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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BVerfG 13.07.2016 - 1 BvR 617/12, 1 BvR 618/12
BVerfG 13.07.2016 - 1 BvR 617/12, 1 BvR 618/12 - Nichtannahmebeschluss: Auf alter Rechtslage beruhende Nichtzulassung einer gesonderten Berücksichtigung der betriebsnotwendigen Investitionskosten - Eigenkapitalzinsen, von Rückstellungen für spätere Investitionen sowie von Pauschalen für Instandhaltungsmaßnahmen - bei der Abrechnung gegenüber Pflegebedürftigen verletzt keine Grundrechte
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 12 GG, Art 14 GG, § 82 Abs 3 SGB 11 vom 20.12.2012, § 82 Abs 3 S 3 Halbs 1 SGB 11 vom 09.09.2001, § 82 Abs 3 S 3 Halbs 2 SGB 11 vom 09.09.2001
Vorinstanz
vorgehend BSG, 8. September 2011, Az: B 3 P 3/11 R, Urteil
vorgehend BSG, 8. September 2011, Az: B 3 P 4/10, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Finanzierung von Pflegeheimen in der sozialen Pflegeversicherung.
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1. Die Beschwerdeführerin betreibt in freigemeinnütziger Trägerschaft in mehreren Bundesländern Einrichtungen der Behinderten- und Altenpflege.
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2. Für die seit 1994 beziehungsweise 2003 betriebenen Einrichtungen in Sachsen-Anhalt erhielt die Beschwerdeführerin einen Zuschuss in Höhe von 100 % der vom Land Sachsen-Anhalt als zuwendungsfähig angesehenen Baukosten; ein Teil der Baukosten war aus Eigenmitteln zu finanzieren.
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3. Die Beschwerdeführerin hatte bei der zuständigen Behörde des Landes Sachsen-Anhalt ohne Erfolg die Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen gemäß § 82 Abs. 3 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der damals geltenden Fassung vom 9. September 2001 (BGBl I S. 2320) unter Berücksichtigung von Erbbauzinsen, Eigenkapitalzinsen und Rückstellungen für künftige Investitionen in Form von Ersatzbeschaffungen/Neuanschaffungen in Höhe der Absetzung für Abnutzung (AfA) sowie Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen beantragt.
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4. Mit den angegriffenen revisionsrechtlichen Urteilen vom 8. September 2011 hat das Bundessozialgericht unter Berufung auf den damaligen Wortlaut des § 82 Abs. 2 und 3 SGB XI die versagende Verwaltungsentscheidung der Behörde in letzter Instanz bestätigt, soweit die Zustimmung des Landes Sachsen-Anhalt zur gesonderten Berechnung von Eigenkapitalzinsen, von Rückstellungen für spätere Investitionen sowie von Pauschalen für Instandhaltungsmaßnahmen beantragt war. Teilweise stattgegeben hat das Bundessozialgericht im Hinblick auf den Antrag auf Zustimmung der Behörde zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen für Erbbauzinsen.
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5. Mit Wirkung zum 28. Dezember 2012 hat der Bundesgesetzgeber durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Regelung des Assistenzpflegebedarfs in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen vom 20. Dezember 2012 (BGBl I S. 2789) in § 82 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 SGB XI die Umlagefähigkeit von Eigenkapitalzinsen (Kapitalkosten) sowie in § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI die Umlagefähigkeit von Erbbauzinsen explizit aufgenommen. Außerdem hat der Gesetzgeber in § 82 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 SGB XI die Möglichkeit für den Landesgesetzgeber geschaffen, bei der gesonderten Berechenbarkeit von Aufwendungen pauschalierte Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen zu berücksichtigen, solange die Pauschalen in einem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Höhe der Aufwendungen stehen (§ 82 Abs. 3 Satz 4 SGB XI).
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II.
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1. Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 20 Abs. 1 GG bei der Auslegung und Anwendung des damals geltenden § 82 SGB XI durch das Bundessozialgericht.
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2. Die Auslegung des § 82 Abs. 3 SGB XI a.F. durch das Bundessozialgericht, wonach Abschreibungen für Ersatzbeschaffungen, Neuanschaffungen und Instandhaltung/Instandsetzung nicht zulässig und eine Zustimmungsfähigkeit durch die zuständige Behörde erst nach "tatsächlichem Kostenanfall" möglich seien, stelle eine gänzliche Abkehr von sonst im Wirtschaftsverkehr üblichen und auch gesetzlich vorgesehenen Gepflogenheiten dar.
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3. Die Entscheidungen verletzten die Beschwerdeführerin in ihrer allgemeinen Wirtschafts- und Wettbewerbsfreiheit. Die Beschwerdeführerin könne ihren Betrieb nicht frei führen, könne ihre wirtschaftliche Planung nicht an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen orientieren und müsse Wertverluste in einer Art und in einem Ausmaß kompensieren, die im allgemeinen Wirtschaftsleben unüblich seien.
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III.
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1. Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Den Verfassungsbeschwerden kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Annahme der Verfassungsbeschwerden ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
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2. Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind Sache der Fachgerichte; das Bundesverfassungsgericht beanstandet nur die Verletzung von Verfassungsrecht. Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst erreicht, wenn die Auslegung oder Anwendung des Rechts durch die Fachgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 89, 1 9 f.>; 99, 145 160>). Die hier angegriffenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts lassen in diesem Sinne einen Verfassungsverstoß nicht erkennen.
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3. Beide Entscheidungen kommen zum Ergebnis, dass nur tatsächlich angefallene Kosten, die weder durch Vergütungen oder Entgelte nach § 82 Abs. 1 SGB XI a.F. noch mittels Förderung durch das Land nach § 9 SGB XI abgegolten sind, gesondert dem Pflegebedürftigen nach § 82 Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. berechnet werden können, Rücklagen für künftige Investitionen und Instandhaltungen, Abschreibungen und Eigenkapitalzinsen jedoch nicht umgelegt werden dürften. Solche Berechnungspositionen besäßen nur kalkulatorischen Charakter, ohne schon tatsächlich angefallen zu sein oder mit Sicherheit unmittelbar bevorzustehen. Sie könnten im Rahmen der Leistungen nach § 82 Abs. 1 SGB XI a.F. berücksichtigt werden. Die zusätzliche Möglichkeit einer Einrechnung in die gesonderte Berechnung nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI a.F. beschwöre das Risiko einer Doppelfinanzierung herauf.
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4. Beide Urteile des Bundessozialgerichts sind in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender methodisch einwandfreier Weise aus dem damaligen Gesetzeswortlaut des § 82 SGB XI sowie mit historischen und systematischen Erwägungen begründet worden. Ob deren Ergebnis für die alltägliche Verwaltungspraxis praktikabel ist oder unnötigen weiteren Verwaltungsaufwand verursacht, bleibt für die hier allein am Maßstab des Verfassungsrechts vorzunehmende Kontrolle der Urteile unerheblich. Künftig wird die novellierte Fassung des § 82 SGB XI vom 20. Dezember 2012 (BGBl I S. 2789) zu berücksichtigen sein, die betriebswirtschaftlich-kalkulatorische Ansätze bei den hier streitigen Positionen nach Maßgabe des Landesrechts zulässt (vgl. BTDrucks 17/11396, S. 17).
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5. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts entsprechen auch im Übrigen den Vorschriften des Grundgesetzes. Entgegen dem Vortrag der Beschwerdeführerin wird Art. 14 GG nicht durch die von ihr beanstandete Auslegung des damaligen Gesetzeswortlauts hinsichtlich der Bilanzpositionen ihrer Unternehmen verletzt, denn dadurch wird keines ihrer konkreten Eigentumsrechte geschmälert, sondern allenfalls anders bewertet. Das würde auch gelten, wenn der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb in den Schutz des Art. 14 GG einbezogen sein sollte.
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6. Eine Verletzung von Art. 12 GG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die beiden Urteile des Bundessozialgerichts erlauben - allerdings an anderer Stelle - eine Einbeziehung aller drei streitbefangenen Aufwendungen in die Kalkulation der Unternehmen und berühren insoweit die Berufsausübung nicht. Die Notwendigkeit des jährlichen Ansatzes nachgewiesener und tatsächlich entstandener Kosten verursacht zwar zusätzlichen Verwaltungsaufwand, wird aber vom Ziel einer Vermeidung der Doppelfinanzierung gerechtfertigt. In keinem Fall wird die Führung der Unternehmen dadurch unmöglich oder ökonomisch sinnlos (vgl. zum Steuerrecht BVerfGE 31, 8 22 f.>; 123, 1 36 f.>).
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7. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht zu erkennen. Zur denkbaren Ungleichbehandlung von Eigen- und Fremdkapital oder zwischen geförderten und nicht geförderten Pflegeeinrichtungen haben die Verfassungsbeschwerden weder hinreichend vorgetragen noch deren sachliche Rechtfertigung durch das Ziel der Vermeidung einer Doppelfinanzierung erwogen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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