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BSG 07.03.2023 - B 1 KR 61/22 B
BSG 07.03.2023 - B 1 KR 61/22 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - rechtliches Gehör - Ausschluss von der mündlichen Verhandlung wegen Nichteinhaltung der Maskenpflicht - Verlegung oder Vertagung des Termins
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 SGG, § 124 Abs 1 SGG, § 202 S 1 SGG, § 227 Abs 1 ZPO, Art 103 Abs 1 GG, § 176 Abs 1 GVG, § 3 Abs 1 S 1 Nr 2 CoronaVV NW 19, § 3 Abs 2 Nr 15 CoronaVV NW 19
Vorinstanz
vorgehend SG Köln, 11. Januar 2021, Az: S 23 KR 785/20, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 27. Januar 2022, Az: L 5 KR 101/21, Urteil
Tenor
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Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 2022 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Der Kläger, für den zwischenzeitlich eine Betreuung bestanden hatte, leidet unter verschiedenen Erkrankungen, insbesondere auch unter einer psychischen Erkrankung. Er begehrte erfolglos bei der beklagten Krankenkasse (KK), die stationäre Aufnahme in die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums K (im Folgenden: Uni-Klinik) zu erwirken, nachdem die Uni-Klinik die Aufnahme des Klägers abgelehnt und ein Vertragsarzt ihm am 4.12.2019 Krankenhausbehandlung wegen Persönlichkeitsstörung, Angststörung und Depression verordnet hatte (Schreiben vom 27.11.2019 und Bescheid vom 5.12.2019; Widerspruchsbescheid vom 4.6.2020). Die Beklagte verwies den Kläger darauf, es sei Sache der Uni-Klinik, über seine stationäre Aufnahme zu entscheiden. Das SG hat das sinngemäß ausgelegte Begehren des Klägers, ihm eine stationäre Krankenhausbehandlung in seiner Sektorpsychiatrie zu gewähren und zu bezahlen, abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 11.1.2021). Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, sondern des Krankenhauses, die stationäre Behandlungsbedürftigkeit festzustellen. Der Beklagten stehe kein Weisungsrecht gegenüber dem Krankenhaus zu. Im Berufungsverfahren hat der Kläger, dessen Betreuung mittlerweile aufgehoben worden war (Beschluss des AG Köln vom 6.7.2021), seine Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung verweigert. Nach Ablehnung des PKH-Antrags hat das LSG die mündliche Verhandlung - ohne Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers - auf den 27.1.2022 anberaumt. Am Sitzungstag hat der rechtzeitig vor Sitzungsbeginn erschienene, an der Gerichtspforte wartende Kläger ein ärztliches Attest des H (Facharzt für Innere Medizin) vom 30.7.2021 vorgelegt. Es lautet:
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"Auf Grund der von §3 Abs (4) Abschnitt 3. der Corona-Schutzverordnung ist <der Kläger>, der sich in meiner regelmäßigen hausärztlichen und fachärztlich-internistischen Behandlung befindet, von der Pflicht, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, befreit. Als medizinische Gründe liegen Erkrankungen im HNO-Bereich vor, die die ausreichende Atmung einschränken, außerdem liegen bei ihm eine psychiatrische Erkrankung sowie eine Sprachbehinderung vor. Die Befreiung für Mund-Nase-Bedeckung gilt nur bei völliger Symptomfreiheit. ICD: F32.9, F60.9, F41.8, J44.99" (F32.9: Depressive Episode, nicht näher bezeichnet; F60.9: Persönlichkeitsstörung, nicht näher bezeichnet; F41.8: Sonstige spezifische Angststörungen; J44.99: Chronische obstruktive Lungenkrankheit, nicht näher bezeichnet, FEV1 nicht näher bezeichnet).
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Der Vorsitzende des LSG-Senats hat nach Kenntnisnahme des ärztlichen Attests entschieden, dass dem Kläger eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ohne Mund-Nase-Bedeckung nicht gestattet werde. Der Kläger, der die Pforte nicht durchschritten hatte, verließ danach das Gericht wieder. Das LSG hat in Abwesenheit der Beteiligten mündlich verhandelt und die Berufung zurückgewiesen: Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör sei nicht verletzt worden. Die objektive Pandemielage habe eine Mund-Nase-Bedeckung erfordert. Das ärztliche Attest sei nicht geeignet gewesen, hiervon eine Ausnahme zu machen. Erforderlich gewesen wäre ein aktuelles Attest, das angebe, welche konkreten Beeinträchtigungen durch das Tragen der Maske hervorgerufen würden. Das Attest sei zu alt und zu pauschal gewesen. Auch stehe es unter der von Laien nicht überprüfbaren Bedingung, dass der Kläger symptomfrei sei. Inhaltlich hat das LSG die Entscheidung des SG bestätigt (Urteil vom 27.1.2022).
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Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
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II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 160a Abs 5 SGG) begründet. Das LSG-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), den der Kläger entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG noch hinreichend bezeichnet.
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Die Beschwerde ist hinsichtlich des ausdrücklich geltend gemachten Verfahrensmangels der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK) und des sinngemäß geltend gemachten Verfahrensmangels des Verstoßes gegen das Prinzip der mündlichen Verhandlung (§ 124 Abs 1 SGG) als besondere Ausprägung des rechtlichen Gehörs begründet.
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Das LSG hätte am 27.1.2022 nicht in Abwesenheit des Klägers über dessen Berufung verhandeln dürfen. Zwar hat der Vorsitzende des LSG-Senats an diesem Tag eine rechtmäßige sitzungspolizeiliche Maßnahme getroffen (dazu 1.). Das LSG hätte aber nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit vertagen müssen, um eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers durch seine sitzungspolizeilich erzwungene Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung zu vermeiden (dazu 2.). Nichts anderes ergäbe sich aus einer auf das Hausrecht gestützten Anordnung, ohne Maske das Gericht nicht zu betreten (dazu 3.). Auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers durch dessen Ausschluss von der mündlichen Verhandlung kann das Urteil des LSG auch beruhen (dazu 4.).
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1. Der Vorsitzende war grundsätzlich befugt, am 27.1.2022 die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung (Gesichtsmaske) abhängig zu machen. Eine solche sitzungspolizeiliche Anordnung kann auch dann rechtmäßig ergehen, wenn ein Beteiligter oder sonstiger Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung aufgrund eines hinreichend qualifizierten ärztlichen Attests vom Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung befreit ist. So liegt der Fall hier.
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Nach § 176 Abs 1 GVG kann der Vorsitzende zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung Anordnungen treffen. Die Anordnung des Vorsitzenden, in der Hauptverhandlung aus Gründen des Infektionsschutzes eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, ist hiernach als sitzungspolizeiliche Maßnahme zulässig. Das BVerfG hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die sitzungspolizeiliche Anordnung, wegen der andauernden Covid-19-Pandemie im Gerichtssaal eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, auf erkennbar vernünftigen Gründen des Gemeinwohls beruht, weil sie geeignet ist, mögliche Infektionen im Gerichtssaal zu verhindern oder zumindest die Wahrscheinlichkeit hierfür zu senken, und kein gleich geeignetes, milderes Mittel ersichtlich ist (BVerfG <Kammer> vom 28.9.2020 - 1 BvR 1948/20 - juris; s ferner BayObLG vom 9.8.2021 - 202 ObOWi 860/21 - juris RdNr 9 mwN zur Instanz-Rspr).
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Bei der Abwägung des Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art 2 Abs 1 GG) der Beteiligten durch die sitzungspolizeiliche Maßnahme der Maskenpflicht und dem damit bezweckten Gesundheitsschutz (Art 2 Abs 2 GG) der sonstigen im Sitzungssaal Anwesenden hat der Vorsitzende des LSG-Senats die Bedeutung der in Rede stehenden Grundrechte und ihr Verhältnis zueinander unter Berücksichtigung der konkreten Situation zutreffend abgewogen. Auch durfte er der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit seines Spruchkörpers und damit dem Allgemeininteresse an einer personell nicht beeinträchtigten Rechtspflege Rechnung tragen und besondere Vorsicht walten lassen. Der Vorsitzende hat ausweislich des Sitzungsprotokolls nachvollziehbar auf die gerade Anfang 2022 "in die Höhe schießenden" Inzidenzen hingewiesen.
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Der Vorsitzende war durch die Verordnung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) vom 11.1.2022 in der ab dem 20.1.2022 gültigen Fassung in seinen sitzungspolizeilichen Maßnahmen nicht eingeschränkt. § 3 Abs 1 Nr 2 CoronaSchVO ordnete das Tragen mindestens einer medizinischen Maske (sog OP-Maske) in Innenräumen an, in denen mehrere Personen zusammentreffen, soweit diese Innenräume - mit oder ohne Eingangskontrolle - auch Kundinnen und Kunden beziehungsweise Besucherinnen und Besuchern zugänglich sind. Zugleich erlaubte § 3 Abs 2 Nr 15 CoronaSchVO auf richterliche Anordnung Ausnahmen von der Maskenpflicht. Hiernach konnte der Vorsitzende die Maskenpflicht aufheben, die Maskenpflicht beibehalten oder durch die Anordnung, einen bestimmten Maskentyp zu tragen, sogar verschärfen. Es kann daher offenbleiben, ob und ggf in welchem Umfang dem Sitzungspolizeirecht des GVG gegenüber der CoronaSchVO ein Anwendungsvorrang zukommt.
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2. Das LSG war jedoch in der vorliegenden Situation gehalten, nicht ohne Weiteres die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Klägers durchzuführen und das Verfahren mit einem Endurteil abzuschließen.
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK) gewährleistet, dass die Beteiligten zum gerichtlichen Verfahren herangezogen werden und Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten unabhängig davon, ob sie die Möglichkeit zur schriftlichen Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen.
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Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder Vertagung eines bereits begonnenen Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 227 Abs 1 ZPO; vgl BSG vom 6.10.2022 - B 8 SO 5/22 B - juris RdNr 7 mwN).
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Eine Terminverlegung oder Vertagung kommt in Betracht, wenn ein Beteiligter nicht wegen einer eigenen Erkrankung oder eines Krankheitsverdachts eine Terminverlegung beantragt, sondern das Gericht selbst den teilnahmewilligen Beteiligten präventiv aus Gründen des Fremd- und Eigenschutzes von der Verhandlung wegen Nichteinhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen rechtmäßig ausschließt. Eine Verlegung oder Vertagung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ist aber nur dann aus erheblichen Gründen geboten, wenn ein teilnahmewilliger Beteiligter nicht nur geltend macht, einer sitzungspolizeilichen Anordnung (hier Maskenpflicht) aus gesundheitlichen Gründen nicht nachkommen zu können, sondern hierzu auch ein ausreichend aussagekräftiges Attest vorlegt, nach dem nicht auszuschließen ist, dass der geltend gemachte gesundheitliche Grund tatsächlich vorliegt. Der Betroffene ist dann entweder zur (weiteren) Glaubhaftmachung seines Vortrags zur Vorlage eines aussagekräftigen Attests aufzufordern oder das Gericht hat selbst eine nähere Stellungnahme des attestierenden Arztes über das Ausmaß der Erkrankung einzuholen (vgl zum Vorgehen bei Zweifeln an einer krankheitsbedingten Verhandlungs- oder Reiseunfähigkeit BSG vom 20.5.2020 - B 13 R 254/17 B - juris RdNr 7 mwN; enger bei einer sehr kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung von einem ortsabwesenden Beteiligten beantragten Verlegung BSG vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - juris RdNr 9 mwN).
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Nach diesen Maßstäben liegt hier ein erheblicher Grund für eine Terminverlegung (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 227 Abs 1 ZPO) vor, wenn der Vorsitzende - was nicht aus dem Sitzungsprotokoll, sondern nur aus den Urteilsgründen hervorgeht - Zweifel an der Eignung des ärztlichen Attests gehabt haben sollte und deshalb an der Maskenpflicht festgehalten hat. In diesem Fall hätte das LSG H von Amts wegen ergänzend befragen oder den Kläger zur weiteren Glaubhaftmachung auffordern müssen. Denn das Attest von H ist hinreichend konkret hinsichtlich der Diagnosen und damit aussagekräftig genug, um die Möglichkeit nicht ausschließen zu können, dass dem Kläger aus medizinischen Gründen das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der mündlichen Verhandlung nicht zumutbar war (zu den Anforderungen in der Rspr vgl LSG Nordrhein-Westfalen vom 9.11.2021 - L 18 R 856/20 - juris RdNr 29 unter Verweis auf Rspr des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen).
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Etwas anderes hätte allerdings dann zu gelten, wenn dem Kläger rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden wäre, dass es der Vorlage eines qualifizierten ärztlichen Attests bedürfe und welche Angaben das Attest zwingend enthalten müsse, das vorgelegte Attest von H diese Bedingungen jedoch nicht erfüllt hätte. Nur dann könnte dem Kläger entgegengehalten werden, dass er nicht alles ihm Zumutbare getan habe, um einen Gehörsverstoß zu vermeiden (vgl allgemein zu diesem Gesichtspunkt BSG vom 3.1.2022 - B 1 KR 45/21 B - juris RdNr 8 mwN). Dass solche inhaltlichen Vorgaben an ein ärztliches Attest dem Kläger mit der Ladung oder auf anderen Wege mitgeteilt wurden, ist indessen weder in der Verfahrensakte dokumentiert, noch bestehen hierfür anderweitige Anhaltspunkte (vgl zu Hinweisen auf der Website des Gerichts OVG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10.1.2022 - 13 B 17/22 - juris RdNr 54).
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Eine Terminverlegung mag auch dann nicht in Betracht kommen, wenn das ärztliche Attest ein weitgehend inhaltsleeres Gefälligkeitsattest ist (vgl dazu BFH vom 5.7.2005 - XI B 188/04 - juris) und damit seine Verwendung durch einen Beteiligten sich als rechtsmissbräuchlich darstellt. So verhält es sich hier aber nicht.
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Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn ein Vorsitzender für eine mündliche Verhandlung rechtmäßig ohne jede Ausnahme eine Maskenpflicht angeordnet hat und ein Beteiligter aus medizinischen Gründen dem nicht entsprechen kann, das Gericht andere prozessual zulässige Möglichkeiten prüfen muss, um diesem Beteiligten rechtliches Gehör in einer mündlichen Verhandlung zu gewähren; zB nach § 110a SGG oder durch die - vorläufige - Anordnung des Ruhens (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 251 ZPO) oder der Aussetzung (§ 202 Satz 1 SGG iVm einer Analogie zu § 247 ZPO) des Verfahrens.
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3. Nach einer nicht näher ausgeführten Feststellung des LSG ist dem Kläger auch der Zugang zum Gerichtsgebäude - möglicherweise gestützt auf das Hausrecht - verweigert worden. Auch in diesem Fall hätte das LSG aus den vorgenannten Gründen zunächst weitere Ermittlungen zu den medizinischen Gründen vornehmen müssen und bei Bestätigung der Gründe nach geeigneten prozessualen Wegen suchen müssen, dem Kläger das rechtliche Gehör in einer mündlichen Verhandlung zu eröffnen. Dies gilt umso mehr als dem LSG bei Eröffnung der mündlichen Verhandlung bekannt war, dass der Kläger unter Vorlage des Attests am Sitzungstag rechtzeitig im Gerichtsgebäude an der Pforte wartete. Auch hier gibt es keine Anhaltspunkte für dem Kläger zuvor bekanntgegebene, auf das Hausrecht gestützte Anforderungen des Gerichts an die Vorlage eines ärztlichen Attests.
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4. Der Kläger macht auch einen Verfahrensmangel geltend, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.
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Obwohl die Verletzung des rechtlichen Gehörs im sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet ist (vgl § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 ZPO), ist wegen der besonderen Bedeutung der mündlichen Verhandlung für das Gerichtsverfahren im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dadurch, dass ein Verfahrensbeteiligter an deren Teilnahme gehindert worden ist, die daraufhin ergangene Gerichtsentscheidung insgesamt beeinflusst hat (stRspr; vgl etwa BSG vom 6.10.2022 - B 8 SO 5/22 B - juris RdNr 10 mwN). Es bedarf keines weiteren Vortrags zum "Beruhenkönnen" der angegriffenen Entscheidung auf dem Verfahrensfehler, wenn ein Beschwerdeführer behauptet, um sein Recht auf eine mündliche Verhandlung gebracht worden zu sein. Wegen der besonderen Wertigkeit der mündlichen Verhandlung als Kernstück des sozialgerichtlichen Verfahrens reicht es vielmehr aus, dass eine andere Entscheidung nicht auszuschließen ist, wenn der Betroffene Gelegenheit gehabt hätte, in der mündlichen Verhandlung vorzutragen.
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Es ist hier nicht von vornherein auszuschließen, dass das LSG - bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens im Sinne einer durch den Kläger von der Beklagten begehrten Kostenübernahmeerklärung - zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn der Kläger Gelegenheit gehabt hätte, sich in einer mündlichen Verhandlung zu den rechtlichen und tatsächlichen Aspekten des Rechtsstreits zu äußern. Dies gilt in besonderem Maße, da eine mündliche Verhandlung in der ersten Instanz nicht stattgefunden hat (vgl BSG vom 9.4.2019 - B 1 KR 81/18 B - juris RdNr 7 mwN).
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5. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
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