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BAG 14.12.2023 - 6 AZR 157/22 (B)
BAG 14.12.2023 - 6 AZR 157/22 (B) - Massenentlassung - Sanktion für Fehler im Anzeigeverfahren
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hamburg, 20. April 2021, Az: 5 Ca 656/20, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamburg, 3. Februar 2022, Az: 3 Sa 16/21, Urteil
Leitsatz
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Der Sechste Senat beabsichtigt, seine Rechtsprechung, dass eine Kündigung als Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot iSd. § 134 BGB verstößt und die Kündigung deshalb unwirksam ist, wenn bei ihrer Erklärung keine wirksame Anzeige nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG vorliegt, aufzugeben. Die hierin liegende entscheidungserhebliche Abweichung zur Rechtsprechung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts seit dessen Urteil vom 22. November 2012 (- 2 AZR 371/11 - BAGE 144, 47) erfordert die Anfrage nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält.
Tenor
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I. An den Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts wird gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG folgende Anfrage gerichtet:
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Wird an der seit dem Urteil vom 22. November 2012 (- 2 AZR 371/11 -) vertretenen Rechtsauffassung festgehalten, dass eine Kündigung als Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot iSd. § 134 BGB verstößt und die Kündigung deshalb unwirksam ist, wenn bei ihrer Erklärung keine wirksame Anzeige nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG vorliegt?
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II. Das Verfahren wird ausgesetzt.
Gründe
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A. Sachverhalt
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Die Parteien streiten noch darüber, ob eine betriebsbedingte Kündigung nichtig ist, weil der Beklagte die erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht erstattet hat.
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Der Kläger war seit 1994 bei der V Handelsgesellschaft mbH (im Folgenden Schuldnerin) tätig, bei der kein Betriebsrat gebildet war. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 1. Dezember 2020 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Zwischen dem 12. November 2020 und dem 29. Dezember 2020 beendete dieser durch Kündigungen oder den Abschluss von Aufhebungsverträgen sämtliche im Oktober 2020 noch bestehenden 22 Arbeitsverhältnisse der Schuldnerin. Das Arbeitsverhältnis des Klägers kündigte der Beklagte mit einem am 8. Dezember 2020 zugegangenen Schreiben vom 2. Dezember 2020 zum 31. März 2021. Im 30-Tage-Zeitraum hatte er dabei mehr als fünf Arbeitnehmer entlassen. Eine Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 1 KSchG hatte er zuvor nicht erstattet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist aufgrund einer späteren Kündigung zum 31. Juli 2021 beendet worden.
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Mit seiner fristgerecht erhobenen Kündigungsschutzklage macht der Kläger - soweit im gegenwärtigen Zeitpunkt noch relevant - geltend, die Kündigung vom 2. Dezember 2020 sei nichtig, weil es an der zuvor erforderlichen Massenentlassungsanzeige durch den Beklagten fehle.
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Der Kläger hat bislang beantragt
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1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 2. Dezember 2020 beendet worden ist, sondern fortbesteht;
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den Beklagten zu verurteilen, ihn als Maschinenschlossermonteur/Servicetechniker bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.
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Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags die Auffassung vertreten, die Schuldnerin habe im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nur noch 19 Arbeitnehmer beschäftigt, sodass der Schwellenwert des § 17 Abs. 1 KSchG nicht überschritten worden sei und er keine Massenentlassungsanzeige habe erstatten müssen.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 11. Mai 2023 erkannt, dass der Betrieb der Schuldnerin im Zeitpunkt der Entlassung „in der Regel“ noch mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigte und der Beklagte deshalb eine Massenentlassungsanzeige hätte erstatten müssen, bevor er die streitbefangene Kündigung erklärte. Wegen der Entscheidung über die Sanktion gegen die von ihm festgestellte Verletzung der Verpflichtung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KSchG hat er das Verfahren bis zur am 13. Juli 2023 ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Vorabentscheidungsverfahren - C-134/22 - ausgesetzt.
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B. Begründung
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Der Beklagte hat, wie der erkennende Senat bereits festgestellt hat, gegen seine aus § 17 Abs. 1 KSchG folgende Verpflichtung verstoßen, eine Massenentlassungsanzeige zu erstatten. Nach Auffassung des Sechsten Senats ist die Sanktion für diesen Fehler ebenso wie für alle anderen denkbaren Fehler des Arbeitgebers im Anzeigeverfahren nicht die Nichtigkeit der Kündigung nach § 134 BGB. Die für derartige Fehler gebotene Sanktion muss vielmehr vom Gesetzgeber bestimmt werden. Der Senat sieht sich an einer solchen Entscheidung jedoch durch die Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Nichtigkeitsfolge von Fehlern im Anzeigeverfahren (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - BAGE 144, 47) gehindert.
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I. Anzeigeverfahren
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1. § 17 KSchG setzt die für die Mitgliedstaaten durch die Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG (im Folgenden MERL) begründeten Verpflichtungen in das deutsche Recht um (BAG 27. Januar 2022 - 6 AZR 155/21 (A) - Rn. 14; 21. März 2012 - 6 AZR 596/10 - Rn. 21; BT-Drs. 8/1041 S. 4; BT-Drs. 13/668 S. 8 f.). Weder die MERL noch §§ 17 ff. KSchG enthalten jedoch ausdrückliche Sanktionsregelungen für Fehler im Massenentlassungsverfahren. Der Vorschlag der Kommission, in die MERL die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aufzunehmen, bei Verstößen gegen die Richtlinienvorgaben „Massenentlassungen für null und nichtig“ zu erklären (Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 75/129/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen vom 13. November 1991 S. 6, ABl. EG Nr. C 310 vom 30. November 1991 S. 5), wurde vom Unionsgesetzgeber nicht aufgegriffen. Er hat lediglich den Mitgliedstaaten auferlegt dafür zu sorgen, dass den Arbeitnehmervertretern und/oder den Arbeitnehmern administrative und/oder gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung der Verpflichtungen gemäß der Richtlinie zur Verfügung stehen (Art. 6 der MERL).
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Deshalb müssen Sanktionen für Fehler im Massenentlassungsverfahren von den Mitgliedstaaten im nationalen Recht gefunden werden. Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht müssen nach sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden (vgl. EuGH 10. November 2022 - C-385/21 - [Zenith Media Communications] Rn. 34; 16. Juli 2009 - C-12/08 - [Mono Car Styling] Rn. 34 ff.), die denjenigen entsprechen, die für nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht gelten. Die Sanktion muss dabei wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (für die MERL EuGH 8. Juni 1994 - C-383/92 - [Kommission/Vereinigtes Königreich] Rn. 40; BAG 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 32, BAGE 144, 47). Es sind also nicht nur der Äquivalenzgrundsatz und der Effektivitätsgrundsatz - effet utile - (BAG 27. Januar 2022 - 6 AZR 155/21 (A) - Rn. 18; 13. Februar 2020 - 6 AZR 146/19 - Rn. 98, BAGE 169, 362; vgl. auch EuGH 17. März 2021 - C-652/19 - [Consulmarketing] Rn. 43) zu beachten. Die Sanktion muss darüber hinaus auch verhältnismäßig sein (vgl. zB EuGH 19. Dezember 2019 - C-645/18 - [Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld] Rn. 29 ff. mwN; Dauses/Ludwigs EU-WirtschaftsR-HdB/Brigola C. I. Grundregeln Stand Januar 2019 Rn. 314 ff.). Ob das nationale Recht diesen Anforderungen genügt, haben die nationalen Gerichte in eigener Zuständigkeit festzustellen (EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Rn. 49; 23. April 2009 - C-378/07 bis C-380/07 - [Angelidaki ua.] Rn. 163, 158 ff.). Gleiches gilt für die Frage, ob und gegebenenfalls welche Sanktionen sich dem nationalen Recht nach den dafür geltenden Regeln überhaupt entnehmen lassen.
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2. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts nimmt seit seiner Entscheidung vom 22. November 2012 (- 2 AZR 371/11 - Rn. 31 ff., BAGE 144, 47) an, dass § 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 KSchG ein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB sei und das Fehlen einer wirksamen Massenentlassungsanzeige nach dem Grundsatz des effet utile zur Unwirksamkeit der Kündigung führe. Dem hat sich der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinen Entscheidungen vom 13. Dezember 2012 (vgl. - 6 AZR 772/11 - Rn. 61 und - 6 AZR 752/11 - Rn. 64, 72) ohne eigenständige Begründung angeschlossen und daran in der Folgezeit ebenso wie der Zweite Senat festgehalten (BAG 21. März 2013 - 2 AZR 60/12 - Rn. 42 ff. mwN, BAGE 144, 366; 20. Februar 2014 - 2 AZR 346/12 - Rn. 46 ff. mwN, BAGE 147, 237; 13. Februar 2020 - 6 AZR 146/19 - Rn. 97 ff. mwN, BAGE 169, 362; 14. Mai 2020 - 6 AZR 235/19 - Rn. 134 f., BAGE 170, 244; 27. Januar 2022 - 6 AZR 155/21 (A) - Rn. 19 ff. mwN; 19. Mai 2022 - 2 AZR 467/21 - Rn. 13).
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3. § 17 KSchG verpflichtet den Arbeitgeber, ein vor der Kündigung erforderliches Massenentlassungsverfahren ordnungsgemäß durchzuführen. Nach nochmaliger Prüfung der Rechtslage ist der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts der Auffassung, dass Verstöße gegen die in § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG geregelte Pflicht zur ordnungsgemäßen Erstattung der Anzeige von Massenentlassungen bei der zuständigen Agentur für Arbeit nicht nach § 134 BGB zur Nichtigkeit der Kündigung führen. Diese Bestimmung sanktioniert Verstöße gegen die Anzeigepflicht nach ihrer Dogmatik, die in der bisherigen Rechtsprechung zu den Folgen von Pflichtverletzungen des Arbeitgebers im Anzeigeverfahren nicht hinreichend beachtet worden ist, nach Auffassung des Sechsten Senats nicht.
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a) Der Anwendungsbereich des § 134 BGB ist zwar für Kündigungen nicht generell verschlossen. Rechtsgeschäft iSd. § 134 BGB kann auch die Kündigung als einseitige Willenserklärung sein (BAG 20. März 2019 - 7 AZR 237/17 - Rn. 39, BAGE 166, 202; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 14 ff., BAGE 147, 60; MüKoBGB/Armbrüster 9. Aufl. § 134 Rn. 34; Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 20).
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b) Auch besteht im Massenentlassungsverfahren die für die Anwendung des § 134 BGB erforderliche rechtliche Gestaltungsmöglichkeit für den Arbeitgeber (dazu Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 10 f.; MüKoBGB/Armbrüster 9. Aufl. § 134 Rn. 9 ff.). § 17 KSchG begrenzt die Möglichkeit zur Kündigung als solche nicht, sondern lässt die unternehmerische Entscheidungsfreiheit und damit die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers unangetastet (vgl. für § 17 Abs. 2 KSchG BAG 8. November 2022 - 6 AZR 16/22 - Rn. 47). Ebenso wenig begründet § 17 KSchG einen Formzwang für die Kündigung, wie es zB in § 623 BGB mit der Anordnung der Schriftform geschehen ist. § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG verpflichtet den Arbeitgeber lediglich, vor der Kündigung der Arbeitsverwaltung Informationen zukommen zu lassen, die es dieser ermöglichen sollen, innerhalb des von § 18 KSchG festgelegten Zeitraums in effizienter Weise nach Lösungen für die durch die beabsichtigten Massenentlassungen entstehenden Probleme zu suchen (vgl. BAG 13. Juni 2019 - 6 AZR 459/18 - Rn. 31, BAGE 167, 102; BT-Drs. 8/1041 S. 5).
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c) § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG erfüllt jedoch nach Auffassung des Sechsten Senats bereits die Anforderungen an ein Verbotsgesetz nicht. Es fehlt insoweit an dem erforderlichen Verbotscharakter der Verpflichtungen des Arbeitgebers im Anzeigeverfahren.
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aa) § 134 BGB gibt den vom Bürgerlichen Gesetzbuch zugrunde gelegten Prinzipien über das Verhältnis zwischen gesetzlicher und rechtsgeschäftlicher Regelung Ausdruck. Die Bestimmung soll die bezüglich der Wirksamkeit von Rechtsgeschäften eintretenden Rechtsfolgen bei Verboten regeln, die sich zu den zivilrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen sie nicht abschließend verhalten. Sie soll solchen Verboten dadurch Wirksamkeit verschaffen, dass sie Wertungen aus anderen Rechtsgebieten in das Recht der Rechtsgeschäfte transformiert. Die Bestimmung hat insoweit ergänzenden Charakter (vgl. MüKoBGB/Armbrüster 9. Aufl. § 134 Rn. 1; Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 1).
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bb) Ausgehend von diesem Ziel des § 134 BGB hat ein Gesetz Verbotscharakter, wenn es entweder den Inhalt bestimmter Rechtsgeschäfte oder deren Vornahme unter bestimmten, verbotswidrigen Umständen untersagt und dieses Geschäft darum verhindern will (vgl. BGH 1. Juni 1966 - VIII ZR 65/64 - zu I 2 der Gründe, BGHZ 46, 24; Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 3 ff., 49). Ob das der Fall ist, ist ausgehend vom Normzweck durch Auslegung zu ermitteln. Entscheidend ist, ob der Gesetzgeber den Inhalt des Rechtsgeschäfts im Interesse Dritter oder der Allgemeinheit missbilligt und daher seinen Bestand verhindern bzw. Rechtsgeschäften, die gesetzwidrig vorgenommen worden sind, den Leistungserfolg nehmen will (Soergel/Meier 14. Aufl. § 134 Rn. 25 ff., 32 f.). Letzten Endes kommt es darauf an, ob der Gesetzgeber dem verbotswidrigen Rechtsgeschäft den damit bezweckten Erfolg versagen will (vgl. Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 3, 5, 49; vgl. auch MüKoBGB/Armbrüster 9. Aufl. § 134 Rn. 58 f., 66).
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cc) Nach dem Willen des Gesetzgebers des Kündigungsschutzgesetzes soll die Rechtswirkung der Kündigung auch bei Verstößen gegen die Anzeigeverpflichtung des § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG nicht angetastet werden. Der rechtliche Erfolg der Kündigung soll nicht in Frage gestellt, sondern das Arbeitsverhältnis soll ungeachtet eines solchen Verstoßes zum Ablauf der Kündigungsfrist beendet werden. Den Arbeitgeber treffen im Anzeigeverfahren lediglich außerhalb des Arbeitsverhältnisses stehende, administrativ-prozedurale Verpflichtungen, die nach Auffassung des Sechsten Senats auch bei fehlerhafter Erfüllung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung mehr haben können und sollen und darum bereits die Einordnung des § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG als Verbotsgesetz ausschließen (vgl. Moll RdA 2021, 49, 55 f.; Sagan Anm. EuZW 2023, 859, 862).
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(1) Das Anzeigeverfahren muss zwar noch vor dem Zugang der Kündigung mit der Erstattung der Anzeige eingeleitet werden. Es dient jedoch nicht mehr der Verhinderung der Kündigung, weil die Arbeitsverwaltung die Willensbildung des Arbeitgebers weder beeinflussen kann noch soll (vgl. BAG 13. Juni 2019 - 6 AZR 459/18 - Rn. 28, BAGE 167, 102). Ihr Tätigwerden knüpft vielmehr an einen solchen Willensentschluss an (BAG 13. Februar 2020 - 6 AZR 146/19 - Rn. 71, BAGE 169, 362; sh. auch Rn. 13) und setzt gerade eine wirksame Kündigung voraus. Die Anzeige soll es der Arbeitsverwaltung ermöglichen, sich auf die durch die wirksame Kündigung einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern eintretende sozio-ökonomische Belastung des örtlichen Arbeitsmarkts einzustellen. Sie verfolgt damit einen lediglich arbeitsmarktpolitischen Zweck (BAG 11. Mai 2023 - 6 AZR 267/22 - Rn. 40; BT-Drs. 8/1041 S. 5).
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(2) Aus dieser Gesetzeskonzeption folgt zugleich, dass die Massenentlassungsanzeige nach dem unzweideutigen, nicht auslegungsfähigen Willen jedenfalls des nationalen Gesetzgebers nicht dem Schutz des einzelnen von einer Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmers dient. Sie ersetzt nicht die individuellen Vermittlungsbemühungen und bereitet sie nicht einmal konkret vor. Sie ist lediglich eine „Vorfeldmaßnahme“ (Schubert/Schmitt JbArbR Bd. 59 S. 81, 102). Insoweit hat sie zwar mittelbar auch individualschützende Wirkung (BAG 13. Februar 2020 - 6 AZR 146/19 - Rn. 103, BAGE 169, 362). Diese Wirkung ist aber lediglich Reflex und nicht Zweck des Anzeigeverfahrens (Gulbins SPA 2023, 93; Boemke jurisPR-ArbR 25/2013 Anm. 2 unter C III 3; Holler NZA 2019, 291, 292). Die Vermittlung der einzelnen von der Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmer ist unabhängig vom Anzeigeverfahren von der Wohnsitzagentur durchzuführen. Beide Verfahren verlaufen in unterschiedlichen Strukturen und können zu unterschiedlichen Zeitpunkten enden.
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d) Selbst wenn § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG als Verbotsgesetz eingeordnet werden könnte, ist der Sechste Senat der Auffassung, dass § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG nach seinem Zweck nicht die Nichtigkeit der unter Verletzung der den Arbeitgeber im Anzeigeverfahren treffenden Pflichten erfolgten Kündigungen fordert. Dieser Zweck steht im Gegenteil der Nichtigkeitsanordnung des § 134 BGB entgegen.
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aa) § 134 BGB enthält hinsichtlich der Sanktionsfolge bei Verstößen gegen Verbotsgesetze nur eine Auslegungsregel. Deshalb ist jeweils zu prüfen, ob das Verbotsgesetz nach seinem Zweck dagegen erfolgte Verstöße ausnahmslos durch eine Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts sanktionieren will oder ob es insoweit nicht die Nichtigkeit fordert, sondern eine andere Sanktion genügen lässt (vgl. BGH 24. September 2014 - VIII ZR 350/13 - Rn. 14; 4. April 1966 - VIII ZR 20/64 - zu 4 der Gründe, BGHZ 45, 322; vgl. für Dauerschuldverhältnisse BGH 7. Dezember 2010 - KZR 71/08 - Rn. 57; Mugdan Die gesamten Materialien zum BGB Bd. I S. 969; Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 88; MüKoBGB/Armbrüster 9. Aufl. § 134 Rn. 177).
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bb) § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG will weder die Kündigungsmöglichkeit als solche noch die Entscheidung des Arbeitgebers, wie viele Arbeitnehmer er zu welchem Zeitpunkt entlässt, beeinflussen oder gar anzeigepflichtige Kündigungen untersagen. Diese Bestimmung betrifft vielmehr, wie ausgeführt, nur die auf das Arbeitsförderungsrecht bezogenen Pflichten des Arbeitgebers, nicht aber dessen arbeitsrechtlichen Pflichtenkreis. Es handelt sich um eine Vorschrift mit reiner Ordnungsfunktion, die die Kündigung als Rechtsgeschäft als unbedenklich ansieht und nur in deren Vorfeld Verfahrenspflichten arbeitsmarktpolitischer Art begründet. Darum gebietet sie nach Auffassung des Sechsten Senats als Sanktion für Verstöße gegen die darin geregelten Pflichten nicht die Nichtigkeit der von diesem Pflichtenkreis gar nicht berührten Kündigung als solcher, sondern nur eine arbeitsförderungsrechtliche Sanktion (vgl. zu Ordnungsvorschriften BAG 9. Juli 1986 - 5 AZR 385/83 - zu III 1 der Gründe; BGH 30. April 1992 - III ZR 151/91 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 118, 142; 27. September 1989 - VIII ZR 57/89 - zu II 2 c der Gründe, BGHZ 108, 364; BeckOK BGB/Wendtland § 134 Stand 1. November 2023 Rn. 13; Soergel/Meier 14. Aufl. § 134 Rn. 39; MüKoBGB/Armbrüster 9. Aufl. § 134 Rn. 58 f.; Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 109 f.). Die bisher vom Bundesarbeitsgericht als Sanktion angenommene Nichtigkeit der Kündigung führt dagegen unter Außerachtlassen der Konzeption des § 17 KSchG zu einem Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers. Ein solcher Eingriff geht über das hinaus, was zur Durchsetzung des Ziels des Anzeigeverfahrens, die sozio-ökonomischen Auswirkungen von Massenentlassungen zu mildern, erforderlich ist. Darum ist für die arbeitsrechtliche Sanktion der Nichtigkeit der unter Verstoß gegen die zum Arbeitsförderungsrecht gehörenden Pflichten aus § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG (vgl. für § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG BAG 19. Mai 2022 - 2 AZR 467/21 - Rn. 17) erklärten Kündigung nach Auffassung des Sechsten Senats entgegen seiner bisherigen Überzeugung kein Raum.
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4. Die Nichtigkeit der Kündigung als Folge von Verstößen gegen die den Arbeitgeber nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG treffenden Pflichten lässt sich nach Auffassung des Sechsten Senats auch nicht aus § 18 Abs. 1 KSchG entnehmen. Zwar werden danach Entlassungen vor Ablauf der Sperrfrist nur mit Zustimmung der Arbeitsverwaltung „wirksam“. Darin liegt jedoch kein behördliches Genehmigungserfordernis.
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a) Ordnet der Gesetzgeber die Genehmigungsbedürftigkeit eines einseitigen Rechtsgeschäfts an, dann ist die Genehmigung gesetzliche Wirksamkeitsvoraussetzung. Ohne den „Dispens“ vom bestehenden Verbot ist das Rechtsgeschäft nicht erlaubt und grundsätzlich nichtig, wenn es gleichwohl vorgenommen wird. Der Rückgriff auf § 134 BGB ist für diese Rechtsfolge nicht erforderlich (vgl. BGH 28. Oktober 1953 - VI ZR 217/52 - zu IV 1 der Gründe, BGHZ 11, 27; Staudinger/Seibl/Fischinger/Hengstberger (2021) § 134 Rn. 195; MüKoBGB/Armbrüster 9. Aufl. § 134 Rn. 14; Soergel/Meier 14. Aufl. § 134 Rn. 79; BeckOK BGB/Wendtland § 134 Stand 1. November 2023 Rn. 14).
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b) Massenentlassungen stehen - im Unterschied etwa zu Kündigungen von Schwerbehinderten oder Schwangeren - ungeachtet der missverständlichen Formulierung in § 18 Abs. 1 KSchG nicht unter einem staatlichen Genehmigungsvorbehalt. Das Anzeigeverfahren regelt nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ von Kündigungen. Es verlangt nur die Einhaltung eines bestimmten Verfahrens, nicht aber die Einholung einer Genehmigung der Kündigung durch die Agentur für Arbeit. Der Sperrzeitbescheid ist keine Freigabeerklärung für Kündigungen, die zu diesem Zeitpunkt im Übrigen schon längst erfolgt sein müssen. Die Arbeitsverwaltung entscheidet darum mit dem Sperrzeitbescheid weder darüber, ob Kündigungen, die unter § 17 KSchG fallen, unter dem Gesichtspunkt des Massenentlassungsrechts wirksam sind (so aber Moll Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 40 unter II 2 a), noch bestätigt sie damit die Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (so aber Moll RdA 2021, 49, 57). Sie entscheidet lediglich über die Dauer der Sperrfrist, nicht aber über die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige und damit erst recht nicht über die Wirksamkeit der Kündigung (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 73, 75, BAGE 142, 202).
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5. Nach Auffassung des Sechsten Senats ist auch eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 18 KSchG dahin, dass die Kündigung nichtig ist, wenn keine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige erfolgt ist (in diesem Sinn aber wohl Moll RdA 2021, 49, 56 f.), weder geboten noch möglich.
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a) Die MERL gebietet zum Ersten, wie ausgeführt (Rn. 8), die Sanktionsfolge der Nichtigkeit der unter Verstoß gegen die Verfahrensregelungen des § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG erfolgten Kündigungen gerade nicht.
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b) Zum Zweiten sieht zwar auch Art. 4 Abs. 1 der MERL vor, dass die beabsichtigten Massenentlassungen frühestens 30 Tage nach Eingang der Massenentlassungsanzeige „wirksam“ werden können. Es ist jedoch offenkundig im Sinn eines acte éclairé, dass Art. 4 Abs. 1 der MERL in keinem Fall eine Sanktion entnommen werden kann. Von einer Sanktion sieht die MERL nach ihrer Entstehungsgeschichte gerade ab. Diese soll allein durch die Mitgliedstaaten geschaffen werden.
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c) Zum Dritten - und aus Sicht des Sechsten Senats entscheidend - verstößt die Nichtigkeit der Kündigung als Rechtsfolge von Fehlern im Anzeigeverfahren unabhängig davon, ob dies die einzige im nationalen Recht dem Grundsatz des effet utile genügende Sanktion ist, gegen den von den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung von Sanktionen ebenfalls zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Darum kann nach Auffassung des Sechsten Senats auch keiner anderen Norm des deutschen Rechts im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung die Sanktionsfolge „Nichtigkeit der Kündigung“ entnommen werden. Das Verhältnismäßigkeitserfordernis haben allerdings weder der Sechste noch der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in ihrer bisherigen Rechtsprechung hinreichend beachtet, sondern ihr Augenmerk ausschließlich auf das Gebot des effet utile gelegt.
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aa) Zwar ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit für die Festsetzung von Sanktionen durch die Mitgliedstaaten in der MERL, anders als zB in Art. 12 Abs. 6 und Art. 20 der Richtlinie 2014/67/EU (ABl. EU L 159 vom 28. Mai 2014 S. 11), nicht ausdrücklich verankert (zum Gebot der Verhältnismäßigkeit der Sanktion für Verstöße gegen die Richtlinie bereits vor Inkrafttreten der GRC EuGH 8. Juni 1994 - C-383/92 - [Kommission/Vereinigtes Königreich] Rn. 40). Gleichwohl gilt dieser allgemeine, in Art. 52 Abs. 1 Satz 2 GRC niedergelegte Grundsatz auch bei der Anwendung der MERL und bei der Ermittlung der bei Verstößen gegen die sich daraus ergebenden Pflichten festzusetzenden Sanktionen (vgl. für die durch Art. 49 und Art. 63 AEUV gewährleistete Niederlassungsfreiheit EuGH 21. Dezember 2016 - C-201/15 - [AGET Iraklis] Rn. 70; Schubert/Schmitt JbArbR Bd. 59 S. 81, 83 ff.). Das folgt aus Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC. Die Mitgliedstaaten sind bei der Richtlinienumsetzung an die Charta gebunden (EuGH 17. April 2018 - C-414/16 - [Egenberger] Rn. 49). Darum haben auch die Gerichte der Mitgliedstaaten bei der Auslegung und Anwendung von Unions- und nationalem Recht, das der Umsetzung von Unionsrecht dient, die GRC zu beachten (für die Anwendung einer VO EuGH 25. Mai 2016 - C-559/14 - [Meroni] Rn. 44), und zwar auch dann, wenn bei der Umsetzung Ermessen besteht (EuGH 9. März 2017 - C-406/15 - [Milkova] Rn. 51 f.; Lenaerts/Rüth RdA 2022, 273, 277). Das gilt auch bei der Festsetzung von Sanktionen für Verstöße gegen die Pflichten im Massenentlassungsverfahren. Damit wird eine aus dem Unionsrecht resultierende Verpflichtung erfüllt, was den Anwendungsbereich der GRC und damit ihres Art. 52 Abs. 1 Satz 2 eröffnet (vgl. EuGH 19. November 2019 - C-609/17 ua. - [TSN] Rn. 50 ff.; Lenaerts/Rüth aaO).
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bb) Die vom deutschen Gesetzgeber bzw. wegen dessen Untätigkeit von den Arbeitsgerichten festzulegenden Sanktionen für Fehler des Arbeitgebers im Massenentlassungsverfahren müssen demnach zur Erreichung der mit der Umsetzungsnorm verfolgten Ziele geeignet und erforderlich sein und dürfen zu diesen nicht außer Verhältnis stehen. Nicht erforderlich ist eine Sanktion, wenn ihre Härte nicht mehr der Schwere des zu ahnenden Verstoßes entspricht (vgl. EuGH 19. Dezember 2019 - C-645/18 - [Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld] Rn. 30 ff.; 12. September 2019 - C-64/18 ua. - [Maksimovic] Rn. 39 mwN).
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cc) Nach Ansicht des Sechsten Senats ist die Nichtigkeit der Kündigung schon keine geeignete Sanktion für Verstöße gegen die Pflichten des Arbeitgebers aus § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG, weil diese Sanktion den mit der Pflicht zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige verfolgten Zweck nicht fördern kann. Sie vermischt die individual-arbeitsvertragliche und die arbeitsförderungsrechtlich-arbeitsmarktpolitische Ebene.
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(1) Das deutsche Kündigungsschutzrecht sanktioniert grundsätzlich nur Fehler, die bei ihrer Erfüllung die konkret erklärte Kündigung hätten verhindern sollen und können. Das gilt insbesondere für sozialwidrige Kündigungen und für den besonderen Kündigungsschutz. Darum sind zB Kündigungen wirksam, wenn zwar Fehler bei der Sozialauswahl erfolgt sind, sich diese aber auf das Ergebnis der Auswahl nicht ausgewirkt haben, der Auswahlfehler also nicht kausal geworden ist (st. Rspr., zuletzt BAG 8. Dezember 2022 - 6 AZR 31/22 - Rn. 71). Ebenso wenig sind zB Kündigungen unwirksam, wenn das nach § 167 Abs. 2 SGB IX erforderliche betriebliche Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt worden ist, aber der Arbeitgeber darlegen kann, dass dieses Verfahren objektiv nutzlos gewesen wäre (vgl. BAG 15. Dezember 2022 - 2 AZR 162/22 - Rn. 20).
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Die Pflichten, die den Arbeitgeber im Anzeigeverfahren gegenüber der Arbeitsverwaltung treffen, sind nicht darauf zugeschnitten, die Kündigungen noch zu verhindern. Sie sollen vielmehr gerade die durch die beabsichtigten (wirksamen) Kündigungen - unausweichlich - eintretenden sozio-ökonomischen Auswirkungen für den lokalen Arbeitsmarkt mildern (sh. Rn. 18). Dieses arbeitsmarktpolitische Ziel wird jedoch durch die Sanktion der Nichtigkeit der Kündigungen nicht gefördert. Der Arbeitgeber ist nach Erkennen des Fehlers lediglich gezwungen, die zur Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung erforderlichen Kündigungen erneut zu erklären. Die Belastung für den örtlichen Arbeitsmarkt wird dadurch nicht geringer, sondern tritt lediglich verzögert ein.
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(2) Zudem ist die Sanktion der Nichtigkeit der Kündigung bei Fehlern des Arbeitgebers im inhaltlich zum Arbeitsförderungsrecht und damit zum Sozialrecht gehörenden Anzeigeverfahren schon deshalb ungeeignet, weil sie auf der individual-arbeitsvertraglichen Ebene ansetzt. Darin liegt ein Systembruch. Geeignet können nach Auffassung des Sechsten Senats nur Sanktionen sein, die dem Arbeitsförderungsrecht zugeordnet werden können.
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dd) Allerdings wäre selbst bei einer angenommenen Geeignetheit die Nichtigkeit der Kündigung als Sanktion für Fehler im Anzeigeverfahren nach Ansicht des Sechsten Senats nicht angemessen und damit nicht verhältnismäßig im engeren Sinn. Die durch diese Sanktion eintretende Belastung steht nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zu den dadurch eintretenden Vorteilen für die Durchsetzung des arbeitsmarktpolitischen Ziels der den Arbeitgeber in diesem Stadium des Massenentlassungsverfahrens treffenden Pflichten.
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(1) Die von der Rechtsprechung entwickelte Sanktion der Nichtigkeit der Kündigung greift entgegen der Konzeption des § 17 KSchG (sh. Rn. 13) und der MERL (EuGH 21. Dezember 2016 - C-201/15 - [AGET Iraklis] Rn. 31) tiefgreifend in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit ein. Dem Arbeitgeber wird damit letztlich untersagt, die beabsichtigten Kündigungen zum gewünschten Zeitpunkt umzusetzen, obwohl das gerade nicht das Ziel der ihn im Anzeigeverfahren treffenden Pflichten ist. Damit werden Fehler im Anzeigeverfahren strenger bestraft als andere Fehler im deutschen Kündigungsschutzrecht.
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(2) Demgegenüber wird durch die Nichtigkeit von Kündigungen, die unter Verletzung der Pflichten aus § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG erfolgen, zwar die durch Massenentlassungen eintretende Belastung des örtlichen Arbeitsmarkts aufgehoben. Dies führt jedoch in der Regel nur zu einer Verzögerung dieser Belastung, weil der Arbeitgeber gezwungen ist, die zur Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung erforderlichen Kündigungen zu wiederholen (sh. Rn. 34).
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(3) In der Gesamtschau der betroffenen Belange stehen die durch die Nichtigkeitserklärung der Kündigung bewirkten Nachteile für die betroffenen Arbeitgeber nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den dadurch erlangten Vorteilen für das Erreichen der vom Gesetzgeber mit der Anzeigepflicht verfolgten arbeitsmarktpolitischen Ziele. Die Härte dieser Sanktion entspricht nicht mehr der Schwere des zu ahnenden Verstoßes und ist daher nach Überzeugung des Sechsten Senats unverhältnismäßig (vgl. Schubert/Schmitt JbArbR Bd. 59 S. 81, 96, allerdings mit abweichender Auffassung bei gänzlich unterlassener Anzeige).
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ee) Diesem Abwägungsergebnis lässt sich nach Ansicht des Sechsten Senats nicht entgegenhalten, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des Sechsten und des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts nicht alle Verstöße gegen die Verpflichtungen aus § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG zur Nichtigkeit der Kündigung führen. Diese Rechtsprechung begründet im Gegenteil ihrerseits eine Inkohärenz der Rechtsfolge der Nichtigkeit der Kündigung bei Fehlern im Anzeigeverfahren, weil die gefundenen Differenzierungen nicht stringent sind. Nach Überzeugung des Sechsten Senats kann die erforderliche Stringenz nur dadurch gewonnen werden, dass alle denkbaren Fehler im Anzeigeverfahren nicht zur Nichtigkeit der Kündigung führen.
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(1) Allerdings haben der Sechste und der Zweite Senat ein sehr ausdifferenziertes Rechtsfolgen- und Sanktionssystem bezüglich der im Anzeigeverfahren möglichen Fehler entwickelt.
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(a) Wird überhaupt keine Massenentlassungsanzeige erstattet, hat dies stets die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge (BAG 19. Mai 2022 - 2 AZR 467/21 - Rn. 13; 20. Januar 2016 - 6 AZR 601/14 - Rn. 18, BAGE 154, 53).
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(b) Unterlaufen dem Arbeitgeber Fehler im Zusammenhang mit der sich aus § 17 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KSchG ergebenden Einbindung des Betriebsrats in das Anzeigeverfahren, ist die Kündigung ebenfalls nichtig (BAG 14. Mai 2020 - 6 AZR 235/19 - Rn. 135 ff., BAGE 170, 244; 22. November 2012 - 2 AZR 371/11 - Rn. 42 ff., BAGE 144, 47).
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(c) Auch Fehler bei den sog. Muss-Angaben iSv. § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG führen zur Nichtigkeit der Kündigung (zuletzt BAG 13. Februar 2020 - 6 AZR 146/19 - Rn. 92 ff., BAGE 169, 362).
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(d) Dagegen haben Fehler bei den sog. Soll-Angaben iSv. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG keine Nichtigkeit der Kündigung zur Folge. Das gilt sowohl bei deren gänzlichem Fehlen (BAG 19. Mai 2022 - 2 AZR 467/21 - Rn. 12 ff.; 19. Mai 2022 - 2 AZR 424/21 - Rn. 11 ff.) als auch bei inhaltlich falschen oder unzureichenden Angaben (BAG 11. Mai 2023 - 6 AZR 267/22 - Rn. 41).
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(e) Übermittelt der Arbeitgeber dem Betriebsrat entgegen § 17 Abs. 3 Satz 6 KSchG keine Abschrift der an die Agentur für Arbeit erstatteten Anzeigen, lässt das die Wirksamkeit der Kündigung unangetastet (BAG 8. November 2022 - 6 AZR 15/22 - Rn. 79 ff.; 8. November 2022 - 6 AZR 16/22 - Rn. 74 ff.).
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(f) Ungeklärt ist lediglich noch, welche Folgen der Verstoß gegen die Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG, der Agentur für Arbeit gleichzeitig mit der Anzeige eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten, hat (Vorlagebeschluss BAG 27. Januar 2022 - 6 AZR 155/21 (A) -;sh. dazu die Entscheidung EuGH 13. Juli 2023 - C-134/22 - [G GmbH]).
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(2) Dieses von der Rechtsprechung entwickelte Sanktionssystem fügt sich nach Auffassung des Sechsten Senats jedoch nicht stimmig in den arbeitsmarktpolitischen Zweck des Anzeigeverfahrens (Rn. 18 f.) ein.
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(a) Die unterschiedliche Behandlung von Fehlern bei den Muss- und Sollangaben ist nach Ansicht des Sechsten Senats nicht stringent. Es erscheint nicht nachvollziehbar, warum einerseits Fehler bei den Soll-Angaben nach dem vom Zweiten Senat herausgearbeiteten Willen des Gesetzgebers nicht zur Nichtigkeit der Kündigung führen, obwohl genau diese Informationen für die Vorbereitung der Arbeitsverwaltung auf die durch die geplanten Massenentlassungen auftretenden sozio-ökonomischen Belastungen des örtlichen Arbeitsmarkts von erheblicher Bedeutung sind, andererseits aber Fehler bei den Muss-Angaben stets die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge haben, obwohl jedenfalls die Angaben nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (Gründe der Entlassung), Nr. 5 (Auswahlkriterien) und Nr. 6 (Berechnung der Abfindung) KSchG für die Aufgaben der Arbeitsverwaltung bedeutungslos sind. Auch ist es nicht plausibel, weshalb für die arbeitsmarktpolitischen Zwecke des Anzeigeverfahrens Soll-Angaben über Geschlecht, Alter und Beruf weniger relevant sein sollen als etwa die Muss-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG.
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(b) Ebenso wenig ist es kohärent, dass die für die Kenntnis der Arbeitsverwaltung von der zu erwartenden sozio-ökonomischen Belastung des Arbeitsmarkts und deren Bewältigung allenfalls nachrangige unzureichende Mitteilung darüber, welche Ansicht der Betriebsrat von der Notwendigkeit der angezeigten Massenentlassungen hat, wegen der vom Sechsten und Zweiten Senat vorgenommenen Einordnung des § 17 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KSchG als Verbotsgesetz die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge hat, während die unzureichende Kenntnis der insoweit relevanten Soll-Angaben für die Wirksamkeit der Kündigung bedeutungslos ist.
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II. Konsultationsverfahren
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Vorsorglich weist der Sechste Senat darauf hin, dass er ungeachtet vorstehend dargestellter Bedenken gegen das aktuelle Sanktionssystem für Fehler des Arbeitgebers im Anzeigeverfahren keinen Anlass sieht, die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefundene Sanktion für Fehler im Konsultationsverfahren in Frage zu stellen.
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1. Fehler im Konsultationsverfahren haben nach übereinstimmender Rechtsprechung von Sechstem (vgl. zuletzt BAG 13. Juni 2019 - 6 AZR 459/18 - Rn. 39, BAGE 167, 102) und Zweitem Senat (seit BAG 21. März 2013 - 2 AZR 60/12 - Rn. 19 ff., BAGE 144, 366) des Bundesarbeitsgerichts die Nichtigkeit der Kündigung gemäß § 134 BGB zur Folge.
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2. Diese Sanktion genügt offenkundig dem Effektivitätsgrundsatz und ist nach Ansicht des Sechsten Senats vom Äquivalenzgrundsatz geboten. Das Konsultationsverfahren regelt ein kollektives Informationsrecht und soll es ua. dem Betriebsrat ermöglichen, dem Arbeitgeber konstruktive Vorschläge zu unterbreiten, um Massenentlassungen zu verhindern oder zu beschränken (BAG 13. Juni 2019 - 6 AZR 459/18 - Rn. 27, BAGE 167, 102; vgl. für die MERL EuGH 13. Juli 2023 - C-134/22 - [G GmbH] Rn. 37 f.; 10. September 2009 - C-44/08 - [Akavan Erityisalojen Keskusliitto AEK ua.] Rn. 51, 64). Im Unterschied zum Anzeigeverfahren ist also wie bei § 102 BetrVG ein Einfluss des Betriebsrats auf die Willensbildung des Arbeitgebers intendiert. Hinter der in § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG geregelten Sanktion der Unwirksamkeit der Kündigung kann daher die Sanktion für Fehler im Konsultationsverfahren nicht zurückbleiben. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG bedingt aus Sicht des Sechsten Senats einen Gleichlauf der Sanktionen. § 17 Abs. 2 KSchG ist ungeachtet seiner Verankerung im Kündigungsschutzrecht materiell betrachtet ein betriebsverfassungsrechtlich geprägtes Verfahren (BAG 22. September 2016 - 2 AZR 276/16 - Rn. 37, BAGE 157, 1). Zum telos betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte gehört nach allgemeinen Grundsätzen jedenfalls auch der Arbeitnehmerschutz, weshalb dem Konsultationsverfahren ebenso wie der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG eine individualschützende Funktion zukommt (Moll/Katerndahl Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 48 unter I 1 b mwN; aA Schubert/Schmitt JbArbR Bd. 59 S. 81, 88 f.).
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3. Die Nichtigkeitsfolge bei Fehlern im Konsultationsverfahren steht nach Ansicht des Sechsten Senats auch im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot. Sie fördert den mit dem Konsultationsverfahren verfolgten Zweck und steht im Einklang mit dem Grundsatz, dass zumindest potentiell für eine Auswahlentscheidung kausale Fehler bei der Durchführung individualschützender Beteiligungsverfahren vor der Kündigungsentscheidung die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge haben.
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4. Aus vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass § 17 Abs. 2 KSchG im Unterschied zu § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG ein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB (dazu sh. Rn. 15 f.) ist. Kündigungen, die unter Missachtung der gesetzlich vorgesehenen Einflussnahme des Betriebsrats auf die Willensbildung des Arbeitgebers erfolgt sind, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers offenkundig verhindert werden. Verstöße gegen § 17 Abs. 2 KSchG berühren den arbeitsrechtlichen Pflichtenkreis des Arbeitgebers. Die Bestimmung hat daher auch keine bloße Ordnungsfunktion (dazu sh. Rn. 22). Sie fordert vielmehr mit der Nichtigkeit der Kündigung eine arbeitsrechtliche Sanktion.
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III. Entscheidungserheblichkeit
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Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts beabsichtigt aufgrund vorstehend dargestellter Erwägungen die Änderung seiner Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen von Fehlern im Anzeigeverfahren. Eine solche Änderung der Sanktionen durch die Mitgliedstaaten untersagt die MERL nicht (EuGH 17. März 2021 - C-652/19 - [Consulmarketing] Rn. 44 ff.). Mit einer Entscheidung, dass das Unterlassen der Massenentlassungsanzeige nicht die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge hat, wiche der Senat jedoch entscheidungserheblich von der Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. November 2012 (- 2 AZR 371/11 - BAGE 144, 47) ab, wonach es zur Unwirksamkeit der Kündigung führt, wenn bei ihrem Zugang keine wirksame Massenentlassungsanzeige vorliegt (Rn. 37, 42 ff., 48). Es bedarf daher einer Anfrage nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG beim Zweiten Senat, ob dieser an der genannten Rechtsauffassung festhält. Dagegen ist eine Anfrage beim Achten Senat gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 ArbGG nicht erforderlich, da nach Ziff. 2.4 und Ziff. 6.2.2 des Geschäftsverteilungsplans 2023 des Bundesarbeitsgerichts nunmehr allein der Zweite und der Sechste Senat für Verfahren betreffend Kündigungen im Zusammenhang mit dem Übergang von Arbeits- und Berufsausbildungsverhältnissen zuständig sind.
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IV. Bis zur Entscheidung des Zweiten Senats wird die Verhandlung entsprechend § 148 Abs. 1 ZPO ausgesetzt.
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