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BAG 27.08.2014 - 4 AZR 999/12
BAG 27.08.2014 - 4 AZR 999/12 - Rücktritt vom Prozessvergleich - gegenseitiger Vertrag
Normen
§ 320 BGB, § 323 Abs 1 BGB, § 779 Abs 1 BGB, § 612 Abs 2 BGB, § 4 Abs 1 TzBfG, § 134 BGB
Vorinstanz
vorgehend ArbG Schwerin, 3. Dezember 2007, Az: 6 Ca 2790/06, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26. Juni 2012, Az: 5 Sa 253/11, Urteil
Leitsatz
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1. Ein Rücktritt von einem Prozessvergleich nach § 323 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass es sich bei diesem um einen gegenseitigen Vertrag handelt.
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2. Ein gegenseitiger Vertrag liegt nicht allein schon deshalb vor, weil eine vergleichsweise Einigung nach § 779 Abs. 1 BGB "im Wege gegenseitigen Nachgebens" erfolgt.
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. Juni 2012 - 5 Sa 253/11 - aufgehoben und festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache durch den zwischen den Parteien am 20. Januar 2009 vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern im Verfahren Az. - 5 Sa 4/08 - geschlossenen Vergleich erledigt hat.
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2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Klägerin zu 7/10 und die Beklagte zu 3/10 zu tragen. Die gerichtlichen Kosten zweiter Instanz und die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Beendigung eines zwischen ihnen geführten Rechtsstreits durch einen vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleich und in diesem Zusammenhang über die Wirksamkeit eines von der Klägerin erklärten Rücktritts von diesem Vergleich.
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Die Klägerin ist seit dem Jahr 1991 als Krankenschwester bei der nicht tarifgebundenen Beklagten und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Die Beklagte vergütete die Klägerin bis Ende des Jahres 2002 in Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrags idF des Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) und der jeweils bestehenden Vergütungstarifverträge. Im April 2003 teilte sie den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern mit, in Zukunft die tariflichen Entgelterhöhungen nicht mehr nachzuvollziehen.
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Am 4. Januar 2005 vereinbarten die Parteien ua.:
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„Zwischen
der K GmbH
und
dem Betriebsrat
ist am 21.12.2004 ein Ausgleich für die Fortexistenz des Krankenhauses geschlossen worden. Nach dieser Vereinbarung werden
1. die Löhne und Gehälter um 6 % abgesenkt,
2. auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet,
3. die Arbeitszeit um 5 % gekürzt,
4. …
Ich, Frau I erkläre hiermit, dass ich das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung ab sofort als Bestandteil meines Arbeitsvertrages vom 16.10.1991 akzeptiere.
Ich bestätige ausdrücklich, dass der Arbeitsvertrag mit den o.a. Änderungen ab 1.1.2005 fortgeführt wird.“
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Mit ihrer am 29. Dezember 2006 bei Gericht eingegangenen Klage verlangte die Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 31. August 2007 die Zahlung der Differenz zwischen der von der Beklagten tatsächlich gezahlten Vergütung und des sich nach ihrer Berechnung aus dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) ergebenden Entgelts. Weiterhin hat sie die Feststellung begehrt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 1. Oktober 2005 der TVöD anzuwenden sei.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Nachdem die Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt hatte, haben die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 20. Januar 2009 (Az. - 5 Sa 4/08 -) folgenden Vergleich geschlossen:
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„1.
Die Beklagte zahlt zur Abgeltung aller Forderungen aus diesem Rechtsstreit und aller vermeintlichen weiteren Forderungen bis einschließlich 31.12.2008 einen weiteren Betrag in Höhe von 3.000,00 € brutto zuzüglich gesetzlicher Zinsen in Höhe von 300,00 €.
2.
Die Klägerin ist eingruppiert in die Entgeltgruppe 7, Kr 7a, Stufe 6, TVöD. Es besteht auch Einigkeit zwischen den Parteien, dass die Klägerin ab Juli 2008 wöchentlich 28,5 Stunden arbeitet. Derzeit hat die Klägerin bis voraussichtlich Januar 2013 Anspruch auf den Besitzstand Kind. Es besteht insoweit Einigkeit zwischen den Parteien, dass die Klägerin ab dem 01.01.2009 wie folgt vergütet wird:
Die Vergütung setzt sich wie folgt zusammen:
Entgelt 40 Stunden pro Woche
2.533,00 €
Besitzstand Kind
86,47 €
Zwischensumme:
2.619,47 €
28,5 Stunden pro Woche gemäß vertraglicher Vereinbarung
1.866,37 €
abzüglich 6 Prozent Gehaltsreduzierung
(VBE)
./.
157,17 €
gesamt:
1.709,20 €
Es besteht Einigkeit, dass die Klägerin ab dem 01.01.2009 eine Vergütung in Höhe von 1.709,20 € brutto erhält.
Es besteht Einvernehmen, dass die Vergütungswerte zum Zeitpunkt 31.12.2008 gelten. Sollte es zum 01.01.2009 zu einer Entgelterhöhung gekommen sein, wird auch dieser Betrag entsprechend erhöht.
3.
Weiterhin sind sich die Parteien einig, dass der TVöD einschließlich der Vergütungstarifverträge auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung findet. Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass sich die Parteien darüber einig sind, dass der Klägerin keine Ansprüche auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld zustehen.
4.
Mit diesem Vergleich ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.
5.
Der Vergleich wird unwirksam, wenn die Klägerin ihn durch eine schriftliche Erklärung, die innerhalb von zwei Wochen, von heute an gerechnet, beim Landesarbeitsgericht eingegangen sein muss, widerruft.“
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Die Klägerin hat diesen Vergleich nicht widerrufen. Die Beklagte zahlte an die Klägerin die unter Nr. 1 des Vergleichs genannte Summe. Zuletzt mit Schreiben vom 15. August 2011 hat die Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 geltend gemacht, die Beklagte habe die sich aus Nr. 2 und Nr. 3 des Vergleichs ergebenden Entgeltansprüche nicht vollständig erfüllt. Nachdem die Beklagte eine von der Klägerin zur Erfüllung von näher bezifferten Nachforderungen gesetzte Frist hat verstreichen lassen, erklärte die Klägerin „den Rücktritt vom Vergleich“.
- 7
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Mit Schriftsätzen vom 29. August 2011 und vom 29. September 2011 hat die Klägerin die Fortsetzung des Verfahrens vor dem Landesarbeitsgericht beantragt und ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter verfolgt. Sie ist der Auffassung, bei dem Vergleich handele es sich um einen gegenseitigen Vertrag iSd. § 323 Abs. 1 BGB. Deshalb stehe ihr aufgrund der nicht vertragsgemäßen Erfüllung ein Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 1 BGB zu.
- 8
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.300,18 Euro brutto nebst Zinsen in näher bestimmtem Umfang zu zahlen,
2.
festzustellen, dass auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis der den BAT-Ost ablösende Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) ab dem 1. Oktober 2005 anzuwenden ist.
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Die Beklagte hat die Feststellung beantragt, dass der Rechtsstreit durch den Prozessvergleich vom 20. Januar 2009 beendet ist, hilfsweise unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der Vergleich habe den Rechtsstreit beendet. Der Klägerin stehe kein Rücktrittsrecht zu, da sie ihre Verpflichtungen aus Nr. 2 und Nr. 3 des Vergleichs erfüllt habe. Selbst wenn der Rücktritt zulässig sein sollte, sei das frühere Verfahren nicht fortzusetzen.
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Das Landesarbeitsgericht hat nach Fortsetzung des Verfahrens die Berufung der Beklagten überwiegend zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Feststellungsbegehren, hilfsweise die Klageabweisung, weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.
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I. Der mit der Revision der Beklagten vorrangig verfolgte Feststellungsantrag ist zulässig. Die Beklagte hat ein rechtliches Interesse an einer solchen nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässigen Feststellung. Ist der Vergleich wirksam, ergeht ein - klarstellendes - Endurteil dahingehend, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist (vgl. BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 544/08 - Rn. 16, 18 mwN; 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 15, BAGE 120, 251; BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - zu II 3 der Gründe, BGHZ 16, 388). Eine Sachentscheidung über die Anträge des Klägers kommt dann nicht mehr in Betracht.
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II. Der Antrag ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Rechtsstreit über die Anwendbarkeit des TVöD/VKA auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis und sich daraus ergebende Entgeltansprüche durch den am 20. Januar 2009 geschlossenen Vergleich beendet worden. Die Klägerin konnte nicht nach § 323 Abs. 1 BGB von dem wirksamen geschlossenen Vergleich wirksam zurücktreten, da es sich bei diesem nicht um einen gegenseitigen Vertrag iSd. § 323 Abs. 1 BGB handelt.
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1. Der Vergleich ist wirksam zustande gekommen und von der Klägerin während der zweiwöchigen Widerrufsfrist nach Nr. 5 des Vergleichs nicht widerrufen worden (§ 158 Abs. 2 BGB).
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Er ist weiterhin nicht bereits nach § 4 Abs. 1 TzBfG iVm. § 134 BGB ex tunc unwirksam. Es kann dahinstehen, ob die in dem Vergleich vereinbarte Kürzung des Entgeltanspruchs der Klägerin um 6 vH, der nicht von dem Entgeltanspruch des maßgebenden Teilzeitbeschäftigten, sondern von dem eines Vollzeitbeschäftigten ausgeht, gegen § 4 Abs. 1 TzBfG verstößt. Selbst wenn die Klägerin im Ergebnis für die von ihr geleistete Arbeitszeit anteilig ein geringeres Entgelt erhalten würde, als eine mit der gleichen Tätigkeit betraute Vollzeitbeschäftigte (vgl. nur BAG 25. September 2013 - 10 AZR 4/12 - Rn. 15; 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 23 ff. mwN, BAGE 128, 63) - wovon mangels dahingehender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und entgegen seiner Auffassung derzeit nicht ausgegangen werden kann -, würde ein solcher Gesetzesverstoß nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vergleichs führen.
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Die Klägerin könnte in diesem Fall nach § 4 Abs. 1 TzBfG iVm. §§ 134, 612 Abs. 2 BGB lediglich verlangen, dass die im Vergleich vorgesehene „Gehaltsreduzierung“ um 6 vH auf Grundlage des vereinbarten monatlichen Entgeltanspruchs verringert wird, ohne dass der Vergleich damit insgesamt unwirksam wäre. Verstoßen nämlich einzelne vertragliche Vereinbarungen gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG, ist zwar die benachteiligende Bestimmung unwirksam. Als Rechtsfolge ist die leistungsgewährende Vertragsbestimmung grundsätzlich durch „Anpassung nach oben“ gemäß § 134 BGB iVm. § 612 Abs. 2 BGB ( BAG 24. September 2008 - 6 AZR 657/07 - Rn. 34 ff. mwN zu den abw. Auff., BAGE 128, 63) mit demjenigen Inhalt anzuwenden, der die Benachteiligung entfallen lässt (BAG 24. September 2003 - 10 AZR 675/02 - zu II 4 der Gründe, BAGE 108, 17).
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2. Der erklärte Rücktritt hat auf den Bestand des Vergleichs und die damit verbundene Wirkung der Prozessbeendigung keinen Einfluss, da er unwirksam ist. Deshalb kann es dahinstehen, ob im Falle eines wirksamen, auf ein gesetzliches Rücktrittsrecht gestützten Rücktritts der ursprüngliche Rechtsstreit fortzusetzen ist oder die prozessbeendigende Wirkung des Vergleichs unberührt bleibt (vgl. dazu BAG 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 3 e und 4 der Gründe, BAGE 40, 17; 11. Juli 2012 - 2 AZR 42/11 - Rn. 14; jeweils mwN).
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a) Bei dem Vergleich handelt es sich um eine individuelle atypische Erklärung, deren Auslegung durch das Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist, ob die Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB eingehalten wurden, ob gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstoßen worden ist und ob alle erheblichen Tatsachen für die Auslegung herangezogen worden sind (vgl. BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11, BAGE 145, 107; 9. August 2011 - 9 AZR 475/10 - Rn. 45 ).
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b) Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil nicht stand.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, in dem Vergleich habe sich die Beklagte verpflichtet, die Klägerin nach den dort genannten Regelungen zu vergüten und im Gegenzug habe diese auf die weitere Durchsetzung ihres Feststellungsantrags und zum Teil auf Zahlungsansprüche in der Vergangenheit verzichtet. Der Verzicht auf eine Forderung sei eine Leistung, die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen könne. Der Sachverhalt werde nicht ausgeschöpft, wenn man in dem hier streitigen Vergleich nur eine einvernehmliche Abänderung oder Klarstellung der vertraglichen Absprachen der Parteien über die Arbeitsbedingungen im Arbeitsverhältnis sehen wolle. Die Änderung des Arbeitsvertrags könne nicht losgelöst vom Verzicht der Klägerin auf die weitere gerichtliche Klärung des genauen Inhalts der bisherigen Vergütungsabrede und dem teilweisen Verzicht auf bereits fällige streitige Vergütungsansprüche gesehen werden.
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bb) Dem folgt der Senat nicht.
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Das Landesarbeitsgericht hat nicht erkannt, dass es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleich nicht um einen gegenseitigen Vertrag iSd. § 323 BGB handelt. Ein Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB scheidet daher aus.
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(1) Ein gegenseitiger Vertrag iSd. § 323 Abs. 1 BGB liegt nicht schon deshalb vor, weil eine vergleichsweise Einigung nach § 779 Abs. 1 BGB „im Wege gegenseitigen Nachgebens“ erfolgt. Dieses tatbestandliche Erfordernis, das den Vergleich von solchen Rechtsgeschäften abgrenzt, die durch einseitiges Nachgeben zustande kommen - wie etwa ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB -, begründet noch keinen gegenseitigen Vertrag iSd. § 323 Abs. 1 BGB (MüKoBGB/Habersack 6. Aufl. § 779 Rn. 26 mwN auch zu den teilweise abw. Auff.; Staudinger/Marburger BGB Stand 2009 § 779 Rn. 40; offengelassen in BGH 12. Dezember 1991 - IX ZR 178/91 - BGHZ 116, 319). Das gegenseitige Nachgeben erzeugt keine wechselseitig voneinander abhängigen Leistungspflichten, sondern betrifft als Mittel zur Beseitigung von Streit oder Ungewissheit allein das Zustandekommen des Vertrags (Bork Der Vergleich S. 176 mwN; ders. AcP 194 (1994) 419, 424; Staudinger/Marburger § 779 Rn. 49 mwN).
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(2) Ebenso kann der Vergleich nicht schon deshalb als gegenseitiger Vertrag gewertet werden, weil er regelmäßig nur die rein obligatorischen, gegenseitigen Verpflichtungen begründet, das Vergleichsergebnis durch entsprechende Vollzugsakte herbeizuführen, etwa durch ein nachfolgendes Anerkenntnis iSd. § 781 Abs. 1 BGB oder durch den Erlass einer Forderung iSd. § 397 Abs. 1 BGB (MüKoBGB/Habersack § 779 Rn. 36; Staudinger/Marburger § 779 Rn. 40 f., 49; anders noch in jüngerer Zeit Schäfer Das Abstraktionsprinzip beim Vergleich S. 96 ff., 105 ff., 204 ff.; dazu abl. Bork AcP 194 (1994), 419, 420 ff.). Beschränkt sich der Vergleich auf die Regelung einzelner zwischen den Parteien strittiger Punkte des Ausgangsrechtsverhältnisses ohne weitere, darüber hinausgehende Leistungspflichten zu begründen, fehlt es nämlich regelmäßig an einem gegenseitigen Vertrag iSd. § 323 BGB (zum Kriterium des funktionellen Synallagmas s. nur Staudinger/Otto/Schwarze Stand 2009 Vorbem. zu §§ 320 - 326 Rn. 26 ff.). Das gilt namentlich dann, wenn sich der Vergleich auf die Feststellung einer in Streit geratenen Leistungspflicht einer der beiden Parteien beschränkt (Bork in jurisPK-BGB 6. Aufl. § 779 Rn. 22 m. Fn. 113; MüKoBGB/Habersack § 779 Rn. 36; Staudinger/Marburger § 779 Rn. 42; jeweils mwN). In der Folge scheidet dann ein Rücktritt vom Vertrag nach § 323 Abs. 1 BGB aus.
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(3) Die Annahme eines gegenseitigen Vertrags bei einem Vergleich setzt zumindest voraus, dass der Vergleich sich nicht auf die Feststellung einzelner Inhalte eines insoweit streitigen Rechtsverhältnisses beschränkt, sondern zusätzlich eine Leistung oder Verpflichtung zum Inhalt hat, die synallagmatisch mit der des anderen Teils verknüpft ist (s. auch Staudinger/Marburger § 779 Rn. 51 mwN; so auch MüKoBGB/Habersack § 779 BGB Rn. 36: „erbrachter Rechtsverzicht und noch zu erbringende Leistung“, sowie Rn. 37; Reinfelder NZA 2013, 62, 63 m. Fn. 16). Dann ist ein Rücktritt vom Vergleich nach § 323 Abs. 1 BGB möglich (zum möglichen Rücktritt bei beiderseitig neu begründeten Leistungspflichten etwa BGH 7. März 2002 - IX ZR 293/00 - zu II 5 der Gründe; 12. Dezember 1991 - IX ZR 178/91 - zu II 2 a und b der Gründe, BGHZ 116, 319; vgl. auch Reinfelder NZA 2013, 62 f., für einen Prozessvergleich, der einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zur Verfügung hat; s. auch BAG 10. November 2011 - 6 AZR 357/10 - Rn. 18 mwN, BAGE 139, 376; 10. November 2011 - 6 AZR 342/10 - Rn. 23 mwN, für eine außergerichtliche Vereinbarung).
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cc) Ausgehend von dem vorstehenden Maßstab handelt es sich bei dem zwischen den Parteien vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleich vom 20. Januar 2009 nicht um einen gegenseitigen Vertrag iSd. § 323 Abs. 1 BGB.
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(1) Der Vergleich beschränkt sich nach seinem Inhalt auf die Feststellung der in Streit geratenen Vergütungspflicht der Beklagten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis, insbesondere der maßgebenden Berechnungsgrundlage (BAT-O oder TVöD/VKA). Sowohl in Nr. 1 als auch in Nr. 2 und Nr. 3 des Vergleichs treffen die Parteien eine vergleichsweise Regelung über den Umfang der streitigen Vergütungspflicht der Beklagten. Dies erfolgt einerseits bezogen auf die Vergangenheit (Nr. 1 des Vergleichs) und andererseits für die zukünftig fällig werdende Vergütung ab Beginn des Jahres 2009 (Nr. 2 und 3 des Vergleichs).
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(2) Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass der Vergleich in Nr. 2 die wöchentliche Arbeitszeit von 28,5 Stunden aufführt. Hier handelt es sich nicht um die Festlegung über den Umfang einer zwischen den Parteien streitigen wöchentlichen Arbeitszeit. Zwischen den Parteien war ausschließlich die Höhe des Entgeltanspruchs der Klägerin ungeklärt. Es handelt sich ersichtlich nur um die Benennung der maßgebenden Berechnungsgröße für die im Vergleich erfolgte Entgeltberechnung.
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(3) Selbst wenn man - wie das Landesarbeitsgericht - davon ausgehen würde, die Klägerin habe auf einen ggf. bestehenden höheren Entgeltanspruch für einen der beiden Zeiträume verzichtet (Erlass iSd. § 397 Abs. 1 BGB) und damit liege eine mögliche Leistungsverpflichtung iSd. § 323 Abs. 1 BGB vor (so wohl MüKoBGB/Habersack § 779 Rn. 36; anders Staudinger/Marburger § 779 Rn. 49, 42 f.: reines Verfügungsgeschäft), fehlt es an einer neu begründeten Leistungspflicht der Beklagten, die diese mit Rücksicht auf eine etwaige Verpflichtung der Klägerin übernommen hat.
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dd) Ein Rücktritt ist auch nicht deshalb möglich, weil durch den Vergleich, wie die Klägerin in der Berufungsinstanz angeführt hat, „die Leistungspflichten aus dem Arbeitsvertrag abschließend geregelt“ worden sind. Eine solche Vereinbarung über die beiderseitigen Leistungspflichten - und damit einen gegenseitigen Vertrag iSd. § 323 Abs. 1 BGB - haben die Parteien nicht getroffen.
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(1) Zwar ist es möglich, im Rahmen eines Vergleichs beiderseitige Leistungspflichten neu zu begründen, sodass ihm eine schuldumschaffende Wirkung zukommen kann. Ein Vergleich ändert das ursprüngliche Schuldverhältnis aber regelmäßig nur insoweit, als in ihm streitige oder ungewisse Punkte geregelt werden. Im Übrigen bleibt das ursprüngliche Rechtsverhältnis nach Inhalt und Rechtsnatur unverändert fortbestehen. Dies gilt grundsätzlich auch für Prozessvergleiche. Ein neuer Schuldgrund wird nur bei einem durch Auslegung zu ermittelnden entsprechenden Parteiwillen geschaffen (s. BGH 23. Juni 2010 - XII ZR 52/08 - Rn. 15 mwN).
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(2) Ein solcher Wille zur Novation ist schon nach dem Wortlaut des Vertrags nicht erkennbar. Die Parteien haben mit dem Vergleich die zwischen ihnen streitige Vergütungsverpflichtung der Beklagten geregelt. Weitergehende Anhaltspunkte, hier solle darüber hinaus - schuldumschaffend - das gesamte Arbeitsverhältnis auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden, lassen sich weder dem Wortlaut des Vergleichs noch den Begleitumständen entnehmen. Der Rechtsstreit zwischen den Parteien, dessen Beilegung der Vergleich diente, wurde ausschließlich über die Höhe des Entgelts und dessen maßgebende Berechnungsgrundlage geführt. Gegen eine schuldumschaffende Wirkung des Vergleichs spricht darüber hinaus der Umstand, dass die Parteien sich in Nr. 3 Satz 2 des Vergleichs auf den Arbeitsvertrag vom 4. Januar 2005 beziehen und auf dessen Regelungsgehalt hinsichtlich eines nicht (mehr) bestehenden Anspruchs auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld lediglich „klarstellend“ hinweisen, ihn aber nicht zum Inhalt des Vergleichs machen und deshalb von dessen Fortbestand ausgehen (s. auch die Wertung in BGH 7. März 2002 - III ZR 73/01 - zu II 1 c der Gründe).
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 98, 91 ZPO sowie in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 5 Satz 3 iVm. Satz 2 RVG (vgl. BGH 11. August 2010 - II ZB 60/08 - Rn. 17 ff. mwN).
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