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BFH 18.11.2015 - XI R 38/14
BFH 18.11.2015 - XI R 38/14 - (Zur konkludenten Gestattung der Istbesteuerung (§ 20 UStG))
Normen
§ 20 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 13 Abs 1 Nr 1 Buchst b UStG 2005, UStG VZ 2010, § 102 FGO, § 5 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 18. Juni 2014, Az: 2 K 2149/11, Urteil
nachgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 15. Februar 2017, Az: 2 K 2071/16, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Hat ein Steuerpflichtiger einen hinreichend deutlichen Antrag auf Gestattung der Istbesteuerung (§ 20 UStG) beim FA gestellt, dann hat die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2015 V R 47/14, BFHE 251, 287, Leitsatz 3) .
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2. NV: Ein hinreichend deutlicher Antrag auf Gestattung der Istbesteuerung (§ 20 UStG) liegt vor, wenn der Steuerpflichtige in den von ihm abgegebenen Voranmeldungen und Jahreserklärungen die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet hat und dies für das FA erkennbar war .
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Juni 2014 2 K 2149/11 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb ab dem 1. September 2007 einen Gewerbebetrieb zur Erbringung von Handwerkerleistungen in der Rechtsform einer GbR. Ihre Gesellschafter waren M mit einer Beteiligung von 80 % und dessen Sohn N mit einer Beteiligung von 20 %.
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Im "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung" gab die Klägerin am 7. September 2007 gegenüber dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) durch Ankreuzen folgende Erklärung ab: "Wir berechnen die Steuer nach vereinnahmten Entgelten. Wir beantragen hiermit die Istversteuerung." Ihren Gesamtumsatz schätzte sie im Fragebogen auf "ca. 10.000 €" für das Jahr der Betriebseröffnung und "ca. 40.000 €" für das Folgejahr. Die nach Aufnahme des Betriebs ausgeführten Gesamtumsätze der Klägerin lagen jeweils unterhalb der in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für eine Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten bestimmten Höchstgrenzen.
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Das FA beschied diesen Antrag der Klägerin auf Gestattung der "Istversteuerung" (zunächst) nicht.
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In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2010 erklärte die Klägerin Umsätze zum Regelsteuersatz in Höhe von 5.820 € und abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 2.723,24 €. Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam der Prüfer im Prüfungsbericht vom 7. März 2011 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre Umsätze zu Unrecht der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten unterworfen habe. Die von der Klägerin erklärten Umsätze seien um 61.436 € zu erhöhen. Über diesen Betrag habe die Klägerin in zwei Rechnungen vom 27. und 28. Oktober 2010 gegenüber dem Einzelunternehmen des Gesellschafters N abgerechnet. Im Übrigen werde darauf verzichtet, die Umsätze nach der Sollbesteuerung zu ermitteln. Die Voraussetzungen für eine Zustimmung zur Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten lägen nicht vor. Die von der Klägerin praktizierte Verfahrensweise, zwischen ihr und dem Einzelunternehmen des N Abrechnungen vorzunehmen, die einerseits den Vorsteuerabzug ermöglichten, andererseits zu keiner Umsatzsteuerschuld führten, schließe die Genehmigung einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten aus; denn diese solle der Vereinfachung der Besteuerung dienen, nicht aber dazu, das Steueraufkommen zu gefährden oder --wie im vorliegenden Fall von verbundenen Unternehmen-- den Vorsteuerabzug ohne eine korrespondierende Umsatzsteuerschuld zuzulassen.
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Das FA folgte der Auffassung des Prüfers und erhöhte --neben weiteren unstreitigen Änderungen-- mit Änderungsbescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Oktober 2010 vom 28. März 2011 unter Hinweis auf den Prüfungsbericht die steuerpflichtigen Umsätze um 61.436 €.
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Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 2011 als unbegründet zurück. Es führte aus, es habe den Antrag der Klägerin auf Gestattung der Istbesteuerung nicht genehmigt. Auf die Frage, ob die Genehmigung der Istbesteuerung wegen der Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen oder der Gefährdung des Steueraufkommens zu versagen sei, komme es deshalb nicht mehr an. Während des anschließenden Klageverfahrens, das beim Finanzgericht (FG) unter dem Aktenzeichen 2 K 2149/11 geführt wurde, erging am 14. März 2012 ein Umsatzsteuerbescheid für 2010, in dem das FA die von der Klägerin auf Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärten Umsätze --ebenso wie im Vorauszahlungsbescheid-- um 61.436 € erhöhte. Dieser Bescheid wurde nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.
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Am 22. März 2013 stellte die Klägerin erneut einen Antrag, ihr die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten ab 2010 zu gestatten. Das FA lehnte diesen Antrag am 19. Juli 2013 ab. Es wies den hiergegen eingelegten Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2013 mit der Begründung als unbegründet zurück, die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten führe zu einer Gefährdung des Steueranspruchs. Nach dem Vorbringen der Klägerin stecke u.a. das Einzelunternehmen des N in Liquiditätsschwierigkeiten. Damit wäre dieses im Falle einer Berichtigung möglicherweise nicht in der Lage, die bereits ausgezahlte Vorsteuer zurückzuzahlen. Nach dem Urteil des FG Berlin vom 2. März 1999 7254/96 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1999, 738) begründe die Vornahme des Vorsteuerabzugs bei gleichzeitig fehlenden Umsätzen bei nahestehenden Personen --wie hier-- die Vermutung, dass die dem leistenden Unternehmen erteilte Zustimmung nach § 20 UStG missbraucht werde. Dass die Klägerin die Umsatzsteuerschulden vollständig bezahlt habe, ändere diese Beurteilung nicht, denn die Klägerin habe keine freiwilligen Zahlungen geleistet. Die hiergegen erhobene Klage, die beim FG das Aktenzeichen 2 K 2340/13 erhielt, wurde vom FG mit dem Verfahren 2 K 2149/11 (betreffend den Umsatzsteuerbescheid für 2010) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
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Das FG wies die Klagen mit Urteil vom 18. Juni 2014 2 K 2149/11 ab.
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Zur Begründung führte es aus, das FA habe eine Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten nicht gestattet. Allein der von der Klägerin gestellte Antrag genüge nicht.
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Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Gestattung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten für das Streitjahr 2010. Zwar liege der von ihr erzielte Gesamtumsatz unterhalb der in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG a.F.) vorgesehenen Grenze, im Streitfall sei jedoch ein atypischer Fall gegeben. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin müsse das FG von einer Beeinträchtigung und Gefährdung des Steueranspruchs jedenfalls für das Streitjahr 2010 ausgehen. Die Klägerin und das Einzelunternehmen ihres Gesellschafters N würden von einander nahestehenden Familienangehörigen beherrscht. Angesichts des Vortrags der Klägerin, das Einzelunternehmen stecke in Liquiditätsschwierigkeiten, bestehe das Risiko, dass dieses im Falle einer Berichtigung nicht zur Rückzahlung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs in der Lage sei. Die Auffassung der Klägerin würde im Ergebnis zu einem ungesicherten Kredit zulasten des Fiskus führen. Schon in der insofern über längere Dauer zu erwartenden Zinsbeeinträchtigung sehe das Gericht einen hinreichenden Grund für die Versagung der Gestattung.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
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Im Streitfall sei eine Gestattung der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten durch das FA erfolgt. Sie, die Klägerin, habe darauf vertrauen können, dass ihr ausdrücklich gestellter Antrag genehmigt worden sei, nachdem die Festsetzungen erklärungsgemäß erfolgt und die Zahlungen vom FA vorbehaltslos entgegengenommen worden seien. Die konkludente Genehmigung ergebe sich aus dem Umstand, dass den Umsatzsteuererklärungen die Feststellungserklärungen für die Einkommensbesteuerung nebst einer Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung beigefügt gewesen seien. Entgegen der Auffassung des FG hätte die festsetzende Stelle des FA die Abweichungen zwischen den Erlösen laut Gewinn- und Verlustrechnung und den erklärten steuerpflichtigen Umsätzen zwangsläufig darauf zurückführen müssen, dass entsprechend den Regeln der Istbesteuerung erklärt worden sei.
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Da im Streitjahr 2010 bereits eine Gestattung vorgelegen habe, sei eine Ablehnung des im Jahr 2007 gestellten Antrags nicht mehr möglich. Das FG habe verkannt, dass das FA erst infolge der Umsatzsteuer-Sonderprüfung den Antrag rückwirkend zum 1. Januar 2010 abgelehnt habe, obwohl eine Rücknahme der Gestattung mit Wirkung für die Vergangenheit nur in den engen Grenzen des § 130 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erfolgen könne.
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Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil, den ablehnenden Bescheid vom 19. Juli 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2013 aufzuheben und die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. ab 2010 zu genehmigen sowie den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 14. März 2012 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer nach den Regeln der Istversteuerung um 11.670,80 € gemindert festgesetzt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Es habe die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten --auch stillschweigend-- nicht gestattet. Die erklärungsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer lasse eine Gestattung nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen hatte. Seine bisher getroffenen Feststellungen erlauben keine Entscheidung darüber, ob das FA der Klägerin die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten gestattet hat. Zudem hat es seine Ermessenserwägungen an die Stelle derer des FA gesetzt und damit die Grenzen der ihm durch § 102 FGO eingeräumten Überprüfungsbefugnis überschritten.
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1. a) Die Umsatzsteuer entsteht bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten, die gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG den gesetzlichen Regelfall darstellt, für Lieferungen und sonstige Leistungen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG --sog. Sollbesteuerung--). Bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten entsteht die Steuer dagegen mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG --sog. Istbesteuerung--; vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. August 2015 V R 47/14, BFHE 251, 287, BFH/NV 2015, 1786, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2015, 2493, Rz 11 f.).
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b) Das Finanzamt kann gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 UStG a.F. auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer,
1.
dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 500.000 € betragen hat, oder
2.
der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist, oder
3.
soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ausführt,
die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.
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c) Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. ist für die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten anstelle der Regelbesteuerung nach vereinbarten Entgelten mithin ein Antrag notwendig, auf Grund dessen das FA nach pflichtgemäßem Ermessen die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gestattet haben muss (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Mai 2011 V B 93/10, BFH/NV 2011, 1406).
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Nach der Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei der Gestattung nach § 20 UStG durch das FA um den Erlass eines begünstigenden Ermessens-Verwaltungsaktes i.S. der §§ 130, 131 AO (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Februar 2013 V B 72/12, BFH/NV 2013, 984, Rz 12). Dieser Verwaltungsakt muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend bekanntgegeben werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. August 2002 V B 65/02, BFH/NV 2003, 210, unter II.2.b, Rz 15; in BFH/NV 2011, 1406, Rz 4). Da die Gestattung einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) und die hierauf beruhende Umsatzsteuerfestsetzung (§ 155 AO) zwei verschiedene Verfahren betreffen, kann die Umsatzsteuerfestsetzung nur dann als konkludente Gestattung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten ausgelegt werden, wenn mit ihr nach außen erkennbar auch eine Entscheidung über den entsprechenden Antrag getroffen wurde (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 210, unter II.2.b, Rz 15; in BFH/NV 2011, 1406, Rz 4; in BFH/NV 2013, 984, Rz 13). Hieran dürfen aber keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. Vielmehr ist der Empfängerhorizont der Beteiligten entscheidend. Hat ein Steuerpflichtiger einen konkludenten Antrag auf Genehmigung der Istbesteuerung beim FA gestellt, dann hat die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 1786, DStR 2015, 2493, Rz 3, 15).
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d) Das FG hat zwar zutreffend entschieden, dass die Klägerin nicht allein deshalb von einer Gestattung durch das FA ausgehen konnte, weil sie im "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung", der von der Finanzverwaltung eigens hierfür vorgesehen ist, einen eindeutigen Antrag gestellt hatte (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20. Januar 2000 V B 163/99, BFH/NV 2000, 897; in BFH/NV 2003, 210, unter II.2.b, Rz 15; in BFH/NV 2013, 984, Rz 13).
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Es hat jedoch sodann seine Prüfung beendet und keine Feststellungen dazu getroffen, ob --soweit keine ausdrückliche Gestattung erfolgt ist-- die Klägerin auf Grund des Verhaltens des FA in den Besteuerungszeiträumen 2007 bis 2009 von einer konkludenten Gestattung ausgehen konnte. Das wäre dann der Fall, wenn die Klägerin in den von ihr in diesen Besteuerungszeiträumen abgegebenen Voranmeldungen und Jahreserklärungen die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet hat und dies für das FA erkennbar war. Anhaltspunkte hierfür könnten sich nach dem Vorbringen der Klägerin insbesondere aus den bislang nicht beigezogenen Feststellungsakten ergeben.
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2. Auch soweit das FG entschieden hat, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gestattung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten, kann sein Urteil keinen Bestand haben.
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a) Liegen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. vor, "kann" das Finanzamt die Istbesteuerung gestatten. Die Gestattung wird somit in das pflichtgemäße Ermessen (§ 5 AO) des Finanzamts gestellt (vgl. z.B. Michel in Offerhaus/Söhn/ Lange, Umsatzsteuer, § 20 UStG Rz 142; Wagner in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 20 UStG Rz 28).
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b) Ein FG ist gemäß § 102 FGO bei der Prüfung einer Ermessensentscheidung auf die Feststellung von Ermessensfehlern beschränkt und darf nicht seine eigene Ermessensentscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung des FA setzen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Januar 2005 V R 35/03, BFHE 208, 398, BStBl II 2005, 460, unter II.3., Rz 40; vom 6. November 2012 VII R 72/11, BFHE 239, 15, BStBl II 2013, 141, Rz 14; vom 11. Dezember 2013 XI R 22/11, BFHE 244, 209, BStBl II 2014, 332, Rz 30; ebenso BFH-Beschluss vom 9. November 2011 V B 43/11, BFH/NV 2012, 170, Rz 5; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 102 FGO Rz 114; Drüen in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 102 FGO Rz 9).
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c) Dies hat das FG nicht beachtet und nach den Ausführungen in den Entscheidungsgründen im Streitfall eigene Ermessenserwägungen angestellt. So wird dort formuliert, es "muss der Senat" für das Streitjahr 2010 von einer Gefährdung des Steueranspruchs ausgehen. Ferner lässt die Formulierung, "[s]chon in der insofern über längere Dauer zu erwartenden Zinsbeeinträchtigung sieht das Gericht einen hinreichenden Grund für die Versagung der Gestattung", erkennen, dass das FG eigene Ermessenserwägungen angestellt und nicht nur die des FA überprüft hat. Auf die Zinsbeeinträchtigung hat das FA weder in der Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2013 abgestellt, noch hat es dies im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragen.
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3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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