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BSG 10.07.2013 - B 11 AL 59/13 B
BSG 10.07.2013 - B 11 AL 59/13 B - sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Darlegungserfordernis - Klärungsbedürftigkeit - inhaltliche Auseinandersetzung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung - Förderung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben - Ausbildungsgeld - Einkommensanrechnung - verheiratete zusammenlebende Eltern - getrennt lebende Eltern
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 104 SGB 3, § 108 Abs 2 Nr 2 SGB 3 vom 24.10.2010
Vorinstanz
vorgehend SG Lüneburg, 6. Juli 2011, Az: S 7 AL 81/11, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 21. März 2013, Az: L 7 AL 101/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. März 2013 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
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Die Beschwerde ist unzulässig. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) ist nicht in der nach § 160a Abs 2 S 3 SGG gebotenen Weise dargelegt.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung vom 26.6.2013 nicht.
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Die Beklagte wirft folgende Rechtsfrage auf: "Ist auf das Ausbildungsgeld eines behinderten Menschen, der in einem eigenen Haushalt lebt, gem. § 108 Abs. 2 Nr. 2 SGB III (i.d.F.d.G.v. 24.10.2010 - BGBl I S. 1422) das Einkommen der verheirateten zusammenlebenden Eltern anzurechnen?"
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Der Senat lässt offen, ob die Beklagte damit eine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung formuliert hat. Jedenfalls hat sie nicht hinreichend dargetan, dass die vorliegende Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren klärungsbedürftig ist.
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Die Beklagte behauptet zum einen, die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergebe sich nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.5.2010 (B 7 AL 36/08 R - BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1); denn diesem Urteil lasse sich "nach Auffassung der Beklagten eindeutig entnehmen, dass das BSG seine [gemeint: des § 108 Abs 2 Nr 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch <SGB III>] Anwendung ausschließlich auf die Fallgestaltung getrenntlebender bzw geschiedener Eltern beschränkt wissen wollte, wenn der behinderte Auszubildende bei keinem Elternteil lebt". Zum anderen verweist sie darauf, dass beim erkennenden Senat das Revisionsverfahren B 11 AL 3/13 R zu einem vergleichbaren Sachverhalt anhängig sei, für den das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz - ihrer Ansicht nach verfehlt - die Auffassung vertreten habe, die Anrechnung von Elterneinkommen verheirateter zusammenlebender, nicht mit dem behinderten Auszubildenden in einem gemeinsamen Haushalt lebender Eltern begründe einen Verstoß gegen Vorschriften des Grundgesetzes.
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Beide Begründungen genügen dem Darlegungserfordernis nicht. Will ein Beschwerdeführer aufzeigen, dass die aufgeworfene Rechtsfrage in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist, muss er sich mit dieser Rechtsprechung und ggf auch mit dem vom LSG zitierten Schrifttum "auseinandersetzen" (vgl Senatsbeschlüsse vom 19.12.2012 - B 11 AL 92/12 B - und vom 8.4.2013 - B 11 AL 137/12 B; BSG Beschluss vom 22.3.2013 - B 9 V 67/12 B - alle veröffentlicht bei Juris; stRspr). Denn eine Rechtsfrage ist auch dann nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn diese zwar noch nicht höchstrichterlich entschieden, die Antwort auf die Frage aber praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 59; SozR 4-1500 § 160a Nr 7; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 14d). Die allein an der Unterschiedlichkeit der Fallgestaltungen (hier: nicht getrennt lebende Eltern) ausgerichtete Darstellung, wie die Beklagte das Urteil des BSG vom 18.5.2010 (B 7 AL 36/08 R - BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1) verstanden wissen will, ersetzt das erforderliche Eingehen auf diese Rechtsprechung - also deren inhaltliche Diskussion und Analyse - nicht.
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Zu einer solchen inhaltlichen Auseinandersetzung hätte umso mehr Veranlassung bestanden, als sich die Interpretation des Urteils des BSG vom 18.5.2010 (B 7 AL 36/08 R - BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1) durch die Beklagte schon mit dem Wortlaut des amtlichen Leitsatzes zu der Entscheidung nicht vereinbaren lässt und auch in der Urteilsbegründung keine Stütze findet. Der Leitsatz lautet: "Auf das Ausbildungsgeld eines behinderten Menschen, der bei keinem Elternteil lebt, ist das Einkommen der Eltern nicht anzurechnen." Damit bestätigt der 7. Senat des BSG die vorinstanzliche Entscheidung, die aus § 108 Abs 2 Nr 2 SGB III aF (ab 1.4.2012 § 126 Abs 2 Nr 2 SGB III) gefolgert hatte, dass generell in Fällen, in denen der behinderte Mensch nicht bei den Eltern oder - im Falle des Getrenntlebens - nicht bei einem Elternteil lebt, keine Einkommensanrechnung stattfindet (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.7.2008 - L 8 AL 5272/07 - Juris RdNr 21). Begründet hat der 7. Senat des BSG seine Entscheidung unter Hinweis auf die schon vor dem Inkrafttreten des SGB III in § 27 Abs 2 Nr 2 Buchst c der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A Reha) bestehende Rechtslage, insbesondere mit der Logik: "Soll bei getrennt lebenden Eltern das Einkommen des Elternteils, bei dem der Behinderte nicht lebt, unberücksichtigt bleiben, muss dies erst recht gelten, wenn der Behinderte bei keinem Elternteil lebt. Jede andere Auslegung würde zu abwegigen, der Logik widersprechenden Ergebnissen führen" (BSGE 106, 141 = SozR 4-4300 § 108 Nr 1, RdNr 19 aE). Dass diese Rechtsprechung dennoch iS der Auffassung der Beklagten verstanden werden kann, hätte daher besonderer Begründung bedurft, zumal auch nach dem - teilweise bereits vom LSG zitierten - Schrifttum die og Entscheidung nicht umstritten ist und so verstanden wird, dass Elterneinkommen auf das Ausbildungsgeld eines behinderten Menschen, der bei keinem Elternteil lebt, nicht anzurechnen ist (vgl ua Luik in Eicher/Schlegel, SGB III, § 108 RdNr 27, Stand Juni 2011).
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Auch die bloße Bezugnahme auf ein anhängiges Revisionsverfahren reicht zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht aus (BFHE 144, 137 = BStBl II 1985, 625; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 14d). Anderes gilt nicht deshalb, weil die Beklagte im Hinblick auf die Begründung der Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 22.11.2012 (L 1 AL 39/12 - Juris), einen "möglicherweise" gegebenen verfassungsrechtlichen Klärungsbedarf erörtert.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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