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BSG 30.10.2013 - B 12 R 17/11 R
BSG 30.10.2013 - B 12 R 17/11 R - (Rentenversicherung - Befreiung von der Versicherungspflicht - Vollendung des 58. Lebensjahres - Nahtlosigkeit zwischen letzter (nicht versicherungspflichtiger) selbständiger Tätigkeit und versicherungspflichtiger selbständiger Tätigkeit nach § 2 S 1 Nr 9 SGB 6 erforderlich)
Normen
§ 2 S 1 Nr 9 SGB 6, § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB 6, § 44 Abs 2 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Konstanz, 29. Oktober 2008, Az: S 4 R 1124/07, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 30. August 2011, Az: L 9 R 255/09, Urteil
Leitsatz
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Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wegen erstmaligen Eintritts von Versicherungspflicht als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger nach Vollendung des 58. Lebensjahrs setzt voraus, dass die versicherungspflichtige Tätigkeit einer bereits vor Vollendung des 58. Lebensjahrs ausgeübten, nicht rentenversicherungspflichtigen (mehr als geringfügigen) selbstständigen Tätigkeit unmittelbar nachfolgt, ohne dass ein schädlicher anderer Sachverhalt dazwischengetreten ist.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. August 2011 geändert.
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. Oktober 2008 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
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Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für weitere Zeiträume von der Versicherungspflicht als arbeitnehmerähnliche Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) zu befreien ist.
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Die im Juni 1941 geborene Klägerin betrieb vom 2.1.1980 bis 30.6.1996 als Selbstständige ein Hotel/Restaurant. Anschließend hielt sie sich im Ausland auf, ohne einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit nachzugehen. Nach ihrer Rückkehr nahm sie erstmals im August 1999 eine neue selbstständige Tätigkeit auf. Seit März 2000 war sie zusätzlich für die H AG als selbstständige Versicherungsvertreterin tätig. Die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI in dieser Tätigkeit stellte die Beklagte - vorangegangene Bescheide ersetzend - mit Bescheid vom 18.5.2010 für die Zeit ab 1.10.2000 fest. Eine Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht für die Zeit 28.6.2001 bis 1.3.2003 erfolgte durch Bescheid vom 17.4.2002. Beide Bescheide sind bestandskräftig. Seit Juli 2006 bezieht die Klägerin eine Regelaltersrente von der Beklagten.
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Am 17.8.2006 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 1a Nr 2 SGB VI, was die Beklagte mit Bescheid vom 19.9.2006 ablehnte. Die Klägerin habe am 21.6.1999 das 58. Lebensjahr vollendet; die selbstständige Tätigkeit habe sie erst danach aufgenommen. Es verbleibe daher bei der Entscheidung vom 17.4.2002 zur Versicherungspflicht der Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.2.2007 zurück.
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Die auf Befreiung von der Versicherungspflicht gerichtete Klage hat das SG mit Urteil vom 29.10.2008 abgewiesen. Das LSG hat das Urteil des SG sowie den Bescheid der Beklagen vom 19.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2007 geändert und die Beklagte verurteilt, die Klägerin auch für die Zeit 1.10.2000 bis 27.6.2001 sowie ab 1.3.2003 von der Versicherungspflicht zu befreien; im Übrigen hat es - mit Rücksicht auf die bereits bestehende Befreiung für die Zeit 28.6.2001 bis 1.3.2003 - die Berufung zurückgewiesen: Streitgegenstand sei nur der Bescheid vom 19.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2007, mit dem die Beklagte sinngemäß die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht abgelehnt habe. Die Klägerin habe nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht, da sie nach Vollendung des 58. Lebensjahres im Juni 1999 ab Oktober 2000 erstmals nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig geworden und zuvor vom 2.1.1980 bis 30.6.1996 als Betreiberin eines Hotels/Restaurants selbstständig tätig gewesen sei. Weder dem Wortlaut des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI noch der Gesetzesbegründung hierzu sei zu entnehmen, dass die zuvor ausgeübte selbstständige Tätigkeit zumindest bis zur Vollendung des 58. Lebensjahres habe ausgeübt werden müssen. Die Befreiungsregelung trage dem Umstand Rechnung, dass bei zuvor Selbstständigen der Aufbau einer ausreichenden Altersvorsorge bei erstmaliger Versicherungspflicht nach dem 58. Lebensjahr in der RV nicht mehr möglich sei, weshalb diesen Personen der weitere Ausbau ihrer anderweitigen Vorsorge ermöglicht werden sollte. Dies treffe auch auf die Klägerin zu (Urteil vom 30.8.2011).
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 sowie § 6 Abs 4 S 1 SGB VI. Sie ist der Auffassung, die "zuvor" ausgeübte Tätigkeit iS des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI müsse nach dem der Gesetzesbegründung zu entnehmenden Zweck der Befreiungsmöglichkeit - Ermöglichung des Ausbaus einer anderweitigen Altersvorsorge bei gleichzeitig typischer Weise fehlendem Schutzbedürfnis in der RV - zeitnah bis zum Eintritt einer erstmaligen Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI nach Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübt worden sein. Beide Tätigkeiten müssten sich als Abschnitte eines einheitlichen Prozesses des Übergangs in den Ruhestand darstellen. Unschädlich seien insoweit nur unvermeidbare bzw kürzere Unterbrechungen zwischen den Tätigkeiten, weil der Wortlaut nicht "unmittelbar zuvor" laute. Wollte man dagegen - wie das LSG - auch an weit zurückliegende selbstständige Tätigkeiten anknüpfen, würde die Befreiungsmöglichkeit zweckwidrig auch zuletzt Beschäftigten eröffnet. Daher könne für die Befreiung von der ab Oktober 2000 eingetretenen Versicherungspflicht nicht an die von der Klägerin bis Juni 1996 ausgeübte Tätigkeit als Hotel- und Restaurantbetreiberin angeknüpft werden. Aber selbst wenn im vorliegenden Fall eine Befreiung nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI möglich wäre, sei diese nach § 6 Abs 4 SGB VI für die Zeit vor dem 28.6.2001 ausgeschlossen, da ein Befreiungsantrag erstmals an diesem Tage - und somit mehr als drei Monate nach Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen - bei ihr (der Beklagten) eingegangen sei.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 30. August 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. Oktober 2008 in vollem Umfang zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.
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Auf die Revision der Beklagten war das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 30.8.2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Konstanz vom 29.10.2008 auch insoweit zurückzuweisen, als die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 19.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.2.2007 verurteilt worden ist, die Klägerin gleichermaßen für die Zeit 1.10.2000 bis 27.6.2001 sowie ab 1.3.2003 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV zu befreien.
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1. Gegenstand des Rechtsstreits ist nur noch die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin auch für die Zeit 1.10.2000 bis 27.6.2001 sowie 1.3.2003 bis 30.6.2006 von der Versicherungspflicht zu befreien. Dies beruht zunächst auf der allein von der Beklagten eingelegten Revision. Für die Zeit nach dem 30.6.2006 haben die Beteiligten den Rechtsstreit im Revisionsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Senat auf die nach § 5 Abs 4 Nr 1 SGB VI wegen Bezugs einer Vollrente wegen Alters zum 1.7.2006 eingetretene Versicherungsfreiheit hingewiesen hatte.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI für die noch streitigen Zeiträume, auch nicht für Teile hiervon. Das von der Klägerin am 17.8.2006 geäußerte Befreiungsbegehren war nicht als (wiederholter) Befreiungsantrag, sondern als Antrag auf Überprüfung früherer Bescheide auszulegen (hierzu a). Jedoch war die Beklagte nicht verpflichtet, aus Anlass des Überprüfungsantrags der Klägerin frühere Bescheide über deren Befreiung von Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI zu ändern und die Klägerin für weitere Zeiträume von der Versicherungspflicht zu befreien oder diesbezüglich Ermessen auszuüben (hierzu b).
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a) Das von der Klägerin am 17.8.2006 gegenüber der Beklagten geäußerte Befreiungsbegehren ist nicht als (wiederholter) Befreiungsantrag, der von vornherein nicht zu der gewünschten Befreiung ab Beginn der Versicherungspflicht führen konnte, sondern als Antrag nach § 44 Abs 2 SGB X auf Überprüfung des Bescheides vom 17.4.2002 auszulegen.
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Mit dem von ihr am 17.8.2006 gegenüber der Beklagten geäußerten Befreiungsbegehren verfolgte die Klägerin das Ziel, vom Beginn der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI am 1.10.2000 an bis zur Versicherungsfreiheit wegen Bezugs einer Altersrente ab 1.7.2006 von der Versicherungspflicht befreit zu werden. Insoweit kommt allein der - auch von der Klägerin ausschließlich noch geltend gemachte - Befreiungstatbestand nach § 6 Abs 1a Nr 2 SGB VI in Betracht. Dem Befreiungsanspruch für die Vergangenheit aufgrund eines erneuten Befreiungsantrags stünde jedoch § 6 Abs 4 SGB VI entgegen, wonach die Befreiung nur dann vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an wirkt, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Insoweit kommt es allein auf die objektiven Umstände an, jedoch nicht auf die Kenntnis der Versicherten - oder gar des RV-Trägers - von der Versicherungspflicht (vgl BSG SozR 4-2600 § 6 Nr 5 RdNr 16, 19). Lagen die Befreiungsvoraussetzungen - wie von der Klägerin geltend gemacht - bereits ab 1.10.2000 vor, war aufgrund eines Antrags am 17.8.2006 eine Befreiung von der Versicherungspflicht für die hier allein noch streitigen Zeiträume der Vergangenheit ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist der Befreiungsantrag vom 17.8.2006 als Überprüfungsantrag iS des § 44 Abs 2 SGB X bezüglich des Bescheides vom 17.4.2002 auszulegen (zur Anwendung des § 44 Abs 2 SGB X auf Verwaltungsakte über die Befreiung von der Versicherungspflicht vgl BSGE 85, 208, 213 = SozR 3-2500 § 8 Nr 4 S 21; BSG SozR 5755 Art 2 § 1 Nr 5 S 16). Denn durch diesen bestandskräftigen Bescheid lehnte die Beklagte eine von der Klägerin bereits damals begehrte Befreiung auch für die zuletzt noch streitigen Zeiträume inzident ab, indem eine Befreiung von der Versicherungspflicht nur für die Zeit 28.6.2001 bis 1.3.2003 festgestellt wurde. Die am 17.8.2006 der Sache nach beantragte Überprüfung und Änderung des Bescheides vom 17.4.2002 lehnte die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide jedenfalls sinngemäß ab, indem hierin ausdrücklich sowohl der Befreiung nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI nicht entsprochen als auch die "Entscheidung vom 17.4.2002 zur Versicherungspflicht" der Klägerin aufgrund ihrer selbstständigen Tätigkeit bestätigt wurde.
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b) Die Beklagte ist nicht nach § 44 Abs 2 SGB X verpflichtet, aus Anlass des Überprüfungsantrags der Klägerin ihren Bescheid vom 17.4.2002 über die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI zu ändern und die Klägerin auch für weitere Zeiträume von der Versicherungspflicht zu befreien. Schon zur diesbezüglichen Ausübung von Ermessen war sie nicht verpflichtet, denn der Bescheid vom 17.4.2002 war - bezogen auf die noch streitigen Zeiträume - bereits nicht rechtswidrig.
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Nach § 44 Abs 2 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch - nur dies betrifft die noch streitigen Zeiträume - für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der im Bescheid der Beklagten vom 17.4.2002 verkörperte Verwaltungsakt über die Ablehnung einer weitergehenden als der darin ausgesprochenen Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht war nicht in diesem Sinne rechtswidrig. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG hatte die Klägerin bereits damals keinen Anspruch auf eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI aufgrund des von ihr allein noch geltend gemachten und einzig in Betracht kommenden Befreiungstatbestandes nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI (idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754). Danach werden "Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig sind, … von der Versicherungspflicht befreit … nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden".
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Vorliegend ist die Klägerin nach Vollendung des 58. Lebensjahres im Juni 1999 jedenfalls ab 1.10.2000 in ihrer - im März 2000 aufgenommenen - Tätigkeit als Versicherungsvertreterin nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig geworden, was die Beklagte durch bestandskräftigen Bescheid vom 18.5.2010 auch mit Bindungswirkung für den Senat feststellte. Dabei kann offenbleiben, ob zu diesem Zeitpunkt erstmals Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI eintrat, oder ob dies bereits mit Aufnahme einer Tätigkeit im Anzeigenvertrieb einer Zeitschrift im August 1999 der Fall war, was der Senat auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend beurteilen kann. Jedenfalls fehlt es am Eintritt der Versicherungspflicht "nach" einer bereits vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübten selbstständigen Tätigkeit, weil die Klägerin die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit im Anzeigen- bzw Versicherungsvertrieb nicht "nach" ihrer selbstständigen Tätigkeit als Hotel- und Restaurantbetreiberin aufnahm, sondern nach einer dann folgenden mehr als dreijährigen selbstgewählten Nichterwerbstätigkeit.
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Entgegen den Rechtsauffassungen des LSG und der Klägerin erfordert der Befreiungstatbestand des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI einen zeitlichen Zusammenhang zwischen einer bereits vor Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübten, nicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtigen (mehr als geringfügigen) selbstständigen Tätigkeit sowie der nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmals versicherungspflichtig werdenden Tätigkeit. Dieser zeitliche Zusammenhang darf weder durch eine dazwischentretende Beschäftigung noch durch eine willkürliche Nichterwerbstätigkeit unterbrochen werden. Dies ergibt eine Auslegung von § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI nach dem Wortlaut (hierzu aa) sowie dem sich aus den Gesetzesmaterialien und dem Regelungszusammenhang ergebenden Regelungszweck (hierzu bb).
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aa) Schlüsselwort für das Verständnis des (schwierigen) Wortlauts des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI ist das Wort "nach" im zweiten Satzteil ("wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit …"). Der einleitende Satzteil "nach Vollendung des 58. Lebensjahres" zeigt an, ab wann eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgen kann, und gleichzeitig, wann die Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI erstmals eintreten darf. An den ersten Satzteil anknüpfend bezieht sich das Wort "zuvor" im zweiten Satzteil - entgegen der Auffassung des LSG und der Beteiligten - nicht auf das Verhältnis der versicherungspflichtigen zu der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit, sondern auf das zeitliche Verhältnis zwischen der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit und der Vollendung des 58. Lebensjahres. Diese Tätigkeit muss "zuvor", also bereits vor der Vollendung des 58. Lebensjahres, ausgeübt worden sein. Demgegenüber wird das Verhältnis der nicht versicherungspflichtigen und der versicherungspflichtigen Tätigkeit allein durch das Wort "nach" beschrieben. Dies wird deutlich, wenn man das Wort "zuvor" fortlässt: Im verbleibenden Satzteil "wenn sie nach einer … ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden" wird die Reihenfolge der Tätigkeiten - die nicht versicherungspflichtige vor der versicherungspflichtigen - hierdurch nicht verändert. Wollte man das Wort "zuvor" dennoch auf das Verhältnis der versicherungspflichtigen zu der nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit beziehen, so würde dieses Verhältnis sowohl durch das Wort "nach" wie auch durch das Wort "zuvor" in gleicher Weise festgelegt. Eine solche Doppelung wäre sprachlich wie auch regelungstechnisch unverständlich.
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Die somit das Verhältnis der nicht versicherungspflichtigen und der versicherungspflichtigen Tätigkeit allein bestimmende Präposition "nach" beschreibt jedoch nicht nur eine zeitliche Reihenfolge im Sinne eines "davor und danach". Vielmehr hat sie gleichzeitig die Bedeutung, dass "das eine unmittelbar auf das andere folgt". Daher erfordert die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI, dass die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit der nicht versicherungspflichtigen unmittelbar nachfolgt, ohne dass ein - im vorliegenden Kontext schädlicher anderer - Sachverhalt dazwischentritt.
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bb) Dieses Verständnis des Wortlauts wird durch den aus Gesetzesmaterialien und Regelungszusammenhang hergeleiteten Regelungszweck bestätigt. Darüber hinaus wird verdeutlicht, dass die vorliegende Aufgabe selbstständiger Tätigkeiten durch die Klägerin für mehr als drei Jahre ein im Kontext des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI relevanter Sachverhalt ist, der die Unmittelbarkeit der Abfolge von nicht versicherungspflichtiger und versicherungspflichtiger Tätigkeit unterbricht.
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In § 6 SGB VI wurde Abs 1a rückwirkend zum 1.1.1999 durch Art 2 Nr 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl I 2000, 2) eingefügt. Ausgehend von Vorschlägen der sog Dieterich-Kommission (Abschlussbericht der Kommission "Scheinselbständigkeit" ua abgedruckt in NZA 1999, 1260 ff) zielte dieses Gesetz ua darauf ab, in der Praxis auftretende Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbeziehung von Existenzgründern in den Schutz der RV durch erweiterte Möglichkeiten zur Befreiung von der RV-Pflicht für Selbstständige zu lösen (so Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 14/1855 S 1). Hierzu wurden mit § 6 Abs 1a SGB VI zwei Befreiungsregelungen für Personen, die nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtig sind, geschaffen, die der besonderen Situation dieses Personenkreises Rechnung tragen sollten: Die Befreiungsmöglichkeit für Existenzgründer (§ 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI) sollte es diesen ermöglichen, in der Gründungsphase die finanziellen Mittel auf den Aufbau des Betriebes zu konzentrieren. Demgegenüber sollte Nr 2 eine Befreiung in der Phase des altersbedingten Übergangs aus einer selbstständigen Tätigkeit in die Nichterwerbstätigkeit ermöglichen. Diese Phase verlaufe - so die Erläuterung im Gesetzentwurf - häufig über das Zwischenstadium einer Selbstständigkeit nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI. Die Selbstständigen sollten das Recht haben, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen, um ihre bisherige Form der Altersvorsorge außerhalb der RV ausbauen zu können (Gesetzentwurf, aaO, S 9 zu Art 2 Nr 2).
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Diesen im - insoweit unverändert verabschiedeten - Gesetzentwurf dokumentierten Regelungszielen des § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI entspricht die - wie gezeigt - bereits aus dem Wortlaut abzuleitende notwendige Abfolge von nicht versicherungspflichtiger selbstständiger Tätigkeit und nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtiger Tätigkeit ohne eine wesentliche Unterbrechung. Dem Entwurf liegt erkennbar die Vorstellung eines einheitlichen Übergangsprozesses zugrunde, der mit einer nicht versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit beginnt, während der bereits eine auskömmliche Altersvorsorge außerhalb der RV erworben wurde; dieser Prozess soll nach Aufgabe auch einer zwischenzeitlich und nur vorübergehend ausgeübten arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit mit dem Ruhestand enden.
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Auch die Stellung des § 6 Abs 1a SGB VI als Ausnahmetatbestand innerhalb der Regelungen über die Versicherungspflicht arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger sowie der hiermit verfolgte Schutzzweck sprechen für die Notwendigkeit einer zeitlichen Nähe zwischen zuvor ausgeübter nicht versicherungspflichtiger Tätigkeit und der erst nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmalig Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI begründenden Tätigkeit. So steht hinter der Versicherungspflicht nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI die gesetzgeberische Wertung, für den erfassten Personenkreis bestehe in typisierender Betrachtung und unabhängig von individuellen Gesichtspunkten (stRspr, vgl zB BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7, RdNr 12) eine dem Kreis der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit, weil der erfasste Personenkreis zur Bestreitung des Lebensunterhalts ebenso wie Arbeitnehmer maßgebend auf die Verwertung der eigenen Arbeitskraft angewiesen ist (BSG SozR 3-2600 § 2 Nr 5 S 32; BSG SozR 4-2600 § 2 Nr 1 RdNr 5). Die Ausnahme von der obligatorischen RV-Pflicht für den von § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI erfassten Personenkreis bedingt die Annahme, dass dieser - wiederum in typisierender Betrachtung - ein gegenüber dem typischen arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen geringeres Schutzbedürfnis hat. Diese Annahme ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn der versicherungspflichtigen Selbstständigkeit eine Tätigkeit voranging, die nach Umfang und Dauer geeignet war, eine auskömmliche Altersvorsorge außerhalb der RV zu ermöglichen. Zwar wurde in § 6 Abs 1a S 1 Nr 2 SGB VI - anders als beispielsweise in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI oder § 231 Abs 5 Nr 2 und 3 SGB VI - auf den Nachweis einer auskömmlichen Vorsorge außerhalb der RV als Befreiungsvoraussetzung verzichtet. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein einer solchen - das Bedürfnis nach Absicherung innerhalb der RV ausschließenden - Absicherung bei einer zumindest bis zur Vollendung des 58. Lebensjahres ausgeübten, der arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit unmittelbar vorangehenden nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit ungleich höher, als bei einer Tätigkeit, die - wie es das LSG und die Klägerin für möglich halten - zu einem beliebigen Zeitpunkt vor Vollendung des 58. Lebensjahres aufgegeben worden sein kann und in keinem zeitlichen Zusammenhang zu einer nach Vollendung des 58. Lebensjahres aufgenommenen arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit stehen muss.
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Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Befreiungsmöglichkeit trage vor allem dem Umstand Rechnung, dass wer im späten Alter als Selbstständiger rentenversicherungspflichtig werde, meist in den letzten Jahren der Erwerbstätigkeit durch die RV keine ausreichenden Ansprüche mehr erwerben könne (vgl Abschlussbericht der Kommission "Scheinselbständigkeit", NZA 1999, 1260, 1262). Denn der Gesetzgeber hat sich dagegen entschieden, allen nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI Versicherungspflichtigen ab einem gewissen Alter die Möglichkeit der dauerhaften Befreiung von der Versicherungspflicht einzuräumen. Zwar können sich auch Existenzgründer, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmalig eine selbstständige Tätigkeit iS des § 2 S 1 Nr 9 SGB VI aufnehmen nach § 6 Abs 1a S 1 Nr 1 SGB VI ohne weitere Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreien lassen (zum Fehlen einer Altersgrenze für Befreiungen nach Nr 1 vgl auch B. Schmidt, NZS 2000, 57, 65), dies aber nur für die Höchstdauer von drei Jahren ab Aufnahme der Tätigkeit. Demgegenüber macht das Gesetz die dauerhafte Befreiung nach Nr 2 nicht nur vom erstmaligen Eintritt der Versicherungspflicht wegen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit (nach Vollendung des 58. Lebensjahres), sondern zusätzlich von der vorhergehenden Ausübung einer nicht versicherungspflichtigen Tätigkeit abhängig. Nur in diesem Fall soll die Möglichkeit bestehen, "die bisherige Form der Altersvorsorge außerhalb der Rentenversicherung ausbauen zu können" (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit, BT-Drucks 14/1855 S 9 zu Art 2 Nr 2). Nur bei dieser Gruppe älterer, arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger erschien der Schutz der RV verzichtbar, weil in typisierender Betrachtung vom Vorhandensein einer "bisherigen Form der Altersvorsorge" ausgegangen wurde. Aber selbst diesen Personen verbleibt die im Befreiungsrecht angelegte Wahlmöglichkeit, unter Berücksichtigung etwaiger in der RV bereits erworbener Rechtspositionen auf eine Befreiung zu verzichten (vgl Gesetzentwurf, aaO). Sie können somit je nach individueller Günstigkeit entscheiden, ob sie ihre Altersvorsorge innerhalb oder außerhalb der RV ausbauen wollen. Ein nach der Gesetzesfassung ebenso möglicher vollständiger Verzicht auf eine Altersvorsorge war nach der Begründung des Gesetzentwurfs nicht Ziel des Befreiungsrechts nach § 6 Abs 2 S 1 Nr 2 SGB VI.
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Schließlich spricht auch der mit dem Verweis der Begründung des Gesetzentwurfs auf den Ausbau der bisherigen "Form der Altersvorsorge außerhalb der Rentenversicherung" (vgl Gesetzentwurf, aaO) angesprochene Gesichtspunkt der Statuskontinuität (vgl hierzu - in anderem Zusammenhang - zB BSG SozR 4-2600 § 231 Nr 2 RdNr 24 ff) für die Notwendigkeit eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der nicht versicherungspflichtigen und der nach § 2 S 1 Nr 9 SGB VI versicherungspflichtigen Tätigkeit. Denn von einer Kontinuität im Sinne einer "Wahrung" des bisherigen Status kann nur gesprochen werden, wenn der zu wahrende Status "eben noch vorgelegen" hat. Die darüber hinausgehende Anknüpfung an einen zwischenzeitlich verlorenen Status kommt danach nicht in Betracht. Gerade ein solcher zwischenzeitlicher Statusverlust liegt bei der Klägerin vor, die ihre nicht versicherungspflichtige selbstständige Tätigkeit bereits zum 1.7.1996 für die Dauer von mehr als drei Jahren aufgegeben hatte.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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