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BVerfG 16.09.2010 - 2 BvR 2349/08
BVerfG 16.09.2010 - 2 BvR 2349/08 - Nichtannahmebeschluss: Keine Verletzung der Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 S 1 GG) durch Ablehnung eines subjektiven Rechts eines Gemeindebürgers auf Durchsetzung eines Bürgerentscheids bzw auf Durchsetzung dessen Sperrwirkung nach sächsischem Kommunalrecht <§ 24 Abs 4 GemO SN>
Normen
Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 12 BauGB, BVerfGG, § 24 Abs 1 S 1 GemO SN, § 24 Abs 4 S 2 GemO SN, § 123 VwGO, § 42 Abs 2 VwGO
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 12. Februar 2008, Az: 4 B 117/08, Beschluss
vorgehend VG Dresden, 18. Dezember 2007, Az: 4 K 1911/07, Beschluss
Gründe
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Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen zwei verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, mit denen ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO wegen Verletzung der Sperrfrist und entsprechenden Sperrwirkung eines Bürgerentscheids nach § 24 Abs. 4 Satz 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) mangels Antragsbefugnis abgelehnt wurde.
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I.
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1. Der Beschwerdeführer ist Bürger und Einwohner der sächsischen Gemeinde W., der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens. Sein Wohngrundstück befindet sich in weniger als sechshundert Metern Entfernung zu dem im Industriegebiet L. befindlichen Betriebsgelände der M. AG, der Beigeladenen des Ausgangsverfahrens. Ende 2006 wurde in der Gemeinde W. ein Bürgerentscheid zur Frage des Erlasses eines Bebauungsplans, mit dem der Bau eines Ersatzbrennstoffheizkraftwerks durch die Beigeladene des Ausgangsverfahrens in dem Industriegebiet L. ermöglicht werden sollte, durchgeführt. Dabei stimmte eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen gegen den Erlass eines solchen Bebauungsplans. In § 24 SächsGemO ist der Bürgerentscheid wie folgt geregelt:
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§ 24
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Bürgerentscheid
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(1) In Gemeindeangelegenheiten können die Bürger und die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten über eine zur Abstimmung gestellte Frage entscheiden (Bürgerentscheid), wenn ein Bürgerbegehren Erfolg hat oder der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln die Durchführung eines Bürgerentscheides beschließt.
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(2) Der Bürgerentscheid kann über alle Fragen durchgeführt werden, für die der Gemeinderat zuständig ist. Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
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1. Weisungsaufgaben,
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2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
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3. Haushaltssatzungen und Wirtschaftspläne,
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4. Gemeindeabgaben, Tarife und Entgelte,
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5. Jahresabschlüsse und Gesamtabschlüsse sowie Jahresabschlüsse der Sondervermögen und Treuhandvermögen,
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6. Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
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7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren,
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8. Anträge, die gesetzwidrige Ziele verfolgen.
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(3) Bei einem Bürgerentscheid ist die Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 25 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt. Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat der Gemeinderat zu entscheiden.
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(4) Der Bürgerentscheid steht einem Beschluss des Gemeinderats gleich. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden.
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(5) Ein Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
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Im Herbst 2007 beschloss der Gemeinderat auf Antrag der Beigeladenen die Einleitung eines Verfahrens zum Erlass eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans (§ 12 BauGB) zur Errichtung eines Ersatzbrennstoffheizkraftwerks auf einem in der Nähe des Betriebsgeländes der Beigeladenen aber außerhalb des Industriegebiets L. gelegenen Grundstück.
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2. Der Beschwerdeführer suchte daraufhin bei dem Verwaltungsgericht Dresden um vorläufigen Rechtsschutz nach und beantragte, der Gemeinde im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu untersagen, weitere Planungsschritte zur Verwirklichung des ins Auge gefassten Vorhaben- und Erschließungsplans zur Errichtung eines Ersatzbrennstoffheizkraftwerkes der beigeladenen Molkerei durchzuführen. Darin führte er - soweit hier relevant - aus, der Aufstellungsbeschluss sei unwirksam, weil er gegen die Sperrwirkung des Bürgerentscheids nach § 24 Abs. 4 Satz 2 SächsGemO verstoße. Er werde bei der Aufstellung des beabsichtigten Bebauungsplans in seinen subjektiven Rechten verletzt.
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3. Das Verwaltungsgericht Dresden lehnte den Antrag mit angegriffenem Beschluss vom 18. Dezember 2007 ab. In den Gründen führte es Folgendes aus:
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Der Antrag sei unzulässig, da dem Beschwerdeführer die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis fehle. Es seien keine ihm zukommenden subjektiven Rechte ersichtlich, die durch die strittige Nichtbeachtung der Sperrwirkung des Bürgerentscheids möglicherweise verletzt sein könnten. Der Beschwerdeführer könne sich nicht auf ihm als Teil eines außerordentlichen Organs innerhalb der Gemeindeorganisation zustehende quasiorganschaftliche Rechte berufen. Auch in der Vergangenheit sei von dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht eine solche Stellung allenfalls den Vertretern des Bürgerbegehrens eingeräumt worden. Eine ausdrückliche Regelung, die dem Beschwerdeführer als Gemeindeeinwohner ein Recht zur gerichtlichen Durchsetzung der Einhaltung der aus § 24 Abs. 4 Satz 2 SächsGemO folgenden Sperrwirkung eines Bürgerentscheids einräume, enthalte die Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen nicht. Ein subjektives Recht auf Einhaltung der Sperrwirkung des Bürgerentscheids folge nicht aus dem aus § 24 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO folgenden Recht auf Mitentscheidung über die zur Abstimmung gestellte Frage. Trotz des hohen Stellenwertes von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid erschöpfe sich das Instrument unmittelbarer Mitwirkung und Abstimmung in der Wahrnehmung des Stimmrechts. Denn mit der Durchführung des Bürgerentscheids sei das ihm zugrunde liegende Verfahren (Bürgerbegehren oder Mehrheitsentscheidung des Gemeinderats) erledigt.
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Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers werde das Instrument des Bürgerentscheids ohne die Möglichkeit des einzelnen Gemeindebürgers, das Handeln der Kommune gerichtlich überprüfen zu lassen, auch nicht wertlos oder unverbindlich. Die Kontrolle des Vollzugs oder der Beachtung des Bürgerentscheids, das heißt die Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, obliege nach Art. 89 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) dem Freistaat Sachsen im Rahmen der Kommunalaufsicht. Eine andere Auffassung führe in mehrerlei Hinsicht zu systemwidrigen Ergebnissen. Zum einen gebe das Ergebnis des Bürgerentscheids die Entscheidung der Bürgerschaft in ihrer Gesamtheit wieder, so dass Zuordnungssubjekt eines Anspruchs auf Beachtung des Bürgerentscheids auch nur die Gesamtheit der Bürger sein könne und nicht ein Einzelner. Zum anderen führe die Einräumung eines individuellen Klagerechts zu einer - auch mit dem Stellenwert des Bürgerentscheids nicht zu rechtfertigenden - Besserstellung des einzelnen Bürgers im Vergleich zum einzelnen Gemeinderatsmitglied, das ebenfalls keinen gerichtlich verfolgbaren Anspruch auf Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Beschlüsse des Gemeinderats habe.
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Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei die Betroffenheit in eigenen Rechten bei der Geltendmachung der Sperrwirkung des Bürgerentscheids auch nicht wegen einer Vergleichbarkeit mit der Situation der Wahlanfechtung ausnahmsweise entbehrlich. Die entsprechende Regelung in § 26 Abs. 3 des Gesetzes über die Kommunalwahlen im Freistaat Sachsen (SächsKomWG) sei wegen der entgegenstehenden Regelung in § 42 Abs. 2 VwGO gerade nicht verallgemeinerungsfähig. Im Übrigen fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke, da der Bürgerentscheid gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 SächsGemO einem Gemeinderatsbeschluss gleichstehe und daher allein den hierfür in der Gemeindeordnung vorgesehenen Prüfungsmöglichkeiten unterworfen sei.
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4. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit dem gleichfalls angegriffenen Beschluss vom 12. Februar 2008 zurück. In den Gründen führte das Oberverwaltungsgericht aus:
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Die Beschwerde sei unbegründet. Die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe gäben zur Änderung des angefochtenen Beschlusses keine Veranlassung. Ein Bürger und Einwohner könne durch Planungen oder sonstige Maßnahmen von Gemeindeorganen nicht allein deshalb in seinen subjektiven Rechten verletzt werden, weil diese mit einem Bürgerentscheid nicht vereinbar seien. Ein Bürgerentscheid vermittle einzelnen Bürgern oder Einwohnern der Gemeinde auch dann kein subjektives Recht, wenn sie durch diesen begünstigt würden. Aus der Rechtsstellung als Bürger oder Einwohner resultiere ebenfalls kein subjektives Recht, das für einen Anspruch auf Beachtung eines Bürgerentscheids fruchtbar gemacht werden könne.
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5. In seiner daraufhin erhobenen Gehörsrüge beanstandete der Beschwerdeführer insbesondere, dass sich das Sächsische Oberverwaltungsgericht nicht mit zwei in der Beschwerdeschrift argumentativ herangezogenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein (Urteil vom 21. Juni 1995 - 2 L 121/94 -, juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 14. November 1974 - I 453/74 -, DVBl 1975, S. 552) auseinandergesetzt habe.
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6. Mit dem hier nicht angegriffenen Beschluss vom 16. September 2008 wies das Sächsische Oberverwaltungsgericht die Anhörungsrüge zurück. Das Vorbringen des Beschwerdeführers lasse eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht erkennen. In dem Umstand, dass die beiden von ihm angeführten oberverwaltungsgerichtlichen Entscheidungen im Beschluss des Senats vom 12. Februar 2008 nicht erwähnt worden seien, liege keine Gehörsverletzung. Das Gericht habe in knapper Form ausgeführt, warum es die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen habe. Ein Eingehen auf alle von dem Beschwerdeführer vorgetragenen Gesichtspunkte gebiete der Gehörsgrundsatz nicht.
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II.
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Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes, da die Verwaltungsgerichte ihm die Klagebefugnis gegen eine Entscheidung des Gemeinderats abgesprochen hätten, welche der Sperrfrist und der entsprechenden Sperrwirkung des Bürgerentscheids nach § 24 Abs. 4 Satz 2 SächsGemO zuwider laufe. Die Auffassung der Verwaltungsgerichte habe zur Folge, dass der Bürger kein subjektives Recht auf Befolgung des Bürgerentscheids und Einhaltung der dreijährigen Sperrfrist habe. Dem könne nicht gefolgt werden:
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Der subjektivrechtliche Charakter folge schon daraus, dass der Bürgerentscheid in dem 2. Teil der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen geregelt sei, der zahlreiche Vorschriften die individuellen Rechte der Einwohner und Bürger betreffend enthalte. Ferner ergebe sich ein subjektives Recht aus der Ausgestaltung der Vorschriften über die Durchführung und die Wirkung des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids. Der Gesetzgeber habe in § 24 Abs. 1 Satz 1 SächsGemO den Kreis der abstimmungsberechtigten Bürger definiert. Er habe weiter dem Bürgerentscheid in § 24 Abs. 4 SächsGemO bestimmte Rechtswirkungen, unter anderem die Sperrfrist, beigemessen. Somit ergebe sich aus § 24 Abs. 1 SächsGemO das Recht auf Teilnahme am Bürgerentscheid und aus § 24 Abs. 4 SächsGemO das subjektive Recht auf dessen Beachtung durch die Organe der Gemeinde.
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Nur durch die Zuerkennung einer individuellen Klagebefugnis könne die Sperrwirkung sowohl gegenüber der Gemeinde als auch gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde gesichert werden, denn die "Aktivbürgerschaft" der Gemeinde habe nicht die Möglichkeit, sich als solche mit einer Klage gegen Gemeindeorgane und Aufsichtsbehörde zu wenden. Ein Gemeinderat, der einen Bürgerentscheid missachte, löse eine "kommunale Verfassungskrise" aus, weil er sich über den unmittelbar geäußerten Willen des Gemeindevolks hinwegsetze und damit das Demokratieprinzip in Frage stelle. Es könne nicht sein, dass die Bürgerschaft es tatenlos hinnehmen müsse, wenn ein Gemeinderat innerhalb der fünfjährigen Wahlperiode gegebenenfalls mehrfach Bürgerentscheide missachte. Die Möglichkeit, den Gemeinderat bei der nächsten Wahl "abzustrafen" könne schwerlich als ausreichendes demokratisches Korrektiv angesehen werden. Die Verwehrung des Klagerechts bedeute letztlich, den Bürgerentscheid auf die Qualität einer unverbindlichen Bürgerbefragung herabzustufen.
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Schließlich gebiete Art. 19 Abs. 4 GG sowie das Rechtsstaatsprinzip, dass jeder, der durch einen hoheitlichen Akt in seinen Rechten verletzt werde, die Möglichkeit haben müsse, ein Gericht anzurufen. Der Bürger, der sich an einem Bürgerentscheid beteiligt habe, der unmittelbar ein bestimmtes Ergebnis mit bindender Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses gezeitigt habe, werde in seinen Rechten verletzt, wenn dieser Beschluss nicht umgesetzt werde. Bei der Ablehnung der Klagebefugnis des einzelnen Bürgers und Einwohners wäre überhaupt niemand klagebefugt, stattdessen könnte lediglich die Rechtsaufsichtsbehörde tätig werden.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, weil die aufgeworfenen Fragen in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung geklärt sind oder sich ohne weiteres anhand der bisherigen Rechtsprechung lösen lassen (vgl. BVerfGE 15, 275 281>; 61, 82 110>; 69, 1 49>; 83, 182 194 f.>; 84, 34 49>; 103, 142 156>; stRspr). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt; sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 25 f.>).
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Es kann insoweit offen bleiben, ob die Verfassungsbeschwerde den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ergebenden gesetzlichen Begründungsanforderungen genügt. Denn sie ist jedenfalls unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Dresden und des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die geltend gemachte Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht feststellbar.
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1. Die Verfassungsnorm des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den Rechtsweg, wenn jemand behauptet, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein (vgl. BVerfGE 13, 132 151>; 83, 182 194>). Sie gewährleistet indes nicht selbst den sachlichen Bestand oder Inhalt einer als verletzt behaupteten Rechtsstellung; diese richtet sich vielmehr nach der Rechtsordnung im Übrigen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzt mithin subjektive Rechte voraus und begründet sie nicht (vgl. BVerfGE 15, 275 281>; 61, 82 110>; 69, 1 49>; 83, 182 194 f.>; 84, 34 49>; 103, 142 156>; stRspr). Außerhalb verfassungsrechtlicher Gewährleistungen obliegt es damit dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Einzelnen ein subjektives Recht zustehen soll und welchen Inhalt es hat (vgl. BVerfGE 78, 214 226>; 83, 182 195>). Es stellt folglich eine Frage der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts dar, ob und in welchem Umfang ein solches im Einzelfall besteht. Ihre Beantwortung obliegt allein den zuständigen Fachgerichten und ist der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Es ist nicht dessen Aufgabe, in der Art einer Revisionsinstanz über die Richtigkeit der Auslegung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte zu befinden (vgl. BVerfGE 18, 85 92>; 32, 319 325 f.>; 83, 182 197>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juli 1989 - 1 BvR 290/87 -, NJW 1990, S. 2249, stRspr). Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht die vorliegend angegriffenen Entscheidungen nur daraufhin zu kontrollieren, ob die Fachgerichte bei ihrer Auslegung von § 123, § 42 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 24 Abs. 4 Satz 2 SächsGemO die Bedeutung der Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG erkannt und berücksichtigt haben und ob sie bei der Feststellung des Norminhalts willkürlich verfahren sind.
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze begegnen die beiden angefochtenen Entscheidungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
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a) Das Verwaltungsgericht Dresden hat sich in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2007 eingehend und umfassend mit der Frage der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen auseinandergesetzt. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gemeindeordnung ein subjektives Recht auf gerichtliche Durchsetzung des Bürgerentscheids respektive dessen Sperrwirkung nicht entnommen werden könne. Es seien keine dem einzelnen Einwohner und Bürger zugeordneten subjektiven Rechte ersichtlich, die durch die umstrittene Nichtbeachtung der Sperrwirkung des Bürgerentscheids verletzt sein könnten. Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung unter anderem darauf gestützt, dass weder eine diesbezügliche ausdrückliche Regelung existiere noch ein derartiges subjektives Recht des einzelnen Gemeindebürgers aus seinem Recht aus § 24 Abs. 1 SächsGemO auf (Mit-)Entscheidung über eine zur Abstimmung gestellte Frage folge. Auch aus der vom Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig Holstein (Urteil vom 21. Juni 1995 - 2 L 121/94 -, juris) angeführten Überlegung, dass nur "durch die Zuerkennung eines subjektiven Individualrechts - und damit einer individuellen Klagebefugnis - (…) die grundsätzliche 'Sperrwirkung' eines Bürgerentscheids gegenüber den Gemeindeorganen wie auch gegenüber der Aufsichtsbehörde gesichert und durchgesetzt werden" kann, folge kein subjektives öffentliches Recht. Das Instrument des Bürgerentscheids erschöpfe sich in der unmittelbaren Mitwirkung und Abstimmung in der Wahrnehmung des Stimmrechts. Die Kontrolle des Vollzugs oder der Beachtung der Sperrwirkung eines Bürgerentscheids obliege dem Freistaat Sachsen im Rahmen der Kommunalaufsicht (Art. 89 Abs. 1 SächsVerf). Beabsichtige eine Gemeinde erkennbar die Sperrwirkung eines Bürgerentscheids zu missachten, gebiete schon das öffentliche Interesse am Schutz plebiszitärer Elemente den Erlass einer Aufsichtsmaßnahme.
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b) Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen und sie bestätigt. Das Gericht hat dabei seine Auffassung, weder § 24 SächsGemO noch sonstige Vorschriften der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen gewährten dem Beschwerdeführer ein die Klagebefugnis begründendes subjektives Recht, darauf gestützt, dass ein Bürgerentscheid einzelnen Bürgern oder Einwohnern der Gemeinde auch dann kein subjektives Recht vermittle, wenn sie durch den Bürgerentscheid begünstigt würden. Aus der Rechtsstellung als Bürger oder Einwohner resultiere ebenfalls kein subjektives Recht, das für einen Anspruch auf Beachtung eines Bürgerentscheids fruchtbar gemacht werden könne.
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c) Angesichts dieser Darlegungen besteht kein Anlass zu der Befürchtung, das Verwaltungsgericht Dresden und das Sächsische Oberverwaltungsgericht könnten die Bedeutung der Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG bei der von ihnen vorgenommenen Auslegung und Anwendung der Vorschriften der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen und insbesondere von § 24 SächsGemO von vornherein übersehen oder aber jedenfalls zu Unrecht als unerheblich angesehen haben. Diesbezügliche Anhaltspunkte hat weder der Beschwerdeführer vorgetragen noch sind solche ersichtlich. Im Übrigen beschränkt sich das Vorbringen des Beschwerdeführers letztlich auf die Darlegung seiner abweichenden Auffassung von der vorgenommenen Auslegung des einfachen Rechts, deren Beurteilung allein dem Fachgericht obliegt, dessen Entscheidung das Bundesverfassungsgericht insoweit nicht nachzuprüfen hat.
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d) Die Begründung, mit der die Fachgerichte vorliegend der Vorschrift des § 24 Abs. 4 SächsGemO den Charakter einer den Beschwerdeführer begünstigenden Schutznorm abgesprochen haben, kann von Verfassungs wegen nicht beanstandet werden. Die Gerichte haben ausführlich dargelegt, dass und aus welchen Gründen die einschlägigen Vorschriften der Gemeindeordnung vorliegend dem einzelnen Bürger und Einwohner keine ihm zugeordneten subjektiven Rechte zum Schutz seiner Individualinteressen zuweisen. Diese Darlegungen sind nachvollziehbar und vertretbar. Sie lassen keine sachfremden oder sonst willkürlichen Erwägungen erkennen.
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3. Da die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wird, erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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