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BFH 11.11.2019 - IX B 55/19
BFH 11.11.2019 - IX B 55/19 - Nichtzulassungsbeschwerde: Divergenz, Verfahrensfehler
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 76 Abs 1 S 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 6. März 2019, Az: 1 K 1527/17, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Für die schlüssige Rüge einer Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) bedarf es u.a. der Darlegung, dass es sich im Streitfall um einen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt handelt, so dass sich in der angefochtenen und in der Divergenzentscheidung dieselbe Rechtsfrage stellt.
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2. NV: Sind Ausführungen des FG, die einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (hier: Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) begründen sollen, für seine Entscheidung nicht tragend, fehlt es an der erforderlichen Erheblichkeit des behaupteten Verfahrensmangels.
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 06.03.2019 - 1 K 1527/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht gegeben. Die Revision ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO, dazu unter 1. und 2.) noch wegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, dazu unter 3.), zuzulassen.
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1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Divergenz, § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) liegen nicht vor.
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a) Die schlüssige Rüge einer Divergenz erfordert die Darlegung, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der Bundesfinanzhof (BFH) oder ein anderes FG. Gleiches gilt für Entscheidungen eines anderen obersten Bundesgerichts. Dabei muss das FG seinem Urteil einen entscheidungserheblichen (tragenden) abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (BFH-Beschluss vom 28.04.2016 - IX B 18/16, BFH/NV 2016, 1173, Rz 9).
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Im Einzelnen sind für die schlüssige Rüge einer Divergenz gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO die angeblichen Divergenzentscheidungen genau --mit Datum und Aktenzeichen oder Fundstelle-- zu bezeichnen sowie tragende, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits gegenüberzustellen, um die Abweichung deutlich zu machen. Dies erfordert auch die Darlegung, dass es sich im Streitfall um einen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt handelt, so dass sich in der angefochtenen und in der Divergenzentscheidung dieselbe Rechtsfrage stellt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2016, 1173, Rz 10).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Zwar haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Divergenzentscheidungen benannt (BFH-Urteil vom 19.09.2002 - VI R 70/01, BFHE 200, 336, BStBl II 2003, 139; FG Nürnberg, Urteil vom 07.12.2017 - 6 K 1148/16, Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 935) und abstrakte Rechtssätze herausgestellt, die einander widersprechen sollen. Indes haben die Kläger nicht dargelegt, dass der vorliegende Sachverhalt mit den Sachverhalten, die den vorgenannten Divergenzentscheidungen zugrunde liegen, vergleichbar ist.
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c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Vorinstanz die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung angewandt hat. Insbesondere hat sie den Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgelegt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27.07.2015 - GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265, Rz 62 ff.). Das FG hat allein die Gesamtumstände des Streitfalls in tatsächlicher Hinsicht --abweichend von den Klägern-- dahingehend gewürdigt, dass der Raum nicht (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wurde. Dies vermag eine Divergenz in tragenden Rechtssätzen indes nicht zu begründen.
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2. Auch ein sog. qualifizierter Rechtsfehler, der die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.
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a) Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des FG zu einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung geführt hat. Die Entscheidung des FG muss dabei in einem solchen Maße fehlerhaft sein, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte. Greifbare Gesetzwidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht. Eine Entscheidung ist dann (objektiv) willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Von Willkür kann dagegen nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandergesetzt hat und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschluss vom 22.04.2013 - III B 115/12, BFH/NV 2013, 1114, Rz 4, m.w.N.). Unterhalb dieser Schwelle liegende (auch erhebliche) Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit bzw. eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen. Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich genommen nicht die Zulassung der Revision (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 172, 220, m.w.N.).
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b) Vorliegend kann offenbleiben, ob die Kläger einen sog. qualifizierten Rechtsfehler schlüssig dargelegt haben; ein solcher ist jedenfalls nicht festzustellen. Entgegen der Ansicht der Kläger ist das angefochtene Urteil nicht (objektiv) willkürlich. Vielmehr ist die Rechtsanwendung der Vorinstanz verständlich und lässt nicht den Schluss zu, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflicht, kann dies nach § 162 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung eine Schätzung rechtfertigen. Darauf hat sich das FG berufen und zugleich eine Mitwirkungspflichtverletzung der Kläger bejaht. Dabei hat es vor allem auf die widersprüchlichen Angaben zum Sachverhalt --die Kläger hätten vorgetragen, keine Kaufpreiszahlungen erhalten zu haben bzw. dass nur ein (symbolischer) Kaufpreis von 1 € vereinbart worden sei-- sowie das Fehlen jeglicher Nachweise für die eine oder andere Sachverhaltsvariante hingewiesen. Dies mag nicht zwingend sein, entbehrt aber jedenfalls nicht jedes sachlichen Grundes.
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Entsprechendes gilt für den von den Klägern angeführten Umstand, dass die Erwerberin der Geschäftsanteile am 22.09.2014 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht worden ist. Dies machte es für die Kläger nicht entbehrlich, die Kaufpreisvereinbarung zur Anteilsveräußerung vom 02.10.2012 nachzuweisen. Im Übrigen hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu Recht darauf hingewiesen, dass aus diesem Umstand nicht zwingend auf die Nichtrealisierung des Kaufpreises zu schließen ist.
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Dass ein Kaufpreisausfall nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22.12.2010 - I R 58/10, BFHE 232, 185, BStBl II 2015, 668) zu einer rückwirkenden Verminderung des Veräußerungsgewinns i.S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes --nicht zu einem späteren laufenden Verlust-- führt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Zwar gilt für die Ermittlung des Gewinns i.S. des § 17 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes Entsprechendes (vgl. nur Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 38. Aufl., § 17 Rz 137). Ist die Forderung wegen Vermögenslosigkeit des Schuldners uneinbringlich, bleibt sie außer Ansatz (BFH-Urteil vom 06.12.2016 - IX R 7/16, BFH/NV 2017, 724). Die Höhe und den Ausfall bzw. die Uneinbringlichkeit der Kaufpreisforderung haben die Kläger jedoch gerade nicht nachgewiesen.
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3. Schließlich rügen die Kläger zu Unrecht einen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Gestalt einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO. Es kann dahinstehen, ob das FG seine Sachaufklärungspflicht verletzt hat, indem es den sachlichen Zusammenhang der Arbeitszimmeraufwendungen mit den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung (bzw. mit seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit) nicht weiter aufgeklärt hat. Ebenso wenig muss entschieden werden, ob die Kläger ihr Rügerecht --wie das FA geltend macht-- durch rügeloses Einlassen verloren haben. Jedenfalls waren die Ausführungen des FG unter 2.c der Entscheidungsgründe --was auch die Kläger andeuten-- für seine Entscheidung nicht tragend. Es fehlt daher an der erforderlichen Erheblichkeit des (behaupteten) Verfahrensmangels (vgl. dazu Gräber/Ratschow, a.a.O., § 115 Rz 303).
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4. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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