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BFH 16.03.2016 - V B 89/15
BFH 16.03.2016 - V B 89/15 - (Grundsätzliche Bedeutung - Ablaufhemmung wegen Fahndungsprüfung - Verwirkung - Neue Tatsache - "Vorliegen" einer Steuerhinterziehung oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung i.S. des § 173 Abs. 2 AO)
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 171 Abs 5 AO, § 173 Abs 1 AO, § 173 Abs 2 AO, § 370 AO, § 378 AO
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 3. September 2015, Az: 16 K 215/14, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Rechtsfrage, für welche Dauer der Hemmungstatbestand des § 171 Abs. 5 AO eingreift, ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt .
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2. NV: Eine zeitliche Grenze für den Erlass von Änderungsbescheiden im Anschluss an Fahndungsmaßnahmen wird nur durch den Eintritt der Verwirkung gezogen .
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 3. September 2015 16 K 215/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Die vom Kläger benannten Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO liegen entweder der Sache nach nicht vor oder die Beschwerdebegründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtsklarheit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig, d.h. entscheidungserheblich ist. Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich anhand des Gesetzes und der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2015 V B 36/15, BFH/NV 2016, 223, m.w.N.).
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a) Die Rechtsfrage, "für welche Dauer der Hemmungstatbestand des § 171 Abs. 5 AO eingreift", ist nach diesen Grundsätzen nicht klärungsbedürftig. Denn durch die Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, dass die nach § 171 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) gehemmte Festsetzungsfrist nicht abläuft, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide "unanfechtbar" geworden sind. Nach dem Wortlaut der Norm ist die Dauer der Ablaufhemmung mit der Unanfechtbarkeit der aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Bescheide verknüpft. Dies hat zur Folge, dass der Erlass eines Änderungsbescheids im Anschluss an eine Fahndungsprüfung grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung zulässig ist. Es kommt somit nicht darauf an, dass diese Bescheide innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Abschluss der Ermittlungen ergehen oder ihre Umsetzung über einen längeren Zeitraum unterbleibt (Senatsurteil vom 17. Dezember 2015 V R 58/14, juris unter II.1. b bb (1), Rz 19, sowie BFH-Urteil vom 24. April 2002 I R 25/01, BFHE 198, 303, BStBl II 2002, 586, unter II.4.a, Rz 19).
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Eine zeitliche Grenze für den Erlass von Änderungsbescheiden im Anschluss an Fahndungsmaßnahmen wird nur durch den Eintritt der Verwirkung gezogen (BFH-Urteil in BFHE 198, 303, BStBl II 2002, 586, Rz 27). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang eine Klärung der Frage erstrebt, "welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, damit eine Verwirkung angenommen werden kann", ergeben sich diese Voraussetzungen bereits aus dem bezeichneten BFH-Urteil und der darin zitierten ständigen BFH-Rechtsprechung. Eine Verwirkung setzt danach über den Zeitablauf hinausgehende Umstände voraus, die die verspätete Rechtsausübung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 198, 303, BStBl II 202, 5486, Rz 27, m.w.N.).
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b) Gleichfalls durch die Rechtsprechung geklärt ist die weitere Rechtsfrage, "unter welchen Voraussetzungen eine Tatsache als 'neu' einzustufen ist".
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Eine Tatsache ist "neu", wenn sie i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nachträglich bekannt geworden ist. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH dann der Fall, wenn deren Kenntnis nach dem Zeitpunkt erlangt wird, in dem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen ist. Grundsätzlich kommt es dabei auf den Wissensstand der zur Bearbeitung des Steuerfalls berufenen Dienststelle an, wobei aktenkundige Tatsachen stets als bekannt gelten (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 8. Juli 2015 VI R 51/14, BFHE 250, 322, unter II.1.a, Rz 14).
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c) Soweit der Kläger schließlich die Rechtsfrage nach der Reichweite der in § 173 Abs. 2 AO vorgesehenen Einschränkung des Erlasses von Steuerbescheiden nach Durchführung einer Außenprüfung aufwirft, hat er deren grundsätzliche Bedeutung nicht i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO "dargelegt". Abgesehen davon, dass insoweit Ausführungen dazu fehlen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen diese Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist, hat er sich nicht einmal ansatzweise mit der Rechtsprechung des BFH zu dieser Frage auseinandergesetzt. Danach verlangt der Wortlaut der genannten Vorschrift lediglich, dass eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung "vorliegt" (vgl. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 XI R 80/92, BFHE 176, 308, BStBl II 1995, 293). Das ist dann der Fall, wenn die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung erfüllt sind (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1988 III R 194/84, BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216; BFH-Beschluss vom 17. Februar 1999 IV B 66/98, BFH/NV 1999, 1188).
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2. Die Revision ist nicht zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen. Da das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts einen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung darstellt (vgl. BFH-Beschluss vom 1. April 2014 V B 45/13, BFH/NV 2014, 1104, m.w.N.), kommt die Zulassung der Revision insbesondere wegen der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen aus unter 1.a, b und c genannten Gründen nicht in Betracht.
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3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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