 6.). Außerdem begehren die Antragsteller die Abschaffung des Anwaltszwangs (Antrag zu 12.), die Einstellung von Ämterpatronage (Antrag zu 18.), Kostenfreiheit des Zugangs zu allen Akten öffentlicher Dienststellen (Antrag zu 19.) und die Übertragung von Hoheitsrechten nur auf Einrichtungen, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Subsidiaritätsgrundsatz entsprechen (Antrag zu 20.).
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II.
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Die Anträge sind bereits deshalb unzulässig, weil sie den Anforderungen des § 64 Abs. 1 BVerfGG nicht genügen.
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1. Ein Antrag im Organstreitverfahren ist gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Bei dem Organstreit handelt es sich um eine kontradiktorische Parteistreitigkeit (vgl. BVerfGE 126, 55 67>). Er dient maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen in einem Verfassungsrechtsverhältnis, hingegen nicht der Kontrolle der objektiven Verfassungsmäßigkeit eines bestimmten Organhandelns (vgl. BVerfGE 68, 1 69 ff.>; 73, 1 29 f.>; 80, 188 212>; 104, 151 193 f.>; 118, 244 257>; 126, 55 67 f.>; stRspr).
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Politische Parteien können demgemäß im Organstreit die Verletzung ihres durch Art. 21 Abs. 1 GG begründeten verfassungsrechtlichen Status durch eine Maßnahme oder Unterlassung eines anderen Verfassungsorgans geltend machen (vgl. BVerfGE 82, 322 335>; 84, 290 298>; 85, 264 284>). Die Möglichkeit einer objektiven Beanstandungsklage eröffnet der Organstreit demgegenüber nicht (vgl. BVerfGE 126, 55 68>).
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Für die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die von dem Antragsteller behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung seiner verfassungsmäßigen Rechte unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. BVerfGE 24, 252 258 f.>; 80, 188 209>; 94, 351 362 f.>; 99, 19 28>; 102, 224 231 f.>; stRspr).
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2. Dem genügen die vorliegenden Anträge nicht. Die Antragsteller legen die Möglichkeit einer Verletzung oder unmittelbaren Gefährdung ihres durch Art. 21 Abs. 1 GG begründeten verfassungsrechtlichen Status nicht nachvollziehbar dar. Dies ist auch nicht in sonstiger Weise ersichtlich.
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Das gilt bereits hinsichtlich der Antragsgegenstände, die im Wahl- und Parteienrecht wurzeln. Eine Verletzung oder unmittelbare Gefährdung des aus Art. 21 Abs. 1 GG folgenden Anspruchs auf Chancengleichheit oder anderer aus dem Parteienstatus der Antragsteller sich ergebender Rechte ist weder bezogen auf die Forderung nach Abschaffung der Listenwahl (Antrag zu 1.) noch im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Neuregelung der Besetzung der Wahlprüfungsausschüsse (Antrag zu 13.) erkennbar. Dass bei der Wahl des Deutschen Bundestages eine Verbindung von Verhältnis- und Listenwahl verfassungsrechtlich zulässig ist, hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach ausdrücklich festgestellt (vgl. BVerfGE 95, 335 349>; 121, 266 296>). Auch hinsichtlich der beanstandeten Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen (Antrag zu 14.) und der Nichterfüllung der Begehren der Antragsteller nach einer Parteienfinanzierung durch ein parteienunabhängiges Gremium sowie nach einer Neuregelung der Verpflichtung zur Veröffentlichung von Einnahmen und Zuweisungen (Anträge zu 15. - 17.) erschließt sich aus dem Vorbringen, das die insoweit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe (vgl. BVerfGE 73, 1 31 ff.>; 85, 264 285 ff.>) nicht in Rechnung stellt, eine Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte der Antragsteller durch die Antragsgegner nicht.
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Erst recht gilt dies, soweit die Anträge sonstige staatsorganisationsrechtliche Fragen betreffen. Dass das Fehlen von Volksabstimmungen (Antrag zu 2.) und Inkompatibilitätsregelungen (Antrag zu 3.), die Beteiligung von Lobbyisten am parlamentarischen Verfahren (Antrag zu 7.), die Ernennung von Richtern durch die Exekutive, die Weisungsgebundenheit von Staatsanwälten und die Parteimitgliedschaft von Bundesrichtern (Anträge zu 8., 9. und 11.) sowie das Verfahren zur Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts (Antrag zu 10.) den verfassungsrechtlichen Status der Antragsteller verletzen oder unmittelbar berühren, kann deren Vorbringen nicht entnommen werden. Auch soweit die Antragsteller die Ratifikation von völkerrechtlichen Abkommen (Anträge zu 4. - 6.) einfordern und im Übrigen allgemein- und verfassungspolitische Forderungen (Anträge zu 12., 18.- 20.) erheben, ist die Betroffenheit der Antragsteller in ihren verfassungsgemäßen Rechten nicht dargelegt.
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Daneben fehlt es, soweit die Antragsteller im Wesentlichen gesetzgeberisches Unterlassen rügen, an einer Auseinandersetzung mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen dies überhaupt zulässiger Gegenstand des Organstreitverfahrens sein kann (vgl. dazu BVerfGE 92, 80 87>; 103, 164 168 f.>; 107, 286 294>; 110, 403 405>; 120, 82 97>; 129, 356 371>). Schließlich lassen die Antragsteller, soweit sie eine Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung behaupten, die zu den einzelnen Antragsgegenständen ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durchgängig außer Betracht.
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Das Vorbringen der Antragsteller genügt daher den Anforderungen an die schlüssige Darlegung einer möglichen Verletzung ihrer durch Art. 21 Abs. 1 GG begründeten verfassungsmäßigen Rechte nicht. Die Antragsteller verkennen den kontradiktorischen Charakter des Organstreitverfahrens und begehren im Ergebnis eine hiervon losgelöste objektive verfassungsrechtliche Kontrolle der einzelnen Antragsgegenstände. Dafür ist im Organstreit kein Raum.
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3. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob sämtliche Vertreter der Antragsteller zu 1) bis 8) zur Erhebung der Anträge im Organstreitverfahren vertretungsbefugt waren und ob die Antragsfrist des § 64 Abs. 3 BVerfGG hinsichtlich sämtlicher Anträge gewahrt wurde.
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