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BVerfG 08.06.2016 - 1 BvR 229/16
BVerfG 08.06.2016 - 1 BvR 229/16 - Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung - erfolgloser Eilantrag gegen Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung - Parallelentscheidung
Vorinstanz
nachgehend BVerfG, 4. Dezember 2023, Az: 1 BvR 229/16, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
nachgehend BVerfG, 4. Dezember 2023, Az: 1 BvR 2354/23, Kammerbeschluss
Tenor
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
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A.
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Die Beschwerdeführer begehren mit ihrem Eilantrag, die durch das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2218; im Folgenden: Vorratsdatenspeicherungsgesetz) eingeführte Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verkehrs-daten zu Zwecken der öffentlichen Sicherheit außer Kraft zu setzen.
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I.
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1. Ein Abruf von Telekommunikations-Verkehrsdaten - etwa gemäß § 100g Abs. 1 StPO - hatte bisher nur dann Erfolg, wenn der ersuchte Diensteanbieter die Daten zu eigenen Zwecken gespeichert hatte, etwa gemäß § 97 Telekommunikationsgesetz (im Folgenden: TKG) zur Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung oder gemäß § 100 TKG zur Feststellung, Eingrenzung und Beseitigung der Störung einer Telekommunikationsanlage. Tatsächlich ist es in erheblichem Umfang vom Zufall abhängig, welche Daten bei einer Abfrage nach § 100g StPO abgerufen werden können (vgl. BTDrucks 18/5088, S. 21).
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Das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3198; im Folgenden: Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung), das in Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl Nr. L 105 vom 13. April 2006, S. 54; im Folgenden: Richtlinie 2006/24/EG), erlassen wurde, sollte dem durch eine vorsorgliche Speicherungspflicht der Telekommunikations-Verkehrsdaten durch die Diensteanbieter entgegenwirken. Es ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht wirksam geworden. Mit Beschluss vom 11. März 2008 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts dem Antrag auf einstweilige Anordnung gegen das Gesetz teilweise stattgegeben (vgl. BVerfGE 121, 1 19 ff.>) und mit Urteil vom 2. März 2010 die §§ 113a und 113b TKG sowie § 100g Abs. 1 Satz 1 StPO, soweit danach Verkehrsdaten nach § 113a TKG erhoben werden durften, in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3198), wegen Verstoßes gegen Art. 10 Abs. 1 GG für nichtig erklärt (vgl. BVerfGE 125, 260 262 f., 307 ff.>). Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs erklärte mit Urteil vom 8. April 2014 auf Vorabentscheidungsersuchen des Irischen High Court und des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs dann auch die Richtlinie 2006/24/EG für ungültig, weil der Unionsgesetzgeber beim Erlass der Richtlinie die Grenzen überschritten habe, die er zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Art. 7, 8 und 52 der Europäischen Grundrechtecharta (GRCh) einhalten musste (vgl. EuGH, Urteil der Großen Kammer vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland Ldt/Minister for Communications, Marine and Naturale Recourses u.a., C-293/12, C-594/12, NJW 2014, S. 2169 2173>).
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2. Das im vorliegenden Verfahren angegriffene Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten dient nach der Gesetzesbegründung erneut der Vereinheitlichung der Speicherpraxis der Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste. Es soll Unzulänglichkeiten in der Strafverfolgungsvorsorge und der Gefahrenabwehr beseitigen (vgl. BTDrucks 18/5088, S. 21 f.). Zu diesem Zweck enthält sein Art. 1 Änderungen der Strafprozessordnung und sein Art. 2 Änderungen des Telekommunikationsgesetzes.Die von den Beschwerdeführern angegriffenen Regelungen zur Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten finden sich in den neu geschaffenen §§ 113a bis 113g TKG, die angegriffenen Regelungen über die Erhebung der Verkehrsdaten durch die Strafverfolgungsbehörden und das dabei zu beachtende Verfahren finden sich in dem neu gefassten § 100g StPO und den neu geschaffenen §§ 101a und 101b StPO.
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§ 113a Abs. 1 TKG bestimmt mit den Anbietern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste für Endnutzer den Verpflichteten der Vorratsdatenspeicherung. § 113b TKG verpflichtet die Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste für Endnutzer sodann, bestimmte einzeln aufgeführte Verkehrs- und Standortdaten unabhängig von einem besonderen Anlass für einen bestimmten Zeitraum zu speichern und für die Nutzung durch Sicherheitsbehörden bereitzuhalten. Verkehrsdaten im Sinne des § 113b Abs. 2 und 3 TKG (z.B. Rufnummern, Datum und Uhrzeit von Beginn und Ende der Verbindung, Internetprotokoll-Adressen) müssen gemäß § 113b Abs. 1 Nr. 1 TKG für zehn Wochen gespeichert werden; die Speicherpflicht für Standortdaten nach § 113b Abs. 4 TKG (z.B. die Bezeichnungen der Funkzellen bei der Nutzung mobiler Telefondienste) beträgt demgegenüber vier Wochen (vgl. § 113b Abs. 1 Nr. 2 TKG). Der Inhalt der Kommunikation, Daten über aufgerufene Internetseiten und Daten von Diensten der elektronischen Post dürfen auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden (vgl. § 113b Abs. 5 TKG). Das Gleiche gilt gemäß § 113b Abs. 6 Satz 1 TKG für Daten, die den in § 99 Abs. 2 TKG genannten Verbindungen zu Anschlüssen von Personen, Behörden und Organisationen in sozialen oder kirchlichen Bereichen zugrunde liegen.
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Die Speicherung der Daten hat allgemein so zu erfolgen, dass Auskunftsersuchen der berechtigten Stellen unverzüglich beantwortet werden können (vgl. § 113b Abs. 7 TKG). Nach § 113b Abs. 8 TKG hat der nach § 113a Abs. 1 TKG Verpflichtete die gespeicherten Daten unverzüglich, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Ablauf der Speicherfristen nach § 113b Abs. 1 TKG, irreversibel zu löschen oder die irreversible Löschung sicherzustellen. In § 113c TKG werden abschließend (vgl. § 113c Abs. 2 TKG) die zulässigen Verwendungszwecke der nach § 113b TKG gespeicherten Daten normiert. So dürfen etwa gespeicherte Daten an eine Strafverfolgungsbehörde übermittelt werden, soweit diese die Übermittlung unter Berufung auf eine gesetzliche Bestimmung, die ihr eine Erhebung der in § 113b TKG genannten Daten zur Verfolgung besonders schwerer Straftaten erlaubt, verlangt. Die Daten sind dabei so zu kennzeichnen, dass erkennbar ist, dass es sich um Daten handelt, die nach § 113b TKG gespeichert waren (vgl. § 113c Abs. 3 Satz 2 TKG). Ob die Behörden berechtigt sind, ein Verlangen im Sinne des § 113c TKG an den Erbringer öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste zu richten, ist nicht Regelungsgegenstand von § 113c TKG, sondern bestimmt sich nach den für die Strafverfolgungs- und Gefahrenabwehrbehörden jeweils maßgeblichen Regelungen des Fachrechts (vgl. BTDrucks 18/5088, S. 40). Jedoch liegt in der Norm die grundlegende Bestimmung, für welche Zwecke die Daten verwendet werden dürfen. Sie befreit diesbezüglich die Telekommunikationsunternehmen von ihrer im Übrigen geltenden Geheimhaltungspflicht (vgl. entsprechend zur damaligen Regelung BVerfGE 125, 260 312>). § 113d TKG sieht sodann näher bestimmte Anforderungen an die Gewährleistung der Datensicherheit vor. Der nach § 113a Abs. 1 TKG Verpflichtete hat gemäß § 113e TKG sicherzustellen, dass für Zwecke der Datenschutzkontrolle jeder Zugriff, insbesondere das Lesen, Kopieren, Ändern, Löschen und Sperren der gespeicherten Daten protokolliert wird und die Protokolldaten (Zeitpunkt des Zugriffs, zugreifende Personen, Zweck und Art des Zugriffs) nach einem Jahr gelöscht werden. Gemäß § 113f Abs. 1 TKG ist seitens der Bundesnetzagentur ein Anforderungskatalog zur Gewährleistung eines besonders hohen Standards der Datensicherheit und Datenqualität zu erstellen. Die Regelung des § 113g TKG ergänzt die Vorschrift des § 109 Abs. 4 TKG und verlangt die Aufnahme spezifischer Schutzmaßnahmen in das zu erstellende Sicherheitskonzept.
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§ 100g StPO regelt die Voraussetzungen für die Erhebung von Verkehrsdaten. Während in Absatz 1 die Erhebung von Verkehrsdaten geregelt wird, die aus geschäftlichen Gründen bei den Erbringern öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste gespeichert werden (§ 96 TKG), legt Absatz 2 fest, unter welchen Voraussetzungen die nunmehr durch die neue Speicherpflicht gespeicherten Daten erhoben werden dürfen: Es bedarf danach den durch bestimmte Tatsachen begründeten Verdacht einer in § 100g Abs. 2 Satz 2 StPO enumerativ und abschließend (vgl. BTDrucks 18/5088, S. 31) aufgeführten besonders schweren Straftat, die auch im Einzelfall besonders schwer wiegt. Darüber hinaus muss die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. § 100g Abs. 4 StPO schließt zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 StPO die Erhebung von Verkehrsdaten nach § 100g Abs. 2 StPO aus. § 101a StPO überträgt den Richtervorbehalt des § 100b Abs. 1 StPO auf die Erhebung von Verkehrsdaten nach § 100g StPO und stellt konkrete Anforderungen an die Gestaltung der Entscheidungsformel und die Begründung des Beschlusses, die einzelfallbezogen sein muss und die wesentlichen Erwägungen zu der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme darzulegen hat (vgl. § 101a Abs. 2 StPO). § 101a Abs. 6 StPO sieht eine Pflicht zur Benachrichtigung der Beteiligten der betroffenen Telekommunikation nach Maßgabe des § 101 Abs. 4 Satz 2 bis 5 und Abs. 5 bis 7 StPO vor. Die Regelung des § 101b StPO sieht schließlich nähere Vorgaben zur statistischen Erfassung der Erhebung von Verkehrsdaten vor.
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II.
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Die Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen zu 1) bis 3) und 5) bis 20) nutzen privat und geschäftlich verschiedene Telekommunikationsdienste wie Festnetzanschlüsse, Mobiltelefone, Internetzugangsdienste und E-Mail-Postfächer als Rechtsanwälte, Ärzte, Journalisten, Pfarrer und/oder Mitglieder des Europäischen Parlaments beziehungsweise der Volksvertretungen verschiedener Bundesländer. Der Beschwerdeführer zu 20) ist Unternehmer und Vorstandsvorsitzender eines Verbands der Internetwirtschaft. Bei der Beschwerdeführerin zu 4) handelt es sich um die Freie Demokratische Partei e.V. (FDP).
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1. Sie machen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 10 Abs. 1 GG (Telekommunikationsfreiheit), Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (allgemeines Persönlichkeitsrecht), Art. 1 Abs. 1 GG (fehlender Schutz von Vertrauensbeziehungen), Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (Informationsfreiheit), Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Pressefreiheit), Art. 38 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 47 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG (freies Mandat), Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz), sowie hilfsweise Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (informationelle Selbstbestimmung), Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) und Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) geltend. Bei der Prüfung der Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung seien zudem die europäischen Grundrechte als (mittelbarer) Entscheidungsmaßstab heranzuziehen. Die Frage der Unionsrechtskonformität sei "als Vorfrage" bzw. "Anwendungsvoraussetzung" vor der Verfassungsmäßigkeitsprüfung zu beantworten. Die Grundrechtecharta, die vorliegend anwendbar sei, könne auch bei der Auslegung der nationalen Grundrechte herangezogen werden. Die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung würden durch die Neuregelung jedenfalls nicht eingehalten.
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2. Die angegriffenen Regelungen griffen in nicht gerechtfertigter Weise in Art. 10 Abs. 1 GG ein. § 101b StPO sei schon formell verfassungswidrig, weil sich die Vorschrift auch an Landesbehörden richte und die nach Art. 84 Abs. 1 Satz 6 GG erforderliche Zustimmung des Bundesrates nicht erteilt worden sei. Die angegriffenen Regelungen trögen in unterschiedlicher Hinsicht dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht hinreichend Rechnung. Die angefochtenen Regelungen verstießen in verschiedener Hinsicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Aufgrund der schweren Eingriffswirkung und der Sondersituation, dass das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung in der Vergangenheit für verfassungswidrig erklärt habe, sei der Gesetzgeber verpflichtet gewesen, die Notwendigkeit der Neuregelung konkret darzulegen und zu belegen. Dem sei er nicht gerecht geworden. Die Neuregelung sei zur Zielerreichung weder geeignet noch erforderlich, weil es weniger belastende und gleich geeignete Mittel wie etwa das Quick-Freezing-Verfahren gebe. Die angegriffenen Regelungen seien auch unverhältnismäßig, weil die Ausgestaltung der Verwendungszwecke nicht verfassungskonform sei. Bei richtiger Auslegung sei für eine besonders schwere Straftat eine solche mit einer Mindeststrafdrohung von mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe anzusehen. Danach verfehle der Straftatenkatalog in § 100g Abs. 2 Satz 2 StPO hinsichtlich einer ganzen Reihe von in Bezug genommenen Straftaten die verfassungsrechtlichen Anforderungen. Unverhältnismäßig seien die angegriffenen Regelungen auch, weil sie die Erstellung von Bewegungsprofilen nicht wirksam unterbänden. Der Schutz von Vertrauensbeziehungen zu Berufsgeheimnisträgern werde ebenfalls nicht ausreichend gewährleistet. Es erfolge vielmehr eine Zweiteilung von Vertrauensbeziehungen, nämlich solchen, deren Daten nicht einmal gespeichert werden dürften, und solchen, bei denen nur die Datenerhebung nach § 100g Abs. 4 StPO ausgeschlossen werde. Insgesamt fehle es dem Gesetz auch an Schutzbestimmungen für den Kernbereich privater Lebensgestaltung. Bei der Ausgestaltung des Rechtsschutzes mangele es zumindest an einer wirksamen Sanktionsregelung für den Fall der rechtswidrigen Datenerhebung.
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In dem Verkehrsdatenabruf liege ein schwerwiegender und nicht mehr rückgängig zu machender Eingriff in Art. 10 GG. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ziele darauf, sicherzustellen, dass die Teledienstanbieter von der angegriffenen Ermächtigung keinen Gebrauch machten, bis das angerufene Gericht über die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung entschieden habe.
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B.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen.
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Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 112, 284 291>; 121, 1 14 f.>; stRspr). Dies lässt sich vorliegend nicht in der für das Eilverfahren gebotenen Kürze der Zeit klären. Über den Antrag auf einstweilige Anordnung ist deshalb nach Maßgabe einer Folgenabwägung zu entscheiden. Danach sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde später aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 117, 126 135>; 121, 1 17>; stRspr). Diese Abwägung fällt zu Ungunsten der Beschwerdeführer aus.
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1. Wird die Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes begehrt, ist bei der Folgenabwägung ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 3, 41 44>; 104, 51 55>; 112, 284 292>; 121, 1 17>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht darf von seiner Befugnis, den Vollzug eines in Kraft getretenen Gesetzes auszusetzen, nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch machen, da der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung stets ein erheblicher Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 64, 67 69>; 117, 126 135>; 121, 1 17>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. Oktober 2015 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 13). Müssen die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe schon im Regelfall so schwer wiegen, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabdingbar machen, so müssen sie im Fall der begehrten Außervollzugsetzung eines Gesetzes darüber hinaus besonderes Gewicht haben (vgl. BVerfGE 104, 23 27 f.>; 117, 126 135>; 122, 342 361 f.>; stRspr). Insoweit ist von entscheidender Bedeutung, ob die Nachteile irreversibel oder nur sehr erschwert revidierbar sind (vgl. BVerfGE 91, 70 76 f.>; 118, 111 123>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 6. Oktober 2015 - 1 BvR 1571/15 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 13), um das Aussetzungsinteresse durchschlagen zu lassen.
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2. Nach diesen Maßstäben war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Eine Aussetzung der durch §§ 113a, 113b TKG angeordneten Speicherpflicht von Telekommunikations-Verkehrsdaten scheidet aus (a). Auch hinsichtlich der Regelung zur Nutzung dieser Daten für bestimmte Anlässe der Strafverfolgung ist eine vorläufige Aussetzung der angegriffenen Vorschriften nicht geboten (b).
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a) Eine Aussetzung des Vollzugs von §§ 113a, 113b TKG scheidet aus.
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Ein besonders schwerwiegender und irreparabler Nachteil, der es rechtfertigen könnte, den Vollzug der Norm ausnahmsweise im Wege einer einstweiligen Anordnung auszusetzen, liegt in der Datenspeicherung allein nicht.
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Zwar kann die gegenüber den Verpflichteten nach § 113a TKG in § 113b TKG angeordnete umfassende und anlasslose Bevorratung sensibler Daten über praktisch jedermann für staatliche Zwecke, die sich zum Zeitpunkt der Speicherung der Daten nicht im Einzelnen absehen lassen, einen erheblichen Einschüchterungseffekt bewirken, weil das Gefühl entsteht, ständig überwacht zu werden. Dieser Effekt ließe sich für die Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Norm und der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts selbst dann nicht rückgängig machen, wenn die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache Erfolg haben sollte.
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Der in der Speicherung für Einzelne liegende Nachteil für ihre Freiheit und Privatheit verdichtet und konkretisiert sich jedoch erst durch einen Abruf der Daten zu einer möglicherweise irreparablen Beeinträchtigung. Die Datenbevorratung ermöglicht zwar den Abruf, doch führt erst dieser zu konkreten Belastungen. Das Gewicht eines denkbaren Einschüchterungseffekts hängt dann davon ab, unter welchen Voraussetzungen die bevorrateten Daten abgerufen und verwertet werden können. Je weiter die Befugnisse staatlicher Stellen insoweit reichen, desto eher müssen die Bürgerinnen und Bürger befürchten, dass diese Stellen ihr Kommunikationsverhalten überwachen (vgl. BVerfGE 121, 1 20>). So ist mit der Speicherung allein jedoch noch kein derart schwerwiegender Nachteil verbunden, dass er die Außerkraftsetzung eines Gesetzes erforderte. Dies gilt auch für die Speicherung der Daten von Berufsgeheimnisträgern.
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Ein die Aussetzung der Speicherpflicht erfordernder besonders schwerer Nachteil ergibt sich auch nicht daraus, dass beim Short Message Service (SMS) Verkehrsdaten und Kommunikationsinhalte möglicherweise nicht getrennt werden können. Nach dem klaren Wortlaut des § 113b Abs. 5 TKG dürfen der Inhalt der Kommunikation, Daten über aufgerufene Internetseiten und Daten von Diensten der elektronischen Post auf Grund dieser Vorschrift nicht gespeichert werden. Die angegriffene gesetzliche Regelung schließt damit ein technisch bedingtes "Mitloggen" von Kommunikationsinhalten aus. Wenn dies technisch zurzeit noch nicht möglich sein sollte, rechtfertigt das nicht, sich über die Maßgabe des Gesetzes hinwegzusetzen; vielmehr sind dann zunächst die technischen Bedingungen zu schaffen, um die Speicherpflicht erfüllen zu können.
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b) Eine Aussetzung des Vollzugs ist auch nicht hinsichtlich der §§ 100g, 101a und 101b StPO geboten.
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aa) Allerdings liegt in dem Verkehrsdatenabruf nach § 100g Abs. 1 und 2 StPO ein schwerwiegender und nicht mehr rückgängig zu machender Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG. Ein solcher Datenabruf ermöglicht es, weitreichende Erkenntnisse über das Kommunikationsverhalten und die sozialen Kontakte der Betroffenen zu erlangen, gegebenenfalls sogar begrenzte Rückschlüsse auf die Gesprächsinhalte zu ziehen. Zudem weist ein Verkehrsdatenabruf eine erhebliche Streubreite auf, da er neben der Zielperson des Auskunftsersuchens notwendigerweise deren Kommunikationspartner erfasst, also vielfach Personen, die in keiner Beziehung zu dem Tatvorwurf stehen und den Eingriff in ihr Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben (vgl. BVerfGE 107, 299 318 ff.>; 121, 1 22>).
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Doch hat der Gesetzgeber mit § 100g Abs. 2 StPO den Abruf von Telekommunikations-Verkehrsdaten im Sinne des § 113b TKG von qualifizierten Voraussetzungen abhängig gemacht, die das Gewicht der dem Einzelnen und der Allgemeinheit durch den Vollzug der Vorschrift drohenden Nachteile für die Übergangszeit bis zur Entscheidung über die Hauptsache hinnehmbar und im Vergleich mit den Nachteilen für das öffentliche Interesse an einer effektiven Strafverfolgung weniger gewichtig erscheinen lassen.
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Maßgeblich ist hierfür die Gewichtung, die auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Antrag auf einstweilige Anordnung gegen das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung vom 21. Dezember 2007 zugrunde lag (vgl. BVerfGE 121, 1 23 f.>). Das Bundesverfassungsgericht hatte dort wegen des öffentlichen Gewichts einer wirksamen Verfolgung schwerer Straftaten solche Abrufersuchen zugelassen, die der Verfolgung von Katalogtaten im Sinne des § 100a Abs. 2 StPO dienten, wenn darüber hinaus auch die Voraussetzungen des § 100a Abs. 1 StPO vorlagen, namentlich die Tat auch im Einzelfall schwer wog und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos gewesen wäre.
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Diese Voraussetzungen ergeben sich nunmehr unmittelbar aus § 100g Abs. 2 Satz 1 StPO. Danach muss ein auf bestimmte Tatsachen gestützter Verdacht einer besonders schweren Straftat vorliegen, die auch im Einzelfall besonders schwer wiegt. Nach § 100g Abs. 2 Satz 1 StPO muss die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes der Beschuldigten darüber hinaus auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein und die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. Daneben steht ein abschließender Katalog besonders schwerer, zur Erhebung von Verkehrsdaten ermächtigender Straftaten als Teilmenge (vgl. BTDrucks 18/5088, S. 32) der in § 100a Abs. 2 StPO aufgeführten Katalogtaten. Sie begegnen für sich genommen keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Klassifizierung als Straftaten für Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung (vgl. BVerfGE 129, 208 241 f.>). Sie können vielmehr als Leitlinie dafür gelten, welche Straftaten der Gesetzgeber als so schwerwiegend bewertet, dass sie auch gewichtige Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 121, 1 25>). Der Gesetzgeber hat den Katalog in § 100g Abs. 2 Satz 2 StPO damit auf solche Straftaten reduziert, die der Bekämpfung des Terrorismus oder dem Schutz höchstpersönlicher Rechtsgüter, insbesondere Leib, Leben, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung, dienen. Außerdem sollen besonders schwere Straftaten umfasst sein, bei denen die gespeicherten Verkehrsdaten nach kriminalistischer Erfahrung besonders wertvolle Dienste leisten können (vgl. BTDrucks 18/5088, S. 32). Im Unterschied zu dem Katalog in § 100a Abs. 2 StPO bilden etwa bestimmte Vermögensdelikte (z.B. §§ 263, 263a, 264 StGB) keine tauglichen Anlasstaten für eine Vorratsdatenspeicherung. Angesichts dieser Einschränkungen hat das öffentliche Strafverfolgungsinteresse grundsätzlich derartiges Gewicht, dass die Aussetzung der Vorschrift durch eine einstweilige Anordnung trotz der entgegenstehenden gewichtigen Nachteile nicht geboten ist.
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bb) Auch in Blick auf §§ 101a, 101b StPO ist eine einstweilige Anordnung, nicht geboten. Gemäß § 101a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 100b Abs. 1 Satz 1 StPO steht die Erhebung von Verkehrsdaten nach § 100g StPO grundsätzlich unter Richtervorbehalt; nach § 101a Abs. 1 Satz 2 StPO findet zudem in den Fällen des § 100g Abs. 2 StPO (Erhebung von Verkehrsdaten im Sinne des § 113b Abs. 1 TKG) § 100b Abs. 1 Satz 2 und 3 StPO keine Anwendung, sodass die Staatsanwaltschaft auch bei Gefahr im Verzug die Anordnung nicht selbst treffen kann. § 101a Abs. 1 Satz 1 StPO stellt zudem spezifische Anforderungen an die Begründung einer solchen Entscheidung. Ob der Gesetzgeber mit diesen Vorgaben den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Einzelnen gerecht geworden ist, ist im Verfahren des Eilrechtsschutzes nicht abschließend zu klären. Jedenfalls ergibt sich aus der vorübergehenden Geltung dieser Vorschriften kein besonders schwerer Nachteil, der im Rahmen der hier gebotenen Folgenabwägung eine Aussetzung des Vollzugs der angegriffenen Vorschriften verlangte.
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c) Ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Europäische Grundrechtecharta oder sonstiges Unionsrecht für die Beurteilung der angegriffenen Vorschriften Bedeutung entfaltet, ist im Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Dass Unionsrecht dazu verpflichten könnte, die angegriffenen Vorschriften schon im Eilverfahren im Wege der einstweiligen Anordnung außer Kraft zu setzen, ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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