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BAG 15.06.2016 - 4 AZR 485/14
BAG 15.06.2016 - 4 AZR 485/14 - Entgeltansprüche - Auslegung einer Bezugnahmeklausel - anderweitige Rechtshängigkeit - Berufungsrücknahme - Rechtskraft - präjudizielle Wirkung
Normen
§ 261 Abs 3 Nr 1 ZPO, § 269 Abs 1 ZPO, § 322 Abs 1 ZPO, § 516 Abs 1 ZPO, § 516 Abs 3 ZPO
Vorinstanz
vorgehend ArbG Chemnitz, 21. Januar 2013, Az: 11 Ca 2531/12, Urteil
vorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht, 7. November 2013, Az: 6 Sa 105/13, Urteil
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 7. November 2013 - 6 Sa 105/13 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten noch über Entgeltdifferenzansprüche für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2012.
- 2
-
Die Beklagte ist Trägerin eines Zwei-Sparten-Theaters in F und D. Sie ist Mitglied im Arbeitgeberverband Deutscher Bühnenverein, Bundesverband der Theater und Orchester.
- 3
-
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1982 als Beleuchter/Stellwerksbeleuchter beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 27. April 1994 heißt es ua.:
-
„§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften (BMT-G-O vom 10. Dezember 1990) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.
Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
…
§ 4
Die Eingruppierung und die Vergütung richten sich nach der Vergütungsordnung zum BMT-G-O für den Bereich der VKA.
BMT-G-O L 4
Tätigkeit: Beleuchter
plus TBZ“
- 4
-
Am 28. Februar 1996 änderten die Parteien den Arbeitsvertrag hinsichtlich der Eingruppierung.
- 5
-
Ab 1996 schloss die Beklagte für die Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des BAT-O und BMT-G-O fielen, Haustarifverträge, ua. den „Betriebs-Tarifvertrag entsprechend § 15c Abs. 2 BAT-O/§ 14c BMT-G-O ‚Besondere regelmäßige Arbeitszeit‘“ (BTV) ab, mit dem die wöchentliche Arbeitszeit zeitlich befristet auf 37 Stunden herabgesetzt wurde.
- 6
-
Am 18. Januar 2005 vereinbarte die Beklagte mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einen Haustarifvertrag (HTV), in dem es ua. heißt:
-
„…
§ 1 Tarifanwendung
Die Tarifparteien vereinbaren die Anwendung des BAT-O/BMT-G-O einschließlich der sie ergänzenden, ändernden oder an ihre Stelle tretenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung. Der NV Bühne kommt für die Mitglieder der ver.di nicht zur Anwendung.
…
§ 3 Besondere Regelungen zur Arbeitszeit / Blockfreizeit
1.
Für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis zum 31. Juli 2008 wird die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit der Beschäftigten … auf durchschnittlich 37 Stunden verkürzt. …
§ 6 Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen
1.
Der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen ist erstmals ab 1.8.2008 zulässig.
…
§ 7 Vergütung
…
3.
Die linearen Tarifsteigerungen und strukturellen Angleichungen im BAT-O/BMT-G-O bleiben von diesem Tarifvertrag unberührt.
…
§ 9 Inkrafttreten / Geltungsdauer
1.
Dieser Tarifvertrag tritt am 1.8.2005 in Kraft. Er kann unter Einhaltung einer Frist von einem halben Jahr erstmals zum 31.7.2008 gekündigt werden.
2.
Die §§ 3 und 7 treten automatisch zum 31.7.2008 ohne Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 des Tarifvertragsgesetzes außer Kraft.
…“
- 7
-
Die Beklagte kündigte am 4. März 2008 den HTV zum 5. September 2008.
- 8
-
Im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2012 zahlte die Beklagte an den Kläger ein regelmäßiges monatliches Entgelt in Höhe von 2.474,80 Euro brutto. Der Betrag entspricht dem Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 6 Stufe 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) im Kalenderjahr 2009.
- 9
-
Mit Schreiben vom 27. Mai 2010 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Tarifentgelterhöhungen für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 geltend, die die Beklagte zurückwies. Mit seiner der Beklagten am 13. Januar 2011 zugestellten Klage (Arbeitsgericht Chemnitz - 10 Ca 41/11 -) machte er bezifferte Entgeltdifferenzansprüche für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 geltend und beantragte zuletzt,
-
„…
3.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Mai 2011 ein um 1,8 % erhöhtes monatliches Tabellenentgelt gemäß dem TVöD-VKA-O auf Grundlage der Entgeltgruppe 6, Stufe 6 zu zahlen und dem Kläger darüber hinaus entsprechende Lohn-/Gehaltsabrech-nungen zu erteilen;
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 30. Mai 2011 ein um 1,8 % erhöhtes monatliches Tabellenentgelt gemäß dem TVöD-VKA-O auf Grundlage der Entgeltgruppe 6, Stufe 6 zu zahlen und dem Kläger darüber hinaus entsprechende Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen zu erteilen;
4.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, zukünftig, beginnend mit dem Monat Juni 2011, an den Kläger ein um 1,8 % und ab dem 1. August 2011 ein um weitere 0,5 % erhöhtes Tabellenentgelt gemäß dem TVöD-VKA-O auf Grundlage der Entgeltgruppe 6, Stufe 6 zu zahlen und dem Kläger darüber hinaus entsprechende Lohn-/Gehaltsabrechnungen zu erteilen;
…
6.
die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 ein um 0,25 % auf 1,25 % sowie für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2011 um 0,25 % auf 1,50 % erhöhtes Leistungsentgelt nach § 18 Abs. 4 TVöD-VKA an den Kläger zu zahlen und darüber hinaus entsprechende Lohn-/Gehaltsabrechnungen zu erteilen;
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 ein um 0,25 % auf 1,25 % sowie für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2011 um 0,25 % auf 1,50 % erhöhtes Leistungsentgelt nach § 18 Abs. 4 TVöD-VKA an den Kläger zu zahlen und darüber hinaus entsprechende Lohn-/Gehaltsabrechnungen zu erteilen;
7.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab 1. Juni 2011 für das Jahr 2011 ein um 0,25 % auf 1,50 %, für das Jahr 2012 ein um 0,25 % auf 1,75 % und für das Jahr 2013 ein um 0,25 % auf 2,00 % erhöhtes Leistungsentgelt nach § 18 Abs. 4 TVöD-VKA an den Kläger zu zahlen.“
- 10
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Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Urteil vom 21. Juni 2011 als teilweise unzulässig und insgesamt unbegründet ab. In den Entscheidungsgründen heißt es:
-
„1.
Die Klage ist nur teilweise zulässig.
Die Klageanträge zu 3. und 6. sind wegen §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO mangels Bestimmtheit unzulässig. Mit diesen Hauptanträgen begehrt der Kläger Zahlung von der Beklagte[n], ohne aber mit den Leistungsanträgen anzugeben, in welcher konkreten Höhe die geltend gemachten Forderungen bestehen sollen.
Soweit der Kläger seine Ansprüche im Übrigen im Wege von Feststellungsanträgen verfolgt, sind diese ebenfalls unzulässig, da hier das nach § 256 Abs. 1 ZPO besondere Feststellungsinteresse nicht gegeben ist. …
2.
Die Klage ist aber insgesamt unbegründet. …“
- 11
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Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Berufung beim Sächsischen Landesarbeitsgericht (- 5 Sa 476/11 -) ein und stellte für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2012 anstelle der erstinstanzlich geltend gemachten Feststellungsanträge nunmehr bezifferte Zahlungsanträge. Nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2012 bereits die „Zurückweisung der Berufung einschließlich der Klageerweiterung“ beantragt hatte, nahm der Kläger dann die Berufung zurück. Die Beklagte widersprach der Berufungsrücknahme. Das Landesarbeitsgericht erließ daraufhin einen Beschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO.
- 12
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Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag verweise dynamisch auf die jeweiligen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Er habe deshalb für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2012 Anspruch auf Zahlung der Entgeltdifferenzen in Höhe der seit 2009 erfolgten Erhöhungen des Tabellenentgelts des TVöD/VKA.
- 13
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.056,06 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in näher bestimmtem Umfang und zeitlicher Staffelung zu zahlen.
- 14
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, der Antrag sei schon aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der Ansprüche im Vorprozess oder jedenfalls anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Der Kläger habe den Zahlungsantrag für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2012 bereits im Berufungsverfahren des Vorprozesses im Wege der Klageerweiterung geltend gemacht. Die Berufungsrücknahme im Vorprozess erfasse die Klageerweiterung nicht. Sie habe ihre Zustimmung zur Rücknahme ausdrücklich verweigert. In der Sache finde der TVöD/VKA für das Arbeitsverhältnis nur noch statisch Anwendung. Der Arbeitsvertrag verweise auf den HTV. Aus § 7 Nr. 3 und § 9 Nr. 2 HTV ergebe sich, dass nach dem 31. Juli 2008 keine Pflicht zur Weitergabe von Tarifentgelterhöhungen mehr bestehe. Jedenfalls sei die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel als „vorweggenommene Gleichstellungsabrede“ zu verstehen. Die Ansprüche seien im Übrigen nicht rechtzeitig geltend gemacht worden.
- 15
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Die Vorinstanzen haben der Klage - soweit für die Revision von Belang - stattgegeben. Mit der vom Senat beschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 16
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Die zulässige Revision ist unbegründet. Zwar durfte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung stattgeben (I.). Die Entscheidung stellt sich gleichwohl aus anderen Gründen als richtig dar (II.). Deshalb war die Revision gem. § 561 ZPO zurückzuweisen.
- 17
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I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts enthält § 2 des Arbeitsvertrags keine Bezugnahme auf den HTV.
- 18
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1. Der HTV ist kein den TVöD/VKA „ergänzender, ändernder oder ersetzender“ Tarifvertrag iSv. § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags. Nach dem Wortlaut der Bezugnahmeregelung ist das Arbeitsverhältnis den Tarifbestimmungen des öffentlichen Dienstes „für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände“ unterstellt worden. Damit sollten nur die von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossenen (Verbands-)Tarifverträge in Bezug genommen werden. Dies können zwar auch firmenbezogene Sanierungstarifverträge sein. Sie müssen dann aber unter Beteiligung des Kommunalen Arbeitgeberverbands geschlossen worden sein. Nicht von der Bezugnahmeklausel erfasst sind hingegen Haustarifverträge eines privaten Arbeitgebers. Diese sind - jedenfalls arbeitgeberseitig - nicht von den Tarifvertragsparteien des TVöD/VKA abgeschlossen worden (vgl. BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 15).
- 19
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2. Eine Bezugnahme auf den HTV ergibt sich auch nicht aus § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags, wonach „[a]ußerdem … die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung“ finden sollen.
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a) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung. Der Begriff „außerdem“ bedeutet „daneben“, „des Weiteren“, „im Übrigen“, „zusätzlich“ (Duden Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl.). Aus der Wortwahl ergibt sich, dass mit dieser ergänzenden Bezugnahmeregelung Tarifverträge erfasst werden sollten, die „neben“ dem TVöD oder „zusätzlich“ zu diesem zur Anwendung kommen können. Dabei kann es sich nur um Tarifverträge handeln, deren inhaltliche Regelungsbereiche sich nicht mit denen des TVöD überschneiden. Andernfalls wären sie nicht „neben“ dem, sondern vielmehr „anstelle“ des TVöD anwendbar (sh. zur Auslegung einer nahezu identischen Klausel BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 17 mwN).
- 21
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b) Dieses Verständnis wird durch die Bezugnahme auf die „sonstigen“ einschlägigen Tarifverträge bestätigt. Ein verständiger Vertragspartner des Arbeitgebers durfte diese Formulierung als inhaltliche Einschränkung der Verweisung, dh. dahingehend verstehen, dass es sich insoweit nur um solche Tarifverträge handeln sollte, die sich in ihrem inhaltlichen Regelungsbereich von denen der Tarifverträge des TVöD/VKA unterscheiden und diese nicht „verdrängen“. Andernfalls käme der Regelung in § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrags - was die Beklagte offenbar annimmt - die Funktion einer Tarifwechselklausel zu. Eine kleine dynamische Verweisung kann jedoch über ihren Wortlaut hinaus nur dann als große dynamische Verweisung (Tarifwechselklausel) ausgelegt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen ergibt (vgl. nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - Rn. 45 mwN, BAGE 138, 269). Solche sind dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel im Entscheidungsfall nicht zu entnehmen (vgl. auch BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 18).
- 22
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II. Die Entscheidung stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar.
- 23
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1. Die Klage ist zulässig. Die geltend gemachten Ansprüche sind weder anderweitig rechtshängig noch steht die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 21. Juni 2011 ihrer Zulässigkeit entgegen.
- 24
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a) Der in die Revision gelangte Streitgegenstand ist nicht anderweitig rechtshängig iSv. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Zwar hat der Kläger in dem Berufungsverfahren vor dem Sächsischen Landesarbeitsgericht (- 5 Sa 476/11 -) einen Zahlungsantrag für denselben Zeitraum (Januar 2011 bis Mai 2012) gestellt. Durch die Berufungsrücknahme im Vorprozess ist dessen Rechtshängigkeit jedoch insgesamt entfallen.
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aa) Die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2012 vor dem Landesarbeitsgericht, er „nehme die Berufung zurück“ bezieht sich auf das gesamte im Berufungsverfahren verfolgte Begehren. So haben auch sowohl die Parteien als auch das Landesarbeitsgericht die Erklärung verstanden. Dieses hat auf Antrag der Beklagten daraufhin einen Kostenbeschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO erlassen.
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bb) Die Rücknahme der Berufung war auch wirksam. Der Zustimmung der Beklagten bedurfte es nicht.
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(1) Gem. § 516 Abs. 1 ZPO kann der Berufungskläger die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils ohne Zustimmung des Berufungsbeklagten zurücknehmen. Die Vorschrift stellt gegenüber § 269 ZPO eine Sonderregelung für die Rücknahme des Rechtsmittels dar (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hart-mann ZPO 74. Aufl. § 269 Rn. 1). Die Rücknahme der Klage im Berufungsverfahren bedarf demgegenüber grundsätzlich der Zustimmung des Beklagten. § 269 Abs. 1 ZPO gilt auch im Berufungsverfahren (zB Zöller/Heßler ZPO 31. Aufl. § 516 Rn. 1). Das Zustimmungserfordernis erfasst grundsätzlich auch die teilweise Klagerücknahme. Dies setzt aber voraus, dass sich diese auf einen abtrennbaren Teil des Klagebegehrens bezieht (MüKoZPO/Becker-Eberhard 5. Aufl. § 264 Rn. 23). Bei einer lediglich qualitativen Klagebeschränkung - zB einem Übergang von einem Leistungs- zu einem Feststellungsantrag - ist § 269 Abs. 1 ZPO unabhängig von der Frage, ob es sich dabei um einen Fall des § 264 Nr. 2 ZPO handelt, nicht anzuwenden. Eine solche Beschränkung des Berufungsantrags bedarf daher nicht der Zustimmung des Prozessgegners (vgl. BAG 14. Dezember 2010 - 9 AZR 642/09 - Rn. 21).
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(2) Danach findet § 269 Abs. 1 ZPO im Streitfall keine Anwendung. Der Kläger hat seine Klage in der Berufungsinstanz des Vorprozesses nicht etwa um einen selbständigen - abtrennbaren - Streitgegenstand erweitert. Er hat vielmehr lediglich teilweise einen unbezifferten in einen bezifferten und teilweise den ursprünglich gestellten Feststellungsantrag hinsichtlich der zwischenzeitlich fällig gewordenen Ansprüche in einen - bezifferten - Leistungsantrag umgestellt. Seine Erklärung der Berufungsrücknahme, die ersichtlich auf die Rücknahme des gesamten Berufungsbegehrens gerichtet war, ist entsprechend dahingehend zu verstehen, dass er seinen Antrag zunächst - soweit ein Übergang vom Feststellungs- zum Zahlungsantrag erfolgt war - wieder auf das Feststellungsbegehren beschränken und das Rechtsmittel sodann zurücknehmen wollte. Beides war ohne Zustimmung der Beklagten möglich. Die Frage, ob und ggf. in welchen Fällen eine in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung allein nach § 516 Abs. 1 ZPO ohne Zustimmung des Prozessgegners zurückgenommen werden kann, bedarf deshalb keiner Entscheidung.
- 29
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b) Der Zulässigkeit der Zahlungsklage steht auch nicht eine Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 21. Juni 2011 entgegen. Die materielle Rechtskraft eines Urteils führt in einem späteren Rechtsstreit nur dann zur Unzulässigkeit der neuen Klage, wenn die Streitgegenstände beider Prozesse identisch sind oder im zweiten Prozess das kontradiktorische Gegenteil der im ersten Prozess ausgesprochenen Rechtsfolge begehrt wird (BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 22). Das ist hier nicht der Fall. Gegenstand des rechtskräftig gewordenen - erstinstanzlichen - Urteils im Vorprozess war für den hier streitgegenständlichen Zeitraum eine Feststellung, während hier ein Zahlungsanspruch geltend gemacht wird. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - aaO).
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2. Die Klage ist begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Entgeltdifferenzansprüche zu.
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a) Der Anspruch des Klägers auf die begehrten Tarifentgelterhöhungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2012 ergibt sich aus § 2 Satz 1 iVm. § 4 des Arbeitsvertrags. Die genannten Vertragsklauseln enthalten eine zeitdynamische Verweisung auf den TVöD/VKA in seiner jeweiligen Fassung.
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aa) § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 27. April 1994 verweist auf den BMT-G-O vom 10. Dezember 1990 sowie ergänzende, ändernde oder ersetzende Tarifverträge in der für den Bereich der VKA jeweils geltenden Fassung. Diese arbeitsvertragliche Verweisungsklausel ist eine zu dieser Zeit typische zeitdynamische Inbezugnahme des BMT-G-O in seiner jeweiligen Fassung (vgl. BAG 15. Juni 2011 - 4 AZR 563/09 - Rn. 29). Sie erfasst nach der Tarifsukzession auch den TVöD/VKA. Bei diesem handelt es sich um einen den BMT-G-O ersetzenden Tarifvertrag im Sinne der Klausel (vgl. ausführlich BAG 22. April 2009 - 4 ABR 14/08 - Rn. 21 ff., BAGE 130, 286).
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bb) Die Bezugnahmeklausel ist keine Gleichstellungsabrede im Sinne der Senatsrechtsprechung. Die von der Rechtsprechung angenommenen Voraussetzungen liegen nicht vor (vgl. dazu zuletzt BAG 26. August 2015 - 4 AZR 719/13 - Rn. 21; 13. Mai 2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 20 mwN).
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(1) Zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Bezugnahmeklausel am 27. April 1994 war die Beklagte nicht an den in Bezug genommenen BMT-G-O gebunden. Sie war zu keinem Zeitpunkt Mitglied eines Mitgliedsverbands der VKA.
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(2) Der Abschluss des BTV vom 30. Juni 1996 führt entgegen der Auffassung der Beklagten zu keinem anderen Ergebnis.
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(a) Der BTV hat, anders als der HTV, keine Gebundenheit der Beklagten an den BMT-G-O zur Folge. In § 1 des BTV wurde lediglich der Geltungsbereich entsprechend dem Geltungsbereich des BMT-G-O festgelegt. Dies stellt keinen Verweis auf die Inhaltsnormen des BMT-G-O dar. Tarifgebunden an den BMT-G-O war die Beklagte damit auch im Jahre 1996 nicht.
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(b) Überdies wurde der BTV erst mehr als zwei Jahre nach der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel vereinbart. Selbst die von der Beklagten angeführte Arbeitsvertragsänderung vom Februar 1996 lag zeitlich vor dem Abschluss des BTV. Eine „vorweggenommene Gleichstellungsabrede“ - wie die Beklagte meint - gibt es nicht. Die Tarifgebundenheit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist für die Annahme einer Gleichstellungsabrede in einem „Altvertrag“ zwingende Voraussetzung.
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b) Dem Anspruch des Klägers steht auch die rechtskräftige Abweisung der Feststellungsanträge zu 3. (Hilfsantrag) und 4. durch das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 21. Juni 2011 nicht entgegen.
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aa) Für die Bestimmung des Rechtskraftumfangs eines klageabweisenden Urteils ist von maßgebender Bedeutung, ob es sich um ein bloßes Prozessurteil handelt, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist, oder um ein die Begründetheit verneinendes Sachurteil. Lediglich letzterem kann eine präjudizielle Wirkung hinsichtlich der materiellen Sachprüfung im nachfolgenden Verfahren zukommen (vgl. BGH 25. November 1966 - V ZR 30/64 - zu II a der Gründe, BGHZ 46, 281).
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Der Umfang der materiellen Rechtskraft gem. § 322 Abs. 1 ZPO ist aus dem Urteil und den dazu ergangenen Gründen zu bestimmen (BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 40, BAGE 152, 1). Erforderlichenfalls kann auch das wechselseitige Parteivorbringen ergänzend herangezogen werden (vgl. BGH 4. April 2014 - V ZR 275/12 - Rn. 29, BGHZ 200, 350). Bei einer klageabweisenden Entscheidung ist der ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 29).
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(1) Lassen die Urteilsgründe eines klageabweisenden Urteils die Zulässigkeit der Klage - verfahrensfehlerhaft - dahinstehen, ist es der uneingeschränkten materiellen Rechtskraft fähig, wenn aus dessen Tenor und Entscheidungsgründen ersichtlich ist, dass das Gericht ungeachtet seiner Zweifel an der Zulässigkeit der Klage kein Prozessurteil erlassen, sondern eine Sachentscheidung getroffen hat (BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 -). Dasselbe soll in den Fällen gelten, in denen das Gericht im Vorprozess ausnahmsweise eine Zulässigkeitsfrage dahinstehen lassen und eine Klage als „jedenfalls unbegründet“ abweisen darf (sh. dazu im Allgemeinen Zöller/Greger aaO Vor § 253 Rn. 10; zur Prüfung des Feststellungsinteresses nach § 256 Abs. 1 ZPO BAG 12. Februar 2003 - 10 AZR 299/02 - zu II 1 der Gründe mwN, BAGE 104, 324).
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(2) Wird hingegen in einem Urteil die Zulässigkeit einer Klage ausdrücklich verneint und die Entscheidung tragend hierauf gestützt, sind die zusätzlichen Ausführungen zur Begründetheit als unverbindlich zu betrachten und so zu behandeln, als wären sie nicht vorhanden (vgl. BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 14).
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bb) Danach hat das Arbeitsgericht Chemnitz die damaligen Anträge zu 3. und 4. tragend als unzulässig abgewiesen. Die Ausführungen zur Begründetheit sind daher insoweit unverbindlich.
- 44
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(1) Hinsichtlich des den Zeitraum Januar bis Mai 2011 betreffenden Antrags zu 3. hat das Arbeitsgericht im Vorprozess ausgeführt, dieser sei - neben dem Antrag zu 6. - „mangels Bestimmtheit unzulässig“. Diese Aussage hat es zwar im Folgesatz zunächst auf die Hauptanträge in den Anträgen zu 3. und 6. bezogen. Es hat jedoch sodann ausgeführt, die Klage sei - mangels besonderen Feststellungsinteresses - ebenfalls unzulässig, „soweit der Kläger seine Ansprüche im Übrigen im Wege von Feststellungsanträgen“ verfolge. Angesichts der namentlichen Nennung des Antrags zu 3. und der Verknüpfung „im Übrigen“ bezieht sich die Entscheidung über die Unzulässigkeit jedenfalls auch auf den im Antrag zu 3. - hilfsweise - enthaltenen Feststellungsantrag.
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(2) Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Zulässigkeit der Feststellungsanträge beziehen sich überdies auch auf den Antrag zu 4., welcher den Zeitraum ab Juni 2011 betrifft. Hierfür spricht schon der Wortlaut der Urteilsbegründung.
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(a) Das Arbeitsgericht beschränkt die Abweisung der Anträge als unzulässig nicht auf die Anträge zu 3. und 6. Vielmehr spricht es insoweit ohne jede Beschränkung von der „[Anspruchsverfolgung] im Wege von Feststellungsanträgen“. Unter diesen Wortlaut fällt auch der Antrag zu 4.
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(b) Entgegen der Auffassung der Revision spricht auch der letzte Satz der Zulässigkeitsprüfung des Arbeitsgerichts nicht für, sondern vielmehr gegen eine Beschränkung der Ausführungen auf die in den Anträgen zu 3. und 6. enthaltenen Hilfsanträge. Dort führt das Arbeitsgericht aus, der Kläger müsse „in einem solchen Fall … dann fällige Ansprüche jeweils beziffern“. Dies trifft nicht nur auf die mit dem Antrag zu 3. geltend gemachten fälligen und bezifferbaren Ansprüche, sondern gleichermaßen auf die zukünftig („dann“) fällig werdenden Ansprüche zu, die mit dem Antrag zu 4. verfolgt wurden.
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c) Der Anspruch ist nicht nach § 37 Abs. 1 TVöD/VKA verfallen.
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aa) Der Kläger hat jedenfalls mit seiner der Beklagten am 13. Januar 2011 zugestellten Klage eine dynamische Bezugnahme auf den TVöD/VKA und die daraus folgende Pflicht der Beklagten zur Weitergabe von Tarifentgelterhöhungen behauptet und seine Ansprüche für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 konkret beziffert. Damit hat er nach § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA auch für die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Entgeltdifferenzen die Ausschlussfrist gewahrt.
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bb) Die nachfolgende Rücknahme der Berufung in zweiter Instanz ändert daran nichts. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD/VKA enthält lediglich eine Obliegenheit zur schriftlichen Geltendmachung. Ist diese - wie vorliegend - im Zuge einer Klageerhebung erfolgt, hat die spätere Klagerücknahme oder Berufungsrücknahme nach Unterliegen in erster Instanz auf die Wirksamkeit der Geltendmachung keine Auswirkungen (BAG 20. April 2011 - 4 AZR 368/09 - Rn. 64).
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d) Die vom Kläger zuletzt geltend gemachten Ansprüche stehen ihm auch der Höhe nach zu. Insoweit hat die Beklagte in der Revision keine Rügen erhoben. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
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III. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
-
Eylert
Creutzfeldt
Rinck
Rupprecht
Schuldt
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