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BSG 07.04.2016 - B 5 AL 1/15 R
BSG 07.04.2016 - B 5 AL 1/15 R - Arbeitslosenversicherung - Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag - unmittelbare Aufnahme der selbständigen Tätigkeit - Bezug von Entgeltersatzleistung - Bestehen eines Stammrechts - Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Sperrzeit - Rechtsauslegung - Verfassungsmäßigkeit
Normen
§ 28a Abs 1 S 2 Nr 2 Alt 1 SGB 3 vom 28.05.2008, § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 Alt 2 SGB 3 vom 28.05.2008, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG
Vorinstanz
vorgehend SG München, 25. Mai 2011, Az: S 37 AL 878/09, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 29. Januar 2015, Az: L 9 AL 303/11, Urteil
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2015 und des Sozialgerichts München vom 25. Mai 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Pflichtversicherung des Klägers in der Arbeitslosenversicherung ab dem 5.12.2008.
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Der Kläger war in der Zeit vom 1.4.2001 bzw 1.5.2001 bis 31.10.2008 als Entwicklungsingenieur versicherungspflichtig beschäftigt. Am 30.7.2008 meldete er sich mit Wirkung zum 1.11.2008 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Am 27.8.2008 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses. Zur Begründung gab er an, dass er am 5.12.2008 eine selbständige hauptberufliche Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter aufnehmen werde.
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Mit Bescheid vom 4.11.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 1.11.2008. Gleichzeitig stellte sie den Leistungsbetrag für die Zeit vom 1.11.2008 bis 23.1.2009 auf täglich 0,00 Euro wegen einer Sperrzeit von 12 Wochen aufgrund Arbeitsaufgabe fest.
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Am 9.12.2008 gab der Kläger bei der Beklagten an, die selbständige Tätigkeit am 5.12.2008 aufgenommen zu haben. Mit Bescheid vom 10.12.2008 hob die Beklagte "die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld" ab 5.12.2008 wegen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit auf und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 5.3.2009 einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 24.1.2009 bis 23.10.2009. Mit Bescheid vom 24.4.2009 lehnte die Beklagte den "Antrag des Klägers auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB III" ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.7.2009).
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Mit Urteil vom 25.5.2011 hat das SG München die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom "24.3.2009" und 30.7.2009 verurteilt, den Kläger ab dem 5.12.2008 freiwillig arbeitslos gemäß § 28a SGB III zu versichern. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Bayerische LSG mit Urteil vom 29.1.2015 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt werde, dass der Kläger ab dem 5.12.2008 antragspflichtversichert sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Senat habe unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels des Klägers seine Klage als Anfechtungsklage, verbunden mit einer Klage auf Feststellung, dass Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe, ausgelegt. Da die Versicherungspflicht nach § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III auf einen Antrag hin kraft Gesetzes eintrete, wenn deren Voraussetzungen erfüllt seien, habe es der Erhebung einer Verpflichtungsklage nicht bedurft. Für die begehrte Feststellung bestehe das gemäß § 55 Abs 1 Nr 1 SGG erforderliche Feststellungsinteresse. Der Kläger sei zur Weiterversicherung in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung berechtigt. Die Voraussetzungen des § 28a SGB III lägen vor. Dies gelte auch für die Anforderungen des Abs 1 S 2 Nr 2 der Norm. Der Kläger habe unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 5.12.2008 eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III in Gestalt von Arbeitslosengeld bezogen. Der Kläger habe in Folge seiner Arbeitslosigkeit ab dem 1.11.2008 ein Stammrecht auf Arbeitslosengeld mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen erworben. Zwar habe der monatliche Auszahlungsanspruch wegen des bestandskräftig festgestellten Eintritts einer Sperrzeit für die Zeit vom 1.11.2008 bis zum 23.1.2009 geruht. Dies sei jedoch unschädlich. Der Begriff des "Bezugs" von Entgeltersatzleistungen sei auslegungsbedürftig. Bei der Auslegung sei grundsätzlich am Wortlaut der Vorschrift anzusetzen. Dabei müssten aber auch Sinn und Zweck der Norm sowie die entsprechenden systematischen Zusammenhänge der Vorschrift in die insoweit erforderliche Auslegung einbezogen werden. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien genüge für den Bezug von Entgeltersatzleistungen iS des § 28a SGB III das Bestehen eines Stammrechts auf Arbeitslosengeld. Zwar habe das BSG im Urteil vom 5.5.2010 (B 11 AL 11/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 6 RdNr 16) "im Rahmen des Gründungszuschusses nach § 57 SGB III a.F. entschieden, dass 'für den Anspruch auf Arbeitslosengeld als Anspruch auf Entgeltersatzleistung i.S. des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst a SGB III davon auszugehen ist, dass mit 'Anspruch' nicht lediglich ein nach § 118 Abs. 1 SGB III entstandenes und fortbestehendes Stammrecht gemeint ist'." Diese Auffassung sei aber nicht auf § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III übertragbar, weil § 57 SGB III aF und § 93 SGB III in der ab dem 1.4.2012 geltenden Fassung eine stärkere Bindung zum bisherigen Bezug von Entgeltersatzleistungen voraussetzten als dies bei § 28a SGB III der Fall sei. Hinzu komme, dass Antragsteller im Rahmen von § 28a SGB III günstiger gestellt würden, wenn sie zu Beginn des Anspruchs auf Arbeitslosengeld die verhängte Sperrzeit abwarteten, danach Arbeitslosengeld bezögen und schließlich im Rahmen der immer noch offenen Rahmen- und Antragsfrist erfolgreich ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag begründen könnten. Stünde im Unterschied hierzu demjenigen Antragsteller, der sich während eines sperrzeitbedingt ruhenden Anspruchs auf Arbeitslosengeld selbständig mache, diese Möglichkeit nicht zu, werde entgegen den in der BT-Drucks 15/1515 S 78 zum Ausdruck kommenden Motiven die rasche Beendigung der Arbeitslosigkeit nicht angereizt. Dass Arbeitslosigkeit erst unter einer vom Gesetz missbilligten Aufgabe der versicherungspflichtigen Beschäftigung zustande gekommen sei, könne dem Betroffenen im Fall des § 28a SGB III nicht entgegengehalten werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3.6.2009 - B 12 AL 1/08 R - Juris) bedürfe es des Schutzes der Weiterversicherung nach § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit insbesondere dann, wenn die Tätigkeit das Bestehen von Arbeitslosigkeit mit den daran anknüpfenden Rechtsfolgen ausschließe.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 28a SGB III in der vom 1.7.2008 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aF). Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass im Rahmen des § 28a SGB III aF für den Bezug von Entgeltersatzleistungen das Bestehen des Stammrechts ausreiche. Dies ergebe sich insbesondere auch nicht aus einem Vergleich mit § 57 SGB III aF. Vielmehr gebiete die ratio legis des § 28a SGB III aF das gegenteilige Ergebnis. Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 5.12.2014 (B 5 AL 1/14 R - SozR 4-4300 § 28a Nr 9) ausgeführt habe, sei Zweck der freiwilligen Weiterversicherung bzw Versicherungspflicht auf Antrag nach § 28a SGB III, ua dem Personenkreis der Existenzgründer - ausnahmsweise - den Verbleib in der Arbeitslosenversicherung zu ermöglichen, indem ihnen die Option geboten werde, ihren Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten. Dabei sollten gerade die geforderten Vorversicherungszeiten und Anknüpfungstatbestände gewährleisten, dass von dem Privileg der Versicherungsberechtigung nur Personen profitierten, die der Versichertengemeinschaft bereits in der Vergangenheit angehört hätten. Der Kreis der durch die Antragspflichtversicherung nach § 28a SGB III begünstigten Personen sei danach eng zu ziehen. Dann sei es aber nicht einzusehen, weshalb der Kläger von der Antragspflichtversicherung profitieren sollte, obwohl er sich durch die freiwillige Aufgabe der abhängigen Beschäftigung und die hieraus resultierende Sperrzeit von der Versichertengemeinschaft entfernt habe. Aus dem Urteil des BSG vom 3.6.2009 (B 12 AL 1/08 R - Juris) ergebe sich entgegen der Auffassung des LSG nichts anderes. Die zitierten gerichtlichen Ausführungen gäben letztlich nur die ratio legis des § 28a SGB III wieder.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 2015 und des Sozialgerichts München vom 25. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht haben LSG und SG die Berechtigung des Klägers, sich in der Arbeitslosenversicherung weiterzuversichern, bejaht. Die Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 28a SGB III in der hier maßgeblichen vom 1.7.2008 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aF) liegen nicht vor.
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Nach § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III aF können Personen - unter den in S 2 näher umschriebenen Voraussetzungen - auf Antrag ein Versicherungspflichtverhältnis begründen, wenn sie eine selbständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben. Neben einer fristgebundenen Antragstellung (§ 28a Abs 1 S 3 SGB III aF) ist Voraussetzung für die Feststellung der Versicherungspflicht auf Antrag nach § 28a Abs 1 S 2 SGB III aF, dass der Antragsteller "innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit … mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts gestanden, eine Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt hat, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach diesem Buch unterbrochen hat" (Nr 1), dass er "unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit …, die zur freiwilligen Weiterversicherung berechtigt, in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts gestanden, eine Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt hat, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach diesem Buch unterbrochen hat" (Nr 2) und dass "Versicherungspflicht (§§ 26, 27) anderweitig nicht besteht" (Nr 3).
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Von den kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des § 28a Abs 1 S 2 Nr 1 bis 3 SGB III aF liegen jedenfalls die der Nr 2, deren Alternative 3 von vornherein ausscheidet, nicht vor.
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1. Der Kläger hat nicht unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des Ersten Abschnitts des SGB III gestanden (Alternative 1).
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Zwar war der Kläger bis zum 31.10.2008 versicherungspflichtig beschäftigt, so dass er bis zu diesem Zeitpunkt in einem Versicherungspflichtverhältnis gemäß § 24 Abs 1, Abs 4, § 25 Abs 1 S 1 SGB III gestanden hat. Dieses dauerte aber nicht unmittelbar bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit an. Wie der 12. Senat des BSG und ihm folgend der erkennende Senat (Urteile vom 30.3.2011 - B 12 AL 2/10 R - SozR 4-4300 § 28a Nr 4 RdNr 22 und vom 4.12.2014 - B 5 AL 1/14 R - SozR 4-4300 § 28a Nr 9 RdNr 19) bereits entschieden haben, ist ein unmittelbarer Anschluss iS von § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III aF nur gegeben, wenn die Unterbrechung nicht mehr als einen Monat beträgt. Das hiesige Revisionsverfahren gibt keinen Anlass zur Änderung dieser Rechtsprechung.
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Der Kreis der durch die Antragspflichtversicherung nach § 28a SGB III aF begünstigten Personen ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift eng zu ziehen (vgl auch BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 4 RdNr 18). Die Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung sollen nur Personen mit einer besonders engen Beziehung zur Arbeitslosenversicherung erhalten. Dies zeigt sich in der vom Gesetz geforderten längeren Zugehörigkeit zum System der Arbeitslosenversicherung vor Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit und der Manifestation dieser Beziehung durch das Bestehen eines Versicherungspflichtverhältnisses, die Ausübung einer als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ausgeübten Beschäftigung oder den Bezug von Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit. Dem Erfordernis einer engen Beziehung konkretisierend Ausdruck verleihend heißt es zwar nicht im Gesetzestext, wohl aber in den für die Auslegung heranzuziehenden Gesetzesmaterialien ausdrücklich, dass ein unmittelbarer Anschluss iS der Regelung nur vorliegt, "wenn die Unterbrechung nicht mehr als einen Monat beträgt" (BT-Drucks 15/1515 S 78 zu Nr 20 Abs 1).
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Dieser Zeitraum, der die "Unmittelbarkeit" sachgerecht von relevanten Unterbrechungen abgrenzt (BSG aaO RdNr 22 mwN), ist hier - wenngleich nur um einige Tage - überschritten. Der Kläger hat die selbständige Tätigkeit nach den Feststellungen des LSG, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und damit für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), erst am 5.12.2008 aufgenommen.
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2. Der Kläger hat auch nicht unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III in der Gestalt von Arbeitslosengeld (§ 116 Nr 1 SGB III in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung) bezogen (Alternative 2).
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Das dem Kläger ab dem 1.11.2008 bewilligte Arbeitslosengeld ist nicht ausgezahlt worden, weil der Anspruch hierauf aufgrund einer Sperrzeit gemäß § 144 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB III (in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung) ruhte (bestandskräftiger Bescheid vom 4.11.2008).
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Wie der Senat ebenfalls bereits mit Urteil vom 4.12.2014 (B 5 AL 1/14 R - SozR 4-4300 § 28a Nr 9) entschieden hat, setzt § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III aF voraus, dass der Antragsteller eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB III tatsächlich erhalten hat. Auch hieran hält der Senat fest.
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a) Dieses Ergebnis ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Norm.
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Der 11. Senat des BSG hat in seiner Entscheidung vom 29.10.2008 (B 11 AL 13/07 R - SozR 4-4300 § 124 Nr 5 RdNr 15) zu § 124 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB III (in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung) ausgeführt, der Begriff "Bezug" der Leistung erfordere einen tatsächlichen Bezug (so auch Urteil des 11a. Senats vom 21.3.2007 - B 11a AL 11/06 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 2 RdNr 12 und 13 zu § 57 SGB III). Der Wortlaut des Gesetzes sei insoweit eindeutig und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Dies gilt gleichermaßen für § 28a SGB III, die Nachfolgeregelung von § 124 Abs 3 SGB III (vgl BT-Drucks 15/1515 S 78 zu Nr 20).
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Der Begriff "Bezug" einer Leistung ist nach seinem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig und bedeutet, eine Leistung erhalten (vgl Duden Bd 10, 4. Aufl 2010, S 219 Begriff "beziehen" Nr 2).
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Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Begriff "Bezug" in § 28a SGB III aF in einem anderen Sinn verwandt haben könnte. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus dem Sprachgebrauch des bis zum 31.3.2012 geltenden § 57 SGB III aF bzw seiner Nachfolgerregelung, des § 93 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung.
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§ 57 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst a SGB III aF setzte für die Leistung eines Gründungszuschusses voraus, dass der Arbeitnehmer "bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch" hat. Hiermit vergleichbar verlangt § 93 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung für die Gewährung eines Gründungszuschusses, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer "bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat". Die Verwendung des Begriffs "Bezug einer Leistung" in § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III aF einerseits und des Begriffs "Anspruch" in § 57 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst a SGB III aF bzw § 93 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB III andererseits zeigt, dass das Gesetz zwischen dem Zufluss einer Leistung und dem (bloßen) Anspruch hierauf unterscheidet.
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Wenn dabei im Übrigen selbst für einen "Anspruch" iS von § 57 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst a SGB III aF nicht das Bestehen des Stammrechts ausreicht, sondern ein Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung (wie zB Arbeitslosengeld) iS der Norm nur vorliegt, wenn die materiellen Voraussetzungen eines konkreten Zahlungsanspruchs auf die jeweilige Entgeltersatzleistung gegeben sind (vgl hierzu Urteil des 11. Senats des BSG vom 5.5.2010 - B 11 AL 11/09 R - SozR 4-4300 § 57 Nr 6 RdNr 16), kann ein lediglich vorhandenes Stammrecht erst recht nicht genügen, wenn das Gesetz den Bezug einer Entgeltersatzleistung fordert. Das gegenteilige Verständnis des LSG ist für den Senat angesichts des Wortlauts der Normen schlechthin nicht nachvollziehbar.
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Ebenso wenig spricht für einen anderen Wortsinn, dass die Rechtsprechung des BSG zu anderen, gleichfalls auf den Leistungsbezug abstellenden Vorschriften einen realisierbaren Anspruch (vgl zu § 105b AFG BSG SozR 4100 § 105b AFG Nr 3 und 6; BSG Urteil vom 20.2.2002 - B 11 AL 59/01 R - Juris und zu § 126 SGB III BSG Urteil vom 7.2.2002 - B 7 AL 28/01 R - Juris) oder sogar ruhenden Anspruch (BSG SozR 3-4100 § 55a Nr 2 zu § 55a AFG) als ausreichend angesehen hat. § 28a SGB III ist mit Wirkung vom 1.2.2006 durch Art 1 Nr 20 und Art 124 Abs 4 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (ArbMDienstLG 3) vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) eingefügt und seitdem mehrfach, zuletzt durch Art 2 des Gesetzes zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung vom 23.10.2012 (BGBl I 2246) geändert worden. Bereits im Jahr 2008 hatte der 11. Senat des BSG (Urteil vom 29.10.2008 - B 11 AL 13/07 R - SozR 4-4300 § 124 Nr 5) zu § 124 Abs 3 SGB III, der Vorgängerregelung des § 28a SGB III, klargestellt, dass der Begriff "Bezug" einen tatsächlichen Zufluss der Leistung erfordere und der Wortlaut des Gesetzes insoweit eindeutig sei. Hätte der Gesetzgeber § 28a SGB III einen anderen Sinngehalt beilegen wollen, wäre davon auszugehen, dass er die Vorschrift entsprechend geändert hätte.
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b) Auch Sinn und Zweck der Norm sprechen für das hier vertretene Auslegungsergebnis.
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Wie unter 1. dargestellt ist der Kreis der durch die Antragspflichtversicherung nach § 28a SGB III begünstigten Personen eng zu ziehen. Zweck der freiwilligen Weiterversicherung bzw Versicherungspflicht auf Antrag nach dieser Vorschrift ist es, ua dem Personenkreis der Existenzgründer - ausnahmsweise - den Verbleib in der Arbeitslosenversicherung zu ermöglichen, indem ihnen die Option geboten wird, ihren Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten (BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 4 RdNr 18 mit Verweis auf BT-Drucks 15/1515 S 78 zu Nr 20). Dabei sollten gerade die "geforderten Vorversicherungszeiten und Anknüpfungstatbestände gewährleisten, dass von dem Privileg der Versicherungsberechtigung nur Personen profitieren, die der Versichertengemeinschaft bereits in der Vergangenheit angehört haben" (BT-Drucks 15/1515 S 78 zu Nr 20 Abs 1). Dies zeigt, dass nur Personen mit einer besonders engen Beziehung zur Arbeitslosenversicherung in der dargestellten Weise begünstigt werden sollten (BSG aaO RdNr 18).
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Eine enge Beziehung im hier maßgeblichen Zusammenhang kann aber gerade nicht angenommen werden, wenn sich ein Arbeitnehmer durch die freiwillige Aufgabe der Beschäftigung und die daraus resultierende Sperrzeit von der Versichertengemeinschaft entfernt hat, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat.
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Dem hier vertretenen Verständnis steht schließlich entgegen der Annahme des LSG nicht das Urteil des 12. Senats des BSG vom 3.6.2009 (B 12 AL 1/08 R - Juris) entgegen. Zwar hat der 12. Senat in diesem - wie vom LSG wiedergegeben - ausgeführt (aaO RdNr 15), dass es des Schutzes der Weiterversicherung nach § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III bei der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit insbesondere dann bedürfe, wenn die Tätigkeit das Bestehen von Arbeitslosigkeit mit den daran anknüpfenden Rechtsfolgen ausschließe. Hiermit hat der 12. Senat aber nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass der Begriff "Bezug … einer Entgeltersatzleistung" iS von § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III aF in einem erweiternden Sinne verstanden werden müsste.
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Die Ausführungen des 12. Senats sind vielmehr anlässlich der Bestimmung des Begriffs der selbständigen Tätigkeit iS von § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der mit dieser Norm eingeführten Versicherungsberechtigung erfolgt. Die Versicherungsberechtigung solle einen Ausgleich für den zeitgleichen Wegfall der den Personenkreis der selbständig Tätigen begünstigenden Regelung des § 124 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB III schaffen, die für einen gewissen Zeitraum den Schutz der Arbeitslosenversicherung trotz Ausübung einer selbständigen Tätigkeit aufrechterhalten habe. In diesem Zusammenhang hat der 12. Senat darauf hingewiesen, dass die während mindestens 15 Wochenstunden ausgeübte selbständige Tätigkeit gemäß § 119 Abs 3 SGB III (in der Fassung des ArbMDienstLG 3 vom 23.12.2003, BGBl I 2848) grundsätzlich das Bestehen von Arbeitslosigkeit und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen - wie zB einen Anspruch auf Arbeitslosengeld - ausschließe, weshalb es des Schutzes der Weiterversicherung nach § 28a Abs 1 S 1 Nr 2 SGB III, der die Versicherungsberechtigung an das Ausüben einer selbständigen Tätigkeit von mindestens 15 Wochenstunden knüpft, insbesondere in diesem Fall bedürfe. Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen der selbständig Tätige die Versicherungsberechtigung in Anspruch nehmen kann, beschäftigt sich der 12. Senat hingegen nicht. Gerade diese sind aber in dem hier maßgeblichen § 28a Abs 1 S 2 SGB III aF geregelt.
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c) Die hier vertretene Auslegung des § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III aF verstößt schließlich nicht gegen Art 3 Abs 1 GG (so schon Urteil des Senats vom 4.12.2014 - B 5 AL 1/14 R - SozR 4-4300 § 28a Nr 9 RdNr 28 f).
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Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl BVerfGE 1, 14, 52; 98, 365, 385; 113, 167, 214 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 83 - stRspr). Art 3 Abs 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder ein sonst sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl BVerfGE 1, 14, 52; 113, 167, 214 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 83 - stRspr). Dabei ist im Bereich der Sozialversicherung einerseits die hohe Bedeutung ihrer Funktionsfähigkeit sowie ihrer finanziellen Stabilität für das gemeine Wohl und andererseits die diesbezüglich gegebene weitgehende sozialpolitische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu beachten (vgl BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 84).
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Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben lässt sich ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz durch die Begrenzung der Versicherungsberechtigung auf unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Leistungsbezug stehende Personen nicht feststellen. Dem geltenden Recht ist eine allgemeine Versicherungsberechtigung aller Selbständigen in der Arbeitslosenversicherung fremd (vgl BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 2 RdNr 22) und die Einbeziehung dieses Personenkreises mit Risiken für die Arbeitslosenversicherung verbunden (vgl BT-Drucks 15/1515 S 78 zu Nr 20 Abs 2). Dass der in der sozialpolitischen Gestaltung weitgehend freie Gesetzgeber vor diesem Hintergrund nur Personen mit einer besonders engen Beziehung zur Arbeitslosenversicherung, manifestiert durch den Bezug von Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (vgl auch BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 4 RdNr 18), das Privileg einer Versicherungsberechtigung gewährt hat, ist sachlich einleuchtend und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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d) Ohne Bedeutung für die Auslegung des § 28a Abs 1 S 2 Nr 2 SGB III aF ist, ob dieses Ergebnis, das nach Ansicht des LSG keinen Anreiz für eine schnelle Beendigung der Arbeitslosigkeit setzt, sondern vielmehr Anlass dafür bietet, eine verhängte Sperrfrist abzuwarten, danach Arbeitslosengeld in Anspruch zu nehmen und erst dann eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, um so in den Genuss der Weiterversicherungsberechtigung zu gelangen, sozialpolitisch überzeugend ist. Zwar gehört es zu den Aufgaben der Dritten Gewalt, das Recht fortzuentwickeln. Dieser Befugnis sind jedoch mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung (Art 20 Abs 3 GG) Grenzen gesetzt. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (BVerfG NJW 2011, 836 Textziffer 53 mwN).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
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