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BFH 02.12.2015 - X K 6/14
BFH 02.12.2015 - X K 6/14 - Entschädigung für ein verzögertes finanzgerichtliches Verfahren - Anforderung an den Klageantrag bei einer Entschädigungsklage
Normen
§ 198 GVG, § 65 Abs 1 S 2 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 20. Juni 2013, Az: 4 K 4075/09, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Der BFH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Überprüfung der angemessenen Verfahrensdauer eines finanzgerichtlichen Verfahrens fest .
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2. NV: Um das Erfordernis eines ausreichend bestimmten Klageantrags bei einer Entschädigungsklage zu erfüllen, muss ein Kläger die für die Bemessung der Höhe des Anspruchs erforderlichen Tatsachen benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Entschädigung (etwa einen Mindestbetrag) angeben .
Tenor
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Der Beklagte wird verurteilt, an jeden der Kläger wegen überlanger Dauer des Klageverfahrens 4 K 4075/09 beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg für einen Zeitraum von 14 Monaten Entschädigung in Höhe von 1.400 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2014 zu zahlen.
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Es wird festgestellt, dass das Verfahren im Umfang von weiteren acht Monaten verzögert war.
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Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Tatbestand
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I. Die Kläger begehren Entschädigung nach § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) für das seit dem 25. März 2009 anhängige und durch Urteil vom 20. Juni 2013, zugestellt am 17. Juli 2013 (Kläger) bzw. 19. Juli 2013 (Finanzamt --FA--), beendete Verfahren 4 K 4075/09 vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg.
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Der Kläger war in dem Streitjahr des Ausgangsverfahrens 2007 zunächst angestellter Prokurist bei der X-GmbH. Deren alleinige Gesellschafterin, die Y-GmbH veräußerte mit Wirkung zum 1. März 2007 ihren Gesellschaftsanteil an der X-GmbH an die S AG. In einer Veranstaltung am … März 2007, zu der die Y-GmbH u.a. Mitarbeiter der X-GmbH eingeladen hatte, erhielten diese Schecks in unterschiedlicher Höhe, der Kläger in Höhe von 70.000 €. In einem Begleitschreiben der Y-GmbH hieß es, es handele sich um eine Schenkung, über die das zuständige Finanzamt informiert worden sei.
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Das Schenkungsteuerfinanzamt vertrat zunächst die Auffassung, der Vorgang unterliege nicht der Schenkung-, sondern der Lohnsteuer, erließ jedoch aufgrund der Schenkungsteuererklärung des Klägers im August 2007 einen entsprechenden Bescheid über 14.904 €, der bestandskräftig wurde. Das Betriebsstättenfinanzamt der X-GmbH forderte vom Kläger im Dezember 2007 Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für den Monat März 2007 in Höhe von 31.017 € nach. Aussetzungsanträge blieben erfolglos.
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Das FA veranlagte die Kläger für 2007 zunächst erklärungsgemäß ohne Berücksichtigung des zugewendeten Betrags von 70.000 €, behandelte die Zuwendung aber in dem Änderungsbescheid vom 29. Juli 2008 als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Auf Antrag des Klägers hob das Schenkungsteuerfinanzamt im August 2008 den Schenkungsteuerbescheid wegen widerstreitender Steuerfestsetzung auf und erstattete die gezahlte Schenkungsteuer. Den Einspruch der Kläger gegen die Einkommensteuerfestsetzung wies das FA zurück.
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Am 25. März 2009 erhoben die Kläger Klage, mit der sie ihre Auffassung, es habe sich bei der Zuwendung um eine Schenkung gehandelt, weiterverfolgten.
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Im Klageverfahren wechselten die Beteiligten zunächst kontinuierlich Schriftsätze, bis das FA mit Schriftsatz vom 25. Januar 2011 auf eine weitere Stellungnahme verzichtete. Mit Schriftsatz vom 4. April 2011 erklärten die Kläger, eine weitere Aufklärung sei vom FA leider nicht zu erwarten, und fragten an, wann mit mündlicher Verhandlung und Beweisaufnahme zu rechnen sei. Ergänzend wiesen sie darauf hin, dass bei einer Vielzahl ähnlich gelagerter Einspruchsverfahren das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden sei, bis über diesen Rechtsstreit rechtkräftig entschieden worden sei. Den Klägern wurde auf richterliche Anordnung am 2. Mai 2011 mitgeteilt, auch unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen sei mit einer zeitnahen Terminierung nicht zu rechnen. Das FG wurde daraufhin nicht weiter tätig. Am 21. Dezember 2011 erhoben die Kläger Verzögerungsrüge.
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Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2012 fragte das FG bei den Beteiligten an, ob einem Ruhen des Verfahrens mit Rücksicht auf das anhängige Revisionsverfahren VI R 58/11 zugestimmt werde. Die Kläger lehnten dies am 13. Juli 2012 ab, da auf die --von demselben Bevollmächtigten vertretene-- Revision VI R 58/11 der Rechtsstreit zurückverwiesen werden müsse. Sie beantragten erneut die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung. Hierauf teilte das FG am 18. Juli 2012 den Klägern mit, es sei derzeit noch nicht absehbar, wann ein Termin zur mündlichen Verhandlung durchgeführt werden könne, das Gericht sei jedoch weiter um zügige Behandlung bemüht. Am 18. Oktober 2012 erhoben die Kläger erneut Verzögerungsrüge.
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Am 20. November 2012 fragte das FG mit Hinweis auf ein bereits von einem anderen Senat des FG (1 K 1102/09) entschiedenes Parallelverfahren, gegen dessen Entscheidung Revision eingelegt worden war, erneut, ob einem Ruhen zugestimmt werde. Die Kläger lehnten dies am 21. November 2012 ab. Das FG wurde vorerst nicht weiter tätig. Ihre dritte Verzögerungsrüge erhoben die Kläger am 9. April 2013.
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Am 10. Mai 2013 lud das FG zur mündlichen Verhandlung für den 20. Juni 2013 und wies in diesem Termin die Klage ab. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluss vom 6. Dezember 2013 VI B 89/13 (BFH/NV 2014, 511) als unbegründet zurückgewiesen.
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Am 22. Juli 2014 haben die Kläger Entschädigungsklage gegen das Land Berlin erhoben. Sie rügen, die Verfahrensdauer von 51 Monaten müsse nicht hingenommen werden. Sie bewirke einen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 198 Abs. 1 GVG. Während die durchschnittliche Verfahrensdauer finanzgerichtlicher Klagen bei 17 bis 18 Monaten liege, sei das vorliegende Verfahren erst nach über 50 Monaten Verfahrensdauer beendet worden, ohne dass hierfür sachliche Gründe erkennbar seien. Ob die Bediensteten der Justiz hieran ein persönliches Verschulden treffe --wofür nichts spreche--, sei unerheblich. Es sei Angelegenheit des Beklagten, das FG personell hinreichend auszustatten.
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Die Sache sei bereits mit Erhebung der Klage entscheidungsreif gewesen. Der Sachverhalt sei unstreitig, die Rechtsfrage habe sich auf die Frage beschränkt, ob die Zahlung der 70.000 € durch die Y-GmbH eine Schenkung oder Arbeitslohn gewesen sei. Einer kurzfristigen Anberaumung eines Termins, ggf. mit Zeugenvernehmung, habe nichts entgegengestanden. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2010 sei die Anberaumung der mündlichen Verhandlung angezeigt gewesen. Auf Antrag der Beteiligten ruhte das Verfahren durch Beschluss der Berichterstatterin vom 24. Oktober 2014 bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1495/14, die sich gegen das Senatsurteil vom 18. März 2014 X K 4/13 (BFH/NV 2014, 1050) richtete. Mit Beschluss vom 1. Juli 2015 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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Anschließend haben die Kläger ausgeführt, da davon auszugehen sei, dass der erkennende Senat an seinen Rechtsgrundsätzen zur Besonderheit und Einzigartigkeit der Finanzgerichtsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) unverändert festhalte, die er im Urteil vom 4. Juni 2014 X K 12/13 (BFHE 246, 136, BStBl II 2014, 933) aufgestellt habe, sei zumindest für einen Zeitraum von elf Monaten eine Entschädigung zuzusprechen. Das FG hätte gut zwei Jahre nach Eingang der Klage mit der Bearbeitung des Verfahrens beginnen müssen. Damit sei das Verfahren von Juli 2011 bis Juni 2012 als verzögert zu betrachten.
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Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, an jeden der Kläger wegen überlanger Dauer des zum Az. 4 K 4075/09 beim FG Berlin-Brandenburg durchgeführten Klageverfahrens eine angemessene Entschädigung, deren Höhe nach freiem Ermessen vom BFH festzusetzen ist, nach § 198 Abs. 2 GVG nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach der Vorschrift des § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen, an jeden der Kläger wegen überlanger Dauer des zum Az. 4 K 4075/09 beim FG Berlin-Brandenburg durchgeführten Klageverfahrens eine Entschädigung in Höhe von mindestens 600 €, somit insgesamt 1.200 €, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB auf diese Entschädigung seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Grundsätze, die der angerufene Senat in seinem Urteil in BFHE 246, 136, BStBl II 2014, 933 in einem parallel gelagerten Verfahren aufgestellt habe, könnten auch auf das hiesige Verfahren übertragen werden. Dies führe dazu, dass sich allenfalls eine Verzögerung für die Zeiträume Mai bis Oktober 2011 (sechs Monate), November 2011 bis Mai 2012 (sieben Monate), August bis Oktober 2012 (drei Monate) und Dezember 2012 bis April 2013 (fünf Monate) ergebe. Für die Wiedergutmachung reiche für die Zeiträume ab November 2011 (insgesamt 15 Monate) die Feststellung der Verzögerung ohne Zuspruch einer Entschädigung in Geld aus.
Entscheidungsgründe
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II. Die Klage hat Erfolg. Jedem der beiden Kläger steht wegen der überlangen Dauer des Klageverfahrens 4 K 4075/09 beim FG Berlin-Brandenburg für einen Zeitraum von 14 Monaten Entschädigung in Höhe von 1.400 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2014 zu. Zudem wird festgestellt, dass das Verfahren im Umfang von weiteren acht Monaten verzögert war.
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1. Die Entschädigungsklage ist zulässig, obwohl die Kläger die begehrte Entschädigung für die erlittenen immateriellen Nachteile in dem von ihnen formulierten Hauptantrag nicht beziffert haben. Der auf Gewährung einer angemessenen Entschädigung lautende Klageantrag ist indes jedenfalls in Verbindung mit dem weiteren Klagebegehren hinreichend bestimmt.
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a) Nach § 65 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Es ist daher keine zwingende Anforderung an den Inhalt einer Klage, dass der Kläger einen bestimmten Antrag stellt. Er muss aber sein Klagebegehren so deutlich zum Ausdruck bringen, dass das Ziel seiner Klage ausreichend erkennbar wird, da das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen darf. Daher ist es erforderlich, dass für das Gericht das Ziel der Klage durch eine ausreichende Bezeichnung des Streitgegenstands erkennbar wird, da anderenfalls die Klage unzulässig ist. Wie weitgehend das Klagebegehren jeweils substantiiert werden muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. zu dem Vorstehenden Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. November 1979 GrS 1/78, BFHE 129, 117, BStBl II 1980, 99, unter C.).
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In einer Entschädigungsklage gemäß § 198 GVG muss ein Kläger, um das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags zu erfüllen, die für die Bemessung der Höhe des Anspruchs erforderlichen Tatsachen benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Entschädigung (etwa einen Mindestbetrag) angeben (so auch Bundesverwaltungsgericht --BVerwG--, Urteil vom 26. Februar 2015 5 C 5/14 D, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report 2015, 641, Rz 15; ähnlich auch Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Januar 2014 III ZR 37/13, BFHZ 200, 20, Rz 56).
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b) Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen sich der erkennende Senat anschließt, ist der Klageantrag der Kläger ausreichend bestimmt.
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Nachdem die Kläger zunächst einen Mindestbetrag für die Entschädigung beziffert hatten, haben sie ihren Klageantrag in der mündlichen Verhandlung so formuliert, dass an jeden der Kläger nach § 198 Abs. 2 GVG eine angemessene Entschädigung zu zahlen sei, deren Höhe nach freiem Ermessen vom BFH festzusetzen sei. Lediglich hilfsweise sollte eine Entschädigung jeweils in Höhe von mindestens 600 € nebst Zinsen zu zahlen sein. Dies ist ausreichend.
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Das von den Klägern als Hilfsantrag bezeichnete Begehren enthält inhaltlich kein hilfsweises Petitum, das erst dann zum Tragen kommen soll, wenn dem Hauptantrag nicht entsprochen wird. Vielmehr bezieht sich das Begehren auf den Hauptantrag, der hierdurch modifiziert und dergestalt präzisiert wird, dass die im Ermessen des Senats liegende Entschädigungszahlung einen Mindestbetrag von jeweils 600 € nicht unterschreiten darf. Damit haben die Kläger ihren Antrag jedenfalls nach unten durch diesen Betrag begrenzt und somit ausreichend bestimmt.
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2. Die Klage ist auch begründet.
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Nach den Maßstäben des Senats, an denen er festhält (dazu unten a), war die Dauer des Ausgangsverfahrens im Umfang von 22 Monaten unangemessen (dazu unten b), von denen aber lediglich für einen Zeitraum von 14 Monaten Entschädigung zu zahlen ist (dazu unten c und d). Hierauf hat jeder der Kläger einen Anspruch (dazu unten e).
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a) Der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG setzt u.a. die unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens voraus. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Für die weiteren Grundsätze und Einzelheiten einschließlich der Aufteilung des typischen finanzgerichtlichen Verfahrens in drei Phasen nimmt der Senat auf seine Urteile vom 7. November 2013 X K 13/12 (BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, unter II.2.a bis c), in BFH/NV 2014, 1050, vom 19. März 2014 X K 3/13 (BFH/NV 2014, 1053) sowie X K 8/13 (BFHE 244, 521, BStBl II 2014, 584) und in BFHE 246, 136, BStBl II 2014, 933 Bezug.
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Der erkennende Senat ist --trotz der Kritik der Kläger-- weiterhin der Meinung, dass seine Rechtsprechung zu derjenigen des BVerwG und des Bundessozialgerichts (BSG) nicht in Widerspruch steht. Zur näheren Begründung verweist er auf sein Urteil in BFHE 246, 136, BStBl II 2014, 933, Rz 27 f. Er sieht sich in dieser Auffassung dadurch bestätigt, dass das BVerfG die gegen das Senatsurteil in BFH/NV 2014, 1050 gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat.
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Auch die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung genannten Urteile des BSG sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) stehen der vom Senat zugrunde gelegten Vermutung nicht entgegen, wonach die Dauer des finanzgerichtlichen Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene ("dritte") Phase des Verfahrensablaufs nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt (grundlegend Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, Rz 69 ff.).
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aa) Soweit die Kläger auf das Urteil des BSG vom 3. September 2014 B 10 ÜG 2/13 R (BSGE 117, 21, Sozialrecht --SozR-- 4-1720, § 198 Nr. 3) verweisen, erkennt der angerufene Senat hierin keine Divergenz zu seiner Rechtsprechung. Das BSG legt vielmehr diese erkennbar den eigenen Erwägungen zugrunde, indem es ebenfalls Vermutungsregelungen aufstellt, die sich aber nach "der besonderen Natur sozialgerichtlicher Verfahren" richten (BSG-Urteil in BSGE 117, 21, SozR 4-1720, § 198 Nr. 3, Rz 45). Da Gegenstand der BSG-Verfahren vor allem die Gewährung von existenzsichernden Leistungen ist, sind die Aussagen des BSG zur Vorbereitungs- und Bedenkzeit des Gerichts von insgesamt zwölf Monaten, die im Übrigen nicht zu einer Gesamtverfahrensdauer von lediglich zwölf Monaten führen, vor diesem Hintergrund zu sehen. Zudem hat der erkennende Senat ebenfalls immer betont, dass die Vermutungsregel von zwei Jahren nicht gilt, wenn der Verfahrensbeteiligte rechtzeitig und in nachvollziehbarer Wiese auf Umstände hinweist, aus denen eine besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens folgt.
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bb) Auch das Urteil des EGMR vom 2. September 2010 46344/06 (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2010, 3355) steht nicht in Widerspruch zur Senatsrechtsprechung. Die in diesem Urteil ausgesprochene Verletzung des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) beruhte darauf, dass das dortige Verfahren allein beim Oberverwaltungsgericht fast acht Jahre gedauert hatte. Das Verfahren hatte zudem die Verlängerung von waffenrechtlichen Erlaubnissen zum Gegenstand, die für den Kläger, der ein Personenschutzunternehmen betrieb, von besonderer Relevanz waren, worauf der EGMR insbesondere hingewiesen hat (Urteil in NJW 2010, 3355, Rz 45).
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Die in dem Urteil ausgesprochene Verletzung des Art. 13 EMRK lag darin begründet, dass es in Deutschland bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren am 3. Dezember 2011 keinen wirksamen Rechtsbehelf gegeben hatte, mit dem Abhilfe bei überlangen zivilgerichtlichen Verfahren erlangt werden konnte.
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b) Die Dauer des Ausgangsverfahrens war im Umfang von 22 Monaten unangemessen.
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aa) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach Art von Regelbeispielen genannten Kriterien bietet kein eindeutiges Bild. Die Schwierigkeit des Verfahrens war jedenfalls nicht unterdurchschnittlich, während seine Bedeutung angesichts der durch die streitigen Einkünfte verursachten Steuerbelastung der Kläger verhältnismäßig hoch erscheint. Allerdings hat das klägerische Vorbringen mit seinen --unerheblichen-- Beweisantritten den Rechtsstreit für das FG komplexer erscheinen lassen als er tatsächlich war.
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bb) Die Betrachtung des konkreten Verfahrensablaufs zeigt eine Verzögerung von insgesamt 22 Monaten.
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(1) Die erste Phase war im Januar 2011 beendet, nachdem sowohl die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 25. November 2010 als auch das FA im Schriftsatz vom 25. Januar 2011 davon ausgingen, die Sache sei ausgeschrieben. Das FG hätte damit spätestens zwei Jahre nach Eingang der Klage und damit im April 2011 mit der Bearbeitung des Verfahrens beginnen müssen, was jedoch nicht geschah. Erst Ende Juni 2012 fragte das FG an, ob das Ruhen des Verfahrens beantragt werde, was die Kläger im Juli 2012 ablehnten.
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Für den Zeitraum von April 2011 bis Mai 2012 (14 Monate) ist das Verfahren daher als verzögert zu betrachten. Die Zeit, die das FG für die Anfrage selbst aufgewandt hat, ist hingegen nicht einzubeziehen, da die Anfrage als solche ohne Weiteres sachgerecht, sogar naheliegend war.
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(2) Nachdem die Kläger das Ruhen abgelehnt hatten, hätte das FG das Verfahren weiterbetreiben müssen. Daran fehlte es, so dass das Verfahren von August 2012 bis Oktober 2012 und insoweit für drei Monate als verzögert anzusehen ist.
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(3) Die erneute Ruhensanfrage des FG im November 2012 ist wiederum als zweckmäßige Verfahrensförderung zu betrachten, so dass der November 2012 nicht in die Zeitspanne der Verzögerung einzubeziehen ist. Auch wenn die Kläger zuvor bereits das Ruhen des Verfahrens abgelehnt hatten, war nicht auszuschließen, dass sie in Bezug auf einen anderen Rechtsstreit eine unterschiedliche Entscheidung treffen würden. Es entsprach daher den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verfahrensförderung, wenn das FG hiernach wenigstens fragte.
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(4) Anschließend hat das FG das Verfahren allerdings von Dezember 2012 bis April 2013 und damit weitere fünf Monate nicht gefördert, bis es am 10. Mai 2013 zur zeitnahen mündlichen Verhandlung lud.
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c) Von diesen 22 Monaten der Verzögerung ist lediglich für einen Zeitraum von 14 Monaten Entschädigung zu zahlen, während für die verbliebene Zeit von acht Monaten die Feststellung, dass die Verfahrensdauer unangemessen ist, ausreichende Wiedergutmachung ist.
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aa) Soweit die Beteiligten auf entsprechende Anfrage des FG einem Ruhen des Verfahrens mit Rücksicht auf ein bei dem BFH anhängiges Revisionsverfahren in einer parallelen Angelegenheit zwar nicht zustimmen, wohl aber objektiv ein Grund vorliegt, ein Verfahren zum Ruhen zu bringen, und gleichzeitig für die fehlende Zustimmung keine Gründe erkennbar sind, kann vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls im Allgemeinen davon ausgegangen werden, dass für die Verfahrensverzögerung in dieser Zeitspanne keine Entschädigung in Geld zu gewähren ist. Vielmehr ist nach § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG die Feststellung des Entschädigungsgerichts ausreichend, dass die Verfahrensdauer unangemessen war.
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In dieser Konstellation ist ohnehin damit zu rechnen, dass das Verfahren wenigstens diejenige (zusätzliche) Zeitspanne in Anspruch nimmt, für die der Ruhensgrund besteht. Gleich wie das FG entscheidet, hat es im Regelfall die Revision zuzulassen, die wiederum im Regelfall auch eingelegt werden dürfte. Beide Beteiligten schweben in Ungewissheit über den Ausgang des anhängigen Revisionsverfahrens und werden sich der Möglichkeit, dass dieses Verfahrens zu ihren Gunsten ausgeht, nicht begeben. Die Verzögerung, der sie bei fehlender Zustimmung zum Ruhen in der ersten Instanz auszuweichen suchen, wird daher lediglich auf die nächste Instanz verlagert, aber nicht endgültig vermieden. Vor diesem Hintergrund ist die persönliche Betroffenheit durch die Verzögerung deutlich geringer als in einer Verfahrenssituation, in der ein solcher Ruhensgrund nicht besteht.
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bb) So verhält es sich im Streitfall für einen Zeitraum von acht Monaten.
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(1) Das Verfahren VI R 58/11, in dem es ebenfalls um die Konkurrenz zwischen Arbeitslohn und Schenkung ging, war ein Parallelfall, der die Verfahrensruhe vom Zeitpunkt der Anfrage des FG im Juni 2012 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des BFH vom 28. Februar 2013 bzw. der darauffolgenden Veröffentlichung gerechtfertigt hätte.
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Bei dem Revisionsverfahren VI R 57/12 (Vorinstanz FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. August 2012 1 K 1102/09, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 118), auf das sich die zweite Ruhensanfrage bezog, handelte es sich um ein Parallelverfahren, das ebenso wie ein weiteres parallel gelagertes Revisionsverfahren mit Urteilen vom 7. August 2014 VI R 57/12 (BFH/NV 2015, 181) und VI R 58/12 (BFH/NV 2015, 184) entschieden wurde. Das Revisionsverfahren VI R 57/12 hätte damit die Verfahrensruhe bis zur Beendigung des Ausgangsverfahrens gerechtfertigt.
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Damit war in dem gesamten Zeitraum seit der ersten Ruhensanfrage im Juni 2012 bis zur Entscheidung über die Klage ein Ruhensgrund vorhanden. Dies betrifft die Verzögerungszeiten von August 2012 bis Oktober 2012 sowie vom Dezember 2012 bis April 2013 (s. oben II.2.b bb (2) und (4)) und damit einen Zeitraum von insgesamt acht Monaten.
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cc) Umstände, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.
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d) Für die entschädigungspflichtige Zeitspanne von April 2011 bis Mai 2012 sind in Bezug auf die Höhe der Entschädigung Besonderheiten weder erkennbar noch vorgetragen worden, so dass insoweit eine Entschädigung in Geld nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zu gewähren ist, die für 14 Monate Verzögerung 1.400 € beträgt.
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e) Diese Entschädigung ist jedem der Kläger zu zahlen. Der Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils ist ein personenbezogener Anspruch. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Er ist als ein Jedermann-Recht konzipiert und steht in Fällen einer subjektiven Klagehäufung jeder am Gerichtsverfahren beteiligten Person einzeln zu (so auch Senatsurteil in BFHE 246, 136, BStBl II 2014, 933, Rz 47).
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f) Der Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit der Entschädigungsklage (§ 66 FGO) folgt aus § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zur näheren Begründung verweist der erkennende Senat auf sein Urteil in BFHE 244, 521, BStBl II 2014, 584, unter II.4.a).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO i.V.m. § 201 Abs. 4 GVG.
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