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BVerfG 03.06.2019 - 2 BvR 910/19
BVerfG 03.06.2019 - 2 BvR 910/19 - Nichtannahmebeschluss: Zur Reichweite des Mitwirkungsausschlusses bzw des Ablehnungsgrundes der Vorbefassung gem §§ 18, 19 BVerfGG - Entscheidungen des BVerfG sind gehören nicht zu den Akten der öffentlichen Gewalt iSd § 90 Abs 1 BVerfGG und sind mithin kein tauglicher Gegenstand einer erneuten Verfassungsbeschwerde - Mitwirkung an angegriffener verfassungsgerichtlicher Nichtannahmeentscheidung wegen ihres abschließenden Charakters keine Tätigkeit in "derselben" Sache iSd § 18 Abs 1 Nr 2 BVerfGG, mithin auch keine Vorbefassung iSd § 19 BVerfGG
Normen
§ 18 Abs 1 Nr 2 BVerfGG, § 19 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 93d Abs 1 S 3 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend BVerfG, 24. April 2019, Az: 2 BvR 611/19, Kammerbeschluss ohne Begründung
Tenor
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Der Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und König sind von der Ausübung ihres Richteramtes in dieser Sache nicht ausgeschlossen.
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Das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers gegen den Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und König wird als unzulässig verworfen.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner mit Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Richterablehnung verbundenen Verfassungsbeschwerde gegen den unter Mitwirkung des Richters Huber und der Richterinnen Kessal-Wulf und König ergangenen Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2019 zum Aktenzeichen 2 BvR 611/19. Dieser verletze ihn in einer Reihe von Grundrechten. Er lehnt den Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und König wegen "offensichtlicher Befangenheit" ab.
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II.
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1. Der Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und König sind weder kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes in dieser Sache ausgeschlossen noch hat das gegen sie gerichtete Ablehnungsgesuch Erfolg.
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a) Ein Mitwirkungsausschluss kraft Gesetzes nach § 18 Abs. 1 BVerfGG besteht nicht.
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aa) Ein Mitwirkungsausschluss folgt aus der Beteiligung einer Richterin oder eines Richters an der Sache (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG) oder aus einer vorangegangenen Tätigkeit in derselben Sache (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG). Die Ausschlussregelung ist als Ausnahmetatbestand konstruiert und deshalb eng auszulegen. Das Tatbestandsmerkmal "derselben Sache" in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist stets in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinne zu verstehen. Zu einem Ausschluss kann deshalb regelmäßig nur eine Tätigkeit in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren selbst oder in dem diesem unmittelbar vorausgegangenen und ihm sachlich zugeordneten Verfahren führen (vgl. BVerfGE 47, 105 108>; 72, 278 288>; 78, 331 336>; 82, 30 35 f.>; 109, 130 131>; 133, 163 165 f., Rn. 6>).
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Zumindest in verfassungsgerichtlichen Verfahren ist auch eine Mitwirkung an solchen Entscheidungen nicht mehr eine Tätigkeit in derselben Sache, die endgültig ein Verfahren abschließen und gegen die unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt Rechtsmittel gegeben sind. Werden gegen solche Entscheidungen dennoch Rechtsbehelfe eingelegt, gilt für die hierüber zu treffenden Entscheidungen und die hierbei durchzuführenden Verfahren auch kein Mitwirkungsausschluss. Durch den Schlusspunkt einer endgültig abschließenden Entscheidung soll ein Regress ad infinitum abgeschnitten werden (vgl. BVerfGE 133, 163 166, Rn. 8>).
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bb) Nach Maßgabe dessen sind der Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und König nicht von der Mitwirkung ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2019 zum Aktenzeichen 2 BvR 611/19, an dem der Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und König mitgewirkt haben. Damit handelt es sich bei dem verfassungsgerichtlichen Verfahren zum Aktenzeichen 2 BvR 611/19 zwar formal um das Ausgangsverfahren. Der dort ergangene Beschluss unterliegt aber nach Maßgabe der Vorschrift des § 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG keiner innerstaatlichen Anfechtung. Im hiesigen Verfahren besteht daher kein Mitwirkungsausschluss.
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Auch der hinter der Vorschrift des § 18 Abs. 1 BVerfGG stehende Gedanke, dass es einem vorbefassten Richter an der gebotenen Distanz und Neutralität fehlt (vgl. BVerfGE 89, 28 36>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2010 - 2 BvR 2092/09 -, Rn. 14), vermag den Mitwirkungsausschluss nicht zu begründen. Für die Entscheidung im hiesigen Verfahren kommt es allein darauf an, ob eine Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde zulässig ist. Rechtsfragen aus dem Verfahren, das mit dem angegriffenen Beschluss beendet ist, stellen sich nicht.
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cc) Da die genannten Umstände von vornherein nicht geeignet sind, einen Mitwirkungsausschluss zu begründen, kann die Kammer unter Mitwirkung des Richters Huber und der Richterinnen Kessal-Wulf und König über die Frage des Mitwirkungsausschlusses befinden (vgl. BVerfGE 133, 163 165, Rn. 4>; Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 18 Rn. 4).
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b) Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und König ist offensichtlich unzulässig.
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aa) Ein Ablehnungsgesuch, das keine Begründung oder lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig. Eine pauschale Ablehnung eines ganzen Spruchkörpers ist von der Vorschrift des § 19 Abs. 1 BVerfGG nicht erfasst (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2002 - II ARZ 1/01 -, Rn. 4; Lechner/Zuck, BVerfGG, 7. Aufl. 2015, § 19 Rn. 3; Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 19 Rn. 3).
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bb) So liegt der Fall hier.
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(1) Dabei kann dahinstehen, ob sich das Gesuch pauschal gegen sämtliche Mitglieder der zur Entscheidung berufenen Kammer richtet. Der Beschwerdeführer benennt jedenfalls ausdrücklich keine Umstände, die die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen könnten. Sein Vortrag erschöpft sich darin, dass die Befangenheit offensichtlich sei.
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(2) Soweit dem Vortrag im Übrigen zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer die angegriffene Entscheidung, an der die abgelehnten Richter mitgewirkt haben, für falsch hält, vermag dies die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen.
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(a) Eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 19 Abs. 1 BVerfGG kann allein aus einer richterlichen Vorbefassung mit einer im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage nicht begründet werden (vgl. BVerfGE 131, 239 253>; BVerfGK 8, 59 60>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 2011 - 2 BvR 1979/08 -, Rn. 8). Insoweit bestimmt § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG abschließend, dass die richterliche Vorbefassung mit einer Sache nur dann zum Ausschluss führt, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist und eine Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hatte (vgl. BVerfGE 131, 239 253>; BVerfGK 3, 36 38 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 31. August 2011 - 2 BvR 1979/08 -, Rn. 8).
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(b) Nach Maßgabe dessen vermag allein der Umstand, dass sämtliche der drei abgelehnten Richter an der angegriffenen - vom Beschwerdeführer für falsch gehaltenen - Entscheidung mitgewirkt haben, die Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen. Nach der insoweit vorrangigen, abschließenden Vorschrift des § 18 Abs. 1 BVerfGG besteht aus den genannten Gründen kein Mitwirkungsausschluss. Darüber hinaus wendet sich der Beschwerdeführer der Sache nach allein gegen die von den abgelehnten Richtern in dem angegriffenen Beschluss vertretene Rechtsauffassung, dass hinsichtlich der dortigen Verfassungsbeschwerde Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorgelegen haben. Damit liefe das Verfahren der Richterablehnung der Sache nach auf eine Fehlerkontrolle hinaus. Dazu dient es - abgesehen davon, dass die angegriffene Entscheidung nach § 93d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG einer Fehlerkontrolle nicht unterliegt - indes nicht.
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cc) Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch bei der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 131, 239 252 f.>; 133, 377 405, Rn. 69>).
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung oder Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gehören nicht zu den Akten öffentlicher Gewalt, die § 90 Abs. 1 BVerfGG meint; ihre Überprüfung unter dem Gesichtspunkt einer Grundrechtsverletzung würde dem Wesen dieser Entscheidungen widersprechen (grundlegend BVerfGE 1, 89 90>; vgl. ferner BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Oktober 1990 - 2 BvR 1388/90 -, Rn. 2). Das gilt auch, soweit gemäß § 93b BVerfG die Kammer anstelle des Senats entscheidet (vgl. BVerfGE 7, 241 243>; 18, 37 38> und 440; 19, 88 90>).
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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