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BAG 14.09.2020 - 5 AZB 23/20
BAG 14.09.2020 - 5 AZB 23/20 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - einfache Signatur
Normen
§ 519 Abs 1 ZPO, § 130 Nr 6 ZPO, § 130a Abs 3 S 1 Alt 2 ZPO, § 130a Abs 4 Nr 2 ZPO, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 233 Abs 1 ZPO, § 85 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG Ulm, 7. Februar 2019, Az: 2 Ca 127/18, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 12. März 2020, Az: 17 Sa 12/19, Beschluss
Leitsatz
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Die einfache Signatur iSd. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift.
Tenor
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1. Auf die Revisionsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. März 2020 - 17 Sa 12/19 - aufgehoben.
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2. Der Beklagten wird gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
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3. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsbeschwerdeverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Die Parteien streiten über Vergütung sowie eine Forderung der Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe.
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Das Arbeitsgericht hat mit einem am 7. Februar 2019 verkündeten Urteil der Klage - soweit in der Revisionsbeschwerde von Bedeutung - stattgegeben und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Das Urteil wurde dem Beklagtenvertreter am 21. Februar 2019 zugestellt. Am 20. März 2019, einem Mittwoch, wurde aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (iF beA) des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, Herrn Rechtsanwalt B, eine Berufungsschrift unter Verwendung des Briefbogens seiner Kanzlei, die auf denselben Tag datiert, an das Landesarbeitsgericht übermittelt. Der Berufungsschriftsatz ist nicht qualifiziert signiert. Am Ende des Schriftsatzes ist das Wort „Rechtsanwalt“ aufgeführt, jedoch nicht der Name des Absenders. Auf der ersten Seite des Schriftsatzes ist links oben unter „Unser Zeichen“ das Aktenzeichen der Kanzlei „SB564/19/ns“ und „RA B“ aufgeführt. Durch richterliche Verfügung vom 21. März 2019, vom (damaligen) Vorsitzenden um 14:02 Uhr elektronisch signiert, wurde den Parteien der Eingang der Berufung am Vortag und das Aktenzeichen mitgeteilt und auf die Berufungsbegründungsfrist hingewiesen. Die Verfügung wurde ausweislich des Ab-Vermerks am 27. März 2019 an die Parteivertreter versandt. Die Berufungsbegründung wurde vom Beklagtenvertreter ebenfalls über das beA versandt. Am Ende dieses Schriftsatzes ist über dem Wort „Rechtsanwalt“ der Name des Prozessbevollmächtigten maschinenschriftlich wiedergegeben.
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Mit Verfügung vom 18. Februar 2020 wies das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass Bedenken an der formgerechten Einlegung der Berufung bestünden, es fehle an einer einfachen Signatur der Berufungsschrift. Es sei beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zu verwerfen. Den Parteien wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 4. März 2020 gegeben.
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Mit qualifiziert signiertem Schriftsatz vom 2. März 2020 nahm der Beklagtenvertreter Stellung und beantragte vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Berufungsschrift sei auch ohne einfache Signatur dem diesen Schriftsatz verantwortenden Rechtsanwalt zuzuordnen, weil der Beklagtenvertreter bereits eingangs genannt werde und der Schriftsatz über dessen beA-Postfach eingereicht worden sei. Die fehlende Signatur sei nicht erheblich, weil andere Umstände eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür böten, dass der Prozessbevollmächtigte die Berufung eingelegt, die Verantwortung für den Inhalt übernommen habe und diese willentlich in den Verkehr gelangt sei. Das beA-Kennwort sei nur dem Unterzeichner bekannt, womit eine Versendung aus diesem Postfach anderen Personen nicht möglich sei. Jedenfalls sei Wiedereinsetzung zu gewähren, weil der Prozessbevollmächtigte mangels entgegenstehender Rechtsprechung davon habe ausgehen können, dass die Kombination aus Namensnennung im Eingang und einer darauf bezogenen Bestätigung am Ende des Schriftsatzes durch die Nennung „Rechtsanwalt“ eine ausreichende einfache Signierung gemäß § 130a ZPO darstelle.
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Mit Beschluss vom 12. März 2020 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen. Die Berufungsschrift genüge nicht den Anforderungen des § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO. Sie sei zwar über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht, jedoch nicht - auch nicht einfach - signiert, weil der Name des Beklagtenvertreters am Ende des Schriftsatzes nicht wiedergegeben sei. Es könne auch nicht aufgrund sonstiger Umstände von einer ordnungsgemäßen Einlegung der Berufung ausgegangen werden, denn die Identifizierung des Urhebers des Schriftsatzes sei nicht zweifelsfrei möglich. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, weil das Fristversäumnis auf einem der Beklagten zuzurechnenden Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten beruhe. Der Irrtum über die Notwendigkeit einer zumindest einfachen Signatur sei nicht unverschuldet. Ein Hinweis auf den Formmangel von Seiten des Landesarbeitsgerichts nach Eingang der Berufung hätte das Fristversäumnis nicht verhindert.
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionsbeschwerde.
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II. Die Revisionsbeschwerde ist zulässig (§ 77 Satz 1 und Satz 4 ArbGG iVm. § 575 ZPO) und begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht als unzulässig verworfen. Der Beklagten war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
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1. Die von der Beklagten eingereichte Berufungsschrift wahrt nicht die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 4 iVm. § 130a Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 ZPO erforderliche Form. Die Berufungsschrift wurde zwar über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht, jedoch mangelt es an der erforderlichen einfachen Signatur. Damit fehlt es an einem von Amts wegen zu prüfenden zwingenden und unverzichtbaren Formerfordernis der Berufungsschrift als bestimmender Schriftsatz.
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a) Die Berufung wird nach § 519 Abs. 1 ZPO durch eine beim Berufungsgericht einzureichende Berufungsschrift eingelegt. Die Berufungsschrift muss als bestimmender Schriftsatz von einem beim Landesarbeitsgericht nach § 11 Abs. 4 Sätze 1, 2 und 4 ArbGG vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein, § 130 Nr. 6 ZPO (vgl. BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 17, BAGE 151, 66). Für sie gelten die allgemeinen Vorschriften über vorbereitende Schriftsätze, § 519 Abs. 4 ZPO. Die Berufungsschrift kann daher auch als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden, wobei dann nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO das elektronische Dokument mit einer qualifizierten Signatur der verantwortenden Person versehen oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sein muss. Diese Anforderungen sind vorliegend nicht eingehalten.
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b) Die Berufungsschrift vom 20. März 2019 ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht qualifiziert signiert. Die Beklagte hat den Schriftsatz über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht, jedoch mangelt es dem Schriftsatz an der erforderlichen einfachen Signatur iSv. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO.
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aa) Die Regelung des § 130a Abs. 3 ZPO findet auf bestimmende Schriftsätze wie der streitgegenständlichen Berufungsschrift Anwendung (BT-Drs. 17/12634 S. 25; Musielak/Voit/Stadler ZPO 17. Aufl. § 130a Rn. 2).
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bb) Die Berufungsschrift ist nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts über das beA des Prozessbevollmächtigten der Beklagten übermittelt worden. Bei diesem Übermittlungsweg handelt es sich nach der Legaldefinition des § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO um einen „sicheren“ iSd. Absatzes 3 der Regelung (vgl. BAG 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20 - Rn. 12; 24. Oktober 2019 - 8 AZN 589/19 - Rn. 5).
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cc) Die Berufungsschrift ist nicht mit der erforderlichen einfachen elektronischen Signatur versehen.
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(1) Eine einfache elektronische Signatur nach dieser Variante der Regelung besteht gemäß Art. 3 Nr. 10 der EU-Verordnung Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw. mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten (vgl. BeckOK ZPO/von Selle Stand 1. Juli 2020 ZPO § 130a Rn. 16; LG Hagen 22. August 2019 - 7 T 15/19 - Rn. 16).
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(2) Die einfache Signatur meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes (vgl. OLG Braunschweig 8. April 2019 - 11 U 146/18 - Rn. 38; Bacher NJW 2015, 2753; Musielak/Voit/Stadler ZPO 17. Aufl. § 130a Rn. 6; MüKoZPO/Fritsche 6. Aufl. § 130a Rn. 14). Dies kann beispielsweise der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein (vgl. BeckOK ZPO/von Selle Stand 1. Juli 2020 ZPO §130a Rn. 16; LG Hagen 22. August 2019 - 7 T 15/19 - Rn. 16). Für die maschinenschriftliche Unterzeichnung ist weder vorgeschrieben, dass (auch) ein Vorname zu verwenden ist, noch dass die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ wiedergegeben wird (vgl. Müller NZA 2019, 1682, 1683).
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(3) Die Signatur soll sicherstellen, dass die von dem sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernimmt. Fehlt es an dieser Identität, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht (vgl. BT-Drs. 17/12634 S. 25; OLG Braunschweig 8. April 2019 - 11 U 146/18 - Rn. 38; MüKoZPO/Fritsche 6. Aufl. § 130a Rn. 14). Dies folgt bereits daraus, dass der sichere Übermittlungsweg bei einer Signatur durch die verantwortende Person gleichrangig neben der qualifizierten elektronischen Signatur steht. Die qualifizierte elektronische Signatur tritt ihrerseits an die Stelle der eigenhändigen Unterschrift iSd. § 130 Nr. 6 ZPO. Neben den sonstigen Funktionen der Unterschrift soll sie auch gewährleisten, dass das elektronische Dokument nicht spurenlos manipuliert werden kann (Perpetuierungs- oder Integritätsfunktion vgl. BT-Drs. 14/4987 S. 24; BGH 14. Mai 2013 - VI ZB 7/13 - Rn. 9 mwN, BGHZ 197, 209). Diese Funktionen sollen auch bei einer einfachen Signatur und einem sicheren Übermittlungsweg garantiert werden. Zum Ausdruck kommt dieser Aspekt in den sonstigen bundeseinheitlichen Übermittlungswegen nach § 130a Abs. 4 Nr. 4 ZPO. Sie sind nur dann als sichere Übermittlungswege anzusehen, wenn die Authentizität und Integrität der Daten gewährleistet sind (vgl. BAG 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20 - Rn. 18).
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(4) Die Berufungsschrift weist keine einfache Signatur auf. An deren Ende ist das Wort „Rechtsanwalt“ aufgeführt, jedoch nicht der Name des Prozessbevollmächtigten der Beklagten.
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c) Es kann auch nicht aufgrund sonstiger Umstände von einer ordnungsgemäßen Berufungseinlegung ausgegangen werden.
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aa) Die einfache Signatur soll - ebenso wie die eigenhändige Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. BT-Drs. 17/12634 S. 25; vgl. zur eigenhändigen Unterschrift BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 22, BAGE 151, 66). Das Fehlen einer einfachen Signatur kann - ebenso wie einer Unterschrift - ausnahmsweise unschädlich sein, wenn - ohne Beweisaufnahme - aufgrund anderer Umstände zweifelsfrei feststeht, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat (vgl. zur Unterschrift BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 22, aaO; MüKoZPO/Fritsche 6. Aufl. § 129 Rn. 22).
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bb) Solche besonderen Begleitumstände sind hier nicht gegeben. Eine der einfachen Signatur vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozessbevollmächtigten der Beklagten und dessen Willen, die Berufungsschrift in den Rechtsverkehr zu bringen, bieten weder die Verwendung des Briefbogens seiner Kanzlei noch die maschinenschriftliche Wiedergabe seines Namens oben auf der ersten Seite des Schriftsatzes oder das Namenskürzel „SB“ im Aktenzeichen der Kanzlei (vgl. zur fehlenden eigenhändigen Unterschrift BAG 25. Februar 2015 - 5 AZR 849/13 - Rn. 23, BAGE 151, 66). Die Nennung des Nachnamens bzw. des Namenskürzels im Kopf des Schriftsatzes zeigt lediglich den zuständigen Sachbearbeiter in der Kanzlei auf, trifft jedoch keine Aussage darüber, ob dieser für den sodann folgenden Inhalt der Berufungsschrift auch die Verantwortung übernehmen will. Weiterhin lässt sich ohne einfache Signatur nicht feststellen, ob die als Absender ausgewiesene Person identisch mit der den Inhalt des Schriftsatzes verantwortenden Person ist (zum Erfordernis der Übereinstimmung von signierender und versendender Person BAG 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20 - Rn. 14 ff.).
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2. Das Landesarbeitsgericht hat der Beklagten die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Berufungsfrist zu Unrecht versagt. Der Antrag ist begründet. Der angefochtene Beschluss verletzt die Beklagte in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf ein faires Verfahren (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip).
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a) Nach § 233 Satz 1 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Dabei steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Partei gleich.
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b) Es kann offenbleiben, ob den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein Schuldvorwurf zu machen ist. Ein etwaiges Verschulden war jedenfalls nicht ursächlich dafür, dass die Beklagte die Frist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG aufgrund Formmangels nicht gewahrt hat.
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aa) Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts ist regelmäßig nicht unverschuldet. Ein Rechtsanwalt muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich anzuwenden sind. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der Prozessbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Partei, die dem Anwalt die Verfahrensführung überträgt, darf darauf vertrauen, dass er ihr als Fachmann gewachsen ist. Wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen. Von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur über die aktuelle Rechtslage und den Stand der Rechtsprechung informiert. Dazu besteht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor Kurzem erfolgte Gesetzesänderung handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt, oder die Rechtslage offen ist, weil sie noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Ein Rechtsirrtum ist jedoch ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen, wenn er auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war (vgl. BAG 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20 - Rn. 37; BGH 15. Mai 2019 - XII ZB 573/18 - Rn. 25, BGHZ 222, 105).
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bb) Danach spricht einiges dafür, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei der Übermittlung des Berufungsschriftsatzes ohne einfache Signatur trotz der höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtslage nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt hat. Zu berücksichtigen ist, dass in den Gesetzesmaterialien deutlich kommt zum Ausdruck, dass dem Dokument die Wiedergabe einer Unterschrift angefügt werden muss (vgl. BT-Drs. 17/12634 S. 25). Dort finden sich zudem Hinweise auf deren Zwecke, nämlich den Abschluss des Dokuments und die Sicherung der Identität zwischen Absender und der den Inhalt verantwortenden Person. Bereits hieraus lässt sich der Schluss ziehen, dass das Wort „Rechtsanwalt“ dem nicht genügen kann. Auch das Schrifttum setzt sich bereits seit mehreren Jahren mit den Erfordernissen einer einfachen Signatur auseinander, ohne dass sich hierbei signifikante Abweichungen der Meinungen erkennen lassen. Regelmäßig findet sich die Auffassung, es bedürfe eines Namenszugs als Abschluss des Dokuments (vgl. zum Stand bei Einreichung der Berufung Musielak/Voit/Stadler 15. Aufl. ZPO § 130a Rn. 6; Bacher NJW 2015, 2753; Müller NZA 2018, 1315, 1317; Siegmund NJW 2017, 3134, 3137; Ulrich/Schmieder NJW 2019, 113).
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cc) Dennoch kann dahinstehen, ob den Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein Schuldvorwurf trifft. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unabhängig vom Verschulden der Partei gemäß Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG zu gewähren, wenn sie geboten ist, weil das Gericht seine prozessuale Fürsorgepflicht und damit das allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren verletzt hat. In solchen Fällen tritt ein in der eigenen Sphäre der Partei liegendes Verschulden hinter das staatliche Verschulden zurück. Ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist eine Partei dann, wenn ihr Fristversäumnis nicht ursächlich gewesen ist, weil die Frist bei pflichtgemäßem Verhalten des Gerichts hätte gewahrt werden können (vgl. BAG 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20 - Rn. 38). In diesem Fall wirkt sich das mögliche Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr aus, so dass ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (BGH 29. August 2017 - VI ZB 49/16 - Rn. 13).
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(1) Aus dem „allgemeinen Prozessgrundrecht“ auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt die Verpflichtung des Richters zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten prozessualen Situation. Es ist ihm hiernach untersagt, aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen Verfahrensnachteile für die betroffenen Prozessparteien abzuleiten (BVerfG 14. November 2018 - 1 BvR 433/16 - Rn. 11; 17. Januar 2006 - 1 BvR 2558/05 - Rn. 8). Der Anspruch auf ein faires Verfahren kann eine gerichtliche Hinweispflicht auslösen, wenn ein Rechtsmittel nicht in der vorgesehenen Form übermittelt worden ist. Eine Partei kann erwarten, dass dieser Vorgang in angemessener Zeit bemerkt wird und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um eine drohende Fristversäumnis zu vermeiden. Unterbleibt ein gebotener Hinweis, ist der Partei Wiedereinsetzung zu bewilligen, wenn er bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang so rechtzeitig hätte erfolgen können und müssen, dass es der Partei noch möglich gewesen wäre, die Frist zu wahren. Kann der Hinweis im Rahmen ordnungsgemäßen Geschäftsgangs nicht mehr so rechtzeitig erteilt werden, dass die Frist durch die erneute Übermittlung des fristgebundenen Schriftsatzes noch gewahrt werden kann, oder geht trotz rechtzeitig erteilten Hinweises der formwahrende Schriftsatz erst nach Fristablauf ein, scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein aus diesem Grund dagegen aus. Aus der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht der staatlichen Gerichte und dem Anspruch auf ein faires Verfahren folgt keine generelle Verpflichtung der Gerichte dazu, die Formalien eines als elektronisches Dokument eingereichten Schriftsatzes sofort zu prüfen, um erforderlichenfalls sofort durch entsprechende Hinweise auf die Behebung formeller Mängel hinzuwirken (BGH 21. März 2017 - X ZB 7/15 - Rn. 13). Dies nähme den Verfahrensbeteiligten und ihren Bevollmächtigten ihre eigene Verantwortung dafür, die Formalien einzuhalten. Eine solche Pflicht überspannte die Anforderungen an die Grundsätze des fairen Verfahrens (BVerfG 17. Januar 2006 - 1 BvR 2558/05 - Rn. 10; BAG 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20 - Rn. 39; BGH 18. Oktober 2017 - LwZB 1/17 - Rn. 11). Die Abgrenzung dessen, was im Rahmen einer fairen Verfahrensgestaltung an richterlicher Fürsorge aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist, kann sich nicht nur am Interesse der Rechtsuchenden an einer möglichst weitgehenden Verfahrenserleichterung orientieren, sondern hat auch zu berücksichtigen, dass die Justiz im Interesse ihrer Funktionsfähigkeit vor zusätzlicher Belastung geschützt werden muss (vgl. BAG 5. Juni 2020 - 10 AZN 53/20 - Rn. 39; BGH 20. April 2011 - VII ZB 78/09 - Rn. 12). Hiervon ausgehend gebietet es die aus dem verfassungsrechtlichen Gebot eines fairen Verfahrens folgende gerichtliche Fürsorgepflicht, eine Prozesspartei auf einen leicht erkennbaren Formmangel - wie die fehlende Unterschrift in einem bestimmenden Schriftsatz - hinzuweisen und ihr Gelegenheit zu geben, den Fehler fristgerecht zu beheben (dazu BGH 14. Oktober 2008 - VI ZB 37/08 - Rn. 10).
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(2) Nach diesen Maßstäben hat das Landesarbeitsgericht verkannt, dass der (damalige) Vorsitzende der Berufungskammer den Prozessbevollmächtigten der Beklagten noch so rechtzeitig auf die fehlende einfache Signatur am Ende der Berufungsschrift hätte hinweisen können und müssen, dass die Beklagte die Berufung noch vor Fristablauf formgerecht hätte einlegen können.
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(a) Bei Eingang der Berufungsschrift am 20. März 2019 stand noch der 21. März 2019 als voller Kalendertag bis zum Fristablauf am 21. März 2019, 24:00 Uhr offen. Zwar dürfen Rechtsuchende nicht erwarten, dass die Gerichte die Formalien eines elektronischen Dokuments sofort prüfen. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass dem Vorsitzenden der zuständigen Kammer des Landesarbeitsgerichts am 21. März 2019 die Akte mit der Berufungsschrift vorgelegen und er diese bearbeitet hat. Durch richterliche Verfügung hat er den Eingang der Berufung am Vortag bestätigt, das Aktenzeichen mitgeteilt und einen Hinweis auf die Berufungsbegründungsfrist erteilt. Diese Verfügung wurde nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 Abs. 2 ZPO) vom Vorsitzenden am 21. März 2019 um 14:02 Uhr elektronisch signiert. Bereits zu diesem Zeitpunkt war damit für den Vorsitzenden aufgrund der Aktenbearbeitung ersichtlich, dass die Beklagte mit ihrer Berufungsschrift mangels einfacher Signatur die Form des § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 4 iVm. § 130a Abs. 1, Abs. 3 ZPO nicht gewahrt hat. Bei dieser Sachlage war er zur Wahrung des Anspruchs der Beklagten auf ein faires Verfahren gehalten, deren Prozessbevollmächtigten rechtzeitig auf die fehlende einfache Signatur hinzuweisen. Einen solchen Hinweis hätte der Vorsitzende der Berufungskammer nach Signierung seiner Verfügung am 21. März 2019 um 14:02 Uhr ohne besondere Anstrengung noch telefonisch oder per Telefax erteilen können und müssen.
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(b) Dem steht nicht entgegen, dass nach älteren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts die Fürsorgepflicht eines für die Berufung unzuständigen Gerichts von Verfassungs wegen auch dann keinen sofortigen Hinweis durch Telefonanruf oder Telefax erfordert, wenn die Unzuständigkeit am letzten Tag der Berufungsfrist vom Richter erkannt wird (hierzu BVerfG 3. Januar 2001 - 1 BvR 2147/00 - zu II 2 der Gründe; vgl. auch BGH 21. März 2017 - X ZB 7/15 - Rn. 15 und BAG 20. August 1997 - 2 AZR 9/97 - zu II 2 der Gründe). Der Unterschriftsmangel war im vorliegenden Fall für den zuständigen Richter - anders als die fehlende Zuständigkeit des Gerichts - ohne nähere Lektüre der zweiseitigen Berufungsschrift ohne weiteres erkennbar. Die gegenteilige Annahme des Landesarbeitsgerichts in der angegriffenen Entscheidung verkennt die Reichweite des vom Bundesverfassungsgericht in den letzten Jahren entwickelten allgemeinen Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Sie führte dazu, dass ein Richter „sehenden Auges“ die Berufungsfrist verstreichen lassen könnte, um dann die Berufung wegen fehlender Unterschrift oder Signatur als unzulässig zu verwerfen, obwohl ihm ohne unzumutbare Anstrengung ein schriftlicher Hinweis per Telefax oder jedenfalls ein telefonischer Hinweis möglich gewesen wäre. In dieser Situation ist es deshalb geboten, durch entsprechende Eilmaßnahmen einen richterlichen Hinweis in Bezug auf den Formmangel zu erteilen. Wäre der Hinweis erteilt worden, hätte der Mangel innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Zeit ohne weiteres behoben werden können. Bei dieser Sachlage wirkt sich ein etwaiges Verschulden der Prozessbevollmächtigten der Beklagten für die Fristversäumung nicht mehr aus.
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c) Der Wiedereinsetzungsantrag ist fristgerecht erfolgt. Die Wiedereinsetzungsfrist beträgt gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Falle der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung zwei Wochen. Die Frist beginnt zu laufen, sobald die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter erkannt hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass die Rechtsmittelfrist versäumt war. In diesem Zeitpunkt ist das Hindernis behoben, durch das die Partei von der Einhaltung der Frist abgehalten worden ist. Die Frist begann daher mit Kenntnisnahme des gerichtlichen Hinweises vom 18. Februar 2020, mit dem auf die fehlende einfache Signatur hingewiesen wurde, zu laufen. Der am 2. März 2020 bei Gericht eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung war somit fristgemäß. Da die Berufungsfrist am 21. März 2019 endete, hat der am 2. März 2020 angebrachte Wiedereinsetzungsantrag die Ausschlussfrist des § 234 Abs. 3 ZPO gewahrt.
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3. Der Senat konnte über den Wiedereinsetzungsantrag selbst entscheiden und war nicht nach § 237 ZPO verpflichtet, die Sache zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die Prüfung dieses Antrags ist dem Bundesarbeitsgericht als Rechtsmittelgericht bei einer zugelassenen Revisionsbeschwerde ausnahmsweise möglich, wenn das Berufungsgericht die Verwerfung der Berufung unter Ablehnung der Wiedereinsetzung ausgesprochen hat oder wenn die Wiedereinsetzung nach dem Aktenstand ohne weiteres zu gewähren ist und Entscheidungsreife besteht (BGH 20. Mai 2014 - VI ZR 384/13 - Rn. 13 mwN). Die Voraussetzungen beider Alternativen sind hier erfüllt.
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III. Das Landesarbeitsgericht wird nunmehr in der Sache sowie über die Kosten - auch der Revisionsbeschwerde - zu entscheiden haben.
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Linck
Berger
Volk
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