Podcast: Homeoffice und Schlaf
Gut schlafen, trotz Homeoffice!
Richtig Feierabend machen, abschalten und sich von der Arbeit entpflichten stellt für viele im Homeoffice eine besondere Herausforderung dar. Bett und Arbeitsplatz liegen viel zu nahe beisammen. Es fällt schwer sich von der Arbeit zu distanzieren. Viele nehmen Stress, Belastungen und ungelöste Aufgaben mit ins Bett. Schlafprobleme sind vorprogrammiert. (alternativ, falls es Ihnen gefällt: Der Kummer mit dem Schlummer ist vorprogrammiert). Unser Experte gibt Ihnen im Podcast wichtige Tipps, so dass es Ihnen gelingt trotz Homeoffice tief und erholsam zu schlafen.
Der Podcast zum Nachlesen
Dirk Taglieber: Hallo und herzlich willkommen bei unserem Podcast. Mein Name ist Dirk Taglieber von t&t Organisationsentwicklung Training und Beratung.
Wir arbeiten für ein wertschätzendes, gesundes und respektvolles Miteinander in Unternehmen und Organisationen.
Viel Spaß beim heutigen Podcast!
Hallo liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, ich begrüße Sie zu unserem heutigen Podcast zum Thema Herausforderungen von Homeoffice und die Wünsche an einen tiefen und erholsamen Schlaf. Mein Name ist Dirk Taglieber und ich begrüße heute im Podcast Dr. Hans Günter Weeß. Er ist Leiter des interdisziplinären Schlafzentrums im Pfalzklinikum Klingenmünster und gleichzeitig auch Vorstandsmitglied der deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Hans, wir beide sind hier per Du, und das klären wir auf, weil wir gemeinsam für das Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement schon einige Formate gemeinsam entwickelt haben, zum Thema „Gut schlafen trotz Stressbelastung am Arbeitsplatz“ oder auch „Gut schlafen trotz Schichtarbeit“. Und das haben wir gemacht in Präsentations-Formaten aber auch in Online-Angeboten. Heute geht es ja um das Thema Homeoffice, aber auch um die damit verbundenen Wünsche an einen erholsamen Schlaf in der Nacht. Das scheint ein großes Thema zu sein. Lasst uns doch mal drauf schauen. Es gibt ja sicherlich auch Vorteile von dieser ganzen Geschichte Homeoffice. Was sind denn aus deiner Sicht die Vorteile, die dir direkt einfallen?
Dr. Weeß: Da gibt es zwei große Vorteile, zum Einen ist es so, dass tatsächlich der Weg vom Bett über Bad und Küche zum Arbeitsplatz ja viel kürzer ist. Und das führt dazu, dass man eben morgens mehr Zeit hat zum Schlafen. Viele sind ausgeschlafener, sind wacher, leistungsfähiger dann an ihrem Homeoffice-Arbeitsplatz. Das lässt sich auch belegen, dadurch das die Energieversorger tatsächlich eine Dreiviertelstunde bis Stunde, später den maximalverbrauch Strom, Wasser, Gas, eben feststellen konnten. Und ein weiterer großer Vorteil im Homeoffice ist: Ich kann sehr selbstbestimmt arbeiten, ich kann flexibel mir die Arbeit einteilen. Das führt, das zeigen uns Studien, zu einer erhöhten Arbeitsmotivation, das sorgt zu mehr Arbeitszufriedenheit. Das ist sicherlich ein weiterer großer Vorteil.
Dirk Taglieber: Okay, soweit zu den Vorteilen, bestimmt gibt es noch einige mehr. Aber es gibt ja auch Nachteile, und wir beleuchten ja hier die Nachteile jetzt erstmal, die irgendwie in Verbindung stehen mit einem guten und erholsamen Schlaf. Was ist da bekannt und vor allen Dingen, lass uns gleich mal schauen, was würde man als kleinen Tipp vielleicht geben, was könnte man tun?
Dr. Weeß: Ja Also, wir haben ja viel aus der Pandemiesituation jetzt gelernt. Jetzt zeigen uns die Studien, dass die Schlafstörungen um 10-60% zugenommen haben. Das liegt zum Einen da dran, dass natürlich viele Menschen Sorgen hatten und haben um ihre eigene Gesundheit, um den Arbeitsplatz, finanzielle Sorgen. Da geht es auch um die Angehörigen, die Eltern, ob die alle gesund sind, und die Pandemie wird jetzt gerade abgelöst, eigentlich durch die Ukraine-Krise, die kriegerischen Handlungen dort, was auch sehr Viele aufwühlt. Wenn wir Sorgen und Nöte haben und diese mit ins Bett nehmen, und das tun dann eben viele, die können das Gedanken-Karussell, das Grübeln, nicht stoppen. Dann sind wir angespannt und wenn wir dann einmal schlecht schlafen, dann sind wir auch fokussiert, wir schauen auf den Wecker, und wälzen uns von links nach rechts und wollen unbedingt schlafen. Und je mehr wir schlafen wollen, um so mehr kommen wir wieder unter Druck, oder in die Anspannungs- Situation, und machen uns noch schlafloser. Das sind zwei wesentliche Faktoren.
Dirk Taglieber: Klingt logisch, ja.
Dr. Weeß: Nicht abschalten und schlafen wollen, ist keine bessere Methode sich wach zu halten, als schlafen zu wollen, sage ich immer so ganz provokativ.
Dann gibt es auch das Handicap, dass man mehrere Anforderungen gleichzeitig haben kann, familiäre Anforderungen: Da ruft die Mutter an, da müssen die Kinder abgeholt werden, bei den Hausaufgaben betreut werden.
Dirk Taglieber: Der Nachbar klingelt oder der Postbote.
Dr. Weeß: Da ist es dann immer ein großes Problem, allen gerecht zu werden, da ist es besonders wichtig, dass man einen strukturierten Tagesplan macht: Wann ist Zeit für Familie, wann ist Zeit für Arbeit, dass man das mit der Familie und auch vor allem mit den Kindern kommuniziert, so dass man sich immer auf das Wesentliche konzentrieren kann.
Dirk Taglieber: Entschuldige bitte, aber ich glaube auch wichtig ist: Wo mache ich Pause? Ganz bewusst, weil in der Firma macht man mal für fünf Minuten die Augen zu, oder man geht eine Runde an die frische Luft. Das sollte man dann zuhause auch tun. Gehe ich davon richtig aus?
Dr. Weeß: Ja, da hast du Recht, das fällt oft weg und in der Firma kann man mal ein Power-Nap machen oder sowas, in einer Pause, oder man kann mal mit Kollegen sprechen sich manche Sorgen von der Seele reden. Vor allem Alleinstehende haben oft ein Problem mit dem Homeoffice, weil sie keine Sozialkontakte mehr haben, und das kann sich schon auch negativ auf die Stimmung auswirken. Von dem her, gerade die Alleinstehenden, denen empfehle ich immer, dass sie telefonieren und dass sie Freunde treffen, um so noch tatsächlich Sozialkontakte pflegen und über Probleme und ähnliches reden können. Sich die Dinge von der Seele reden können, wie es der Volksmund auch schon sagt. Ja und was auch noch ein Problem ist, ist die fehlende räumliche Distanz zu meinem Arbeitsplatz im Unternehmen: Da fahre ich nach Hause, da fahre ich weg von den beruflichen Stressoren, von den Problemen des Arbeitsplatzes, und kann auf dem Weg schon abschalten, aber wenn ich im Homeoffice Feierabend mache, dann mache ich nur die Tür zu, und es ist eben immer noch da. Manche haben das Homeoffice sogar aufgrund von räumlicher Probleme im Schlafzimmer, und wenn Sie dann abends wieder ins Bett gehen, dann ist es ganz problematisch, man geht nicht ins Bett, sondern man geht dann wieder an seinen Arbeitsplatz. Und dann werden wieder all die Stressoren, und Probleme des Arbeitsplatzes aktiviert: Gedankenkreisen, grübeln, und der Schlaf ist weg.
Dirk Taglieber: Was macht man da? Gibt es da einen Tipp?
Dr. Weeß: Na ja, entweder ganz bewusst eben, wenn das Homeoffice in einem Büro, oder sowas steht, die Tür zu machen und nicht mehr rein gehen, und wenn es im Schlafzimmer tatsächlich ist, abdecken oder einen Paravent, um symbolisch letztendlich dann auf Distanz zu gehen und sich so von den Belastungen des Arbeitsplatzes zu distanzieren. Und grundsätzlich gilt natürlich: Alles was immer für einen guten Schlaf gilt, eine Stunde bevor man ins Bett geht alle Stressoren ausschalten. Das heißt von der körperlichen Seite her, das Licht runterdimmen, kein Blaulicht mehr, keine Bildschirme mehr, die unseren Schlafbotenstoff Melatonin unterdrücken, dann werden wir nicht müde und finden nicht ins Bett. Das Andere ist, ein kleines zu Bett-geh-Ritual kann schon hilfreich sein. Bewusst den Tag abschließen, dann nochmal eine To-do-Liste machen: Was war heute gut, was war schlecht? Dann aber auch, auf der anderen Seite, aktiv entspannen. Das muss nicht progressive Muskelentspannung sein, das kann ein Gespräch mit der Partnerin sein, das kann ein gutes Buch sein, es kann Musik hören sein, hier führen tausend Wege nach Rom. Es soll einem einfach guttun. Es soll für gute Gefühle sorgen, Sicherheits- Geborgenheitsgefühle sind da wichtig, Viele meiner Patientinnen und Patienten, die hören abends Kinder-Kassetten, Märchen- Kassetten, weil da die guten Gefühle aus der Kindheit wieder hervorgerufen werden und weil das auch ablenkt von belastenden Gedanken. Und natürlich gilt auch: keine späten Mahlzeiten. Vor dem zu Bett gehen kein Alkohol am Abend, weil Alkohol den Tiefschlaf unterdrückt und Alpträume erzeugen und Wachphasen fördern kann. Schwere Mahlzeiten, ein voller Bauch studiert nicht nur ungern, er schläft auch ungern. Also das liegt auch auf der Hand, dass man dann nur eine leichte Ernährung am Abend hat. Und was die Corona Situation angeht oder andere belastende Situationen wie die Ukraine, da würde ich sagen, einmal am Tag abends gezielt informieren, aber nicht durch die Sendungen zappen. Das reicht. Weil dann kommt man stimmungsmäßig schlecht drauf. Die Sorgen werden nur genährt. Das ist dann das Einfallstor für den schlechten Schlaf.
Dirk Taglieber: Okay, also dann ich fasse mal zusammen, weil wir hier kurz und knackig, darüber sprechen. Also das heißt, wirklich einen guten Plan machen über den Tag. Irgendwie schauen, dass man den Homeoffice Bereich abdeckt. Die Tür zumacht. Konsequent mit sich selbst ist und für Pausen sorgt.
Das man ganz normal am Abend die üblichen Themen, die du ja genannt hast, Blaulicht, Entspannung, gedämpftes Licht usw., das sind alles hilfreiche Dinge. Sich nicht nochmal aufregen, durch viele Fernsehsendungen gerade in so einer stressigen Zeit, wie wir sie jetzt erleben. Das sind doch gute Tipps und wenn man dann noch ein bisschen auf die Ernährung und auf das Thema Alkohol schaut, dann denke ich kann man doch Einiges bewegen und trotz Homeoffice vielleicht wieder tief und fest und erholsam schlafen.
Dr. Weeß: Da bin ich mir ganz sicher, vor allem wenn es gelingt sich innerlich von den Alltagssorgen zu distanzieren, das ist das A und O, da für eine Wohlfühlatmosphäre sorgen, dann sollte es Klappen mit dem erholsamen Schlaf.
Über den Experten
Dr. Hans-Günter Weeß besitzt sowohl in der klinischen als auch wissenschaftlichen Schlafmedizin ein hohes Maß an Erfahrung und ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen. Er ist in der Aus- und Weiterbildung von Schlafmedizinern tätig. Er unterrichtet an verschiedenen Hochschulen und ist im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM), weiterhin der Vorsitzende der Rheinland-Pfälzischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (RheiGSM).
Stand
Zuletzt aktualisiert: 15.08.2023
Kontakt zur AOK Hessen
Firmenkundenservice
E-Mail-Service