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Ziff. III.3. MobRehaEmpf
Ziff. III.3. MobRehaEmpf, Der geriatrische Patient
(1) Die nachfolgende Definition des geriatrischen Patienten gemäß der geriatrischen Fachgesellschaften 1 markiert Personen mit erhöhten Risiken. Diesen Risiken ist im Rahmen jeder medizinischen Behandlung und Begutachtung in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Nicht jeder so definierte geriatrische Patient bedarf jedoch zwangsläufig einer spezifischen geriatrischen Versorgung. Diese Definition stellt somit eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für die Inanspruchnahme spezifisch geriatrischer Versorgungsleistungen dar. Eine solche Inanspruchnahme setzt die Erfüllung weiterer für die jeweiligen Versorgungsleistungen definierter Kriterien voraus.
(2) Der geriatrische Patient im Sinne dieser Definition zeichnet sich durch ein erhöhtes Risiko aus, im Rahmen zusätzlicher Gesundheitsprobleme nachhaltige Beeinträchtigungen seiner Selbstbestimmung und selbständigen Lebensführung bis hin zur Pflegebedürftigkeit zu erleiden. Grund hierfür sind eingeschränkte Reservekapazitäten. Diese sind durch altersphysiologische Veränderungen oder durch bereits vorbestehende Schädigungen von Körperfunktionen und -strukturen bedingt. Sie führen häufig zu Behandlungskomplikationen/Folgeerkrankungen (z. B. Delir, Infektion, Stürze, verzögerter Rekonvaleszenz) und zusätzlichen Beeinträchtigungen der Aktivitäten und Teilhabe. Die Definition der geriatrischen Fachgesellschaften geht von einem geriatrischen Patienten aus, wenn die nachfolgend genannten Charakteristika erfüllt sind:
- - geriatrietypische Multimorbidität und
- - höheres Lebensalter (in der Regel 70 Jahre oder älter).
(3) Unter Multimorbidität wird das Vorliegen von mindestens 2 chronischen Krankheiten mit sozialmedizinischer Relevanz verstanden 2 . Die Krankheiten sind chronisch, wenn sie mindestens 1/2 Jahr bestehen oder voraussichtlich anhalten werden. Sie sind sozialmedizinisch relevant, wenn sie alltagsrelevante Beeinträchtigungen von Aktivitäten zur Folge haben, die für die Teilhabe bedeutsam sind.
(4) Geriatrietypisch ist diese Multimorbidität bei Vorliegen insbesondere nachfolgender Schädigungen der Körperfunktionen und -strukturen (in variabler Kombination)
- - kognitive Defizite,
- - starke Sehbehinderung,
- - ausgeprägte Schwerhörigkeit,
- - Depression, Angststörung,
- - Sturzneigung und Schwindel,
- - chronische Schmerzen,
- - Sensibilitätsstörungen,
- - herabgesetzte Medikamententoleranz,
- - Inkontinenz (Harninkontinenz, selten Stuhlinkontinenz),
- - Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt,
- - Dekubitalulcera,
- - Fehl- und Mangelernährung,
- - herabgesetzte körperliche Belastbarkeit/Gebrechlichkeit.
(5) Folgen geriatrietypischer Multimorbidität betreffen häufig die Bereiche Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation und Haushaltsführung. Geriatrietypische Multimorbidität führt nicht selten zu Mehrfachmedikation, häufigen Krankenhausbehandlungen und der Verordnung von Hilfsmitteln.
(6) Bei im Vordergrund stehender geriatrietypischer Multimorbidität kann diese das Alterskriterium auf unter 70 Jahre absenken. (Abweichungen sind bei erheblich ausgeprägter geriatrietypischer Multimorbidität nach unten bis zu einem Alter von 60 Jahren möglich 3 ).
(7) Gemäß der Definition der geriatrischen Fachgesellschaften kann bei einem Lebensalter 80 Jahre oder älter auf die Verknüpfung von Alter und geriatrietypischer Multimorbidität verzichtet werden, da bei dieser Altersgruppe bereits aufgrund alterstypisch abnehmender körperlicher und geistiger Reserven eine Anpassung an neu aufgetretene Gesundheitsprobleme oder veränderte Kontextfaktoren erschwert ist, typischerweise häufiger Komplikationen und Folgeerkrankungen auftreten und ein erhöhtes Risiko eines Verlustes an Selbstbestimmung und einer selbständigen Lebensführung besteht (Vulnerabilität).
1 In Anlehnung an Konsensus der DGG, der DGGG, der BAG Geriatrie, der Sektion Geriatrie des BDI und zugleich Diskussionsgrundlage der Sektion Geriatrie der Europäischen Fachärztevereinigung.
2 In Anlehnung an Seger et al. 2016, Gesundheitswesen. DOI dx.doi.org/10.1055/s-0042-108440.
3 BSG, Urteil vom 23. 6. 2015 — B 12 KR 21/14 R.
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