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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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§ 8 EntgFG Ziff. 5.9. RS 1998/01
§ 8 EntgFG Ziff. 5.9. RS 1998/01, Wirkung einer Verzichtserklärung/Ausgleichsquittung auf den Entgeltfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit
(1) Sofern ein Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in einer Ausgleichsquittung bestätigt, dass er seine Arbeitspapiere und den Restlohn erhalten hat, und er zugleich die auf dem Formular vorgedruckte Erklärung unterschreibt, dass damit alle seine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind und er keine Forderungen gegen den Arbeitgeber — gleichgültig aus welchem Rechtsgrund — mehr hat, dann wurde durch diese Handlung der Empfang der Papiere quittiert und möglicherweise die Richtigkeit der Lohnabrechnung anerkannt.
(2) Ein weitergehender Verzicht, insbesondere ein Verzicht auf einen etwaigen Entgeltfortzahlungsanspruch, kann in einer solchen "Erklärung" nicht gesehen werden, es sei denn, aus den Umständen ergibt sich, dass der Arbeitnehmer die Bedeutung seiner Unterschrift erkannt hat (vgl. BAG vom 20. 8. 1980 — 5 AZR 759/78 —, USK 80161, EEK I/678).
Beispiel:
Beginn der Beschäftigung am | 16. 7. |
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am | 7. 9. |
Ende der Arbeitsunfähigkeit am | 17. 9. |
Ende des Arbeitsverhältnisses am | 25. 9. |
Unterzeichnung einer Ausgleichsquittung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer am | 12. 10. |
Zahlung des Krankengeldes für die Zeit vom 7. 9. bis 17. 9. durch die Krankenkasse am | 27. 10. |
Unterrichtung des Arbeitgebers durch die Krankenkasse über die Krankengeldzahlung am | 8. 12. |
Der Arbeitgeber hat die Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 7. 9. bis 17. 9. mit der Begründung verweigert, die wiederholte Befristung der Arbeitsverhältnisse steht dem Entgeltfortzahlungsanspruch entgegen. Deshalb zahlte die Krankenkasse am 27. 10. für diesen Zeitraum Krankengeld.
Ergebnis:
Es kommt darauf an, wann Krankengeld tatsächlich gezahlt wurde. In dem vorstehenden Beispiel hat die Krankenkasse erst am 27. 10. Krankengeld gezahlt, also zu einem Zeitpunkt, der nach dem Verzicht des Arbeitnehmers auf den Entgeltfortzahlungsanspruch lag. Deshalb hat der Arbeitnehmer wirksam auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet. Dieser konnte dann nicht mehr auf die Krankenkasse übergehen.
Davon ausgehend, dass die wiederholte Befristung der Arbeitsverhältnisse einem Entgeltfortzahlungsanspruch nicht entgegensteht, ergeben sich bei dem aufgezeigten Sachverhalt noch folgende Fragen:
- a) Konnte der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den fälligen Entgeltfortzahlungsanspruch verzichten?
- b) Hat der Arbeitnehmer in der Ausgleichsquittung vom 12. 10. tatsächlich auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet?
Zu a):
Ein etwaiger Verzicht auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verstößt nicht gegen das Verbot der Unabdingbarkeit (vgl. § 12). Diese Vorschrift verbietet keinen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärten Verzicht auf Entgeltfortzahlungsansprüche nach deren Fälligkeit.
§ 12 soll dem Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers dienen. Dieser soll sicher sein, im Falle seiner Erkrankung den Lohn bis zur Dauer von 6 Wochen weiter zu erhalten. Er soll, wenn er erkrankt ist, ohne Sorge um seinen Lebensunterhalt seine Krankheit ausheilen können. Das wäre nicht möglich, wenn der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im voraus ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte. Dieser Zweck des § 12 fordert nicht auch ein Verbot des nachträglichen Verzichts auf den Entgeltfortzahlungsanspruch. Das Arbeitsentgelt, auch das im Krankheitsfalle fortzuzahlende Arbeitsentgelt, wird nachträglich gezahlt (§ 616 BGB). Wenn der Arbeitnehmer bei oder nach Fälligkeit den Entgeltfortzahlungsanspruch erlässt, wird er damit nicht rückwirkend für die Zeit der bisherigen Dauer der Arbeitsunfähigkeit in Sorge um seinen Lebensunterhalt versetzt. Die hinter ihm liegende Zeit übersieht er. Ob er das am Fälligkeitstage zu zahlende Arbeitsentgelt für seinen Lebensunterhalt in der Zukunft benötigt, kann er beurteilen.
In dem unter 5. 9 aufgezeigten Beispiel hat der Arbeitnehmer aufgrund der am 12. 10. mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung unter anderem auf den Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 7. 9. bis 17. 9. verzichtet. Dieser Verzicht auf den Entgeltfortzahlungsanspruch wäre jedoch unwirksam, wenn der Arbeitnehmer am 12. 10. nicht mehr Gläubiger des Entgeltfortzahlungsanspruchs gewesen wäre. Denn wenn die Krankenkasse Krankengeld an den erkrankten Arbeitnehmer zahlt, so geht der Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber in Höhe des gezahlten Krankengeldes auf die Krankenkasse über (§ 115 SGB X). Der Anspruch geht mit der Zahlung des Krankengeldes auf die Krankenkasse über. Der Übergang des Anspruchs erfolgt kraft Gesetzes. Einer "Überleitungsanzeige" durch die Krankenkasse bedarf es nicht. Mit einer solchen Anzeige kann der Entgeltfortzahlungsanspruch auch nicht vor Zahlung des Krankengeldes auf die Krankenkasse übergeleitet werden.
Es kommt also darauf an, wann Krankengeld tatsächlich gezahlt wurde. In dem unter 5. 9 aufgezeigten Beispiel hat die Krankenkasse erst am 27. 10. Krankengeld gezahlt, also zu einem Zeitpunkt, der nach dem Verzicht des Arbeitnehmers auf den Entgeltfortzahlungsanspruch lag. Deshalb hat der Arbeitnehmer wirksam auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet. Dieser konnte dann nicht mehr auf die Krankenkasse übergehen.
Es ist jedoch noch ein weiterer Gesichtspunkt in diesem Zusammenhang zu beachten. Vielfach teilen die Krankenkassen dem Arbeitgeber, der die Entgeltfortzahlung verweigert, mit, dass sie nunmehr an den Arbeitnehmer Krankengeld zahlen werden. Eine solche Mitteilung, die vor Abschluss einer Verzichtserklärung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zugeht, ist geeignet, Kenntnis von der Zahlung von Krankengeld zu begründen. Wollte man davon ausgehen, dass nur eine nach tatsächlicher Zahlung von Krankengeld erfolgende Mitteilung die den guten Glauben des Arbeitgebers ausschließende Kenntnis vom Forderungsübergang vermitteln könnte, wäre die Krankenkasse nicht geschützt vor Verfügungen des Arbeitnehmers über den Entgeltfortzahlungsanspruch, die dieser in der Zeit zwischen der Zahlung des Krankengeldes und dem Zeitpunkt trifft, zu dem die Mitteilung dem Arbeitgeber frühestens zugehen kann. Eine solche temporäre Schutzlosigkeit des neuen Gläubigers wird von § 407 BGB nicht gefordert. Diese Vorschrift dient dem Schutz des guten Glaubens des Schuldners an die Verfügungsbefugnis des Altgläubigers. Dieser gute Glaube ist aber nicht mehr schutzbedürftig, wenn der Schuldner aufgrund einer Mitteilung des Neugläubigers damit rechnen muss, dass dieser bereits Inhaber der Forderung ist. Mit der Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse braucht der Arbeitgeber zwar nicht allein deswegen zu rechnen, weil der Arbeitnehmer krankenversichert ist. Dafür besteht aber Grund, wenn die Krankenkasse mitgeteilt hat, dass sie für einen bestimmten Zeitraum in bestimmter Höhe Krankengeld zahlen werde. Der Arbeitgeber muss dann davon ausgehen, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf Krankengeld geprüft und für begründet erachtet worden ist und dass die tatsächliche Zahlung des Krankengeldes nur noch eine Frage der Ausführung dieser Entscheidung ist. Einigt er sich nach Empfang einer solchen Mitteilung mit dem Arbeitnehmer über den Entgeltfortzahlungsanspruch, muss er damit rechnen, dass zwischenzeitlich Krankengeld gezahlt worden ist und der Arbeitnehmer über den Entgeltfortzahlungsanspruch daher nicht mehr verfügen kann.
Hätte die Krankenkasse in dem unter 5. 9 aufgezeigten Beispiel vor dem 12. 10. Krankengeld gezahlt, so wäre der Arbeitnehmer damit nicht mehr Gläubiger des Entgeltfortzahlungsanspruchs gewesen. Bei einer solchen Konstellation wird die Krankenkasse den gleichwohl erklärten Verzicht nach § 407 Absatz 1 BGB nicht gegen sich gelten lassen müssen. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Arbeitgeber auch wusste, dass damit der Entgeltfortzahlungsanspruch auf die Krankenkasse übergegangen ist. Es genügt die Kenntnis der den Forderungsübergang begründenden Tatsachen.
Zu b):
In den Ausführungen zu a) wurde festgestellt, dass der Arbeitnehmer — ohne Verletzung von Rechtsvorschriften — die Möglichkeit hat, wie in dem unter 5. 9 aufgezeigten Beispiel vorgegebenen Umständen auf die Entgeltfortzahlung zu verzichten. Das BAG verlangt aber außerdem, dass der Arbeitnehmer erkannt haben muss, welche Bedeutung seiner Unterschrift in einer Ausgleichsquittung zukommt, und dass er insbesondere auch auf einen etwaigen Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet. Damit also ein rechtswirksamer Verzicht auf einen Entgeltfortzahlungsanspruch vorliegt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Das BAG hat dazu Folgendes ausgeführt:
- - Der Verzicht auf einen Anspruch ist ein Rechtsgeschäft, gleichgültig, ob er Inhalt eines Vergleichs (§ 779 BGB), eines Erlassvertrages (§ 397 Absatz 1 BGB) oder eines negativen Schuldanerkenntnisses ist (§ 397 Absatz 2 BGB). Bei dessen Auslegung ist nach §§ 133, 157 BGB nicht allein am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war. Ein Verzicht des Arbeitnehmers als Gläubiger auf Rechte ist nach der Lebenserfahrung allgemein nicht zu vermuten. Deshalb muss sich nach dem Wortlaut der Erklärung und den Begleitumständen klar ergeben, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer ihm bekannte oder mögliche Ansprüche aufgibt.
- - Es ist bekannt, dass die ausscheidenden Arbeitnehmer bei der Aushändigung ihrer Arbeitspapiere und des Restlohnes regelmäßig aufgefordert werden, eine Ausgleichsquittung zu unterschreiben, und dass diese Aufforderung als eine Bitte verstanden wird, die empfangenen Leistungen zu quittieren. Der Arbeitgeber weiß auch, dass der Arbeitnehmer keinen Anlass hatte, auf Ansprüche zu verzichten (vgl. das unter Ziff. 5.9 aufgezeigte Beispiel). Der Arbeitgeber musste erkennen, dass der Arbeitnehmer mit seiner Unterschrift keine eigene, spontane Erklärung abgab, sondern lediglich eine vom Arbeitgeber vorformulierte Erklärung unterschrieb, die dem Arbeitnehmer nach Wortlaut und Begleitumständen nicht deutlich machte, dass von ihm ein Verzicht auf mögliche Ansprüche erwartet wurde.
- - Will der Arbeitgeber einen Erlassvertrag oder ein negatives Schuldanerkenntnis vom Arbeitnehmer erreichen, muss er "die Karten auf den Tisch legen". Der Arbeitgeber musste den Arbeitnehmer darauf aufmerksam machen, dass mit seiner Unterschrift unter die Erklärung alle Streitpunkte erledigt sein sollten und dass er damit auch auf einen möglicherweise bestehenden Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtete.
- - Dies bedeutet keine Hinweispflicht in dem Sinne, dass ohne entsprechenden vorigen Hinweis des Arbeitgebers eine Ausgleichsklausel unwirksam wäre. Es hat vielmehr lediglich Bedeutung für die Auslegung der vom Arbeitnehmer unterschriebenen Erklärung, wenn ihm durch entsprechende Hinweise bewusst gemacht wird, dass er nicht nur eine Empfangsbestätigung, sondern eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgeben sollte. Unterschreibt der Arbeitnehmer nach einem solchen Hinweis, ist für beide Seiten klar, dass er einen Verzicht erklärt hat.
Will der Arbeitgeber also mit einer Ausgleichsquittung erreichen, dass der Arbeitnehmer auch auf einen Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet, so sollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich darauf aufmerksam machen. Unterlässt der Arbeitgeber diesen Hinweis und der Arbeitnehmer macht später geltend, dass er sich der Tragweite seiner Unterschriftsleistung nicht bewusst war, so hat der Arbeitnehmer nicht rechtswirksam auf den Entgeltfortzahlungsanspruch verzichtet. Bei einer solchen Konstellation geht der Entgeltfortzahlungsanspruch auf die Krankenkasse über, sofern diese Krankengeld gezahlt hat.
Hat der Versicherte aber einen Verzicht auf Entgeltfortzahlung zum Nachteil der Krankenkasse dem Arbeitgeber gegenüber erklärt, führt dies grundsätzlich zum Ruhen des Krankengeldanspruchs nach § 49 SGB V für die Dauer des Verzichts. Bei leicht fahrlässigem Handeln des Versicherten kommt ein Ruhen des Krankengeldanspruchs allerdings nicht in Betracht (vgl. BSG vom 16. 12. 1980 — 3 RK 27/79 —, USK 80270, EEK I/691).
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