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BFH 27.09.2016 - VIII R 16/14
BFH 27.09.2016 - VIII R 16/14 - Zur Rechtskraftwirkung gerichtlicher Urteile
Normen
§ 110 Abs 2 FGO, § 174 Abs 4 AO, § 110 Abs 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 12. März 2014, Az: 7 K 2499/12 E, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Für den Umfang der Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils ist der Begriff des Streitgegenstands in § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO i.S. von "Entscheidungsgegenstand" zu verstehen (ständige Rechtsprechung).
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2. NV: Der Entscheidungsgegenstand eines die Klage erkennbar unter Beachtung des Verböserungsverbots sowie ohne Möglichkeit einer Saldierung als unbegründet abweisenden Urteils umfasst nicht einen bereits zugunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigten Sachverhalt.
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3. NV: Ein obiter dictum des Gerichts nimmt nicht an der Rechtskraft eines Urteils teil.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 12. März 2014 7 K 2499/12 E aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) einen auf § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2001 erlassen konnte.
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Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2001) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.
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Für das Streitjahr erging am 4. November 2002 zunächst ein von der Erklärung der Kläger abweichender Einkommensteuerbescheid, der u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 104.543 DM berücksichtigte. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2003 setzte das FA die Einkommensteuer 2001 unter Berücksichtigung von Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 62.771 DM herab. Bei deren Ermittlung berücksichtigte es "Zuschläge/Zinsen auf Steuern und Umsatzsteuer" in Höhe von 33.714,76 DM als Betriebsausgaben.
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In dem hiergegen unter dem Aktenzeichen 11 K 3755/03 E geführten Klageverfahren war u.a. die Höhe der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit streitig, und zwar auch die Behandlung der vom Kläger im Streitjahr vereinnahmten Umsatzsteuer als Betriebseinnahme und die im Zusammenhang mit Betriebsausgaben gezahlte Umsatzsteuer als Betriebsausgabe. Der Kläger vertrat hierzu die Auffassung, dass die Umsatzsteuer als durchlaufender Posten anzusehen sei. Zumindest müsse das FA aber die gesamte gezahlte Umsatzsteuer für 2001 als Betriebsausgabe berücksichtigen. Dies habe es nicht getan. Die gemäß Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 6. Juni 2003 zu zahlende Umsatzsteuer 2001 in Höhe von 647,76 € habe er durch Verrechnung mit dem Erstattungsbetrag aus der Abrechnung zur Einkommensteuer 2001 beglichen. Somit sei der Einkommensteuerbescheid, der diese Umsatzsteuernachzahlung nicht berücksichtige, unrichtig.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 13. Januar 2006 ab. Es führte u.a. aus, das FA habe zu Recht die vom Kläger im Streitjahr vereinnahmte Umsatzsteuer als Betriebseinnahme und die im Zusammenhang mit Betriebsausgaben gezahlte Umsatzsteuer als Betriebsausgabe berücksichtigt. Die vom Kläger gezahlte Umsatzsteuer sei im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Gemäß den Ermittlungen des FA habe der Kläger im Streitjahr höchstens "Zuschläge/Zinsen auf Steuern und Umsatzsteuer" in Höhe von 33.714,76 DM bezahlt. Der Nachzahlungsbetrag aufgrund des Umsatzsteuerbescheids für 2001 vom 6. Juni 2003 in Höhe von 647,46 € sei im Jahr 2003 und nicht im Jahr 2001 abgeflossen, sodass er auch im Jahr 2003 und nicht im Jahr 2001 als Betriebsausgabe zu berücksichtigen sei.
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Auch über die Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für das Jahr 2000 bestand zwischen den Beteiligten Streit, nachdem das FA die Besteuerungsgrundlagen zunächst geschätzt und die Einkommensteuer mit Bescheid vom 26. Februar 2002 festgesetzt hatte. Über die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung für das Jahr 2000 entschied das FG schließlich im dritten Rechtsgang in dem unter dem Aktenzeichen 11 K 3445/06 E geführten Verfahren. Während dieses Verfahrens teilte das FA am 6. September 2007 mit, es habe festgestellt, dass der Kläger im Jahr 2000 weitere Umsatzsteuer in Höhe von 33.720,12 DM gezahlt habe. Das FA erließ sodann am 22. Februar 2008 einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2000, in dem es die Einkünfte aus § 18 EStG unter Berücksichtigung von Umsatzsteuer als Betriebsausgabe in Höhe von 33.720,12 DM abzüglich bereits in der Einspruchsentscheidung angesetzter 6.209,31 DM auf 55.408 DM herabsetzte.
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Das FG gab der Klage mit Urteil vom 12. Juni 2008 11 K 3445/06 E in Bezug auf ebenfalls streitige Betriebsausgaben (Mobilfunkkosten) in Höhe von 900 DM statt; im Übrigen wies es die Klage ab. Es führte aus, das FA habe im Änderungsbescheid vom 22. Februar 2008 Zahlungen in Höhe von 33.720,12 DM auf Umsatzsteuer, Zinsen, Säumnis- und Verspätungszuschläge zur Umsatzsteuer als Betriebsausgaben berücksichtigt. Anhaltspunkte dafür, dass die dem Änderungsbescheid zu Grunde liegende Auswertung des Erhebungskontos der Kläger unzutreffend sein könnte, bestünden nicht. Hiernach erließ das FA am 6. August 2008 einen Änderungsbescheid für 2000, in dem es in Umsetzung des Urteils vom 12. Juni 2008 11 K 3445/06 E weitere Betriebsausgaben in Höhe von 900 DM berücksichtigte.
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Ferner erließ das FA unter Hinweis auf § 174 Abs. 4 AO den nunmehr streitgegenständlichen Einkommensteueränderungsbescheid 2001 vom 6. August 2008. Darin erhöhte es die Einkünfte des Klägers aus § 18 EStG, soweit die im Jahr 2000 gezahlte und bisher bei der Einkommensteuer 2001 als Betriebsausgabe angesetzte Umsatzsteuer nunmehr im Jahr 2000 berücksichtigt worden sei. Zudem sei die in 2001 gezahlte und bisher nicht angesetzte Umsatzsteuer in Höhe von 201,70 DM zu berücksichtigen. Ausweislich der Erläuterungen berechnete das FA den Gewinn nunmehr wie folgt:
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Bisher als Betriebsausgabe angesetzte Umsatzsteuer
33.714,76 DM
weitere Umsatzsteuerzahlung
+ 201,70 DM
in 2000 als Betriebsausgabe abgesetzt
./. 27.510,81 DM
(33.720,12 DM – 6.209,31 DM, siehe oben)
verbleibt Umsatzsteuer als Betriebsausgabe 2001
6.405,63 DM
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Des Weiteren erläuterte das FA im Änderungsbescheid, der Gewinn sei von bisher 62.771 DM um 33.714,76 DM zu erhöhen und um 6.405,63 DM zu vermindern und betrage nunmehr 90.080 DM.
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Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil des FG vom 12. Juni 2008 11 K 3445/06 E mit Urteil vom 13. April 2010 VIII R 27/08 (BFH/NV 2010, 2038) auf und setzte die Einkommensteuer 2000 unter Berücksichtigung von Prozesskosten in Höhe von 562 DM als Werbungskosten der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abweichend fest. Im Übrigen wies er die Klage als unbegründet ab. In Umsetzung dieses Urteils erließ das FA am 19. August 2010 einen weiteren Einkommensteueränderungsbescheid für das Jahr 2000.
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Gegen den streitgegenständlichen Einkommensteueränderungsbescheid 2001 vom 6. August 2008 legten die Kläger Einspruch ein. Hierauf setzte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 2012 die Einkommensteuer 2001 weiterhin unter Berücksichtigung eines Gewinns von 90.080 DM auf 103.572 DM (52.955,52 €) fest. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigte es weitere Werbungskosten (Prozesskosten) des Klägers in Höhe von 852 DM nach § 177 Abs. 1 AO. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück.
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Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 980 veröffentlichtem Urteil vom 12. März 2014 7 K 2499/12 E statt. Es war der Auffassung, dass der Änderung der Steuerfestsetzung für das Streitjahr gemäß § 174 Abs. 4 AO die Rechtskraft der Urteile für 2000 und 2001 entgegenstehe.
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Das FA beantragt sinngemäß,
die Klage gegen den Einkommensteueränderungsbescheid 2001 vom 6. August 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 2012 unter Aufhebung des angefochtenen FG-Urteils in EFG 2014, 980 abzuweisen.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat rechtsirrig angenommen, das FA sei wegen der "Rechtskraft der Urteile für 2000 und 2001" am Erlass des streitigen, auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Einkommensteueränderungsbescheids für 2001 vom 6. August 2008 gehindert gewesen. Allerdings kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht entscheiden, ob der Änderungsbescheid in vollem Umfang rechtmäßig ist. Das Verfahren ist daher an das FG zurückzuverweisen.
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1. Wie das FG zutreffend dargelegt hat, liegen die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO für eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 6. Juni 2003 und damit für den Erlass des angefochtenen Änderungsbescheids 2001 vom 6. August 2008 dem Grunde nach vor.
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a) Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 AO).
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aa) Irrige Beurteilung i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO eines Sachverhalts bedeutet, dass sich die Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist. Sachverhalt in diesem Sinne ist der einzelne Lebensvorgang, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff des Sachverhalts ist dabei nicht auf einzelne steuererhebliche Tatsachen oder ein einzelnes Merkmal beschränkt, sondern erfasst den einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex (z.B. BFH-Urteile vom 19. August 2015 X R 50/13, BFHE 251, 389; vom 24. April 2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755; vom 12. Februar 2015 V R 38/13, BFHE 248, 504, jeweils m.w.N.). Dabei müssen der ursprünglich beurteilte und der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt und Besteuerungssachverhalt nicht vollständig übereinstimmen (BFH-Urteile vom 14. Januar 2010 IV R 33/07, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, sowie in BFHE 248, 504, m.w.N.). Unerheblich ist, ob der für die rechtsirrige Beurteilung ursächliche Fehler im Tatsächlichen oder im Rechtlichen gelegen hat (z.B. BFH-Urteil vom 14. November 2012 I R 53/11, BFH/NV 2013, 690).
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bb) Im Streitfall umfasst der "bestimmte Sachverhalt" des geänderten Bescheids i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO die Berücksichtigung der tatsächlich im Jahr 2000 gezahlten Umsatzsteuer durch den Kläger als Betriebsausgabe.
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Dieser Sachverhalt war vom FA bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2000 zunächst fehlerhaft beurteilt worden. Erst im Laufe des unter dem Aktenzeichen 11 K 3445/06 E geführten Verfahrens stellte das FA fest, dass Zahlungen des Klägers auf Umsatzsteuer, Zinsen, Säumnis- und Verspätungszuschläge in Höhe von 33.720,12 DM im Jahr 2000 zunächst unberücksichtigt geblieben waren. Mit Änderungsbescheid vom 22. Februar 2008 erkannte das FA die entsprechenden Betriebsausgaben an. Diese Betriebsausgaben sind auch in den nachfolgenden Einkommensteueränderungsbescheiden 2000 vom 6. August 2008 (im Anschluss an das FG-Verfahren erlassen) und vom 19. August 2010 (im Anschluss an das BFH-Verfahren erlassen) erfasst.
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cc) Diese für den Kläger günstige Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2000 --d.h. die Erfassung der streitigen Betriebsausgaben-- erfolgte aufgrund eines Rechtsbehelfs der Kläger.
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dd) Aufgrund der Änderung der Steuerfestsetzung für das Jahr 2000 konnte das FA aus dem Sachverhalt --d.h. der Berücksichtigung der im Jahr 2000 gezahlten Umsatzsteuer durch den Kläger als Betriebsausgabe-- nachträglich durch die Änderung des Steuerbescheids für das Jahr 2001 zu Lasten der Kläger die richtigen steuerlichen Folgerungen ziehen.
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ee) Der Änderung nach § 174 Abs. 4 AO stand der Ablauf der Festsetzungsfrist nicht entgegen.
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Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist nach § 174 Abs. 4 Satz 3 AO unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies gemäß § 174 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AO nur, wenn der Sachverhalt in dem (nunmehr zu ändernden) Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt wurde, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2013 IX R 22/11, BFHE 241, 136, BStBl II 2016, 432).
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Der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid 2000 wurde am 22. Februar 2008 geändert. Die Korrektur des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2001 erfolgte am 6. August 2008 und damit fristgerecht. § 174 Abs. 4 Satz 4 AO greift nicht ein: Die Festsetzungsfrist für den Erlass des Bescheids für das Streitjahr war noch nicht abgelaufen, als der später auf den Rechtsbehelf der Kläger hin geänderte (Schätzungs-)Bescheid für 2000 vom 26. Februar 2002 erlassen wurde.
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ff) Mithin konnte das FA mit dem angefochtenen Änderungsbescheid vom 6. August 2008 die mit Bescheid vom 6. Juni 2003 erfolgte Steuerfestsetzung für das Jahr 2001 korrigieren, soweit darin Umsatzsteuerzahlungen des Klägers als Betriebsausgaben erfasst waren, die zugleich bei der (korrigierten) Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2000 berücksichtigt sind.
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2. Entgegen der Auffassung des FG stand dem Erlass des Einkommensteueränderungsbescheids für das Jahr 2001 die "Rechtskraft der Urteile für 2000 und 2001" nicht entgegen.
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a) Eine Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO ist gemäß § 110 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 FGO ausgeschlossen, soweit zu dem steuerlichen Sachverhalt, dessen steuerliche Folgen durch den Änderungsbescheid gezogen werden sollen, bereits ein rechtskräftiges Urteil mit Bindungswirkung für die Beteiligten besteht. Nach der Regelung des § 110 Abs. 2 FGO bleiben die Vorschriften der AO über die Änderung von Verwaltungsakten unberührt, soweit sich aus § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO nichts anderes ergibt. § 110 Abs. 2 FGO ist nach der Rechtsprechung des BFH im Sinne eines Vorrangs der Rechtskraft gegenüber den Änderungsvorschriften der AO auszulegen (z.B. BFH-Urteil vom 12. Januar 2012 IV R 3/11, BFH/NV 2012, 779).
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Gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Für den Umfang der Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils ist der Begriff Streitgegenstand in § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO im Sinne von "Entscheidungsgegenstand" zu verstehen. Dies ist die Teilmenge aller mit dem angefochtenen Verwaltungsakt erfassten Besteuerungsgrundlagen, über die das Gericht entschieden hat. Der sachliche Umfang der Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils ergibt sich in erster Linie aus der Urteilsformel. Zu deren Auslegung sind erforderlichenfalls Tatbestand und Entscheidungsgründe heranzuziehen, ohne dass die Begründung eines Urteils als solche bzw. die Urteilselemente rechtskraftfähig wären (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2012, 779; vom 19. Dezember 2006 VI R 63/02, BFH/NV 2007, 924, BFH-Beschlüsse vom 25. Oktober 2012 XI B 48/12, BFH/NV 2013, 230; vom 27. August 2014 XI B 32/14, BFH/NV 2014, 1897, jeweils m.w.N.).
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b) Hiernach standen dem Erlass des Änderungsbescheids für das Jahr 2001 vom 6. August 2008 keine rechtskräftigen Urteile entgegen.
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aa) Das Urteil des FG vom 12. Juni 2008 11 K 3445/06 E zur Einkommensteuerfestsetzung 2000 ist durch die Entscheidung des BFH in BFH/NV 2010, 2038 aufgehoben worden. Daher kann es keine Rechtskraft entfalten, die dem Erlass des streitigen Änderungsbescheids für 2001 entgegenstehen könnte.
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bb) Auch das BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2038 zur Einkommensteuerfestsetzung 2000 entfaltet keine den Erlass des Änderungsbescheids hindernde Rechtskraftwirkung. Dies folgt bereits daraus, dass das Urteil die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2000 und demzufolge die Höhe des Betriebsausgabenabzugs für dieses Jahr, nicht aber für das Jahr 2001 betrifft.
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cc) Dem Erlass des streitigen Einkommensteueränderungsbescheids steht das Urteil des FG vom 13. Januar 2006 11 K 3755/03 E, das u.a. die Frage des Betriebsausgabenabzugs des Klägers im Streitjahr betrifft, ebenfalls nicht entgegen.
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In seinem die Klage für 2001 abweisenden Urteil befasst sich das FG zwar mit dem Betriebsausgabenabzug, resultierend aus der vom Kläger gezahlten Umsatzsteuer. Entschieden hat es insoweit jedoch nur über den im Klageverfahren noch streitigen Betrag von 647,46 €, nicht aber über die bereits in der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2003 zugunsten des Klägers berücksichtigten Betriebsausgaben in Höhe von 33.714,76 DM. Das FG stellt in den Urteilsgründen ausdrücklich darauf ab, dass der Kläger im Streitjahr höchstens "Zuschläge/Zinsen auf Steuern und Umsatzsteuer in Höhe von 33.714,76 DM" gezahlt habe. Dies verdeutlicht, dass es --in Übereinstimmung mit dem Klagebegehren und unter Beachtung des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots-- lediglich über einen über diesen Betrag hinausgehenden Betriebsausgabenabzug entschieden hat. Das FG hat einen entsprechenden Betriebsausgabenabzug des Klägers verneint und die Klage --da es dem Vorbringen des Klägers auch im Übrigen nicht folgte-- abgewiesen. Mithin hat das FG auch nicht im Zusammenhang mit einer Saldierung über die Rechtmäßigkeit des dem Kläger bereits mit der durch die Einspruchsentscheidung geänderten Steuerfestsetzung gewährten Betriebsausgabenabzugs in Höhe von 33.714,76 DM entschieden. Seine diesbezüglichen Ausführungen im Urteil vom 13. Januar 2006 11 K 3755/03 E sind als obiter dictum anzusehen, das nicht an der Rechtskraftwirkung der Entscheidung teilnimmt.
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3. Der Senat kann allerdings auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht darüber befinden, in welchem Umfang eine Änderung der Steuerfestsetzung für das Streitjahr gemäß § 174 Abs. 4 AO zulässig war. Er kann --da eine weitere Sachaufklärung im Revisionsverfahren ausgeschlossen ist-- daher nicht abschließend über die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheids entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif.
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Das FG hat --ausgehend von seiner maßgeblichen Begründung zur Rechtskraftwirkung gemäß § 110 FGO-- keine hinreichenden Feststellungen zu den sowohl bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2000 als auch bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2001 berücksichtigten konkreten Umsatzsteuerzahlungen getroffen. Daher kann der Senat nicht darüber entscheiden, ob tatsächlich eine Doppelerfassung von Umsatzsteuerzahlungen in Höhe von 27.510,84 DM vorliegt, wie im Änderungsbescheid vom 6. August 2008 angenommen und vom Kläger bestritten wird.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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