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BFH 15.12.2021 - III R 43/20
BFH 15.12.2021 - III R 43/20 - Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind bei fortbestehendem Ausbildungsverhältnis
Normen
§ 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009, § 32 Abs 4 S 1 Nr 3 EStG 2009, § 2 Abs 1 S 1 SGB 9 2018, EStG VZ 2018, EStG VZ 2019
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 1. Juli 2020, Az: 11 K 1832/19 Kg, Urteil
Leitsatz
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1. Eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung wegen Berufsausbildung scheidet aus, wenn Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses wegen einer nicht vorübergehenden Erkrankung unterbleiben. In Betracht kommt dann eine Berücksichtigung wegen Behinderung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).
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2. Eine Krankheit ist nicht vorübergehend, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine länger als sechs Monate dauernde Beeinträchtigung zu erwarten ist (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 01.07.2020 - 11 K 1832/19 Kg aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Münster zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) für den Zeitraum von Oktober 2018 bis Mai 2019 Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn hat.
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Die Klägerin bezog fortlaufend Kindergeld für ihren im Februar 1999 geborenen Sohn (S), der am 01.08.2015 eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker begonnen hatte, die nach dem Berufsausbildungsvertrag zum 31.01.2019 enden sollte.
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S erlitt im September 2018 während seiner Arbeit einen schweren Unfall mit Schädelbasisbruch und Schädel-Hirn-Trauma und befand sich deshalb vom ...09.2018 bis zum ...11.2018 in stationärer Behandlung. In dem Bericht des Klinikums vom ...11.2018 wird darüber ausgeführt:
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"[...] Hinsichtlich der beruflichen Teilhabe erscheint eine Rückkehr in den bisher ausgeübten Beruf bzw. die Berufsausbildung trotz der noch deutlich bestehenden neuropsychologischen Defizite möglich. Eine neuropsychologische Behandlung der bestehenden Defizite ist dringend und unbedingt indiziert. Diese sollte die Rückkehr in den häuslichen wie beruflichen Alltag begleiten, die Wiedereingliederung bzw. das Anforderungsprofil des Alltags steuern und das Kind in der Umsetzung störungsspezifischer Kompensationsstrategien unterstützen. [...]"
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Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus durchlief S einen sog. Reha-Plan. Mit Schreiben vom ...02.2019 bestätigte die Berufsgenossenschaft, dass das anhängige Heilverfahren das Ziel der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit als Zweiradmechatroniker in Ausbildung verfolge und der persönliche Reha-Plan am ...03.2019 fortgeschrieben werde. Am ...07.2019, also etwa sechs Wochen nach dem Ende des Streitzeitraums, erhielt S eine Aufnahmezusage zur beruflichen Eingliederung und nahm in der Zeit vom ...09.2019 bis zum ...09.2019 an einer Arbeitserprobung teil. In dem Bericht über die Arbeitserprobung heißt es:
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"[...] (S) ist mit guter Motivation in die Arbeitserprobung gestartet. [...] Er möchte seine Ausbildung [...] erfolgreich beenden. [...] Der Genesungsprozess (körperlich wie kognitiv) ist nach dem Unfall 2018 derzeit noch nicht abgeschlossen. Die medizinische Rehabilitation ist für die weitere berufliche Förderung sehr wichtig und notwendig."
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Ab dem ...02.2020 --der Unfall lag da bereits 17 Monate zurück-- nahm S an einer weiteren berufsvorbereitenden Maßnahme teil.
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Das Ausbildungsverhältnis bestand über den Monat Mai 2019 --dem letzten Monat des Streitzeitraums-- hinaus fort.
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Mit Bescheid vom 04.12.2018 hob die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) die Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab Januar 2019 auf, da S nach ihren Unterlagen seine Berufsausbildung im Dezember 2018 beende.
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Mit Schreiben vom 17.12.2018 und vom 18.01.2019 berichtete die Klägerin über den Unfall, den S erlitten hatte, und übersandte dessen Erklärung, dass er beabsichtige, die durch die Erkrankung unterbrochene Ausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen, sowie die Bescheinigung der Chefärztin des Klinikums vom ...01.2019, in der angekreuzt ist, dass das Ende der Erkrankung nicht absehbar sei.
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Die Familienkasse lehnte mit Bescheid vom 06.02.2019 die Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2019 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass S aufgrund der Erkrankung in absehbarer Zeit nicht aktiv an der bisherigen Ausbildung teilnehmen könne. Mangels eines ärztlichen Nachweises über das absehbare Ende der Erkrankung könne er nicht berücksichtigt werden. Die Erkrankung selbst begründe keinen Anspruch auf Kindergeld.
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Nachdem die Klägerin Einspruch eingelegt hatte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung nach vorheriger Anhörung der Klägerin gemäß § 70 Abs. 2 EStG für Oktober bis Dezember 2018 auf und forderte das überzahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 582 € gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung zurück. Die Klägerin legte auch gegen diesen Bescheid am 14.03.2019 Einspruch ein.
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Die Einsprüche gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid (Zeitraum Oktober bis Dezember 2018) und gegen den Ablehnungsbescheid (Zeitraum ab Januar 2019) wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidungen vom 23.05.2019 und 29.05.2019 als unbegründet zurück.
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Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, S sei im Streitzeitraum nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigen. Er habe sich weiterhin im --aufgrund des Unfalls verlängerten-- Ausbildungsverhältnis befunden, sei weiterhin ausbildungswillig gewesen und wegen der Erkrankung nur zeitweise außerstande gewesen, die Ausbildung durchzuführen. Sein Wille, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen, sei in mehrfacher Hinsicht belegt.
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Die Familienkasse rügt die unzutreffende Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG.
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Die Familienkasse beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG war zu Unrecht der Ansicht, für S sei Kindergeld zu gewähren, weil er sich in Ausbildung befunden habe.
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1. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG wird Kindergeld für ein Kind gewährt, welches das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).
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2. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass S im Streitzeitraum i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wurde.
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a) In Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (z.B. Senatsurteil vom 27.11.2019 - III R 65/18, BFH/NV 2020, 765, Rz 9).
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Dabei werden Ausbildungsmaßnahmen zwar einerseits durch eine Einschreibung an einer Schule oder Hochschule oder einen Ausbildungsvertrag mit einem Ausbildungsbetrieb indiziert. Andererseits genügt aber das formale Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses nicht, wenn es an ernsthaften und nachhaltigen Ausbildungsmaßnahmen fehlt (z.B. Senatsurteile in BFH/NV 2020, 765, Rz 10, und vom 18.01.2018 - III R 16/17, BFHE 260, 481, BStBl II 2018, 402, Rz 11). Soweit Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Kind seinem gewählten Ausbildungsgang nicht ernsthaft und hinreichend nachgeht, befindet es sich nicht in Berufsausbildung (Senatsurteile vom 03.07.2014 - III R 52/13, BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 32, und vom 08.09.2016 - III R 27/15, BFHE 255, 202, BStBl II 2017, 278, Rz 22).
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b) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Ausnahme von diesem Grundsatz für den Fall zugelassen wurde, dass die Ausbildung infolge einer Erkrankung oder wegen der Schutzfristen vor und nach der Entbindung unterbrochen wird (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15.07.2003 - VIII R 47/02, BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848, unter II.1.c; Senatsurteil vom 13.06.2013 - III R 58/12, BFHE 242, 118, BStBl II 2014, 834). Gleiches hat der BFH für den Fall angenommen, dass das Kind während eines Ausbildungsverhältnisses in Untersuchungshaft genommen oder wegen eines laufenden Strafverfahrens im Ausland mit einem Ausreiseverbot belegt wird (Senatsurteil vom 20.07.2006 - III R 69/04, BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.c). Vorausgesetzt wurde insoweit jedoch, dass das Kind einen Ausbildungsplatz hat und ausbildungswillig ist (BFH-Urteil in BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848, unter II.1.c; BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 2067, unter II.1.c).
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Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, da der Ausbildungsvertrag fortbestand und S weiterhin ausbildungswillig war.
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c) Die Unterbrechung der Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses steht der Berücksichtigung aber --wie auch die weitere Berücksichtigung eines ausbildungswilligen, sich aber vorübergehend nicht um einen Ausbildungsplatz bemühenden Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG (Senatsurteil vom 31.08.2021 - III R 41/19, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2022, 718)-- nur dann nicht entgegen, wenn die Erkrankung vorübergehend ist. Eine krankheitsbedingte Unterbrechung der Ausbildung ist insoweit nicht anders zu behandeln als eine krankheitsbedingte Unterbrechung der Suche nach einem Ausbildungsplatz; dies hatte der Senat für mutterschutzbedingte Unterbrechungen der Ausbildung oder der Ausbildungsplatzsuche bereits im Urteil in BFHE 242, 118, BStBl II 2014, 834 (Rz 13) entschieden.
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aa) Das Erfordernis einer nur vorübergehenden Krankheit ergibt sich aus der Notwendigkeit, die von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG erfassten Fälle von den unter § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG fallenden Fällen abzugrenzen. Letztere Bestimmung erfordert zum einen eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung, die nach der maßgeblichen Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) eine mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate dauernde Beeinträchtigung voraussetzt (Senatsurteil vom 12.11.2020 - III R 49/18, BFHE 271, 229, Rz 14). Zweck dieses Kriteriums ist es, vorübergehende Gesundheitsstörungen aus dem Behinderungsbegriff auszuschließen und damit nur Beeinträchtigungen eines bestimmten Schweregrades zu erfassen (Senatsurteil vom 27.11.2019 - III R 44/17, BFHE 267, 337, BStBl II 2020, 558, Rz 26).
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Zum anderen werden behinderte Kinder nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG nur dann berücksichtigt, wenn sie behinderungsbedingt außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, was eine Prüfung des Bedarfs des Kindes und der diesem zur Verfügung stehenden Mittel erfordert. Bei nicht nur vorübergehenden Erkrankungen des Kindes darf eine typische Unterhaltssituation, die zu seiner steuerlichen Berücksichtigung führt, nicht allein aufgrund der Erkrankung angenommen werden, sondern erfordert darüber hinaus die Feststellung eines konkreten Unterhaltsbedarfs. Diese Wertung des Gesetzgebers würde umgangen, wenn längerfristig erkrankte Kinder nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a oder c EStG ohne eine Bedarfsprüfung berücksichtigt würden. Gerade bei längerfristig erkrankten Kindern ist es nicht ausgeschlossen, dass Sozialleistungen in Anspruch genommen werden, die einen Unterhaltsbedarf entfallen lassen.
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bb) Unterbleiben Ausbildungsmaßnahmen wegen einer Erkrankung, so darf die gesundheitliche Beeinträchtigung daher --ebenso wie bei einer krankheitsbedingten Unterbrechung der Bemühungen um einen Ausbildungsplatz (Senatsurteil in NJW 2022, 718)-- regelmäßig nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, wenn das Kind weiter wegen seiner Ausbildung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt werden soll. Dabei ist --um den Gleichlauf mit der Feststellung einer Behinderung zu gewährleisten-- nicht die (rückblickend) seit Beginn der Erkrankung oder die seit ihrer erstmaligen ärztlichen Diagnose tatsächlich verstrichene Zeit, sondern die ihrer Art nach zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung maßgebend (BFH-Urteil vom 18.06.2015 - VI R 31/14, BFHE 251, 147, BStBl II 2016, 40, Rz 22; Senatsurteil in BFHE 267, 337, BStBl II 2020, 558, Rz 26). Zur Beurteilung dieser Frage ist ggf. eine Prognose zur weiteren Entwicklung der Funktionsbeeinträchtigung zu stellen (Senatsurteil vom 19.01.2017 - III R 44/14, BFH/NV 2017, 735, Rz 18).
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3. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif und geht an das FG zurück.
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a) Das FG hat nicht festgestellt, ob eine sechs Monate übersteigende Erkrankungsdauer bereits in den ersten Monaten des Streitzeitraums --vor der chefärztlichen Bescheinigung des nicht absehbaren Heilungstermins am ...01.2019-- mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet wurde. Falls zunächst eine schnellere Genesung als möglich erschien, könnte S angesichts des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses bis dahin weiter nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigt werden.
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b) Für den Zeitraum, in dem eine Berücksichtigung wegen Ausbildung aufgrund des dann (mit hoher Wahrscheinlichkeit) erwarteten --und eingetretenen-- langwierigen Heilungsprozesses nicht in Betracht kommt, ist im zweiten Rechtsgang zu prüfen, in welchen Monaten S behinderungsbedingt außerstande war, sich selbst zu unterhalten und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist.
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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