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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 24.01.2017 - 1 ABR 6/15
BAG 24.01.2017 - 1 ABR 6/15 - Mitbestimmungsrecht bei der Anrechnung einer zweistufigen Tariferhöhung
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG München, 8. Juli 2014, Az: 17 BV 646/13, Beschluss
vorgehend Landesarbeitsgericht München, 17. Dezember 2014, Az: 11 TaBV 50/14, Beschluss
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 17. Dezember 2014 - 11 TaBV 50/14 - wird zurückgewiesen.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anrechnung einer Tarifentgelterhöhung.
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Die Arbeitgeberin betreibt einen Fachverlag und ist Mitglied im Arbeitgeberverband der Verlage und Buchhandlungen in Bayern e.V. (AVB). Antragsteller ist der für ihren Betrieb M gebildete Betriebsrat.
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Die Arbeitgeberin gehört zur Mediengruppe der S GmbH, in deren Unternehmen insgesamt zehn unterschiedliche Entgelttarifverträge Anwendung finden. Die Geschäftsführung der S GmbH entschied vor dem Monat September 2010, die aufgrund bevorstehender oder bereits laufender Tarifverhandlungen zu erwartende Erhöhung der Tarifentgelte in den einzelnen Unternehmen der Mediengruppe auf die übertariflichen Zulagen der Arbeitnehmer anzurechnen.
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Der AVB schloss am 17. September 2010 den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen des Buchhandels und der Verlage in Bayern (ETV) ab. Nach § 3 ETV erhöht sich das Tarifentgelt in allen Entgeltgruppen zum 1. Oktober 2010 um 50,00 Euro und zum 1. Juli 2011 um 2 vH.
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Die Arbeitgeberin zahlt übertarifliche Zulagen in unterschiedlicher Höhe. Sie rechnete die zum 1. Oktober 2010 im ETV vorgesehene Tariferhöhung in voller Höhe auf übertarifliche Zulagen an. Im November 2010 gab die Arbeitgeberin bekannt, die zweite Stufe der Tariferhöhung nach dem ETV zum 1. Juli 2011 nicht auf übertarifliche Zulagen anzurechnen.
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Eine von den Betriebsparteien errichtete Einigungsstelle zum Gegenstand „Anrechnung der Tarifentgelterhöhung zum 01.10.2010 auf die übertarifliche Zulagen …“ beschloss in der Sitzung vom 17. Juli 2013 ihre Unzuständigkeit und stellte das Verfahren ein.
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Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Anrechnung der Tariferhöhung sei nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Der Arbeitgeberin sei ein Regelungsspielraum bei der Anrechnung verblieben. Die Anrechnung der ersten Stufe und die Nichtanrechnung der zweiten Stufe der Tarifentgelterhöhung beruhten auf einem einheitlichen Gesamtkonzept. Durch die Anrechnung hätten sich die Verteilungsgrundsätze geändert.
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Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
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festzustellen, dass ihm ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der durch die Arbeitgeberin vorgenommenen Anrechnung der Tarifgehaltserhöhung um 50,00 Euro zum 1. Oktober 2010 auf die übertariflichen Zulagen der im Betrieb der Arbeitgeberin in M beschäftigten Arbeitnehmern zusteht.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
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Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.
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B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zu Recht zurückgewiesen. Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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I. Der Antrag bedarf der Auslegung. Nach seinem Wortlaut ist er lediglich auf die Feststellung gerichtet, dem Betriebsrat stehe bei der von der Arbeitgeberin vorgenommenen Anrechnung der Tariferhöhung um 50,00 Euro zum 1. Oktober 2010 auf die übertariflichen Zulagen ein Mitbestimmungsrecht zu. Die Begründung des Betriebsrats zeigt jedoch, dass es dem Betriebsrat nicht um die Klärung geht, allein diese Anrechnung sei mitbestimmungspflichtig. Nach seiner Ansicht besteht ein Mitbestimmungsrecht bei der auf einer einheitlichen Konzeption beruhenden Anrechnung der ersten Stufe der Tarifentgelterhöhung zum 1. Oktober 2010 und der Nichtanrechnung der zweiten Stufe der Tariferhöhung zum 1. Juli 2011. Dieses Antragsverständnis hat der Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat bestätigt.
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II. Der Antrag ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Arbeitgeberin stellt ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Abrede.
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III. Der Antrag ist unbegründet. Dem Betriebsrat steht bei der Entscheidung über die Anrechnung der Tariferhöhung kein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu.
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1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung einer Tarifentgelterhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, wenn eine generelle Maßnahme vorliegt, sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern und für die Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. Eine Anrechnung unterliegt daher nicht der Mitbestimmung, wenn sie das Zulagenvolumen völlig aufzehrt. Gleiches gilt, wenn die Tarifentgelterhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertarifliche Zulage angerechnet wird. Rechnet der Arbeitgeber dagegen eine Erhöhung des Tarifentgelts nur teilweise auf die freiwilligen übertariflichen Zulagen an, hat er den Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beteiligen, da in diesem Fall Raum für eine andere Verteilungsentscheidung verbleibt (vgl. BAG 10. März 2009 - 1 AZR 55/08 - Rn. 17 f. mwN, BAGE 129, 371).
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2. Bei Tarifentgelterhöhungen, die zeitlich versetzt in mehreren Abschnitten oder in aufeinander aufbauenden Stufen erfolgen, lässt sich die Frage, ob der Betriebsrat bei der Entscheidung des Arbeitgebers über die Anrechnung mitzubestimmen hat, nicht allein aufgrund einer isolierten Betrachtung des jeweiligen Anrechnungsvorgangs beantworten. Vielmehr kann es auch darauf ankommen, ob mehrere voneinander unabhängige Entscheidungen des Arbeitgebers über eine mögliche Anrechnung vorliegen oder ob den Entscheidungen eine einheitliche Konzeption des Arbeitgebers zugrunde liegt. Da das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG an die Entscheidungen des Arbeitgebers zur betrieblichen Lohngestaltung anknüpft, hängt die Mitbestimmung des Betriebsrats davon ab, ob die Konzeption des Arbeitgebers Raum für eine (Mit-)Gestaltung lässt. Hieran fehlt es, wenn mehrere voneinander unabhängige Entscheidungen des Arbeitgebers über eine mögliche Anrechnung vorliegen, bei denen es jeweils nichts mitzubestimmen gibt, etwa weil eine Anrechnung unterbleibt oder sie im Rahmen des Möglichen vollständig und gleichmäßig vorgenommen wird. Dagegen bestehen Gestaltungsmöglichkeiten, wenn der Arbeitgeber im Rahmen eines Gesamtkonzepts beabsichtigt, auf mehrere Schritte oder Stufen einer Tarifgehaltserhöhung unterschiedlich zu reagieren. Ein konzeptioneller Zusammenhang setzt voraus, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über die Anrechnung oder Nichtanrechnung der ersten Stufe oder des zeitlich ersten Schritts einer Tariferhöhung bereits sein Verhalten bei der zweiten Stufe oder dem zweiten Schritt plant. Ob eine einheitliche Konzeption des Arbeitgebers vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (ausf. BAG 10. März 2009 - 1 AZR 55/08 - Rn. 19 ff. mwN, BAGE 129, 371 mwN).
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3. Danach besteht vorliegend kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Anrechnung der Tarifentgelterhöhung zum 1. Oktober 2010 für sich betrachtet ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht bestand. Die Arbeitgeberin hat die sich aus dieser Erhöhung ergebenden Steigerungsbeträge im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen auf die übertariflichen Zulagen der Arbeitnehmer angerechnet. Damit verblieb insoweit kein Spielraum für eine andere Verteilung, die der Betriebsrat hätte mitgestalten können.
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b) Ein Mitbestimmungsrecht folgt auch nicht daraus, dass die Anrechnung der ersten Stufe der Tarifentgelterhöhung zum 1. Oktober 2010 und die Nichtanrechnung der zweiten Stufe zum 1. Juli 2011 auf einer einheitlichen Konzeption der Arbeitgeberin beruhten. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, es fehle an einem solchen Gesamtkonzept.
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aa) Nach den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen und daher nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Geschäftsführung der S GmbH noch vor dem Abschluss der zehn unterschiedlichen Tarifverträge in der Mediengruppe - darunter dem ETV - die Entscheidung getroffen, die zu erwartende Tarifentgelterhöhung in den einzelnen Unternehmen ihrer Mediengruppe und damit bei allen dort beschäftigten Mitarbeitern auf bestehende übertarifliche Zulagen anzurechnen. Bereits dieser Umstand legt nahe, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Planung bestand, wie mit einer etwaigen zweiten Stufe einer im jeweils maßgebenden Entgelttarifvertrag enthaltenen Entgeltsteigerung verfahren werden sollte.
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bb) Weiterhin war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zum Zeitpunkt dieser Anrechnungsentscheidung noch nicht absehbar, dass der ETV eine zweistufige Tarifentgelterhöhung enthalten würde. Es fehlt daher an Anhaltspunkten, dass die für die gesamte Mediengruppe des S getroffene Anrechnungsentscheidung bereits eine Festlegung der Arbeitgeberin zum Umgang mit der damals nicht absehbaren zweiten Stufe der im ETV enthaltenen Tariflohnerhöhung beinhalten sollte. Der Umstand, dass die Arbeitgeberin im November 2010 bekannt gab, die zweite Stufe der Tariferhöhung nicht anrechnen zu wollen, lässt vor diesem Hintergrund keinen gegenteiligen Schluss zu. Diese Mitteilung erfolgte erst, nachdem der ETV bereits abgeschlossen worden war.
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cc) Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen diese nicht zu beanstandende Würdigung des Landesarbeitsgerichts wendet, setzt sie nur ihre eigene an die Stelle der vom Landesarbeitsgericht vorgenommenen.
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