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BFH 06.11.2019 - X R 39/17
BFH 06.11.2019 - X R 39/17 - Einkommensteuerliche Behandlung von Kapitalabfindungen für Kleinbetragsrenten aus Altersvorsorgeverträgen
Normen
§ 22 Nr 5 S 1 EStG 2009, § 22 Nr 5 S 13 EStG 2009 vom 17.08.2017, § 34 Abs 2 Nr 4 EStG 2009, § 93 Abs 3 EStG 2009, § 115 Abs 2 FGO, § 14 Abs 1 S 2 AltZertG, § 10a EStG 2009, EStG VZ 2015
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 4. Juli 2017, Az: 5 K 3136/16, Urteil
nachgehend FG Köln, 12. August 2020, Az: 5 K 3136/16, Urteil
Leitsatz
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1. Die auf der Grundlage des § 93 Abs. 3 EStG förderunschädlich ausgezahlte Kapitalabfindung einer Kleinbetragsrente ist nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang einkommensteuerpflichtig .
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2. Die Anwendung des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG auf Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen setzt nicht voraus, dass der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung der Leistung noch zertifiziert ist. Es genügt in diesem Zusammenhang vielmehr, wenn für den einzelnen zuvor geleisteten Beitrag die Voraussetzungen des § 10a oder des Abschn. XI des EStG --zu denen auch die Zertifizierung gehört-- vorgelegen haben.
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3. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Kapitalabfindungen von Kleinbetragsrenten aus Altersvorsorgeverträgen kann in der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG nicht allein mit der Begründung bejaht werden, der ursprüngliche Altersvorsorgevertrag habe eine solche Kapitalisierungsmöglichkeit nicht vorgesehen.
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4. Auch wenn der Spruchkörper, der die Revision zugelassen hat, nur in Bezug auf eine bestimmte Rechtsfrage einen durchgreifenden Revisionszulassungsgrund gesehen hat, kann der Revisionskläger in seiner Revisionsbegründung --im Rahmen des von ihm bereits vor dem FG gestellten Antrags-- bei einem unteilbaren Streitgegenstand weitere Rechtsfragen zur Prüfung des Revisionsgerichts stellen.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 04.07.2017 - 5 K 3136/16 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die im Jahr 1950 geborene Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) schloss am 27.12.2003 mit einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag, hier einen Banksparplan. Entsprechend § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (AltZertG a.F.) sah der Altersvorsorgevertrag vor, dass die Auszahlung ausschließlich in Form einer lebenslangen monatlichen Leibrente oder eines Auszahlungsplans mit monatlichen Teilraten und anschließender lebenslanger Teilkapitalverrentung möglich sein sollte.
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Im Jahr 2014 vereinbarte die --zu diesem Zeitpunkt 64-jährige-- Klägerin mit dem Anbieter, das vorhandene Altersvorsorgeguthaben angesichts der geringen Höhe der sich ergebenden laufenden Leistungen zu Beginn des Jahres 2015 in Form einer Einmalleistung auszuzahlen. Dies war möglich geworden, weil --zeitlich nach dem Vertragsschluss-- durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) vom 05.07.2004 (BGBl I 2004, 1427) mit Wirkung zum 01.01.2005 in § 93 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine Regelung geschaffen worden war, wonach die Kapitalabfindung einer Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase als unschädliche Verwendung anzusehen ist.
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Demzufolge zahlte der Anbieter der Klägerin am 02.01.2015 einen Betrag von 9.026,44 € aus, der sich wie folgt aufgliedert:
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8.877,97 €: Beträge (Eigenleistungen der Klägerin sowie Zinsen), die durch eine Altersvorsorgezulage oder den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG gefördert worden sind;
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51,88 €: Zinsen, die nicht gefördert worden sind;
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96,59 €: Eigenleistungen der Klägerin, die nicht gefördert worden sind.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) besteuerte die Kapitalabfindung im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2015 vom 16.08.2016 in Höhe von 8.877,97 € als "Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag" gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang und in Höhe von 51,88 € (nicht geförderte Zinsen) gemäß § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG ebenfalls in vollem Umfang. Der weitere Teilbetrag von 96,59 € blieb unbesteuert, da er nicht gefördert worden war.
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Im Einspruchs- und Klageverfahren wandte sich die Klägerin in erster Linie gegen die Besteuerung dem Grunde nach. § 22 Nr. 5 EStG sehe für die Fälle des § 93 Abs. 3 EStG keinen Besteuerungstatbestand vor. Der Gesetzgeber habe die Kapitalabfindung von Kleinbetragsrenten privilegieren wollen. Bei einer vollen Besteuerung dieser Abfindungen würde der in § 93 Abs. 3 EStG geregelte Fall einer unschädlichen Verwendung schlechter gestellt als die Fälle schädlicher Verwendung (§ 93 Abs. 1 EStG), in denen lediglich die erhaltenen Zulagen und Steuervorteile zurückzuzahlen seien und darüber hinaus nur die Differenz zwischen Ein- und Auszahlung zu besteuern sei. Eine Übertragung von gefördertem Altersvorsorgevermögen im Rahmen eines Versorgungsausgleichs werde in § 93 Abs. 1a EStG als nicht schädliche Verwendung bezeichnet, führe aber nicht zur Besteuerung. Dies müsse dann auch für den weiteren, in § 93 Abs. 3 EStG geregelten Fall der nicht schädlichen Verwendung gelten. Ohnehin seien auf die Kapitalauszahlung die im Jahr des Vertragsschlusses (2003) geltenden einkommensteuerlichen Vorschriften anzuwenden.
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Hilfsweise seien die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes unter dem Gesichtspunkt der Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG) erfüllt. Die zusammengeballte Auszahlung des über viele Jahre hinweg angesparten Kapitals stelle eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten dar, die hier zudem nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entspreche.
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Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem --in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 451 veröffentlichten-- Urteil aus, die Steuerpflicht der Auszahlungen dem Grunde nach ergebe sich aus § 22 Nr. 5 Satz 1 bzw. Satz 2 Buchst. c EStG. Es handele sich nicht um eine schädliche Verwendung i.S. des § 93 Abs. 1 EStG, sondern um eine spezialgesetzlich in § 93 Abs. 3 EStG geregelte, für das Behaltendürfen der Förderung unschädliche Kapitalabfindung. Maßgebend sei die im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalauszahlung geltende Rechtslage.
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Der ermäßigte Steuersatz sei nicht zu gewähren, da die Kapitalabfindung keine Entschädigung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG sei. Auf § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ging das FG nicht ein.
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Mit ihrer Revision wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen, wendet sich aber nicht mehr gegen die steuerliche Erfassung der in der Kapitalabfindung enthaltenen nicht geförderten Zinsen (51,88 €) dem Grunde nach.
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Ergänzend trägt die Klägerin vor, § 93 Abs. 3 EStG fingiere lediglich eine nicht schädliche Verwendung. Tatsächlich stelle aber auch die Kapitalauszahlung einen Fall der schädlichen Verwendung i.S. des § 93 Abs. 1 EStG dar, zumal eine Kapitalabfindung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gar nicht zulässig gewesen wäre, also stets eine schädliche Verwendung dargestellt hätte. Hierfür spreche auch § 94 Abs. 1 EStG, der die Fälle des § 93 Abs. 1 und 3 EStG gleichbehandle. Für Rückzahlungen nach § 93 Abs. 1 EStG verweise § 22 Nr. 5 Satz 3 EStG aber auf Satz 2 dieser Vorschrift. Bei einem Banksparplan sei insoweit § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG anzuwenden, der lediglich die Besteuerung der Differenz zwischen Aus- und Einzahlungen anordne.
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Der für die Anwendung des --hilfsweise begehrten-- ermäßigten Steuersatzes erforderliche atypische Verlauf liege darin, dass die ursprüngliche Vereinbarung kein Kapitalwahlrecht vorgesehen habe. Daran habe sich auch durch die Einführung des § 93 Abs. 3 EStG mit Wirkung ab 2005 nichts geändert, da der Altersvorsorgevertrag unverändert geblieben sei.
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Zudem erfülle der im Jahr 2014 geschlossene Änderungsvertrag nicht die Voraussetzungen des AltZertG, da es sich um eine zertifizierungspflichtige Vertragsänderung gehandelt habe, die Änderung aber nicht zertifiziert worden sei. Daher sei das geförderte Altersvorsorgevermögen nicht unter den Voraussetzungen der in § 93 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Fassungen des AltZertG ausgezahlt worden, so dass § 22 Nr. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 2 Buchst. c EStG bereits unmittelbar anzuwenden sei.
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Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 03.11.2016 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 16.08.2016 dahingehend zu ändern, dass der Betrag von 8.877 € nicht mehr als Leistung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG angesetzt wird, hilfsweise für einen Betrag von 8.928 € den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG zu gewähren,
und dem Beklagten die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Es ist der Auffassung, die Einkommensteuerpflicht der Kapitalauszahlung dem Grunde nach sei nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, da die Revision nur wegen der Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zugelassen worden sei.
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Der ermäßigte Steuersatz könne nicht gewährt werden. Kapitalabfindungen seien seit 2005 gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und damit nicht atypisch. In den Fällen der Kleinbetragsrenten des § 93 Abs. 3 EStG sei die Abfindung vom Gesetzgeber sogar gewollt, da auf diese Weise unverhältnismäßig hohe Verwaltungskosten vermieden werden könnten. Erst mit Wirkung ab dem 01.01.2018 habe der Gesetzgeber in § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG angeordnet, dass § 34 Abs. 1 EStG in den Fällen des § 93 Abs. 3 EStG "entsprechend" anzuwenden sei. Damit bringe der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass der unmittelbare Anwendungsbereich der Vorschriften über den ermäßigten Steuersatz gerade nicht eröffnet sei.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat zwar die Einkommensteuerpflicht der Kapitalabfindung dem Grunde nach zutreffend bejaht (dazu unten 1.). Da die Vorinstanz aber die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG übersehen und demzufolge keine tatsächlichen Feststellungen zu deren besonderen Voraussetzungen getroffen hat, muss die Sache zur Nachholung entsprechender Feststellungen und Tatsachenwürdigungen an das FG zurückverwiesen werden (unten 2.).
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1. Die Kapitalabfindung ist in dem Umfang, mit dem das FA sie im angefochtenen Bescheid angesetzt hat, einkommensteuerpflichtig.
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a) Entgegen der Auffassung des FA ist auch diese Frage Gegenstand des Revisionsverfahrens. Vorliegend handelt es sich um einen einheitlichen Streitgegenstand (Einkommensteuer 2015), zu dem mehrere Rechtsfragen streitig sind. Zwar hat der Senat in seinem Zulassungsbeschluss --wie er im Tenor des dortigen Beschlusses ausdrücklich ausgeführt hat-- nur in Bezug auf die Norm des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG einen durchgreifenden Zulassungsgrund gesehen. Dies ändert aber nichts daran, dass ein Revisionskläger in seiner Revisionsbegründung --im Rahmen des von ihm bereits vor dem FG gestellten Antrags, der hier nicht überschritten ist-- auch weitere Rechtsfragen streitig stellen kann (vgl. zum Ganzen auch Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.01.2006 - I R 58/04, BFHE 213, 291, BStBl II 2006, 707, unter II.1.).
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b) Zu Recht hat das FA denjenigen Teil der Kapitalabfindung, der auf Beträgen (Eigenleistungen sowie Zinsen) beruht, die durch eine Altersvorsorgezulage oder den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG gefördert worden sind (8.877,97 €), dem Besteuerungstatbestand des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zugeordnet.
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aa) Bereits der Wortlaut dieser Regelung, nach der u.a. "Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen" zu den steuerpflichtigen sonstigen Einkünften gehören, ist erfüllt. Denn die Kapitalabfindung stellt eine Leistung aus dem von der Klägerin abgeschlossenen Altersvorsorgevertrag dar.
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Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Begriff des "Altersvorsorgevertrags" in § 82 Abs. 1 Satz 1 EStG dahingehend definiert wird, dass es sich um einen Vertrag handeln muss, der nach § 5 AltZertG zertifiziert ist, und die Klägerin die Auffassung vertritt, ihr Vertrag habe seine ursprüngliche Zertifizierung verloren, weil die im Jahr 2014 vorgenommene Vertragsänderung (erstmalige Vereinbarung einer Kapitalisierungsmöglichkeit) nicht zertifiziert worden sei.
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(1) Zum einen wird die Vertragsänderung, die zwischen dem Anbieter und der Klägerin im Jahr 2014 vereinbart worden ist, durch § 14 Abs. 1 Satz 2 AltZertG von der Notwendigkeit einer Zertifizierung ausgenommen. Nach dieser Regelung ist eine erneute Zertifizierung des Vertrags nicht erforderlich, soweit der Anbieter unter Beibehaltung der vertraglichen Ausgestaltung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung mit seinen Bestandskunden die einvernehmliche Übernahme der in Art. 7 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa bis cc und ee AltEinkG enthaltenen Änderungen ganz oder teilweise vereinbart.
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Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die vertragliche Ausgestaltung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 AltZertG a.F. (Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten) blieb unverändert; die Möglichkeit der Abfindung einer Kleinbetragsrente nach § 93 Abs. 3 EStG wurde durch Art. 7 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. cc AltEinkG in den Katalog der Zertifizierungsvoraussetzungen nach § 1 AltZertG eingefügt, so dass es gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 AltZertG keiner erneuten Zertifizierung einer entsprechenden Vertragsänderung bedurfte.
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Zwar vertritt die Klägerin abweichend vom Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 AltZertG die Auffassung, nach Ende der Ansparphase sei § 14 Abs. 1 Satz 2 AltZertG nicht mehr anwendbar und beruft sich dafür auf die Kommentierung von Baroch Castellví (§ 14 AltZertG, Rz 4), in der es heißt: "Weil die Anpassungsmöglichkeit unbefristet eingeräumt ist, kann daher z.B. die Abfindung einer Kleinbetragsrente im jeweiligen Einzelfall auch noch unmittelbar vor Ende der Ansparphase vereinbart werden." Diese Literaturauffassung trägt das Vorbringen der Klägerin aber gerade nicht, weil auch Baroch Castellví ausdrücklich davon ausgeht, dass die Anpassungsmöglichkeit "unbefristet" eingeräumt worden ist. Die von ihm lediglich beispielhaft erwähnte Möglichkeit, die Abfindung einer Kleinbetragsrente unmittelbar vor dem Ende der Ansparphase zu vereinbaren, schließt ersichtlich nicht aus, dass eine solche Vereinbarung auch in dem Zeitraum zwischen dem --im Streitfall sehr frühzeitigen-- Beginn des Bezugs von Altersrente und dem --hier wesentlich späteren-- vertraglichen Beginn der Auszahlungsphase des Altersvorsorgevertrags getroffen werden kann. Weshalb in einem solchen Fall entgegen dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 AltZertG eine ausdrückliche erneute Zertifizierung notwendig sein soll, deren Unterbleiben dann zu einer vollständigen Steuerfreiheit der Kapitalauszahlung führen soll, erschließt sich dem Senat nicht; auch der angeführten Kommentierung lässt sich die von der Klägerin vertretene Rechtsfolge nicht entnehmen.
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(2) Unabhängig davon ist der Senat der Auffassung, dass es die Systematik der nachgelagerten Besteuerung (zu dieser Systematik ausführlich unten bb) gebietet, den Begriff des "Altersvorsorgevertrags" in § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG --insoweit abweichend von der Definition des § 82 Abs. 1 Satz 1 EStG-- dahingehend zu verstehen, dass hierfür das Vorhandensein eines Altersvorsorgevertrags genügt, ohne zusätzlich vorauszusetzen, dass dieser auch noch im Zeitpunkt der Vornahme der Auszahlung zertifiziert sein muss. Nach der Systematik des § 22 Nr. 5 EStG kommt es nicht auf die (aktuelle) Zertifizierung des Vertrags im Ganzen an, sondern vielmehr darauf, ob für den einzelnen zuvor geleisteten Beitrag die Voraussetzungen des § 10a oder des Abschn. XI des EStG --zu denen die Zertifizierung gehört-- vorgelegen haben (vgl. § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG).
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Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung der Zertifizierung beschränkt sich demgegenüber darauf, für Beiträge, die auf einen entsprechend zertifizierten Vertrag gezahlt werden, die Möglichkeit zur Gewährung der Altersvorsorgezulage (§ 82 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG) sowie den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG (vgl. § 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG, der auf § 82 EStG verweist) zu eröffnen.
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Die gegenteilige, von der Klägerin vertretene Auslegung würde es den Steuerpflichtigen erlauben, bei einem zertifizierten Vertrag, für den sie in der Ansparphase die steuerliche Förderung in Anspruch genommen haben, kurz vor Beginn der Auszahlungsphase mit dem Anbieter eine Vertragsänderung zu vereinbaren, die sie nicht zertifizieren lassen. Der Senat kann der gesetzlichen Systematik nicht entnehmen, dass allein eine solche Vertragsänderung dazu führen soll, dass sämtliche künftigen Auszahlungen aus diesem Vertrag nicht gemäß § 22 Nr. 5 EStG der Besteuerung unterworfen werden sollen. Auch den von der Klägerin angeführten Kommentarstellen (Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 38. Aufl., § 22 Rz 170, 171, 173; Lindberg, in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2018, § 22 Rz 195a) lässt sich nicht entnehmen, dass dort eine solche Auslegung befürwortet würde; die genannten Autoren äußern sich zu der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage vielmehr nicht.
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bb) Die Anwendung des Besteuerungstatbestands des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG im Streitfall entspricht auch dem Zweck dieser Norm. Sie setzt das System der "nachgelagerten Besteuerung", das seit 2005 sowohl der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen der Basisversorgung (erste Schicht des sog. Drei-Schichten-Modells) als auch der steuerlich geförderten freiwilligen privaten Altersvorsorge (Teil der zweiten Schicht) zugrunde liegt, für den letztgenannten Sachbereich in positives Recht um. Bei der vorliegend in Rede stehenden Kapitalabfindung handelt es sich um die Auszahlung aus einem zweckgebundenen Altersvorsorgevermögen der Klägerin, das sie durch Beiträge aufgebaut hat, für die sie die steuerliche Förderung --Altersvorsorgezulage oder Sonderausgabenabzug-- in Anspruch genommen hatte. Da ihre Aufwendungen mithin einkommensteuerlich entlastet waren und es aufgrund der Regelung des § 93 Abs. 3 EStG trotz der vorzeitigen Kapitalisierung der laufenden Rentenansprüche endgültig bei dieser Entlastung blieb, entspricht es der --klar erkennbaren-- gesetzlichen Systematik, die Auszahlung des mit den Beiträgen und den gutgeschriebenen Zinsen aufgebauten Kapitals "nachgelagert" zu besteuern.
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cc) Dem stehen auch die weiteren Einwendungen der Klägerin nicht entgegen.
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(1) § 93 Abs. 1 EStG --mit der Folge der einkommensteuerlichen Erfassung der Kapitalabfindung nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG statt nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG-- ist in den Fällen des § 93 Abs. 3 EStG weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
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(a) Die Auffassung der Klägerin, in den Fällen des § 93 Abs. 3 EStG handele es sich letztlich ebenfalls um eine schädliche Verwendung, steht zu dem klaren Wortlaut dieser Regelung in Widerspruch. Denn danach gelten Auszahlungen zur Abfindung einer Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase gerade nicht als schädliche Verwendung. Auch der Umstand, dass § 94 Abs. 1 Satz 5 EStG die --für schädliche Verwendungen geltende-- Regelung des § 94 Abs. 1 Satz 1 EStG für entsprechend anwendbar erklärt, ändert daran nichts. Denn dies betrifft lediglich die Pflicht des Anbieters, die Kapitalauszahlung der zentralen Stelle anzuzeigen. Die Sätze 2 bis 4 des § 94 Abs. 1 EStG, die weitere besondere Pflichten des Anbieters und der zentralen Stelle in Fällen der schädlichen Verwendung regeln, gelten bei einer unschädlichen Kapitalauszahlung nach § 93 Abs. 3 EStG gerade nicht.
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(b) Die Klägerin bringt weiter vor, die Übertragung von gefördertem Altersvorsorgevermögen im Rahmen eines Versorgungsausgleichs werde durch § 93 Abs. 1a EStG ebenfalls als nicht schädliche Verwendung fingiert, löse aber keine einkommensteuerlichen Folgen aus. Dies müsse dann auch für die Kapitalabfindung gelten, die vom Gesetz ebenfalls als nicht schädliche Verwendung fingiert werde.
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Dem kann der Senat gleichfalls nicht folgen. Die Übertragung im Rahmen eines Versorgungsausgleichs lässt die Bindung des geförderten Altersvorsorgevermögens für die Altersvorsorge unberührt; es gelangt nicht in die Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen (oder seines Ehegatten). Die Kapitalauszahlung führt hingegen zum endgültigen Wegfall der den Steueraufschub rechtfertigenden Zweckbindung. Das Kapital gelangt in die freie Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen, so dass die Auszahlung der letztmögliche Anknüpfungspunkt für die nachgelagerte Besteuerung ist.
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(c) Ob die unschädliche Verwendung --in Form der durch § 93 Abs. 3 EStG zugelassenen Kapitalabfindung von Kleinbetragsrenten-- im Streitfall einkommensteuerlich stärker belastet wird als eine schädliche Verwendung, steht zum einen noch nicht fest, da dies von der --bisher nicht entscheidungsreifen-- Frage der Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 EStG abhängig sein dürfte.
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Zum anderen ist eine solche rein wirtschaftlich orientierte Vorteilsrechnung für die Auslegung des § 22 Nr. 5 EStG auch unerheblich. Die differenzierende gesetzliche Regelung ist jedenfalls systemgerecht: Eine Kapitalabfindung nach § 93 Abs. 3 EStG stellt eine Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag dar, die im Einklang mit den hierfür geltenden gesetzlichen Regelungen ausgezahlt wird. Die Klägerin darf daher die ihr in der Vergangenheit gewährte steuerliche Förderung behalten; im Gegenzug unterliegt die Auszahlung aus dem Altersvorsorgevertrag der nachgelagerten Besteuerung.
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Gleichermaßen systemgerecht ist es, wenn das Gesetz in Fällen der schädlichen Verwendung die Rückforderung der in der Vergangenheit gewährten Zulagen und Steuervorteile vorsieht, dafür aber der verbleibende Auszahlungsbetrag nur in Höhe der Differenz zu den eingezahlten Beiträgen besteuert wird.
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Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Kapitalabfindung --und damit die Zuordnung zu einem bestimmten Besteuerungsregime-- im Streitfall auf einer freien Entscheidung der Klägerin beruhte. Ohne die Vertragsänderung, an der sie aktiv und freiwillig mitgewirkt hat, wäre eine solche Kapitalabfindung von vornherein nicht zulässig gewesen. Ob --wie die Klägerin ohne nähere Substantiierung behauptet-- der finanzielle Vorteil der Bank aus den Entgelten, die die Klägerin mit der Bank vereinbart hatte, höher ist als der finanzielle Vorteil der Klägerin aus der steuerlichen Förderung, ist für die Auslegung des § 22 Nr. 5 EStG gleichfalls unerheblich. Denn es war allein die freie Entscheidung der Klägerin, ob bzw. mit welchem Anbieter sie einen Altersvorsorgevertrag abschließt.
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(2) Auf die der Klägerin im Streitjahr 2015 zugeflossene Abfindung sind die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften für das Streitjahr anzuwenden, nicht aber die Regelungen des im Zeitpunkt des Abschlusses des ursprünglichen Altersvorsorgevertrags (2003) geltenden EStG.
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Im Jahr 2003 war eine Kapitalabfindung noch nicht in den Katalog unschädlicher Verwendungen aufgenommen, so dass das EStG seinerzeit keine besonderen Regelungen zur Besteuerung derartiger Abfindungen enthielt. Ungeachtet dessen ist die vom FA zugrunde gelegte Gesetzesfassung gemäß § 52 Abs. 1 des im Streitjahr geltenden EStG für den Veranlagungszeitraum 2015 anzuwenden. Nach dem Zuflussprinzip (§ 11 Abs. 1 EStG) gilt dies auch für die am 02.01.2015 zugeflossene Kapitalabfindung.
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Dass die Anwendung der für das Jahr 2015 geltenden einkommensteuerrechtlichen Vorschriften eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung darstellen würde, macht nicht einmal die Klägerin selbst geltend. Dies wäre auch fernliegend, da sie ihre Disposition zugunsten der nachträglichen Vereinbarung einer Kapitalisierung ihrer Ansprüche nicht etwa bereits 2003, sondern erst im Jahr 2014 getroffen hat, in dem sich die einkommensteuerrechtliche Lage insoweit nicht von der des Zuflussjahres 2015 unterschieden hat.
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c) Ebenfalls zu Recht hat das FA die Auszahlung der nicht geförderten Zinsen (51,88 €) nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG besteuert. Da die Klägerin dies im Revisionsverfahren nicht mehr angreift, sieht der Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.
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2. Hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (§ 34 Abs. 1 EStG) auf die Kapitalabfindung vorliegen, ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG ist im Streitjahr noch nicht anwendbar und hat für die früheren Zeiträume keine entscheidende Bedeutung (dazu unten a). Auch hat das FG zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG verneint (unten b). Es hat aber keine Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG getroffen (unten c), so dass der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen werden muss.
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a) Erst mit Wirkung ab dem 01.01.2018 (vgl. Art. 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 9 Nr. 5 Buchst. b des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17.08.2017, BGBl I 2017, 3214) ist dem § 22 Nr. 5 EStG ein Satz 13 angefügt worden, wonach für Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen nach § 93 Abs. 3 EStG die in § 34 Abs. 1 EStG geregelte Steuersatzermäßigung entsprechend anzuwenden ist. Im Streitjahr 2015 konnte diese Rechtsfolge der Besteuerung der Kapitalabfindung nicht zugrunde gelegt werden.
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Die spätere ausdrückliche gesetzliche Regelung kann für die rechtliche Beurteilung früherer Zeiträume nicht von entscheidender Bedeutung sein. Zwar heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 22.02.2017 (BTDrucks 18/11286, 63), vor dem Inkrafttreten des § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG sei die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes nicht in Betracht gekommen, da eine Kapitalabfindung stets auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Anbieter und dem Steuerpflichtigen beruhe. Auch wenn einer solchen Äußerung eines --späteren-- Gesetzgebers mitunter eine gewisse Indizwirkung für die in früheren Jahren geltende Rechtslage beigemessen werden mag, ist durch die Auslegung der im Streitjahr 2015 geltenden gesetzlichen Regelungen zu ermitteln, ob § 34 Abs. 1 EStG seinerzeit auf Kapitalauszahlungen nach § 93 Abs. 3 EStG anwendbar war oder nicht (vgl. dazu die nachfolgenden Ausführungen unter b und c).
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b) Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift hat das FG mit zutreffenden Erwägungen verneint. Die Kapitalisierung eines Anspruchs auf laufende Zahlungen stellt grundsätzlich keine Entschädigung dar (vgl. BFH-Urteile vom 21.09.1993 - III R 53/89, BFHE 172, 349, unter II.1., und vom 14.01.2004 - X R 37/02, BFHE 205, 96, BStBl II 2004, 493, unter II.1.c). Darüber hinaus setzt die Annahme einer Entschädigung in Fällen, in denen die entsprechende Zahlung auf einer einvernehmlichen Vertragsänderung beruht, voraus, dass der Steuerpflichtige dabei unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gehandelt hat (vgl. BFH-Urteil vom 24.06.2009 - IV R 94/06, BFHE 225, 398, unter II.2.a). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich. All dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig.
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c) Ob die Kapitalabfindung als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG) anzusehen ist, hat das FG hingegen nicht geprüft, obwohl die Klägerin sich bereits erstinstanzlich auf diesen Tatbestand berufen hatte.
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aa) Der Senat hat in einem Parallelverfahren mit Urteil vom 11.06.2019 - X R 7/18 (BFHE 265, 175, BStBl II 2019, 583, Rz 21 ff.) entschieden, dass in Fällen wie dem vorliegenden zwar grundsätzlich von einer Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten auszugehen ist, die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aber zusätzlich die "Außerordentlichkeit" dieser Einkünfte erfordert und dies in den Fällen, in denen es um die Begünstigung einer Einmalzahlung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG geht, voraussetzt, dass eine solche Einmalzahlung --hier: die Kapitalisierung laufender Ansprüche auf Altersbezüge-- für den betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist. Ob darüber hinaus in dem konkreten Vertrag die Möglichkeit einer Kapitalabfindung bereits von Anfang an vorgesehen war oder nicht, stellt sich danach als ein Indiz dar, das allenfalls gewisse Rückschlüsse darauf zulassen mag, ob eine Kapitalabfindung im betreffenden Lebens- oder Wirtschaftsbereich typisch oder atypisch ist, aber nicht von allein entscheidender Bedeutung ist.
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bb) Nach diesen Maßstäben lässt sich die Begünstigung --anders als die Klägerin meint-- nicht allein auf den vom FG festgestellten Umstand stützen, dass der ursprüngliche Altersvorsorgevertrag keine Kapitalisierungsmöglichkeit vorsah. Vielmehr ist entscheidend, ob die Kapitalisierung laufender Rentenansprüche im Bereich der Altersvorsorgeverträge (§§ 82 ff. EStG) als atypisch anzusehen ist. Die hierzu erforderlichen Feststellungen hat das FG nicht getroffen; der Senat ist als Revisionsgericht nicht in der Lage, sie selbst zu treffen. Für das Verfahren im zweiten Rechtsgang nimmt der Senat auf die Hinweise in seinem Urteil in BFHE 265, 175, BStBl II 2019, 583, Rz 27 ff. Bezug.
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3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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Dem Antrag der Klägerin, die Kosten der Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde und der Revision --unabhängig vom Ausgang des Verfahrens im zweiten Rechtsgang-- dem FA aufzuerlegen, konnte der Senat nicht nachkommen, da hierfür keine Rechtsgrundlage existiert.
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