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BSG 02.08.2017 - B 6 KA 14/17 B
BSG 02.08.2017 - B 6 KA 14/17 B - (Vertragsärztliche Versorgung - Bewertungsausschuss - Umfang des Gestaltungsauftrags nach § 87 Abs 2 SGB 5 - fachärztlicher Internist - keine gleichheitswidrige Benachteiligung)
Normen
§ 73 Abs 1 S 1 SGB 5, § 87 Abs 1 S 1 SGB 5, § 87 Abs 2 SGB 5, § 87 Abs 2a S 1 SGB 5, Art 3 Abs 1 GG, Nr 03212 EBM-Ä 2008
Vorinstanz
vorgehend SG Bremen, 29. Mai 2013, Az: S 1 KA 49/09, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 26. Oktober 2016, Az: L 3 KA 72/13, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30 934 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Umstritten ist die Berechtigung der als Internistin an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Klägerin, die Zuschlagsposition Nr 03212 des Bewertungsmaßstabs für die vertragsärztlichen Leistungen (EBM-Ä) für die Behandlung einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung in den Quartalen I/2009 bis III/2010 zu berechnen. Dieser sog Chronikerzuschlag ist nach dem EBM-Ä den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten vorbehalten; deshalb berichtigte die beklagte KÄV in insgesamt 1786 Behandlungsfällen die Ansätze der Klägerin. Zwischen den Beteiligten ist allein umstritten, ob die Beschränkung des Kreises der abrechnungsberechtigten Ärzte auf solche, die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Die Klägerin macht geltend, als fachärztlich tätige Internistin ohne Schwerpunktbezeichnung führe sie eine diabetologische Schwerpunktpraxis und sei dadurch benachteiligt, dass sie den Chronikerzuschlag in den Fällen, in denen sie Diabetes-Patienten behandle, nicht berechnen könne.
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Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat ausgeführt, der Bewertungsausschuss habe die Position 03212 EBM-Ä ausdrücklich dem hausärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet, auch um die mit der Streichung von bestimmten Einzelpositionen verbundene Schlechterstellung der Hausärzte, die chronisch kranke Patienten behandeln, zu kompensieren. Der Chronikerzuschlag diene dazu, im Rahmen der sehr weitgehend pauschalierten hausärztlichen Vergütung den besonderen Aufwand abzugelten, der den Hausärzten ua bei der Versorgung von Patienten erwachse, die an Diabetes leiden. Einer Übertragung der entsprechenden Abrechnungsmöglichkeit auf fachärztlich tätige Internisten habe es nicht bedurft, weil deren Vergütung weniger stark pauschaliert sei und es entsprechend die Möglichkeit gebe, neben der Versichertenpauschale Zusatzpauschalen zu berechnen. Davon habe die Klägerin auch Gebrauch gemacht. Jedenfalls habe der Bewertungsausschuss bei der Umsetzung der Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Versorgungsbereich mit der Zuordnung des "Chronikerzuschlags" allein zum hausärztlichen Versorgungsbereich seinen Gestaltungsspielraum nicht verlassen (Urteil vom 26.10.2016).
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Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der im Rechtsstreit zu entscheidenden Rechtsfragen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 1 Nr 1 SGG) geltend und rügt, das Berufungsurteil weiche von der Rechtsprechung des BSG ab (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Grundsatzrüge ist unbegründet, die Divergenzrüge ist unzulässig.
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1. Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob es rechtmäßig ist, wenn der EBM-Ä für einen grundsätzlich gleichen Mehraufwand bei der ärztlichen Tätigkeit hausärztlich tätigen Diabetologen eine pauschale Zusatzvergütung in Form der sogenannten Chronikerpauschale gewährt, während eine derartige zusätzliche Vergütung fachärztlich tätigen Diabetologen nicht zusteht, obwohl sie die gleiche Leistung erbringen. Diese Frage bedarf jedoch keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sich ihre Antwort auf der Grundlage der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und der Rechtsprechung des Senats zu den Folgen der Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Versorgungsbereich sowie im Hinblick auf die Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses ohne Weiteres ergibt. Das steht der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung entgegen.
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a) Der Senat hat sich in seiner bisherigen Rechtsprechung mehrfach, zuletzt in dem auch vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Urteil vom 28.10.2015 (SozR 4-5531 Nr 06225 Nr 1) mit dem Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses bei der Ausgestaltung der Bewertungsmaßstäbe befasst. Der dem Bewertungsausschuss in § 87 Abs 2 SGB V übertragene Gestaltungsauftrag erschöpft sich nicht in der Aufstellung eines reinen Leistungs- und Bewertungskatalogs unter medizinischen, betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Gesichtspunkten, sondern schließt die Befugnis ein, über die Beschreibung und Bewertung der ärztlichen Verrichtungen das Leistungsverhalten der Ärzte steuernd zu beeinflussen. Eine solche Berechtigung besteht insbesondere dann, wenn dem Bewertungsausschuss nach § 87 Abs 2a Satz 1 SGB V ausdrücklich aufgegeben ist, die Leistungen entsprechend der in § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V festgelegten Gliederung der Versorgungsbereiche so zu gestalten, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen grundsätzlich Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen. Zusätzlich ist in § 87 Abs 2b SGB V bestimmt, dass die im einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung als Versichertenpauschalen abgebildet werden sollen. Dementsprechend hatte der Bewertungsausschuss die Versichertenpauschalen nach den Gebührenordnungspositionen 03110, 03111 und 03112 EBM-Ä eingeführt, die in Überweisungs- und Vertretungsfällen nur reduziert abgerechnet werden dürfen. Zum 1.1.2008 sind dabei wichtige Einzelleistungen für die Koordination der hausärztlichen Betreuung, für die Behandlung und Betreuung eines Patienten mit chronisch-internistischer Grunderkrankung und für die Betreuung eines Patienten mit chronisch-degenerativen und/oder entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates durch die hier streitbefangene Chronikerzuschlagsregelung (Nr 03212) ersetzt worden. Insoweit hat der Bewertungsausschuss seinem Pauschalierungsauftrag entsprochen.
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b) Es liegt ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf der Hand, dass angesichts der im hausärztlichen und im fachärztlichen Versorgungsbereich unterschiedlichen Vergütungssystematik entgegen der Ansicht der Klägerin nicht Einzelpositionen aus dem hausärztlichen Bereich für Ärztinnen und Ärzte geöffnet werden können, die im fachärztlichen Versorgungsbereich tätig sind. Dem Gesetzgeber wie dem Bewertungsausschuss kann nicht verborgen geblieben sein, dass insbesondere Patienten, die an Diabetes leiden, sowohl von Hausärzten wie von fachärztlich tätigen Internisten versorgt werden. Die Vergütungsregelungen für beide Arztgruppen richten sich gleichwohl in erster Linie danach, in welchem Versorgungsbereich die betreffenden Ärzte tätig sind. Eine gleichheitswidrige (Art 3 Abs 1 GG) Benachteiligung der fachärztlichen Internisten kann angesichts der unterschiedlichen Vergütungssystematik von vornherein nicht daraus abgeleitet werden, dass diesen eine bestimmte Gebührenordnungsposition aus dem hausärztlichen Versorgungsbereich nicht zur Verfügung steht. Das LSG hat beispielhaft dargestellt, dass die Klägerin für ihre Leistungen neben der internistischen Grundpauschale (570/610 Punkte je nach Alter der Versicherten) teilweise noch die Zusatzpauschale für fachinternistische Leistungen hat abrechnen können, die mit 445 Punkten bewertet ist. Damit hat die Abrechnungsmöglichkeit in Punkten für die Klägerin in einem diabetologischen Behandlungsfall sogar noch höher gelegen als die entsprechende Vergütung in Punkten eines diabetologisch tätigen Hausarztes, der die Versichertenpauschale von 450/535 Punkten und zusätzlich den mit 495 Punkten bewerteten Chronikerzuschlag abrechnen kann.
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2. Soweit die Klägerin eine Abweichung des berufungsgerichtlichen Urteils vom Urteil des Senats im Verfahren B 6 KA 46/07 R vom 17.9.2008 (SozR 4-2500 § 75 Nr 8) rügt, entspricht die Beschwerde nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Begründungsanforderungen. Sie bezeichnet keinen bestimmten Rechtssatz des berufungsgerichtlichen Urteils, und stellt der von ihr wiedergegebenen Auffassung des LSG auch keinen Rechtssatz des von ihr für einschlägig gehaltenen Urteils des Senats gegenüber. Die Klägerin weist selbst darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Senats hinreichender sachlicher Gründe bedarf, wenn die Berechnungsfähigkeit und/oder punktzahlenmäßige Bewertung derselben Leistung je nach Arztgruppenzugehörigkeit des Behandlers unterschiedlich ausgestaltet ist. Auf diesem Grundsatz beruht jedoch das angefochtene Urteil des LSG, das über mehrere Seiten unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des Senats darstellt, dass und weshalb in der Zugehörigkeit der diabetologisch tätigen Ärztinnen und Ärzte zum hausärztlichen oder zum fachärztlichen Versorgungsbereich eben ein solcher sachgerechter Differenzierungsgrund für die auf Hausärzte beschränkte Berechnungsfähigkeit des Chronikerzuschlags liegt. Auf diesem Hintergrund wird mit der These, das BSG gestatte keine Differenzierung der Vergütung nach Behandlungsgruppen, schon kein Rechtssatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung bezeichnet, von dem das LSG abgewichen sein könnte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Klägerin hat die Kosten des von ihr ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen.
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Der Streitwert entspricht der Festsetzung des LSG, gegen die die Beteiligten keine Einwendungen erhoben haben.
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