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BAG 26.09.2013 - 8 AZR 650/12
BAG 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 - AGG - Entschädigungsanspruch - Benachteiligung wegen der Behinderung - Information über die Behinderung
Normen
§ 1 AGG, § 3 Abs 1 AGG, § 6 Abs 1 AGG, § 6 Abs 2 AGG, § 7 AGG, § 15 Abs 2 AGG, § 15 Abs 4 AGG, § 22 AGG, § 61b Abs 1 ArbGG, § 241 Abs 2 BGB, § 311 Abs 2 Nr 1 BGB, § 81 Abs 1 SGB 9, § 81 Abs 2 SGB 9, § 82 SGB 9, Art 33 Abs 2 GG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Bielefeld, 5. Oktober 2011, Az: 6 Ca 1066/11, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 22. Mai 2012, Az: 19 Sa 1658/11, Urteil
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Mai 2012 - 19 Sa 1658/11 - wird zurückgewiesen.
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Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten noch über einen Entschädigungsanspruch des Klägers, der sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sieht.
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Der 1953 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60. Er ist ausgebildeter Opernsänger, hat langjährige Berufserfahrung und war zuletzt von Herbst 1991 bis zum Frühjahr 2009 Erster Tenor im Chor der B.
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Im Juni 2010 wurde für das Theater der beklagten Stadt die Stelle als Erster Tenor im Chor der Oper ausgeschrieben. Die Stelle wurde nach der Gagenklasse 1a mit einem Monatsgehalt iHv. 2.603,00 Euro brutto vergütet. Der Kläger erhielt auf diese Stelle einen Hinweis der Zentralen Künstlervermittlung (ZKV) Hamburg der Bundesagentur für Arbeit, die von der Beklagten über die freie Stelle informiert worden war. Unter dem 7. Juni 2010 bewarb sich der Kläger umgehend per E-Mail auf diese Stelle. Die das Bewerbungsschreiben darstellende E-Mail enthielt keinen Hinweis auf die Schwerbehinderung des Klägers. Beigefügt waren dieser E-Mail drei Dateien, nämlich „Publicity-Fra“, „Chorpartien“ und „Lebenslauf F“. Letztere Datei ist in acht Unterpunkte gegliedert, nämlich: „Persönliche Informationen“ (vier Unterpunkte), „angestrebte Tätigkeit“ (zwei Unterpunkte), „Ausbildung - akademische Grade“ (sieben Unterpunkte), „Sprachkenntnisse“ (fünf Unterpunkte), „Zusatzausbildungen“ (Hinweis auf mindestens neun Meisterkurse), „Berufserfahrung“ (20 Unterpunkte), „spezielle Qualifikationen“ und „Hobbies“ (fünf Unterpunkte). Der Gliederungspunkt „spezielle Qualifikationen“ auf S. 2 unten des Lebenslaufs hat dabei folgendes Erscheinungsbild:
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„SPEZIELLE QUALIFIKATIONEN
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• fundierte Softwarekenntnisse:
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• PC Microsoft XP, Office-Paket (Word, Excel, Powerpoint), Adobe Photoshop Version 8, Corel Draw, Soundforge, WaveLab
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• sonstige Qualifikationen:
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• Diverse Tätigkeiten im Bereich Theatermanagement sowie im Bühnentechnischen Bereich
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• Schwerbehindert nach SGB IX-GDB 60“
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Die Ausschreibung löste elf Bewerbungen aus, acht Bewerber, darunter der Kläger, wurden zum Vorsingen eingeladen. Beim Termin zum Vorsingen am 18. Juni 2010 wies der Kläger auf seine Schwerbehinderung nicht hin. Die Beklagte handelte im weiteren Verlauf in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Auf wiederholtes Nachfragen gab er sein Lebensalter an.
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In der zweiten Julihälfte 2010 telefonierte der Kläger mit dem Chordirektor des Theaters Bi. Der Gesprächsinhalt ist strittig. Sodann verlangte der Kläger unter dem 8. Oktober 2010 durch Schreiben seiner Gewerkschaft von der Beklagten Auskunft über das Schicksal seiner Bewerbung. Diese teilte ihm unter dem 19. Oktober 2010 schriftlich mit, dass er unberücksichtigt geblieben sei und begründete dies.
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Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2010 machte der Kläger ua. einen Entschädigungsanspruch iHv. drei Monatsgehältern geltend. Diesen verfolgte er mit seiner am 14. März 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er eine Entschädigung beanspruchen könne, weil er wegen seiner Schwerbehinderung und seines Alters benachteiligt worden sei. Trotz seines ausdrücklichen Hinweises auf die Schwerbehinderung bei seiner Bewerbung habe die Beklagte wesentliche Verpflichtungen nach § 81 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllt. So seien ihm nicht unverzüglich nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX die Ablehnungsgründe mitgeteilt worden. Dies indiziere nach § 22 AGG die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung.
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Soweit für die Revision von Bedeutung, hat der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.809,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. März 2011 zu zahlen.
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Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass der Kläger schon nicht ausreichend und ordnungsgemäß bei seiner Bewerbung auf die Schwerbehinderung hingewiesen habe. Einen entsprechenden Hinweis habe der Kläger bewusst an ganz ungewöhnlicher Stelle versteckt, weswegen ihn die Beklagte nicht zur Kenntnis habe nehmen können. Der Kläger sei auch bei fünf anderen Theatern in gleicher Weise vorgegangen. Für die Einladung des Klägers wie für die Auswahlentscheidung selbst seien - in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers - ausschließlich künstlerische Gesichtspunkte maßgeblich gewesen. Dem Chorvorstand seien die persönlichen Daten der Bewerber ohnehin nicht mitgeteilt worden.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Entschädigungsanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet, da die Klage unbegründet ist. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Anspruch des Klägers nach § 15 Abs. 2 AGG auf Entschädigung abgelehnt, weil der Kläger nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden ist.
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A. Hinsichtlich des in der Revisionsinstanz allein noch umstrittenen Entschädigungsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der zwischen den Parteien umstrittene Inhalt des Telefonats im Juli 2010 könne dahinstehen, da dem Kläger auch im Falle einer rechtzeitigen Geltendmachung ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zustehe. Der Kläger habe den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der weniger günstigen Behandlung seiner Bewerbung und seiner Behinderung nicht dargelegt. Soweit die Beklagte besondere Förderungspflichten nach § 81 Abs. 1 SGB IX gegenüber schwerbehinderten Menschen nicht erfüllt haben sollte, indiziere dies nicht die Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung. Denn diese habe er bei seiner Bewerbung nicht ordnungsgemäß mitgeteilt. Die Beklagte habe daher die Tatsache, dass der Kläger behinderter Mensch sei, weder gekannt noch habe sie sie kennen müssen. Daher habe die Schwerbehinderung des Klägers nicht ursächlich für das Verhalten der Beklagten sein können. Wegen einer daneben womöglich noch erfolgten Benachteiligung wegen des Alters habe der Kläger jedenfalls die Klagefrist nach § 61b Abs. 1 ArbGG nicht eingehalten. Eine Benachteiligung wegen dieses Merkmals habe er klageweise erst mit einem Schriftsatz vom 12. Juli 2011 beim Arbeitsgericht geltend gemacht.
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B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Für eine Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung hat der Kläger den erforderlichen Kausalzusammenhang nicht dargelegt. Daher hat die Beklagte bei der Besetzung der Stelle als Erster Tenor des Opernchores nicht gegen das Verbot verstoßen, einen schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX steht dem Kläger nicht zu.
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I. Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist eröffnet. Als Bewerber ist der Kläger „Beschäftigter“ iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte hat um Bewerbungen für ein von ihr angestrebtes Beschäftigungsverhältnis nachgesucht, ist also nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG Arbeitgeberin im Sinne des Gesetzes (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23, AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).
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II. Das Landesarbeitsgericht konnte es dahinstehen lassen, ob der Kläger seinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG rechtzeitig geltend gemacht hat. Einen etwaigen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung hat er jedenfalls nicht binnen der Frist des § 61b ArbGG eingeklagt.
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1. Bereits nach dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss auch der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11 = EzA AGG § 15 Nr. 18). Innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG erhoben werden (§ 61b Abs. 1 ArbGG). Es handelt sich in beiden Fällen um materiell-rechtliche Ausschlussfristen, der Anspruch verfällt also, wenn die Fristen nicht eingehalten worden sind (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 -; ErfK/Koch 13. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 2).
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2. Schriftlich geltend gemacht hat der Kläger einen Entschädigungsanspruch wegen der aus seiner Sicht vorliegenden Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung und wegen seines Alters mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2010. Die Entschädigungsklage wegen einer Diskriminierung als behinderter Mensch hat er am 14. März 2011 beim Arbeitsgericht eingereicht, ohne jedoch dabei auch klageweise geltend zu machen, eine Entschädigung stehe ihm auch zu, da er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Daher hat der Kläger jedenfalls hinsichtlich einer Altersdiskriminierung die Frist zur Klageerhebung nach § 61b Abs. 1 ArbGG nicht gewahrt.
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Die Frist zur schriftlichen Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG wurde von ihm nur dann eingehalten, wenn er erstmalig durch das Schreiben der Beklagten vom 19. Oktober 2010 mitgeteilt bekommen hatte, dass er nicht ausgewählt worden sei und aus welchem Grund diese Entscheidung so getroffen worden war. Insoweit ist zwischen den Parteien strittig, ob die Beklagte in dem Telefonat während der zweiten Julihälfte 2010 durch den Chordirektor die ablehnende Entscheidung und die Begründung dafür mitgeteilt hat. Da es sich bei der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt, deren Versäumung zur Unbegründetheit der Klage führt, konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme zu dieser zwischen den Parteien strittigen Frage absehen. Darauf kommt es nicht an, wenn die Klage schon aus anderen Gründen materiell keinen Erfolg haben kann.
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III. Mit der Ablehnung seiner Bewerbung hat der Kläger eine weniger günstige Behandlung erfahren als der letztlich ausgewählte erfolgreiche Bewerber. In Betracht kommt daher eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG, wenn diese Behandlung wegen der Behinderung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgte. Dass sich der Kläger im Verhältnis zum tatsächlich eingestellten, erfolgreichen Bewerber in einer „vergleichbaren Situation“ befand, hat das Landesarbeitsgericht unterstellt, kann aber auch aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes vom Senat festgestellt werden.
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1. Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es nämlich erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Jenes Gesetz will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist somit keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 26, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 35, AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).
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Für die Beurteilung der objektiven Eignung ist nicht nur auf das formelle und bekannt gegebene Anforderungsprofil, das der Arbeitgeber erstellt hat, zurückzugreifen. Maßgeblich sind vielmehr die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Bewerber in redlicher Weise stellen durfte. Zwar vermag der Arbeitgeber über den einer Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers grundsätzlich frei zu entscheiden. Durch überzogene Anforderungen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).
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Während der private Arbeitgeber im Rahmen der dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann ggf. bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Jene Bestimmung gewährt einen Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen (sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet zugleich ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung nur anhand der dort genannten Auswahlkriterien (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 40, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).
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2. Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten und zwischen den Parteien unstrittigen Sachverhalt können an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel bestehen. Die Ausschreibung enthielt die allgemein gehaltene Angabe, dass das Theater Bi für seinen Opernchor einen Ersten Tenor suche und ein Vorsingen geplant sei. Weitere sachliche Anforderungen wie zB Stimmvolumen und Lagerung der Stimme wurden nicht zum Ausdruck gebracht. Andererseits verfügte der Kläger über langjährige Erfahrungen als Sänger und konnte auf ein umfangreiches, auch aus Sicht der Beklagten interessantes Repertoire verweisen. Die Beklagte lud ihn wegen seiner bestehenden generellen, objektiven Eignung daher zu einem ersten Vorsingen ein. Dass der Kläger im weiteren Bewerbungsgang dann nicht in die Endausscheidung kam, beruht auf dem Auswahlverfahren und damit letztlich auf dem von der Beklagten zu verfolgenden Prinzip der Bestenauslese, hat aber mit der objektiven Eignung und damit mit der „Vergleichbarkeit“ des Klägers iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nichts zu tun.
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IV. Die als unterlegener Bewerber erfahrene „ungünstigere Behandlung“ erfolgte jedoch nicht „wegen“ der Behinderung. Mit einem GdB 60 unterfällt der Kläger zwar ohne weiteres dem Behindertenbegriff des § 1 AGG, jedoch fehlt es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen seiner Ablehnung und dem bei ihm vorliegenden Merkmal der Behinderung.
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1. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, EzA AGG § 22 Nr. 6; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die Behinderung muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt.
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Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, AP AGG § 22 Nr. 3 = EzA AGG § 22 Nr. 3).
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Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
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2. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal - hier der Schwerbehinderung - und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).
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3. Die Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen aus dem SGB IX kann grundsätzlich die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeiführen. Das Landesarbeitsgericht hat, insoweit von der Revision nicht angegriffen, festgestellt, dass die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin Verpflichtungen aus §§ 81, 82 SGB IX erfüllt hat, bei denen es nicht darauf ankommt, ob ihr die Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers bekannt war. Ob die Beklagte darüber hinaus Förderungspflichten verletzt hat, die gerade gegenüber dem Kläger als schwerbehindertem Bewerber bestanden, konnte das Landesarbeitsgericht offen lassen, da die Verletzung derartiger Pflichten jedenfalls nur dann eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG auslöst, wenn ihr die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bekannt gewesen ist oder sie sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls kann der - objektiv vorliegende - Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 37, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16; vgl. 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19).
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a) Soweit die Schwerbehinderteneigenschaft dem Arbeitgeber nicht nachweislich schon bekannt ist oder - etwa bei einem Vorstellungsgespräch - eine körperliche Behinderung offensichtlich bekannt wird, zB im Falle fehlender Gliedmaßen oder der Notwendigkeit, einen Rollstuhl zu benutzen, muss der Bewerber den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft informieren. Dies hat regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, gegebenenfalls einer Gleichstellung zu geschehen, da der Arbeitgeber jedenfalls gehalten ist, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 39, BAGE 127, 367). Sofern auf eine anderweitige Behinderung, die nicht unter das SGB IX fällt oder anerkannt ist, hingewiesen werden soll, ist die Behinderung iSd. AGG näher zu umschreiben. Wird die Information im Lebenslauf gegeben, so hat dies an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift hervorgehoben, zu geschehen. Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin / jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners.
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b) Unstrittig hatte die Beklagte keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Sie musste diese auch nicht kennen, da der Hinweis des Klägers in seinem Lebenslauf - zwar unterstrichen, aber an unerwarteter Stelle und unter einer irreführenden Überschrift - nicht ordnungsgemäß erfolgte und eher versteckt war. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin eine Reihe weiterer Pflichten nach dem SGB IX zu erfüllen hat als es privaten Arbeitgebern obliegt. Die Information über die Schwerbehinderteneigenschaft hat klar und unabhängig davon zu erfolgen, welche Rechtsfolgen durch sie ausgelöst werden. Infolge der vom Kläger nicht hinreichend gegebenen Information über seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch musste die Beklagte diese Eigenschaft nicht kennen. Ihre festgestellte Unkenntnis ist unschädlich. Daher konnte diese Eigenschaft des Klägers auch nicht kausal für seine Ablehnung als Bewerber um die ausgeschriebene Stelle sein. Der von ihm geltend gemachte und eingeklagte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG hat keine Rechtsgrundlage, weil die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind.
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C. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Böck
Breinlinger
Wein
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