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BSG 27.06.2012 - B 5 R 88/11 R
BSG 27.06.2012 - B 5 R 88/11 R - Nachversicherung - Abhaltung des Rentenversicherungsträgers von der Geltendmachung des Beitragsanspruchs aufgrund fehlerhaften Handelns des Nachversicherungsschuldners - Rechtsmissbräuchlichkeit der Verjährungseinrede
Normen
§ 25 Abs 1 SGB 4, § 5 Abs 1 SGB 6, § 8 Abs 2 S 1 SGB 6, § 185 Abs 1 SGB 6, § 185 Abs 3 SGB 6, § 233 SGB 6, § 9 Abs 1 AVG, § 124 Abs 1 S 1 AVG, § 124 Abs 2 AVG, § 124 Abs 6 AVG, § 205 AVG, § 29 Abs 1 RVO, § 242 BGB
Vorinstanz
vorgehend SG Koblenz, 14. Januar 2011, Az: S 4 R 653/08, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, 29. Juni 2011, Az: L 4 R 98/11, Urteil
Leitsatz
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Der Nachversicherungsschuldner, dessen pflichtwidriges Unterlassen den Rentenversicherungsträger von der Geltendmachung seines Beitragsanspruchs abgehalten hat, handelt grundsätzlich rechtsmissbräuchlich, wenn er sich dennoch auf Verjährung beruft.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen.
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Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten zuletzt noch darüber, ob sich der Kläger hinsichtlich der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen auf Verjährung berufen darf.
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Der 1948 geborene Beigeladene nahm vom 1.4.1965 bis 30.9.1970 bei der Landesforstverwaltung des Klägers an der Ausbildung für die gehobene Forstlaufbahn teil, zuletzt ab 1.10.1968 als Revierförsteranwärter. In der Zeit vom 8.4.1969 bis 30.9.1970 war er zur Ableistung des Wehrdienstes ohne Bezüge beurlaubt.
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Nach einem Antrag des Beigeladenen auf Kontenklärung im Januar 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14.3.2008 mit, für den Beigeladenen sei für die Zeit vom 1.10.1968 bis 7.4.1969 eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung durchzuführen, und bat ihn, den Nachversicherungsbetrag zu überweisen. Mit Schreiben vom 9.7.2008 teilte der Kläger mit, in der Personalakte des Beigeladenen gebe es weder einen Vorgang bezüglich einer Nachversicherung noch eine Aufschubbescheinigung. Besoldungsunterlagen lägen nicht vor. Schließlich erhob er bezüglich der Nachversicherung die Einrede der Verjährung gemäß § 25 Abs 1 SGB IV.
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Mit Bescheid vom 8.8.2008 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Nachversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1.10.1968 bis 7.4.1969 gemäß § 233 Abs 1 SGB VI iVm § 9 Abs 1 AVG zu überweisen. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch den ehemaligen Dienstherrn in Bezug auf Nachversicherungsbeiträge verstoße gegen Treu und Glauben und stelle unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht aus dem Beamtenverhältnis eine unzulässige Rechtsausübung dar.
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Mit Urteil vom 14.1.2011 hat das SG Koblenz diesen Bescheid aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Rheinland-Pfalz das Urteil des SG Koblenz aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 29.6.2011). Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Durchführung der Nachversicherung gemäß § 233 Abs 1 S 1 SGB VI seien erfüllt. Zwar seien die Nachversicherungsbeiträge zum Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung durch die Beklagte bereits gemäß § 25 Abs 1 SGB IV verjährt gewesen, da die Nachversicherungsbeiträge am 30.9.1970 fällig geworden seien. Die Verjährung stehe indessen der Geltendmachung der Nachversicherungsbeiträge nicht entgegen, da dem Kläger eine Berufung auf die Einrede der Verjährung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung stehe der Verjährungseinrede dann entgegen, wenn der Schuldner den Gläubiger von der rechtzeitigen Geltendmachung eines Rechts bzw von verjährungsunterbrechenden oder -hemmenden Handlungen abgehalten und dadurch bei ihm den Glauben hervorgerufen habe, dass er sich nicht auf den Ablauf der Verjährungsfrist berufen werde. Auch eine bloße Untätigkeit könne zu einer Rechtsmissbräuchlichkeit der Einrede der Verjährung führen. Dies sei dann der Fall, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestanden habe. Diese Pflicht könne sich aus der vormaligen Fürsorgepflicht als Ausfluss des Beamtenrechtsverhältnisses ergeben. Der Dienstherr habe im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses zu sorgen. Der Kläger sei mit Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Dienst grundsätzlich verpflichtet gewesen, die Nachversicherung durchzuführen oder eine Aufschubbescheinigung zu erteilen. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen. Somit seien eine Berufung des Klägers auf den Eintritt der Verjährung und die daraus folgende Weigerung, die Nachversicherungsbeiträge zu entrichten, rechtsmissbräuchlich.
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Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 25 Abs 1 SGB IV. Die Geltendmachung der Verjährungseinrede sei zulässig. Ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung liege nicht vor, da Voraussetzung hierfür sei, dass derjenigen Partei des Rechtsverhältnisses, die ein Recht geltend mache, eine Pflichtverletzung zur Last zu legen sei. Diese Pflichtverletzung müsse mit der geltend gemachten Rechtsposition oder zumindest mit dem Rechtsverhältnis, in dem die Position erwachsen sei, zusammenhängen. Eine Pflichtverletzung des Klägers gegenüber der Beklagten mit einem ausreichenden Bezug zur Verjährung des Anspruchs sei aber nicht ersichtlich. Der Kläger habe lediglich die Pflicht zur Durchführung der Nachversicherung verletzt. Eine darüber hinausgehende Pflichtverletzung, die ihm die Erhebung der Verjährungseinrede ermöglicht oder erleichtert hätte, liege nicht vor. Das bloße Unterlassen der Nachversicherung stelle kein aktives Verhalten des Klägers dar, das die Beklagte davon abgehalten haben könnte, die Nachversicherungsbeiträge geltend zu machen. Während des gesamten Zeitraums habe es zwischen dem Kläger und der Beklagten keine Kontakte gegeben. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben resultiere auch nicht aus einer etwaigen Verletzung der Fürsorgepflicht des Klägers als ehemaligem Dienstherrn des Beigeladenen, da diese keine Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen den Beteiligten habe. Es komme allein auf Pflichtverletzungen im Rechtsverhältnis zwischen Beitragsschuldner und -gläubiger an.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 2011 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 14. Januar 2011 zurückzuweisen, soweit dieses die Durchsetzbarkeit des Zahlungsgebots im Bescheid vom 8. August 2008 beseitigt hat.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
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Der Beigeladene war im Verfahren vor dem BSG nicht vertreten (§ 73 Abs 4 SGG).
Entscheidungsgründe
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Die auf die Frage der Verjährung beschränkte Revision ist unbegründet. Insofern hat das LSG im Ergebnis zutreffend das Urteil des SG aufgehoben und die zulässige Anfechtungsklage abgewiesen. Die Geltendmachung der Verjährungseinrede durch den Kläger ist rechtsmissbräuchlich.
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Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 8.8.2008, mit dem die Beklagte den Kläger zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge für die Beschäftigung des Beigeladenen in der Zeit vom 1.10.1968 bis 7.4.1969 aufgefordert hat. Revisionsrechtlicher Streitgegenstand ist insofern allein die Erhebung der Verjährungseinrede durch den Kläger. Dies ist zulässig, weil es sich insofern um einen (ab-)trennbaren Streitgegenstand im revisionsrechtlichen Sinne handelt (BSG SozR 4-2600 § 233a Nr 1 RdNr 23; BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 10; BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 11; BGH Urteile vom 11.1.1974 - I ZR 89/72 - MDR 1974, 558, 559 und vom 12.7.1989 - VIII ZR 286/88 - BGHZ 108, 256, 259). Da der Kläger sein Revisionsbegehren in dieser Weise beschränkt hat, ist das Urteil des LSG im Übrigen rechtskräftig (§ 141 Abs 1 SGG) und der angegriffene Bescheid vom 8.8.2008 insoweit bestandskräftig geworden (§ 77 SGG). Damit steht die Pflicht des Klägers, die Nachversicherung für den beigeladenen Versicherten für die Zeit vom 1.10.1968 bis 7.4.1969 durchzuführen, dem Grunde nach zwischen den Beteiligten fest. Der revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt allein die Durchsetzbarkeit einer hieraus folgenden Beitragsforderung.
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In der Sache kann die Revision des Klägers keinen Erfolg haben. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der Anspruch der Beklagten auf Entrichtung von Beiträgen für eine Nachversicherung des Beigeladenen in der gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 1.10.1968 bis 7.4.1969 durchsetzbar ist. Zwar ist dieser Beitragsanspruch verjährt, doch kann sich der Kläger hierauf nicht berufen. Die Erhebung der Verjährungseinrede durch ihn ist rechtsmissbräuchlich.
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Das LSG hat für den erkennenden Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass der Beigeladene mit Ablauf des 30.9.1970 unversorgt aus einer versicherungsfreien Beschäftigung bei dem Kläger ausgeschieden ist. Mit Entfallen der Versicherungsfreiheit waren daher am 1.10.1970 die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Nachversicherung im Zeitraum 1.10.1968 bis 7.4.1969 erfüllt. In Ermangelung eines Aufschubgrundes (§ 125 Abs 1 AVG) war damit der Anspruch der Beklagten auf die Nachversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1.10.1968 bis 7.4.1969 in gesetzlicher Höhe entstanden und gleichzeitig fällig.
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Dieser Beitragsanspruch der Beklagten ist verjährt. Entgegen der Auffassung des LSG richtet sich die Verjährung des Anspruchs auf Nachversicherungsbeiträge im vorliegenden Fall zunächst noch nach § 205 AVG iVm § 29 Abs 1 RVO und nur bei Geltung der dreißigjährigen Verjährungsfrist zusätzlich nach § 25 Abs 1 SGB IV.
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Die mit Wirkung vom 1.7.1977 (Art II § 21 Abs 1 SGB IV) durch § 25 Abs 1 SGB IV neu geordnete Verjährung von Beitragsansprüchen gilt nach den Überleitungsbestimmungen in Art II § 15 aaO auch für die schon vorher fällig gewordenen, noch nicht verjährten Beitrags- und Erstattungsansprüche. Nicht verjährt in diesem Sinne sind diejenigen vor dem 1.7.1977 fällig gewordenen Beitragsansprüche, hinsichtlich derer die bis dahin in § 205 AVG iVm § 29 Abs 1 RVO festgelegte Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war (vgl BSG vom 24.3.1983 - 1 RA 71/82 - Juris RdNr 20 mwN). Nach der Vorschrift des § 29 Abs 1 RVO verjährte der Anspruch auf rückständige Beiträge in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeit, "soweit die nicht absichtlich hinterzogen worden sind". Im Falle eines absichtlichen Hinterziehens galt in entsprechender lückenfüllender Anwendung der die Verjährung betreffenden Vorschriften des BGB (vgl BSG vom 24.3.1983 - 1 RA 71/82 - Juris RdNr 21; BSGE 35, 236, 238 = SozR Nr 26 zu § 29 RVO) eine Verjährungsfrist von 30 Jahren (§ 195 BGB in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung). Fällig geworden war der Beitragsanspruch zur Nachversicherung des Beigeladenen nach dessen unversorgtem Ausscheiden aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis am 1.10.1970. Der Umstand, dass der Anspruch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezifferbar war, hindert Beginn und Ablauf der Verjährung nicht (vgl BGH vom 19.1.1978 - VII ZR 304/75 - WM 1978, 496, Juris RdNr 16 und vom 22.2.2006 - XII ZR 48/03 - NJW 2006, 1963, 1965 mwN). Das LSG hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Kläger die Nachversicherungsbeiträge absichtlich hinterzogen hat; hierauf kommt es jedoch auch nicht an. Denn lägen die Voraussetzungen für ein absichtliches Hinterziehen nicht vor, hätte die zweijährige Regelverjährung gemäß § 29 Abs 1 RVO am 1.1.1971 begonnen und zum 31.12.1972 geendet. Anderenfalls wäre die dreißigjährige Verjährungsfrist am 1.7.1977 noch nicht abgelaufen gewesen, so dass sich ab diesem Zeitpunkt die Verjährung nach § 25 Abs 1 SGB IV gerichtet hätte. Auch die hiernach geltenden Verjährungsfristen waren jedoch abgelaufen, als die Beklagte im März 2008 ein Verwaltungsverfahren zur Prüfung der Nachversicherung einleitete.
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Trotz Verjährung ist der Kläger hinsichtlich der Nachversicherungsbeiträge nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt. Die Berufung auf diese Einrede stellt sich nach den vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässige Rechtsausübung dar.
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Das Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs ist eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben iS des § 242 BGB abgeleitete, der gesamten Rechtsordnung immanente Schranke, die auch im Bereich des Sozialrechts zu beachten ist (vgl BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 6 S 27; SozR 3-2200 § 543 Nr 1 S 5; BSGE 43, 227, 232 = SozR 3100 § 21 Nr 1 S 6; BSGE 46, 187, 189 = SozR 2200 § 315a Nr 7 S 18; BSGE 62, 96, 98 = SozR 1200 § 14 Nr 26 S 72 f). Die Verjährung hingegen dient dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit des Rechtsverkehrs (BGHZ 59, 72, 74). Dieser Zweck gebietet es, strenge Maßstäbe anzulegen und den Einwand der unzulässigen Rechtausübung nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen (BGH NJW-RR 1989, 215, 217; BSG USK 77190 S 780). Die Berufung auf Verjährung wird daher grundsätzlich nur dann als unzulässige Rechtsausübung angesehen, wenn der Verpflichtete den Berechtigten, wenn auch unabsichtlich, durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung des Anspruchs abgehalten oder ihn auf sonstige Weise nach objektiven Maßstäben zu der Annahme veranlasst hat, es werde auch ohne Rechtsstreit eine vollständige Befriedigung seines Anspruchs zu erreichen sein (BGH NJW 1988, 2245, 2247; BGHZ 93, 64, 66; BAG vom 4.11.1992 - 5 AZR 75/92 - Juris RdNr 23 mwN; BAG AP Nr 12 zu § 4 BAT Bl 373; BVerwG vom 15.6.2006 - 2 C 14/05 - Juris RdNr 23 mwN). Auch im Sozialrecht und insbesondere im Beitragsrecht steht der gesetzlich zugelassenen Verjährungseinrede (§ 25 SGB IV) der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs entgegen, wenn der Gläubiger im Vertrauen auf ein konkretes, ihm gegenüber an den Tag gelegtes Verhalten des Beitragsschuldners die Ansprüche nicht innerhalb der Verjährungsfrist verfolgt hat (BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 6 S 27; SozR 2200 § 182 Nr 113 S 255; BSG USK 82182 S 825 und USK 77190 S 780).
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Daraus ergibt sich als regelmäßige Voraussetzung für den Einwand unzulässiger Rechtsausübung, dass der Schuldner eine Tätigkeit entfaltet und Maßnahmen trifft, die den Gläubiger veranlassen, verjährungsunterbrechende Schritte zu unterlassen, sei es auch nur, weil ihm infolge eines solchen Tuns Ansprüche unbekannt geblieben sind. Die Untätigkeit des Gläubigers muss gerade auf das Verhalten des Schuldners zurückzuführen sein (BAG vom 4.11.1992 - 5 AZR 75/92 - Juris RdNr 23). Nur zu eigenem Tun wird sich der Schuldner grundsätzlich durch Erhebung der Verjährungseinrede in einen gegen Treu und Glauben verstoßenden Widerspruch setzen können, indem er aus der von ihm selbst veranlassten Untätigkeit des Gläubigers einen Vorteil für sich ableiten will. Jedoch kann auch ein qualifiziertes, dh ein pflichtwidriges Unterlassen (Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, RdNr 19 vor § 194) gebotener Maßnahmen durch die zuständige Behörde die spätere Berufung auf die Verjährungseinrede als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen. Dies gilt insbesondere, wenn allein dieses objektiv pflichtwidrige Unterlassen ursächlich dafür ist, dass der Gläubiger keine Kenntnis von seinem Anspruch erlangt hat. Auch durch ein solches Unterlassen hat der Schuldner den Gläubiger von der Geltendmachung seines Anspruchs "abgehalten" mit der Folge, dass die Einrede der Verjährung durch den Schuldner eine unzulässige Rechtsausübung darstellt (vgl BVerwGE 66, 256, 259 sowie BVerwGE 97, 1, 11; BAG vom 4.11.1992 - 5 AZR 75/92 - Juris RdNr 23; zum Abhalten von der Klageerhebung durch unabsichtliches Verschweigen relevanter Tatsachen betreffend die Person des Schuldners: BGH NJW 2002, 3110, 3111; zur unterlassenen Belehrung über das Bestehen eines Erstattungsanspruchs, die Notwendigkeit eines schriftlichen Antrags sowie dessen Modalitäten: BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 14). Diese Voraussetzungen für eine unzulässige Rechtsausübung sind im vorliegenden Fall erfüllt.
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Es kann offenbleiben, ob - wie das LSG annimmt - für den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs auf das beamtenrechtliche Fürsorgeverhältnis zwischen dem Beitragsschuldner und dem ehemaligen Beschäftigten abzustellen ist bzw ob sich aus diesem Fürsorgeverhältnis eine Handlungspflicht des Beitragsschuldners gegenüber dem Beitragsgläubiger ergeben kann. Denn auf die Einrede der Verjährung kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil er nach dem Ausscheiden des Beigeladenen seine rentenrechtliche Pflicht zur Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge verletzt hat. Zu diesem Unterlassen der Durchführung der Nachversicherung - gleich aus welchem Grunde - setzt sich der Kläger mit dem späteren Einwand der Verjährung in einen gegen Treu und Glauben verstoßenden Widerspruch. Denn das Nachversicherungsverhältnis ist dadurch gekennzeichnet, dass es grundsätzlich allein der Nachversicherungsschuldner in der Hand hat, ob der Nachversicherungsgläubiger überhaupt von seinem Anspruch erfährt. Unterrichtet nicht ausnahmsweise der zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den Rentenversicherungsträger - wozu er generell nicht verpflichtet ist und wofür es vorliegend an Anhaltspunkten fehlt -, ist der Rentenversicherungsträger rechtlich grundsätzlich und faktisch in aller Regel darauf angewiesen, dass der Nachversicherungsschuldner von sich aus die Nachversicherungsbeiträge ermittelt, zahlt sowie eine entsprechende Bescheinigung erteilt (vgl § 124 Abs 1, 2, 6 AVG, § 185 Abs 1 und 3 SGB VI). Bei Verletzung dieser Pflicht bleibt dem Gläubiger sein Beitragsanspruch mit der Folge unbekannt, dass er zulasten der Versichertengemeinschaft von der Geltendmachung seines Anspruchs sowie von sonstigen verjährungshemmenden Handlungen abgehalten wird (vgl LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.1.2006 - L 3 R 3/05 - Juris RdNr 38; im Ergebnis ebenso, jedoch - zumindest auch - auf das beamtenrechtliche Fürsorgeverhältnis abstellend LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.1.2007 - L 13 R 117/05 - Juris RdNr 42 f; aA die Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 22.1.2010 - L 4 R 1764/09 - sowie vom 13.4.2011 - L 5 R 1663/10 - und des LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5.10.2010 - L 18 R 247/09 - jeweils nicht veröffentlicht; ebenfalls aA LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.10.2010 - L 8 R 181/09 - Juris RdNr 29).
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Bei der Beurteilung des Verhaltens des Klägers müssen auch Sinn und Zweck der Nachversicherung sowie der systematische Zusammenhang zwischen der Nachversicherung und den Tatbeständen der Versicherungsfreiheit bzw der Befreiung von der Versicherungspflicht beachtet werden. Eine Nachversicherung findet statt bei Personen, die in einer Beschäftigung versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden sind, wenn sie aus dieser Beschäftigung unversorgt ausgeschieden sind. Insbesondere für die Personengruppe der versicherungsfreien Beschäftigten (vgl § 8 Abs 2 S 1 Nr 1 bis 3 SGB VI iVm § 5 Abs 1 SGB VI) ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 5 Abs 1 SGB VI die Versicherungsfreiheit als Ausnahme von der grundsätzlichen Versicherungspflicht für die betreffenden, eigentlich die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungen anordnet (vgl Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB VI RdNr 2 ff, Stand April 2009). Der Eintritt von Versicherungsfreiheit setzt voraus, dass dem Grunde nach ein Sachverhalt vorliegt, der nach den §§ 1 bis 4 SGB VI Versicherungspflicht begründet (vgl BSG SozR 4-2600 § 210 Nr 2 RdNr 23; BSGE 41, 297, 299 = SozR 2200 § 1399 Nr 4 S 8; BSG SozR 2200 § 172 Nr 19 S 40). Aufgrund ihrer Beschäftigung wäre diese Personengruppe also grundsätzlich versicherungspflichtig; das Gesetz stellt sie in dieser Beschäftigung jedoch ausnahmsweise von der Versicherungspflicht frei, da bereits eine anderweitige Absicherung vorliegt, so dass eine Einbeziehung dieser Personen in den Schutzbereich der gesetzlichen Rentenversicherung entbehrlich ist. Scheidet jedoch der Beschäftigte aus dieser versicherungsfreien Beschäftigung unversorgt aus, so ist der Grund für die Versicherungsfreiheit, nämlich die fehlende Schutzbedürftigkeit aufgrund einer anderweitigen Absicherung, nachträglich entfallen. Um diese Versorgungslücke zu schließen, soll mithilfe der Nachversicherung im Nachhinein eine soziale Sicherung dergestalt hergestellt werden, wie sie bestanden hätte, wenn der Beschäftigte in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen wäre. Daher entsteht mit dem unversorgten Ausscheiden des Beschäftigten die Pflicht des Arbeitgebers, die Nachversicherungsbeiträge sofort abzuführen (vgl BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 6 mwN). Die Pflicht zur Zahlung der Nachversicherungsbeiträge tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es eines Bescheides des zuständigen Rentenversicherungsträgers bedarf (vgl BSG SozR 3-2600 § 8 Nr 6 S 20 f). Erst mit der wirksamen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge erwirbt der zuvor versicherungsfrei Beschäftigte den Versichertenstatus und damit den Versicherungsschutz (vgl BSGE 100, 19 = SozR 4-2600 § 281 Nr 1, RdNr 23; BSG SozR 3-2200 § 1232 Nr 2 S 5). Mit der Durchführung der Nachversicherung kommt aber nicht nur dem Nachversicherten der jedem versicherten Beschäftigten aufgrund seiner Arbeit zustehende Schutz der Rentenversicherung zugute; die Nachversicherungsbeiträge dienen zudem in dem im Umlageverfahren finanzierten System der gesetzlichen Rentenversicherung dazu, die Solidarlast zu tragen (vgl Finke in Hauck/Haines, SGB VI, K § 8 RdNr 7, Stand Juni 2009). Die Pflicht zur rechtzeitigen, also unverzüglichen Zahlung der Nachversicherungsbeiträge steht demnach nicht nur im Interesse des einzelnen Beschäftigten, sondern auch im Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten. Verletzt ein - zumal wie hier öffentlich-rechtlicher - Arbeitgeber diese Beitragspflicht, ist ihm grundsätzlich und in aller Regel allein wegen dieses Unterlassens die Verjährungseinrede verwehrt.
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Der Kläger geht schließlich unter Hinweis auf unveröffentlichte Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg irrigerweise davon aus, die Erhebung der Verjährungseinrede könne sich nur dann als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn der Schuldner im Verhältnis zum Gläubiger eine aktive Pflichtverletzung begangen habe. Indessen ist bereits durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts (Urteile vom 2.6.1934 - V 10/34 - RGZ 144, 378, 381 und vom 27.10.1934 - V 353/34 - RGZ 145, 239, 244) und ihm folgend des BVerwG (Urteil vom 26.1.1966 - VI C 112.63 - BVerwGE 23, 166, 171 und vom 9.7.1973 - VIII C 4.73 - BVerwGE 42, 353 ff), des BGH (Urteile vom 3.2.1953 - I ZR 61/52 - BGHZ 9, 1, 5, vom 7.5.1991 - XII ZR 146/90 - NJW-RR 1991, 1033 - Juris RdNr 18 und vom 12.6.2002 - VIII ZR 187/01 - NJW 2002, 3110, 3111) und des BAG (Urteil vom 25.2.1987 - 4 AZR 239/86 - Juris RdNr 22, 23) geklärt, dass eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Verjährungseinrede nicht nur dann in Betracht kommt, wenn der Berufung des Schuldners auf Verjährung eigenes positives Tun entgegensteht, durch das er seinen Gläubiger von der rechtzeitigen gerichtlichen Durchsetzung einer diesem bekannten Forderung trotz der drohenden Verjährung abgehalten hat. Vielmehr liegt ein "Abhalten von der Klageerhebung" auch dann vor, wenn der Gläubiger von der rechtzeitigen verjährungsunterbrechenden Geltendmachung seines Anspruchs durch das Verhalten des Schuldners abgehalten worden ist, indem der Schuldner bewirkt hat, dass dem Gläubiger sein Anspruch nicht bekannt geworden ist. Ein entsprechender Sachverhalt liegt hier vor. Allein der Kläger hat durch sein objektiv gesetzwidriges Verhalten bewirkt, dass der Beklagten ihre Beitragsansprüche unbekannt geblieben sind und sie infolge dieser Unkenntnis nicht rechtzeitig verjährungsunterbrechende Maßnahmen eingeleitet hat. Da demnach das eigene pflichtwidrige Verhalten des Klägers dafür ursächlich ist, dass die Verjährungsfrist für die Ansprüche der Beklagten abgelaufen ist, kann sich der Kläger nach Treu und Glauben auf den Ablauf der Verjährungsfrist nicht berufen, weil dies mit seinem eigenen Verhalten nicht im Einklang stehen würde. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf ein Verschulden des Klägers nicht an (vgl insgesamt BVerwGE 23, 166, 171).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG, da die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Dem Kläger waren gemäß §§ 154 Abs 1, 162 VwGO iVm § 197a Abs 1 SGG die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da er hinsichtlich seines Begehrens, die Durchsetzbarkeit der Beitragsforderung zu beseitigen, vollständig unterlegen ist. Die Kosten des Beigeladenen hat der Kläger nicht zu tragen, da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist.
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Die endgültige Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 2 GKG, da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des genauen Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
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