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BSG 10.05.2023 - B 5 R 53/23 B
BSG 10.05.2023 - B 5 R 53/23 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - rechtliches Gehör - Verletzung des Fragerechts
Normen
§ 62 SGG, § 103 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Konstanz, 21. Januar 2022, Az: S 4 R 703/20, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 31. Januar 2023, Az: L 11 R 539/22, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. Januar 2023 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Die 1962 geborene Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.
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Die Beklagte lehnte ihren Rentenantrag vom 7.3.2019 nach Einholung eines Gutachtens bei der Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin M ab (Bescheid vom 13.12.2019; Widerspruchsbescheid vom 6.4.2020). Das SG hat die Klage abgewiesen, nachdem es von Amts wegen Befundberichte der behandelnden Ärzte und Gutachten beim Orthopäden und Unfallchirurgen Z sowie beim Neurologen und Psychiater T eingeholt sowie ein Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenarztes H beigezogen hatte (Gerichtsbescheid vom 21.1.2022). Im dagegen von der Klägerin angestrengten Berufungsverfahren hat das LSG auf ihren Antrag ein Gutachten beim Orthopäden und Unfallchirurgen B eingeholt. Die Berufung hat es mit Urteil vom 31.1.2023 zurückgewiesen. Die Klägerin könne trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in Tagesschicht sechs Stunden und mehr verrichten; es bestünden lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Das entspreche der übereinstimmenden Einschätzung aller Sachverständigen einschließlich des von der Klägerin benannten Sachverständigen B.
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Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung Beschwerde zum BSG eingelegt.
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II. 1. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG zu verwerfen. Der geltend gemachte Verfahrensmangel ist nicht anforderungsgerecht bezeichnet.
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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensfehler (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Die Beschwerdebegründung wird den daraus abgeleiteten Anforderungen nicht gerecht.
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Die Klägerin rügt ausdrücklich eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 62 Halbsatz 1 SGG, indem das LSG davon abgesehen habe, den Sachverständigen B zu einer Ergänzung seines Gutachtens, zumindest zu einer Stellungnahme zu ihren Einwendungen aufzufordern. Nach dieser Vorschrift, die einfachrechtlich das durch Art 103 Abs 1 GG garantierte Prozessgrundrecht wiederholt, ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren. Demgemäß darf eine die Instanz abschließende Entscheidung nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs 2 iVm § 153 Abs 1 SGG; vgl hierzu zB BSG Beschluss vom 17.6.2020 - B 5 R 1/20 B - juris RdNr 4). Zur Bezeichnung einer Gehörsrüge ist ua darzutun, dass der Beschwerdeführer seinerseits alles getan habe, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (vgl zB BSG Beschluss vom 7.9.2022 - B 7/14 AS 383/21 B - juris RdNr 4 mwN). Die Beschwerde zeigt keine Umstände auf, aus denen sich hier eine Gehörsverletzung ergeben könnte.
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Die Klägerin trägt vor, sie habe die Erstellung eines fachübergreifenden Gutachtens durch den Sachverständigen B beantragt; entsprechend sei auch der Gutachtenauftrag vom LSG abgefasst worden. Der Sachverständige habe aber keine Zusatzgutachten eingeholt, vielmehr Feststellungen auf fachfremdem Gebiet selbst getroffen, ohne dies näher zu begründen. Trotz entsprechender Einwendungen in ihrer Stellungnahme zum Gutachten habe das LSG weder eine Gutachtenergänzung noch eine ergänzende Stellungnahme durch den Sachverständigen B veranlasst. Damit hat die Klägerin schon nicht dargetan, welcher konkrete, im Verfahren bislang nicht dokumentierte Vortrag zu ihren Leistungseinschränkungen ihr durch die Prozessführung des LSG abgeschnitten worden sein könnte. Soweit sie mit ihrem Vorbringen im Übrigen geltend macht, ihrem Antrag nach § 109 SGG sei nicht korrekt entsprochen worden, kann im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach ausdrücklicher Anordnung in § 160 Abs 2 Nr 3 Teilsatz 2 SGG ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 109 SGG nicht gestützt werden.
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Sollte das Gesamtvorbringen der Klägerin eine allenfalls sinngemäß erhobene Rüge der Verletzung ihres Fragerechts aus § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO enthalten, wäre auch unter diesem Aspekt eine Gehörsverletzung nicht anforderungsgerecht bezeichnet (vgl dazu, dass sich das Recht der Beteiligten auf Befragung eines Sachverständigen auf nach § 109 SGG eingeholte Gutachten erstreckt, zB BSG Beschluss vom 16.10.2019 - B 13 R 153/18 B - juris RdNr 9 mwN). Der Beschwerdebegründung lässt sich schon nicht entnehmen, dass die Klägerin hinsichtlich einer Befragung des Sachverständigen B ihrerseits alles getan habe, um sich mit zumutbarer Ausschöpfung der vom Prozessrecht eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung Gehör zu verschaffen (vgl zu dieser Anforderung zB BSG Beschluss vom 24.2.2021 - B 13 R 37/20 B - juris RdNr 11 mwN). Es ist weder dargetan, dass sie rechtzeitig einen Antrag auf Anhörung des Sachverständigen B gestellt habe, noch, dass sie objektiv sachdienliche Fragen schriftlich formuliert oder zumindest angekündigt habe.
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Ein Verfahrensmangel wäre ebenso wenig anforderungsgerecht bezeichnet, wenn die Klägerin die unterbliebenen weiteren Ermittlungen des LSG als eine Verletzung der tatrichterlichen Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 103 Satz 1 Halbsatz 1 SGG) rügen wollte. Sie bringt schon nicht vor, nach Erhalt des Gutachtens des Sachverständigen B einen Beweisantrag gegenüber dem LSG gestellt zu haben (vgl zu den Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge zB BSG Beschluss vom 14.4.2020 - B 5 RS 13/19 B - juris RdNr 11). Im Übrigen können die gesetzlichen Beschränkungen einer Sachaufklärungsrüge nicht durch eine Berufung auf die Vorschriften zum rechtlichen Gehör umgangen werden (vgl zB BSG Beschluss vom 26.10.2022 - B 5 R 135/22 B - juris RdNr 9 mwN).
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Indem die Klägerin vorbringt, bei weiteren fachübergreifenden Ermittlungen hätte sich ihre vollständige Erwerbsminderung ergeben, wendet sie sich im Kern gegen die vom LSG vorgenommene Auswertung und Würdigung der aktenkundigen medizinischen Befundberichte und Sachverständigengutachten. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung der Vorinstanz (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht überprüft werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG).
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Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Düring Körner Hannes
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