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BSG 14.01.2020 - B 14 KG 1/20 B
BSG 14.01.2020 - B 14 KG 1/20 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - hinreichende Bezeichnung - Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör - mündliche Verhandlung - Antrag auf Vertagung oder auf Schriftsatzfrist - fehlende Protokollierung - mindestens Vortrag zu einem Antrag auf Protokollberichtigung
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 62 Halbs 1 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 122 SGG, § 202 S 1 SGG, § 160 Abs 2 ZPO, § 164 ZPO, § 165 S 1 ZPO, § 227 Abs 1 S 1 ZPO, § 283 ZPO, § 415 Abs 1 ZPO, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Neubrandenburg, 8. August 2011, Az: S 16 KG 18/09
vorgehend Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26. September 2018, Az: L 2 BK 4/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. September 2018 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).
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Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Die Klägerin beruft sich allein auf einen Verfahrensmangel, bezeichnet diesen Zulassungsgrund aber nicht hinreichend (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde die Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs sowie ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren. Schriftliche Hinweisverfügungen des LSG mit der Aufforderung, weitere Angaben zu machen und Unterlagen vorzulegen, seien nicht zur Handakte ihres Prozessbevollmächtigten gelangt. Sie habe - anwaltlich vertreten - in der mündlichen Verhandlung beantragt, Angaben und Unterlagen nachreichen zu dürfen. Dies habe das LSG abgelehnt. Hierin liege sowohl eine Gehörsverletzung als auch eine Verletzung ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren. Hierzu seien dienstliche Äußerungen der seinerzeit beteiligten Richter einzuholen.
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Die Klägerin hat eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend aufgezeigt. Gemäß § 62 Halbsatz 1 SGG, der einfachrechtlich das durch Art 103 Abs 1 GG garantierte prozessuale Grundrecht wiederholt, ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren; dies gilt insbesondere für eine die Instanz abschließende Entscheidung. Demgemäß darf ein Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs 2 SGG).
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Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge ist, dass die Klägerin darlegt, ihrerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr; vgl nur BSG vom 19.3.1991 - 2 RU 33/90 - BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6; BSG vom 20.1.1998 - B 13 RJ 207/97 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; BSG vom 13.3.2018 - B 11 AL 79/17 B - RdNr 9 mwN), was - in der Situation der mündlichen Verhandlung - einen Antrag auf Vertagung (§ 202 SGG iVm § 227 Abs 1 ZPO) oder auf Schriftsatzfrist (§ 202 SGG iVm § 283 ZPO) umfasst (vgl zB BSG vom 19.3.1991 - 2 RU 33/90 - BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6; BSG vom 26.6.1991 - 5 BJ 141/90 - RdNr 4; BSG vom 3.4.2013 - B 9 V 59/12 B - RdNr 13).
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Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, einen entsprechenden Prozessantrag gestellt zu haben. Entgegen ihrer Ansicht genügt es für die Zulässigkeit der Beschwerde nicht zu beantragen, dienstliche Äußerungen der seinerzeit beteiligten Richter einzuholen. Aufgrund der besonderen Beweiskraft des Sitzungsprotokolls nach § 122 SGG iVm § 165 ZPO oder, soweit es nicht um die für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten geht, nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 415 ZPO, muss der Beschwerdeführer grundsätzlich vortragen, dass sich die Stellung eines entsprechenden Prozessantrags aus dem Sitzungsprotokoll ergibt. Denn bei der Stellung eines solchen Antrags handelt es sich um einen zu protokollierenden wesentlichen Vorgang der Verhandlung iS des § 160 Abs 2 ZPO (BVerwG vom 6.3.2014 - 9 B 54.13 - juris RdNr 3), weil er vom Rechtsmittelgericht benötigt wird, um den Verfahrenshergang zu überprüfen (vgl zu § 160 Abs 2 ZPO allgemein BGH vom 26.4.1989 - I ZR 220/87 - juris RdNr 13; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 122 RdNr 4e; vgl zur Protokollierungspflicht von Prozessanträgen auch BSG vom 15.2.1988 - 9/9a BV 196/87 - SozR 1500 § 160 Nr 64 S 68; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl 2005, Band 3, § 160 RdNr 6). Seine Ablehnung wäre als Verkündung einer gerichtlichen Entscheidung im Protokoll festzustellen (§ 160 Abs 3 Nr 6 und 7 ZPO).
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Ausweislich der Beschwerdebegründung hat der dargelegte Sachverhalt keinen Eingang in das Sitzungsprotokoll gefunden. Damit beweist das Protokoll, dass ein solcher Prozessantrag nicht gestellt war (BVerwG vom 6.3.2014 - 9 B 54.13 - juris RdNr 3 zu einem Antrag auf Schriftsatzfrist; BFH vom 4.9.2001 - I B 14/01 - juris RdNr 4 zu einem Vertagungsantrag; BSG vom 23.7.2015 - B 5 R 196/15 B - RdNr 14 f und BVerwG vom 2.11.1987 - 4 B 204.87 - Buchholz 310 § 86 Abs 2 VwGO Nr 32 zu Beweisanträgen). Für eine zulässige Nichtzulassungsbeschwerde muss der Beschwerdeführer deshalb zumindest vortragen, er habe hinsichtlich der fehlenden Protokollierung die Berichtigung des Protokolls (§ 122 SGG iVm § 164 ZPO) beantragt (BSG vom 28.7.1993 - 2 BU 10/93 - RdNr 5; BSG vom 11.10.1994 - 2 BU 159/94 - RdNr 5; BSG vom 14.5.1998 - B 2 U 280/97 B - RdNr 6; BSG vom 6.5.1999 - B 8 KN 7/98 U B - RdNr 4, jeweils im Hinblick auf Beweisanträge; vgl allgemein zur Protokollberichtigung im Fall der Unvollständigkeit Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl 2005, Band 3, § 164 RdNr 1). Das ist hier nicht erfolgt, weshalb die Gehörsverletzung nicht hinreichend dargelegt ist. Die Klägerin hat nach ihrem Vortrag auch in der mündlichen Verhandlung nicht beantragt, den Vorgang in das Protokoll aufzunehmen (§ 160 Abs 4 ZPO). Vielmehr habe ihr Prozessbevollmächtigter ausweislich der Beschwerdebegründung "ziemlich wutentbrannt" den Sitzungssaal verlassen.
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Unzulässig ist ebenfalls die auf den gleichen Umstand gestützte Rüge der vermeintlichen Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren.
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Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
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