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BSG 07.02.2013 - B 1 KR 68/12 B
BSG 07.02.2013 - B 1 KR 68/12 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Fehlen der Entscheidungsgründe
Normen
§ 128 Abs 1 S 2 SGG, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Koblenz, 5. April 2011, Az: S 12 KR 78/10, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 23. Mai 2012, Az: L 5 KR 105/11, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Mai 2012 wird als unzulässig verworfen.
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Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
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Der Streitwert wird auf 1749,07 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die klagende Krankenhausträgerin ist mit ihrem Begehren, 1749,07 Euro Vergütung für die stationäre Behandlung des bei der beklagten Krankenkasse Versicherten M in der Zeit vom 15. bis 27.1.2009 in der H-Klinik zu bekommen, vor dem SG auf der Grundlage des dort eingeholten Sachverständigengutachtens erfolgreich gewesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die Klage abgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, die Klägerin habe keinen Vergütungsanspruch, weil Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht bestanden habe. Das Sachverständigengutachten überzeuge nicht. Der Senat folge insoweit der gegenteiligen Auffassung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung - MDK - (Urteil vom 23.5.2012).
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Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
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II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Revisionszulassungsgründe des Verfahrensfehlers und der Divergenz.
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1. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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a) Die Klägerin rügt, dem angefochtenen Urteil fehle es an den "Entscheidungsgründen" im Sinne der §§ 128 Abs 1 und 136 Abs 1 Nr 6 SGG. Das LSG sei nämlich auf ihren Vortrag nicht eingegangen, wonach dem behandelnden Krankenhausarzt Unterlagen über ambulante Behandlungen zum Aufnahmezeitpunkt nicht vorgelegen hätten. Es habe ferner das Zusammenspiel sechs verschiedener Diagnosen und die bestehende Depression in ihrer erschwerenden Auswirkung auf die vorhandene Schmerzerkrankung unberücksichtigt gelassen. Mit diesem Vorbringen bezeichnet sie einen Verstoß gegen die aus § 128 Abs 1 S 2 iVm § 136 Abs 1 Nr 6 SGG folgende Begründungspflicht nicht ausreichend. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG und hierzu zB BSG Beschluss vom 10.8.2007 - B 1 KR 58/07 B - Juris RdNr 4 mwN). Nach § 128 Abs 1 S 2 SGG sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind, nicht dagegen jene, die es nicht gewesen sind. Das bedeutet, aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Dafür muss das Gericht aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 16). Auch braucht es nicht zu Fragen Stellung nehmen, auf die es nach seiner Auffassung nicht ankommt. Eine Entscheidung ist nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht sich unter Beschränkung auf den Gegenstand der Entscheidung kurz gefasst und nicht jeden Gesichtspunkt, der möglicherweise hätte erwähnt werden können, behandelt hat. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich, dass das LSG durch Bezugnahme auf die Entscheidung des SG die Rechtsgrundlagen vorangestellt hat, von denen es ausgegangen ist. Ferner ergibt sich daraus auch, dass es seiner Entscheidung anders als die Vorinstanz die die Position der Beklagten stützenden Begutachtungen durch den MDK und nicht das den Standpunkt der Klägerin stützende im Klageverfahren eingeholte Sachverständigengutachten zugrunde gelegt hat. Die Begründungspflicht wäre daher selbst dann nicht verletzt, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten (BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - Juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - Juris RdNr 11 mwN).
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b) Die Klägerin bezeichnet auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht ausreichend. Wer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK) rügt, muss hierzu ausführen, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - RdNr 6 mwN).
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Die Klägerin rügt - wie ausgeführt - zwar, das LSG habe sich mit ihrem Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Die Beschwerdebegründung belegt aber, dass die von der Klägerin beanstandeten Punkte Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, wenngleich auch nicht in ihrem Sinne. Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet indes keinen Anspruch auf Übernahme des von einem Beteiligten vertretenen Rechtsstandpunkts (vgl BSG Beschluss vom 31.8.2012 - B 1 KR 32/12 B - mwN).
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Eine Verletzung rechtlichen Gehörs in Gestalt einer Überraschungsentscheidung lässt die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht erkennen. Allerdings darf ein Urteil nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt (BVerfG <Kammer> NJW 2003, 2524; BSG Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 45/09 B - mwN). Der Grundsatz soll indes lediglich verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Auffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. In diesem Rahmen besteht jedoch kein allgemeiner Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichtet, die Beteiligten vor einem Urteil auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1; BSG Beschluss vom 17.10.2006 - B 1 KR 104/06 B). Ebenso wenig muss das Gericht die Beteiligten auf alle nur möglichen Gesichtspunkte hinweisen und vorab seine Rechtsauffassung zur Rechtssache bzw zu den Erfolgsaussichten zu erkennen geben (vgl zB BSG Beschluss vom 10.8.2007 - B 1 KR 58/07 B - Juris RdNr 7 mwN). Die Klägerin legt nicht dar, dass sie sich nicht zu den Entscheidungsgrundlagen des Berufungsgerichts äußern konnte. Im Gegenteil trägt sie selbst vor, dass die Beteiligten bereits in der Berufungsinstanz ausschließlich über die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens einerseits bzw der vorliegenden MDK-Begutachtungen andererseits gestritten haben. Die Klägerin bezeichnet auch keine besonderen Umstände für die Begründung einer Hinweispflicht des Gerichts, etwa dass das LSG von der persönlichen Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Erstgerichts abweichen wollte (vgl dazu BSG Beschluss vom 5.9.2006 - B 7a AL 78/06 B).
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2. Schließlich zeigt die Klägerin auch keine Rechtsprechungsdivergenz auf. Wer eine Rechtsprechungsdivergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) entsprechend den gesetzlichen Anforderungen darlegen will, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits gegenüberstellen und dazu ausführen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen (vgl zB BSG Beschluss vom 28.7.2009 - B 1 KR 31/09 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 28.6.2010 - B 1 KR 26/10 B - RdNr 4; BSG Beschluss vom 22.12.2010 - B 1 KR 100/10 B - RdNr 4 mwN). Erforderlich ist, dass das LSG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich fehlerhaft das Recht angewendet hat (vgl zB BSG Beschluss vom 15.1.2007 - B 1 KR 149/06 B - RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44 f mwN).
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Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Als Rechtssatz der Entscheidung des 3. Senats vom 10.4.2008 - B 3 KR 14/07 R (SozR 4-2500 § 39 Nr 14 RdNr 38) formuliert die Beschwerdeführerin, bei der Beauftragung eines medizinischen Sachverständigen zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung sei darauf zu achten, dass dieser im Hinblick auf die entscheidungserheblichen Sachverhalte ausreichend qualifiziert, also insbesondere auf dem zu beurteilenden medizinischen Fachgebiet ausgewiesen sei und Erfahrung mit der medizinischen Ausrichtung des betroffenen Krankenhauses besitze. Hiervon ausgehend legt die Klägerin keine Divergenz dar. Denn sie leitet hieraus im Wege eigener Schlussfolgerung als weiteren Rechtssatz des BSG ab, der Sozialrichter, der nicht im Hinblick auf die entscheidungserheblichen Sachverhalte ausreichend qualifiziert sei, könne und dürfe eine Entscheidung anstelle eines qualifizierten Sachverständigen nicht treffen. Dieser Schlussfolgerung stellt sie sodann die Beweiswürdigung des LSG gegenüber. Sie entnimmt dieser wiederum in eigener Schlussfolgerung als (scheinbar) abweichenden Rechtssatz des LSG, die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit eines stationären Krankenhausaufenthalts dürfe auch vom Tatrichter selbst vorgenommen werden, der im Hinblick auf den entscheidungserheblichen Sachverhalt über keinerlei Erfahrung verfüge, nicht die erforderlichen fachlichen Voraussetzungen mitbringe und auch keinerlei Erfahrungen mit der zu beurteilenden Klinik habe, ggf gestützt auf Äußerungen nicht erkennbar qualifizierter Ärzte im MDK. Die Divergenzrüge kann indessen mit Erfolg nur auf Rechtssätze gegründet werden, die in den gegenübergestellten Entscheidungen ihren unmittelbaren Ausdruck finden, nicht hingegen darauf, wie diese Entscheidungen von Dritten gedeutet oder gar fortgeschrieben werden (BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - RdNr 10 mwN). Soweit die Beschwerdebegründung deshalb beanstandet, dass sich das LSG im Rahmen seiner tatrichterlichen Beweiswürdigung in Abkehr vom Sachverständigengutachten unzulässigerweise auf die gutachterliche Stellungnahme einer - ihrer jetzt geäußerten Meinung nach - nicht erkennbar fachlich qualifizierten Ärztin des MDK gestützt habe, rügt sie im Kern eine Verletzung von Grundsätzen der Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 SGG). Darauf kann die Klägerin ihre Beschwerde indes - wie dargelegt - nicht stützen. Für eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) bezeichnet sie keinen Beweisantrag, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
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