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BVerfG 29.10.2020 - 1 BvL 7/17
BVerfG 29.10.2020 - 1 BvL 7/17 - Richtervorlage zur Verfassungsmäßigkeit von Regelungen zur Festsetzungsverjährung im Thüringer Kommunalabgabengesetz (juris: KAG TH) unzulässig - unzureichende Vorlagebegründung
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 100 Abs 1 GG, § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 169 Abs 2 S 1 AO 1977, § 170 Abs 1 AO 1977, § 15 Abs 1 Nr 4 Buchst b DBuchst bb Ss 2 KAG TH vom 20.03.2014, § 15 Abs 1 Nr 4 Buchst b DBuchst cc Ss 2 KAG TH vom 20.03.2014, § 15 Abs 1 Nr 4 Buchst b DBuchst cc Ss 3 KAG TH vom 20.03.2014
Vorinstanz
vorgehend VG Gera, 29. November 2017, Az: 2 K 159/16 Ge, Vorlagebeschluss
Tenor
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Die Vorlage ist unzulässig.
Gründe
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Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb zweiter Spiegelstrich Doppelbuchstabe cc zweiter und dritter Spiegelstrich Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) mit dem Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) vereinbar ist.
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I.
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1. Das Thüringer Kommunalabgabengesetz enthält in § 15 ThürKAG eine Vorschrift zur Festsetzungsverjährung, die weitgehend auf die Regelung eigener Verfahrensvorschriften verzichtet und auf Vorschriften der Abgabenordnung (AO) verweist.
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§ 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb zweiter Spiegelstrich und Doppelbuchstabe cc zweiter und dritter Spiegelstrich ThürKAG in seiner aktuellen Fassung lautet:
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§ 15 ThürKAG
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Geltung der Abgabenordnung
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(1) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt, sind in ihrer je-weils geltenden Fassung folgende Bestimmungen der Abgaben-ordnung 1977 entsprechend anzuwenden:
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1. - 3. (…)
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4. aus dem Vierten Teil - Durchführung der Besteuerung -
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a) (…)
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b) über das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren:
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aa) (…)
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bb) § 169 mit der Maßgabe,
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- (…)
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- dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 2 Satz 1 einheitlich vier Jahre beträgt, in Abweichung von der Festsetzungsfrist von vier Jahren beträgt die Festsetzungsfrist für die Erhebung von Beiträgen nach § 7 für die bis zum 31. Dezember 1993 entstandenen Beitragspflichten fünf Jahre, soweit es nicht leitungsgebundene Einrichtungen betrifft, in Abweichung von der Festsetzungsfrist von vier Jahren tritt die Verjährung der Festsetzungsfrist für die Erhebung von Beiträgen für leitungsgebundene Einrichtungen für Beitragspflichten, die bis zum 31. Dezember 1997 entstanden sind, nicht vor dem 31. Dezember 2002 ein, in Abweichung von der Festsetzungsfrist von vier Jahren beträgt die Festsetzungsfrist für die Fälle der rückwirkenden Ersetzung einer ungültigen Satzung durch eine gültige Satzung zwölf Jahre.
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cc) § 170 Abs. 1 mit der Maßgabe,
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- (…)
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- dass bei rückwirkender Ersetzung einer ungültigen Satzung durch eine gültige Satzung die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die Abgabenschuld nach Maßgabe der ungültigen Satzung entstanden wäre, und
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- dass bei Ersetzung einer ungültigen Satzung für die Erhebung von Beiträgen durch eine gültige Satzung mit Wirkung für die Zukunft die Festsetzungsfrist mit Ablauf des achten Kalenderjahres beginnt, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Beitragsschuld nach Maßgabe der ungültigen Satzung entstanden wäre,
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dd) - ff) (…)
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5. - 6. (…)
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(2) (…)
- 4
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§ 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb zweiter Spiegelstrich und Doppelbuchstabe cc zweiter und dritter Spiegelstrich ThürKAG geht zurück auf das Gesetz zur Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze vom 20. März 2014 (GVBl S. 82), mit dem der Landesgesetzgeber auf den Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 - 1 BvR 2457/08 - (BVerfGE 133, 143) reagierte und Regelungen zum Lauf der Festsetzungsfrist bei ungültigen Satzungen schaffte. Die für verfassungswidrig erklärte Vorschrift des bayerischen Kommunalabgabengesetzes stimmte im Wesentlichen mit § 15 ThürKAG a.F. überein.
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2. Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist Eigentümer eines Grundstücks, das an die öffentliche Entwässerungseinrichtung des Beklagten des Ausgangsverfahrens angeschlossen ist. Das auf dem Grundstück (nur Wohnhaus) anfallende Schmutzwasser wird nach Vorklärung in der grundstückseigenen Kläranlage und das Niederschlagswasser ohne Vorklärung in die bestehende Teilortskanalisation eingeleitet. Der Anschluss an die Teilortskanalisation erfolgte bereits vor dem Inkrafttreten des Thüringer Kommunalabgabengesetzes im Jahr 1991. Der Kläger ist damit als Altanschließer und zugleich als sogenannter Teileinleiter anzusehen.
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Der Kläger wurde 2008 zur Zahlung eines "Beitrages zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung" beziehungsweise für die Teileinrichtung "Kanalnetz" herangezogen. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde, nachdem zwischenzeitlich durch Änderungsbescheid eine Anpassung der Beitragsschuld erfolgte (2015), 2016 zurückgewiesen. Zu diesem Zeitpunkt existierte erstmalig eine Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung (2012) und ein Ausbauprogramm (2014), die die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht bei Teileinleitern ermöglichten. Zuvor enthielten die Beitragssatzungen lediglich Beitragssätze für Volleinleiter und sahen keine abgestuften Teilbeträge für Teilanschlussnehmer vor. Das Abwasserbeseitigungskonzept des Beklagten ging zudem bis zu seiner Änderung 2014 noch von der Verwirklichung eines Vollanschlusses nach 2024 aus.
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3. Mit Beschluss vom 29. November 2017 - 2 K 159/16 Ge - setzte das Verwaltungsgericht das Verfahren aus und legte dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG die Frage zur Entscheidung vor, ob § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb zweiter Spiegelstrich und Doppelbuchstabe cc zweiter und dritter Spiegelstrich ThürKAG verfassungsgemäß ist. Es ist der Auffassung, die Vorschrift verstoße gegen das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG). Es fehle an einer absoluten Verjährungsgrenze in den Fällen, in denen sachliche Beitragspflichten Jahre nach Herstellung der Vorteilslage aufgrund anderer als satzungsrechtlicher Voraussetzungen entstehen. Damit fehle es an der verfassungsrechtlich gebotenen Vorhersehbarkeit, ab wann der Beitragsschuldner endgültig nicht mehr zur Tragung von Lasten herangezogen werden könne. Beitragspflichten könnten damit beliebig lange nach Herstellung der Vorteilslage entstehen.
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II.
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Die Vorlage ist unzulässig. Sie genügt nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG.
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1. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ist zu begründen, inwiefern die Entscheidung des Gerichts von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängig und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist. Der Vorlagebeschluss muss aus sich heraus, also ohne Studium der beigefügten Verfahrensakten, verständlich sein und mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass und aus welchen Gründen das vorlegende Gericht im Fall der Gültigkeit der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis als im Fall ihrer Ungültigkeit kommen würde (vgl. BVerfGE 86, 71 77>; 88, 187 194>; 105, 48 56>; 105, 61 67>). Die Vorlage muss sich mit der Rechtslage auseinandersetzen, die in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen berücksichtigen und auf unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eingehen, soweit diese für die Entscheidungserheblichkeit von Bedeutung sein können (vgl. BVerfGE 86, 71 77>; 105, 48 56>). Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss dabei nur, wenn die Ausführungen des Gerichts erkennen lassen, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 127, 335 355 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 2020 - 1 BvL 2/20 u.a. -, Rn. 10). Für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit einer zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Norm kommt es grundsätzlich auf den Rechtsstandpunkt des Fachgerichts an. Dies gilt allerdings nicht, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 105, 61 67>; 121, 233 237>; 126, 331 355>; stRspr).
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2. Der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss wird mangels ausreichender Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit diesen Anforderungen nicht gerecht. Das Vorlagegericht hat nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass es tatsächlich auf die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb zweiter Spiegelstrich Doppelbuchstabe cc zweiter und dritter Spiegelstrich ThürKAG mit dem Grundsatz der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) ankommt.
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a) Das Gericht zeigt zwar durchaus auf, dass und weshalb seines Erachtens das Thüringer Kommunalabgabengesetz den Anforderungen aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 133, 143 ff. nur unvollkommen Rechnung trägt und (teilweise) gegen das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verstößt. Hiernach ist der Gesetzgeber verpflichtet sicherzustellen, dass Beiträge, die einen einmaligen Ausgleich für die Erlangung eines Vorteils durch Anschluss an eine Einrichtung schaffen sollen, unabhängig von einem Vertrauen des Vorteilsempfängers und ungeachtet der Fortwirkung des Vorteils zeitlich nicht unbegrenzt festgesetzt werden können (BVerfGE 133, 143 159 Rn. 44>).
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Der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss verhält sich allerdings nicht zu der Frage, ob und inwieweit der gegenüber dem Kläger geltend gemachte Abwasserherstellungsbeitrag tatsächlich nur die nach der Wiedervereinigung entstandenen Aufwendungen zum Gegenstand hat, also nur die so genannten Nachwendeinvestitionen betrifft. Die Inanspruchnahme könnte anderenfalls gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Rückwirkungsverbot verstoßen (vgl. zur Inanspruchnahme von Eigentümern altangeschlossener Grundstücke zu Abwasseranschlussbeiträgen BbgVerfG, Beschluss vom 21. September 2012 - VfGBbg 46.11 -, Rn. 50 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2020 - 1 BvR 1866/15 u.a. -, Rn. 10), sodass der Beitrag vor diesem Hintergrund gegebenenfalls bereits ganz (oder teilweise) nicht hätte erhoben werden dürfen und der Bescheid deswegen rechtswidrig gewesen wäre. Auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb zweiter Spiegelstrich Doppelbuchstabe cc zweiter und dritter Spiegelstrich ThürKAG käme es in diesem Fall gar nicht an.
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b) Ohne Wiedergabe beziehungsweise Vorlage der Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts ist eine Prüfung nicht möglich, ob und inwieweit es dem Vorlagegericht verwehrt war, die Beitragssatzung 2005 als wirksam anzusehen und damit einhergehend § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc dritter Spiegelstrich ThürKAG unanwendbar zu lassen.
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aa) An der substantiierten Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlage fehlt es auch deshalb, weil das Vorlagegericht von der Wirksamkeit der Beitragssatzung 2005 ausgeht, sodass die Beitragssatzung 2012 keine Heilungssatzung im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc dritter Spiegelstrich ThürKAG darstelle, ohne die im Zusammenhang mit der Frage der Wirksamkeit der Beitragssatzung 2005 angeführte − unveröffentlichte − Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (ThürOVG, Beschluss vom 10. November 2016 - 4 ZKO 773/16 -) ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben oder vorzulegen. Die Kenntnis der in Bezug genommenen Entscheidung ist für die Prüfung der Entscheidungserheblichkeit im Sinne von Art. 100 Abs. 1 GG allerdings unabdingbar.
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Das Vorlagegericht führt in seinem Beschluss aus, dass "die Vorläufersatzung vom 9. Dezember 2005 nach Auffassung des ThürOVG gesamtnichtig" sei. Sollten die Ausführungen des Vorlagegerichts tatsächlich so zu verstehen sein, dass das Thüringer Oberverwaltungsgericht konkret über die Wirksamkeit der Beitragssatzung 2005 zu entscheiden hatte, dann wäre es dem Verwaltungsgericht verwehrt gewesen, die Beitragssatzung 2005 als wirksam anzusehen. Dies gilt jedenfalls für den Fall, dass das Thüringer Oberverwaltungsgericht im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 4 Thüringer Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (ThürAGVwGO) über die Wirksamkeit der Beitragssatzung 2005 entschieden und diese Satzung für unwirksam erklärt hätte. Diese Entscheidung wäre nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO allgemein verbindlich.
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In der Konsequenz daraus hätte das Vorlagegericht davon ausgehen müssen, dass die Beitragssatzung 2005 unwirksam ist, sodass § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc dritter Spiegelstrich ThürKAG einschlägig wäre und bereits hiernach Verjährung eingetreten sein könnte. In diesem Kontext wäre dann auch § 21a Abs. 9 ThürKAG in den Blick zu nehmen. Auf die Verfassungsmäßigkeit von § 15 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb zweiter Spiegelstrich und Doppelbuchstabe cc zweiter und dritter Spiegelstrich ThürKAG wäre es in diesem Fall gar nicht angekommen.
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bb) Selbst wenn im Übrigen die Auffassung vertreten wird, dass es dem Vorlagegericht nicht verwehrt war, von der Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts abzuweichen und die Beitragssatzung 2005 als wirksam anzusehen, dürfte das Vorlagegericht dennoch dazu verpflichtet gewesen sein, die in Bezug genommene Entscheidung ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben beziehungsweise vorzulegen, auch wenn für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgeblich ist, soweit diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 152, 68 109 Rn. 108> m.w.N.; stRspr). Dies setzt ein Mindestmaß an Begründung voraus, dem die Vorlage des Vorlagegerichts mangels Kenntnis der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht gerecht wird (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Mai 2016 - 1 BvL 7/15 -, Rn. 15 ff.).
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Inwieweit sich das Vorlagegericht in diesem Kontext im gebotenen Maße mit der zitierten Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts auseinandersetzt und die Begründung des Vorlagegerichts daher ausreichend ist, kann auf der Grundlage des Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses nicht beurteilt werden. Das Vorlagegericht beschränkt sich letztlich nur auf eine Ergebnismitteilung und auf die Feststellung, dass das Thüringer Oberverwaltungsgerichts in dieser Entscheidung die Auffassung vertritt, dass eine Beitragssatzung (bzw. die Beitragssatzung 2005) für eine öffentliche Einrichtung, die sowohl Teil- als auch Vollanschlussnehmern eine Anschlussmöglichkeit bietet, nichtig sei, wenn die Satzung lediglich eine Heranziehung von Vollanschlussnehmern ermöglicht, weil eine Veranlagung von Teilanschlussnehmern mangels Regelung eines abgestuften Beitragssatzes nicht möglich sei. Eine solche Satzung verstoße gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit. Mit welchen Argumenten das Thüringer Oberverwaltungsgericht seine Rechtsauffassung hingegen begründet hat, lässt sich dem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss nicht entnehmen. Damit einhergehend kann auch nicht beurteilt werden, ob sich das Vorlagegericht hinreichend mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts auseinandergesetzt hat und sorgfältig geprüft hat, ob sich die Beantwortung der gestellten Verfassungsfrage als unerlässlich darstellt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 18. Juli 2019 - 1 BvL 1/18 u.a. -, Rn. 36 m.w.N.). Es mangelt somit an einer stichhaltigen Begründung der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage.
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c) Darüber hinaus erfüllt der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss die Begründungsanforderungen auch deshalb nicht, weil er sich nicht zu der Frage verhält, ob die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit und damit gegen das Vorteilsprinzip als Ausfluss des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Damit kann nicht verlässlich beurteilt werden, ob es vorliegend tatsächlich entscheidungserheblich auf die Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Verjährungsvorschrift ankommt.
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aa) Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll (BVerfGE 137, 1 21 Rn. 51>). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz folgt für das Steuer- und Abgabenrecht der Grundsatz der Belastungsgleichheit (vgl. BVerfGE 117, 1 30>; 124, 235 244>; 135, 155 206 Rn. 121>; 137, 1 20 Rn. 48>). Bei der Auswahl des Abgabengegenstands sowie bei der Bestimmung von Beitragsmaßstäben und Abgabensatz hat der Gesetzgeber einen weitreichenden Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 50, 217 226>; 91, 207 223>; 137, 1 20 Rn. 49>). Wer eine nichtsteuerliche Abgabe schuldet, ist allerdings regelmäßig zugleich steuerpflichtig und wird insofern zur Finanzierung der die Gemeinschaft treffenden Lasten herangezogen. Neben dieser steuerlichen Inanspruchnahme bedürfen nichtsteuerliche Abgaben, die den Einzelnen zu einer weiteren Finanzleistung heranziehen, zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 75, 108 158>; 93, 319 343>; 108, 1 16 f.>; 124, 235 244>; 132, 334 349 Rn. 47 f.>; 135, 155 206 Rn. 121>; 137, 1 20 Rn. 49>). Als sachliche Gründe, welche die Bemessung einer Gebühr oder eines Beitrags rechtfertigen können, sind neben dem Zweck der Kostendeckung auch Zwecke des Vorteilsausgleichs, der Verhaltenslenkung sowie soziale Zwecke anerkannt (BVerfGE 132, 334 349 Rn. 49> m.w.N.; 137, 1 20 f. Rn. 49>).
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bb) Soweit der Beschwerdeführer als sogenannter Altanschließer ebenso wie ein Neuanschließer zur Zahlung eines Herstellungsbeitrages herangezogen wurde, sieht das Vorlagegericht zwar den dauerhaft rechtlich gesicherten Vorteil, der eine Beitragserhebung rechtfertigt, in dem Anschluss an eine kommunale öffentliche Einrichtung. Nur im Hinblick auf die Nachwendeinvestitionen wird allerdings Alt- und Neuanschließern ein wirtschaftlicher Vorteil vermittelt, der ihre Heranziehung zu Herstellungsbeiträgen nach gleichem Beitragssatz rechtfertigen kann (siehe dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juni 2020 - 1 BvR 1866/15 u.a. -, Rn. 15; BbgVerfG, Beschluss vom 21. September 2012 - VfGBbg 46.11 -, Rn. 62 ff.). Zu den konkreten Investitionsmaßnahmen verhält sich der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss nicht.
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Darüber hinaus erforderte auch der Umstand, dass Voll- und Teileinleiter gleichermaßen, wenn auch nicht in derselben Höhe, zur Zahlung von Herstellungsbeiträgen herangezogen wurden, eine rechtliche Auseinandersetzung des Vorlagegerichts mit der Belastungsgleichheit. Voll- und Teileinleitern dürften an der öffentlichen Entwässerungseinrichtung unterschiedliche Vorteile zukommen, sodass der Beklagte dazu verpflichtet wäre, in der Beitragssatzung 2012 abgestufte Beiträge vorzusehen (siehe in diesem Zusammenhang auch ThürOVG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 4 N 574/98 -, Rn. 89 ff.; Urteil vom 30. August 2011 - 4 KO 466/08 -, Rn. 30 ff.; Kudzielka/Zimmermann, in: PdK Th E-4a, § 7 7.1. (März 2011)). Inwieweit diese Beitragssätze den unterschiedlichen Vorteilen Rechnung tragen, dazu verhält sich das Vorlagegericht allerdings nicht. Insbesondere nimmt es nicht die konkreten satzungsrechtlichen Regelungen in den Blick, die es in seinem Beschluss auch nicht wiedergibt.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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