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BFH 08.03.2017 - IX R 47/15
BFH 08.03.2017 - IX R 47/15 - (Anfechtung eines nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO neu bekannt gegebenen Bescheids - isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung - Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung)
Normen
§ 40 Abs 1 FGO, § 44 FGO, § 100 Abs 2 S 2 FGO, § 100 Abs 2 S 3 FGO, § 110 Abs 2 FGO, § 110 Abs 1 FGO, § 10d Abs 1 EStG 1997, § 134 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 1. Oktober 2015, Az: 4 K 3544/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Ein nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO neu bekannt gegebener Steuerbescheid kann mit dem Einspruch angefochten werden.
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2. NV: Macht der Steuerpflichtige mit dem Einspruch Umstände geltend, die nach seiner Auffassung eine Änderung des Bescheids gemäß § 110 Abs. 2 FGO gebieten, weil ihnen die Rechtskraft des Urteils nicht entgegenstehe, kann darin eine Beschwer liegen, die zur Zulässigkeit des Einspruchs führt.
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3. NV: Die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung kommt bei Anfechtungsklagen nur in Betracht, wenn der Kläger lediglich durch diese Entscheidung beschwert ist und einen entsprechend eingeschränkten Antrag gestellt hat.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 1. Oktober 2015 4 K 3544/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Einspruch gegen einen gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) neu bekannt gegebenen Einkommensteuerbescheid zu Recht als unzulässig verworfen hat.
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Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in den Jahren 1999 bis 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
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Den Klägern war im Veranlagungszeitraum 2000 ein Verlust entstanden, der u.a. mit Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2000 vom 27. November 2003 und vom 29. Oktober 2009 mit zuletzt 167.566 DM festgestellt worden war.
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Die Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung für den streitigen Veranlagungszeitraum 2001 am 23. Oktober 2002 ab. In dieser erklärten sie einen Betrag in Höhe von 2.867.289 DM als laufenden Arbeitslohn des Klägers. Angaben zu einer ermäßigt zu besteuernden Abfindung machten die Kläger nicht.
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Mit Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 18. März 2003 unterwarf das FA u.a. einen Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung des Klägers an der TT-GmbH in Höhe von 1.492.500 € nach §§ 17, 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Besteuerung. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 1. März 2004 half das FA dem Einspruch teilweise ab. Aufgrund der Anerkennung eines Unterbeteiligungsvertrags mit der Klägerin rechnete es dem Kläger lediglich einen Teil des Veräußerungsgewinns in Höhe von 985.050 DM zu.
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Die Kläger erhoben gegen die Einspruchsentscheidung Klage und beantragten, "für den Fall des Obsiegens die Steuer unter Berücksichtigung der Begünstigungsvorschriften des § 34 EStG festzusetzen".
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Mit Urteil vom 3. Juni 2008 1 K 1712/04 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2009, 932) gab das Finanzgericht (FG) Köln der Klage nur in geringem Umfang statt und wies sie im Übrigen ab. Die Revision wurde vom Bundesfinanzhof (BFH) im Beschwerdeverfahren IX B 153/08 zugelassen.
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Mit Urteil vom 26. Januar 2011 IX R 7/09 (BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540) hob der BFH das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung auf und setzte die Einkommensteuer 2001 unter Abänderung des letzten Einkommensteuerbescheids vom 27. Oktober 2009 auf den Betrag fest, der sich ohne Ansatz des Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG ergab. Die Berechnung der Einkommensteuer wurde dem FA übertragen.
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Mit Schreiben vom 12. April 2011 und vom 6. Juli 2011 beantragte der Kläger bei dem FA die Berücksichtigung der Tarifermäßigung nach § 34 EStG für die von ihm im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogene Abfindung in Höhe von 2.600.000 DM. Außerdem beantragte er, den in das Jahr 2001 vorgetragenen Verlust aus dem Jahr 2000 in Höhe von ./. 56.832 DM in das Jahr 1999 zurückzutragen (Widerruf des Antrags, vom Verlustrücktrag abzusehen).
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Mit Einkommensteuerbescheid 2001 vom 22. Juli 2011 gab das FA den Klägern nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO eine das rechtskräftige BFH-Urteil in BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540 umsetzende Einkommensteuerfestsetzung bekannt. Das FA ließ dabei lediglich den Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG außer Ansatz. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wurden wie bisher ohne Tarifermäßigung erfasst. Ein den Klägern im Veranlagungszeitraum 2000 entstandener Verlust war nicht in das Jahr 1999 zurückgetragen, sondern nach Maßgabe des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2000 vom 29. Oktober 2009 mit ./. 167.566 DM festgestellt und im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2001 verrechnet worden.
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Gegen den Bescheid vom 22. Juli 2011 legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie unter erstmaliger Vorlage einer Abfindungsvereinbarung, die dem Kläger eine Abfindungszahlung in Höhe von 2.600.000 DM zusprach, vor, der in der Klageschrift enthaltene Antrag auf Anwendung der Tarifbegünstigung des § 34 EStG sei bis zur endgültigen Bestandskraft der Einkommensteuerfestsetzung 2001 zu berücksichtigen. Da ein Widerruf des Absehens vom Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 Satz 7 EStG a.F. bereits mit Schreiben vom 29. November 2003 und nochmals mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 beantragt worden sei, könne auch dazu noch keine Bestandskraft eingetreten sein. Ein Verlustrücktrag in das Jahr 1999 in Höhe von ./. 56.832 DM sei daher unter entsprechender Minderung des Verlustvortrags im Jahr 2001 zu berücksichtigen.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2011 verwarf das FA den Einspruch gegen den Bescheid vom 22. Juli 2011 als unzulässig. Zur Begründung führte es u.a. aus, mit dem Einspruch gegen einen derartigen Bescheid könne nur geltend gemacht werden, dass die Steuerberechnung nicht dem rechtskräftigen Urteil entspreche. Im Übrigen fehle es an einer Beschwer für den Rechtsbehelf. Die Nichtberücksichtigung der Tarifermäßigung nach § 34 EStG hätte im gerichtlichen Verfahren gerügt werden müssen. Im Rahmen der Umsetzung des rechtskräftigen Urteils des BFH könne ein derartiges Begehren nicht mehr berücksichtigt werden. Daher komme auch ein Widerruf des Antrags auf Absehen vom Verlustrücktrag in das Jahr 1999 in Höhe von ./. 56.832 DM nicht in Betracht. Auch dies sei nicht Gegenstand der Umsetzung des BFH-Urteils gewesen.
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Die nachfolgend von den Klägern erhobene Klage hatte Erfolg (FG-Urteil vom 1. Oktober 2015 4 K 3544/11, EFG 2015, 2148). Das FG bejahte die Zulässigkeit der Klage. Die Kläger hätten ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der isolierten Aufhebung der Einspruchsentscheidung. Die Klage sei auch begründet. Die Verwerfung des Einspruchs gegen den Bescheid vom 22. Juli 2011 sei rechtswidrig. Die mögliche Beschwer durch einen Bescheid nach § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO sei nicht auf die Richtigkeit der Steuerberechnung beschränkt. Vielmehr erstrecke sich die Beschwer auch auf die Frage, ob seit Ergehen des Urteils Umstände eingetreten seien, die nach den insoweit einschlägigen Vorschriften eine Änderung des Verwaltungsakts geböten. Der Einspruch hätte daher nicht als unzulässig verworfen werden dürfen. Die Kläger machten mit ihrem gegen den Bescheid erhobenen Einspruch eine über die Richtigkeit der Steuerberechnung hinausgehende Beschwer geltend.
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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO und von § 110 FGO. Das FA habe den Tenor des rechtskräftigen BFH-Urteils richtig umgesetzt. Dieser enthalte keine Angaben zur Tarifermäßigung nach § 34 EStG bzw. zum Widerruf des Antrags auf Absehen vom Verlustrücktrag nach § 10 Abs. 1 Satz 7 EStG a.F. Nach § 110 Abs. 2 FGO sei allenfalls noch zu prüfen, ob seit Ergehen des Urteils Umstände eingetreten seien, die nach den einschlägigen Vorschriften eine Änderung des Verwaltungsakts geböten. Das sei hier jedoch ersichtlich nicht der Fall. Weder der Antrag auf Berücksichtigung der Tarifermäßigung nach § 34 EStG noch das Wahlrecht nach § 10d Abs. 1 Satz 7 EStG a.F. begründeten neue Umstände. Die dem jeweils zugrundeliegenden Sachverhalt und die Voraussetzungen für die Antragstellung bzw. Ausübung des Wahlrechts seien bereits vor Ergehen der letztinstanzlichen Entscheidung bekannt gewesen und hätten deshalb im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren berücksichtigt werden können und müssen. Es liege zudem ein Verfahrensfehler vor. Das FG hätte die Einspruchsentscheidung nicht isoliert aufheben dürfen. Ein besonderes Interesse der Kläger an der isolierten Aufhebung habe nicht bestanden. Den Klägern sei auch durch die Einspruchsentscheidung keine Tatsacheninstanz genommen worden.
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Das FA beantragt,
das Urteil des FG Köln vom 1. Oktober 2015 4 K 3544/11 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie verweisen darauf, den Antrag gemäß § 34 EStG bereits in der Klageschrift gestellt zu haben. Dieser hätte sich aber bis zum Ergehen des BFH-Urteils nicht ausgewirkt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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Das FG hat im Ausgangspunkt zutreffend erkannt, dass das FA den Einspruch der Kläger gegen den nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO neu bekannt gegebenen Steuerbescheid nicht als unzulässig verwerfen durfte. Mit diesem Inhalt kann das Urteil Bestand haben (§ 126 Abs. 4 FGO). Der nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO bekannt gegebene Steuerbescheid ist mit dem Einspruch anfechtbar (1.). Der Einspruch der Kläger war auch im Übrigen zulässig (2.). Das FG hat auch zu Recht die Einspruchsentscheidung isoliert aufgehoben (3.).
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1. Der nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO neu bekannt gegebene Steuerbescheid ist mit dem Einspruch anfechtbar.
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a) Nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann, falls die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert. In diesem Fall teilt die Behörde den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit (§ 100 Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz FGO). Nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben (§ 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO).
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b) Der gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO neu bekannt gegebene Steuerbescheid ist ein Verwaltungsakt i.S. des § 118 Satz 1 der Abgabenordnung (AO). Er kann mit dem Einspruch (§ 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO) und ggf. mit der (Anfechtungs-)Klage (§ 40 Abs. 1 FGO) angefochten werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 4. Mai 2011 I R 67/10, BFH/NV 2012, 6, unter II.1.b; vom 18. November 2004 V R 37/03, BFHE 208, 98, BStBl II 2005, 217, unter II.2.b bb; Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 100 Rz 46 f.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 100 FGO Rz 97; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 33; Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, FGO, § 100 Rz 77; Wagner in Kühn/v. Wedelstädt, 21. Aufl., FGO § 100 Rz 14).
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2. Der Einspruch der Kläger war auch im Übrigen zulässig.
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a) Die Kläger haben den Bescheid vom 22. Juli 2011 form- und fristgerecht mit dem Einspruch angefochten. Das Einspruchsschreiben der Kläger datiert vom 27. Juli 2011 und ging noch am selben Tag beim FA ein.
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b) Die Kläger haben auch eine Beschwer geltend gemacht. Wird ein nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO neu bekannt gegebener Steuerbescheid mit einem Rechtsbehelf angefochten, kann er im Rechtsbehelfsverfahren nur insoweit überprüft werden, als die Rechtskraft des vorangegangenen Urteils (§ 110 FGO) einer solchen Prüfung nicht entgegensteht (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 6, unter II.1.c; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 100 Rz 47; Schmidt-Troje in Beermann/Gosch, a.a.O., § 100 Rz 77). Nach § 110 Abs. 2 FGO bleiben die Vorschriften der Abgabenordnung und anderer Steuergesetze über die Rücknahme, Widerruf, Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten sowie über die Nachforderung von Steuern unberührt, soweit sich aus Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift nichts anderes ergibt. Nach Maßgabe dieser Vorschrift muss das FA im Rahmen eines ansonsten zulässigen Einspruchs gegen einen nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz FGO neu bekannt gegebenen Steuerbescheid auch prüfen, ob Umstände eine Änderung des Bescheids gebieten, denen die materielle Rechtskraft des Urteils nicht entgegensteht. Macht der Steuerpflichtige schlüssig geltend, es lägen solche Umstände vor, liegt darin eine Beschwer, die zur Zulässigkeit des Einspruchs führt.
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So liegt es im Streitfall. Mit dem Begehren auf Anwendung der Tarifermäßigung nach § 34 EStG und dem Widerruf des Antrags, vom Verlustrücktrag abzusehen, machen die Kläger zugleich geltend, diesen Änderungen stehe die Rechtskraft des BFH-Urteils nicht entgegen. Darin liegt eine denkbare Beschwer, über die das FA zur Sache entscheiden muss.
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3. Der vom FA gerügte Verfahrensmangel (unzulässige isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung) liegt nicht vor.
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a) Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO hebt das Gericht im Regelfall den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf. Ausnahmsweise ist von dieser Vorschrift aber auch die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung gedeckt, wenn nur sie rechtswidrig ist und den Kläger beschwert. Voraussetzung für die isolierte Aufhebung der Rechtsbehelfsentscheidung ist in Fällen der Anfechtungsklage überdies, dass die Kläger einen entsprechenden --eingeschränkten-- Antrag gestellt haben. Ansonsten ist das Gericht gehalten, den Klageantrag auszuschöpfen; es ist an das vom Kläger zu bestimmende Klagebegehren gebunden und kann nicht von sich aus seine Entscheidung auf die Aufhebung der Einspruchsentscheidung beschränken (einhellige Auffassung, vgl. BFH-Urteile vom 7. Juli 1976 I R 66/75, BFHE 119, 368, BStBl II 1976, 680, unter II.1.a; vom 19. Mai 1998 I R 44/97, juris, unter II.1., m.w.N.; vom 19. März 2009 V R 17/06, juris, unter II.1.b; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 100 Rz 21; Gräber/Levedag, a.a.O., § 44 Rz 45 f.; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 44 FGO Rz 17).
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b) So verhält es sich im Streitfall. Die Kläger haben im erstinstanzlichen Verfahren ausdrücklich beantragt, nur die Einspruchsentscheidung aufzuheben. Die Kläger sind auch nur durch die Einspruchsentscheidung beschwert. Denn das FA hat den Einspruch zu Unrecht als unzulässig verworfen und nicht geprüft, ob der Änderungsbescheid die Vorgaben des rechtskräftigen BFH-Urteils in BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540 zutreffend umsetzt. Diese Beschwer kann nur durch Aufhebung der Einspruchsentscheidung beseitigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 20. November 2008 III R 66/07, BFHE 223, 317, BStBl II 2009, 185, unter II.3.).
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4. Durch die Aufhebung der Einspruchsentscheidung ist das Verfahren in den Stand vor Erlass der Einspruchsentscheidung zurückversetzt. Bei dieser Rechtslage braucht der Senat zu den im Streit stehenden Rechtsfragen nicht Stellung zu nehmen. Lediglich zur Vermeidung eines weiteren Rechtszugs weist der Senat auf Folgendes hin:
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a) Überträgt das Gericht nach Aufhebung der Vorentscheidung gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Berechnung der Steuer auf das FA, hat dieses unter Außerachtlassung der zu Unrecht berücksichtigten und unter Berücksichtigung der zu Unrecht nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse die Steuer neu zu berechnen. Das bedeutet, dass das FA die in jenem Urteil enthaltenen Vorgaben vollständig und rechnerisch zutreffend umzusetzen hat.
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b) Darüber hinaus muss das Finanzamt prüfen, ob Umstände geltend gemacht worden sind, die eine Änderung des nach § 100 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz neu bekannt gegebenen Bescheids gemäß § 110 Abs. 2 FGO rechtfertigen, weil ihnen die Rechtskraft des Urteils nicht entgegensteht. Dazu hat das FA den Umfang der Rechtskraft des Urteils zu bestimmen (§ 110 Abs. 1 FGO).
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c) Die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung bezieht sich auf den Sach- und Rechtsstand im Zeitpunkt ihres Ergehens. Jedenfalls tatsächliche Veränderungen, die erst nach diesem Zeitpunkt eintreten, unterliegen nicht der Bindungswirkung, weil die Entscheidung nicht auf ihnen beruhen kann (vgl. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 110 Rz 16; Lange in HHSp, § 110 FGO Rz 41). Aber nicht jede nachträgliche Änderung der Sachlage rechtfertigt eine Durchbrechung der Rechtskraft. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass Umstände, die das Gericht bei seiner Entscheidung hätte berücksichtigen können, die es jedoch bewusst (z.B. wegen Verletzung von Mitwirkungspflichten) oder unbewusst (z.B. weil sie nicht vorgetragen und deshalb nicht bekannt waren) nicht zugrunde gelegt hat, nicht zum Gegenstand einer erneuten Entscheidung in derselben Sache gemacht werden können; sie können allenfalls in engen Grenzen zur Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 134 FGO) führen (vgl. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 110 Rz 18; a.A. Seer in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 110 FGO Rz 16, 20).
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d) Sowohl die von den Klägern begehrte Anwendung des § 34 EStG als auch der nach Rechtskraft der Entscheidung begehrte Widerruf des Antrags, vom Verlustrücktrag abzusehen, beruhen in tatsächlicher Hinsicht nicht auf nachträglich veränderten Umständen, sondern auf Tatsachen, die bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens Gegenstand der Klage hätten sein können und müssen. Da jedoch alle Beteiligten davon ausgehen, dass zumindest die Tarifermäßigung nach § 34 EStG zu Unrecht versagt worden ist, kann dieser Situation durch einen in diesem Verfahren nicht gegenständlichen Billigkeitserlass (§ 227 AO) begegnet werden.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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