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BFH 17.11.2015 - VIII R 68/13
BFH 17.11.2015 - VIII R 68/13 - (Ablaufhemmung nach Erstattung einer Selbstanzeige - verjährungshemmende Wirkung einer Fahndungsprüfung - Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO)
Normen
§ 153 AO, § 169 Abs 1 S 1 AO, § 169 Abs 2 S 2 AO, § 170 Abs 2 S 1 Nr 1 AO, § 171 Abs 4 S 2 AO, § 171 Abs 5 AO, § 171 Abs 9 AO, § 173 Abs 1 Nr 1 AO, § 208 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 371 Abs 1 AO, § 119 Nr 6 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 22. Mai 2013, Az: 8 K 3796/11, Urteil
Leitsatz
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1. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO schließt den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO nicht generell aus, wenn die Ermittlungen der Steuerfahndung vor dem Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist beginnen und die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht.
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2. Im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten ist die Frage, ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist, für jeden Ehegatten gesondert zu prüfen.
Tenor
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Die Revision des Klägers wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 22. Mai 2013 8 K 3796/11, der Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 4. Juli 2011 nebst Zinsbescheid sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. November 2011 insoweit aufgehoben, als sie die Klägerin betreffen.
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Hinsichtlich der Revision des Klägers hat der Kläger die Kosten zu tragen.
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Hinsichtlich der Revision der Klägerin hat der Beklagte die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie haben im Jahr 2000 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1999) abgegeben. Am 5. März 2010 erklärte der Kläger beim FA Einkünfte aus Kapitalvermögen für die Jahre 1999 bis 2008 nach, die er für das Streitjahr schätzte, da ihm keine Bankunterlagen vorlagen. Er kündigte an, die genauen Angaben zu den hinterzogenen Kapitaleinkünften nachzureichen.
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Mit Schreiben vom 18. März 2010 teilte die Straf- und Bußgeldsachenstelle des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung dem Kläger die Einleitung des Strafverfahrens wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung in den Jahren 2004 bis 2008 mit. Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung teilte dem Kläger mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 unter Hinweis auf die Selbstanzeige und das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren mit, dass sie mit der Überprüfung der Selbstanzeige für die Jahre 1999 bis 2008 beauftragt worden sei. Sie forderte ihn auf, u.a. Depotauszüge, Unterlagen über unterjährige Aktien- und Fondsverkäufe sowie Einzelbelege für die auf dem Bankkonto gutgeschriebenen Vergütungen vorzulegen. Das Ergebnis der Auswertung der vom Kläger nachgereichten Unterlagen, das betragsmäßig nicht mit den Angaben in der Selbstanzeige übereinstimmte, teilte die Steuerfahndungsstelle dem Kläger mit Schreiben vom 19. April 2011 mit.
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In dem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 4. Juli 2011 erhöhte das FA die bisher angesetzten Kapitaleinkünfte. Der von den Klägern hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2013 8 K 3796/11 als unbegründet abgewiesen.
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Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von materiellem Recht und von Verfahrensrecht. Das FG habe weder festgestellt, welche Ermittlungen die Steuerfahndung angestellt habe, noch dass der geänderte Einkommensteuerbescheid auf diesen beruhe. Dies sei jedoch Voraussetzung für die Hemmung der Festsetzungsverjährung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO. Die Entscheidung des FG sei danach nicht mit Gründen versehen, so dass ein absoluter Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorliege. Das FG habe zudem verkannt, dass die Hemmung der Verjährung nach § 171 Abs. 9 AO eine Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO ausschließe.
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG vom 22. Mai 2013 8 K 3796/11 und den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 4. Juli 2011 nebst Zinsbescheid sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. November 2011 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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Das Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht. Es liegt weder der von dem Kläger geltend gemachte absolute Revisionsgrund des § 119 Nr. 6 FGO vor, noch verletzt die Entscheidung § 171 Abs. 5 Satz 1 AO.
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1. Der Kläger rügt zu Unrecht, die Entscheidung des FG sei nicht mit Gründen versehen (§ 119 Nr. 6 FGO).
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a) Ein solcher Verfahrensmangel liegt nur dann vor, wenn die Urteilsgründe ganz oder zum Teil fehlen und sie den Prozessbeteiligten keine Kenntnis darüber vermitteln, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Dies erfordert nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden müsste; vielmehr liegt ein Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO erst dann vor, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dagegen ist ein dahingehender Verfahrensmangel nicht gegeben, wenn noch zu erkennen ist, welche Überlegungen für das Gericht maßgeblich waren (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. August 2012 IX B 51/12, BFH/NV 2012, 1823, m.w.N.).
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b) Danach ist im vorliegenden Fall ein Revisionsgrund nach § 119 Nr. 6 FGO nicht gegeben. Das FG hat in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO gehemmt gewesen sei, so dass der angefochtene Einkommensteuerbescheid noch vor Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen sei. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 171 Abs. 5 Satz 1 AO hat es bejaht, da die Steuerfahndungsstelle vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 mit für den Kläger erkennbaren Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr begonnen habe. Das FG hat auch ausreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass nach seiner Auffassung der angefochtene Einkommensteueränderungsbescheid auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruhte. Denn es hat festgestellt, dass der Kläger erst aufgrund des Schreibens der Steuerfahndungsstelle vom 6. Dezember 2010 die für die Überprüfung der Selbstanzeige erforderlichen Unterlagen vorgelegt habe und auf das Ergebnis der Ermittlungen der Steuerfahndung in seinem Urteil verwiesen. Aus diesen Ausführungen wird hinreichend deutlich, aus welchen Gründen das FG die Klage abgewiesen hat.
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2. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt der geänderten Einkommensteuerfestsetzung für 1999 gegen den Kläger Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten war, da diese nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO gehemmt war.
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a) Beginnen die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen einer Landesfinanzbehörde vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, läuft die Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Voraussetzung für die verjährungshemmende Wirkung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist, dass für den Steuerpflichtigen erkennbar ist, dass in seinen Steuerangelegenheiten ermittelt wird (Senatsurteil vom 8. Juli 2009 VIII R 5/07, BFHE 226, 198, BStBl II 2010, 583, m.w.N.). Dagegen setzt der Eintritt der Hemmungswirkung nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht voraus, dass die Abgabe des Falls an die Steuerfahndung in den Akten des FA ausreichend dokumentiert wird, so dass die diesbezüglichen Einwendungen des Klägers für die Entscheidung des Streitfalls nicht erheblich sind.
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Der Umfang der Ablaufhemmung hängt davon ab, auf welche Steueransprüche sich die Prüfung während ihres Verlaufs tatsächlich erstreckt hat. Steht fest, dass sich Ermittlungshandlungen auf bestimmte Veranlagungszeiträume erstrecken, ist der Umfang der Ablaufhemmung noch nicht abschließend bestimmt, da nicht die Festsetzungsfrist für den gesamten Steueranspruch gehemmt wird, sondern Ablaufhemmung nur hinsichtlich der Steuern eintritt, die sich aus Sachverhalten ergeben, die Gegenstand der Ermittlungen waren. Die Ablaufhemmung endet, wenn aufgrund der Prüfung Steuerbescheide ergangen und diese unanfechtbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 13. Februar 2003 X R 62/00, BFH/NV 2003, 740; vom 14. April 2005 XI R 83/03, BFH/NV 2005, 1961; vom 8. Juli 2009 XI R 41/08, BFH/NV 2010, 1).
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b) Danach ist die Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO bereits vor dem Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist eingetreten.
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aa) Die Einkommensteuererklärung für 1999 wurde im Jahr 2000 abgegeben. Damit fiel gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO der Beginn der Festsetzungsfrist auf das Jahresende 2000. Nach den von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen tatsächlichen Feststellungen des FG verlängerte sich die Festsetzungsfrist aufgrund der Steuerhinterziehung des Klägers gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO von vier auf zehn Jahre und endete am 31. Dezember 2010.
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bb) Nach den Feststellungen des FG hat die Steuerfahndungsstelle mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 --also vor Ablauf der Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2010-- mit der Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen begonnen, indem sie den Kläger aufforderte, Unterlagen der Banken in Bezug auf die nacherklärten Kapitaleinkünfte für das Streitjahr vorzulegen. Hierbei handelte es sich --entgegen dem Wortlaut des Schreibens-- nicht nur um eine Überprüfung der dem FA bereits bekannten Tatsachen, sondern um für den Kläger erkennbare gewichtige eigene Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung i.S. des § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch die Steuerfahndung bestand auch ein hinreichender Anlass, da der Kläger die hinterzogenen Kapitaleinkünfte für das Jahr 1999 in der Selbstanzeige vom 5. März 2010 lediglich geschätzt hatte. Für den Kläger war danach erkennbar, auf welche Besteuerungsgrundlagen sich die Ermittlungen der Steuerfahndung bezogen. Das Ergebnis der Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen wurde dem Kläger nach den Feststellungen des FG mit Schreiben der Steuerfahndungsstelle vom 19. April 2011 mitgeteilt. Dieses wich von den Angaben in der Selbstanzeige ab, so dass für den Kläger auch erkennbar war, dass der geänderte Einkommensteuerbescheid auf den Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen durch die Steuerfahndung beruhte.
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3. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO nicht deshalb entfallen, weil das Ermittlungsverfahren der Steuerfahndung für mehr als sechs Monate unterbrochen wurde (§§ 171 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz, 171 Abs. 4 Satz 2 AO). Die Steuerfahndungsstelle hat dem Kläger den Stand der Ermittlungen mit Schreiben vom 19. April 2011 mitgeteilt. Danach haben die Ermittlungen der Steuerfahndung nicht unmittelbar nach ihrem Beginn mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 mehr als sechs Monate geruht. Sollte der Kläger mit seinem Vorbringen darauf abstellen, dass bereits vor dem Schreiben der Steuerfahndungsstelle vom 6. Dezember 2010 Ermittlungsmaßnahmen aufgenommen und unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen wurden, kann auch dies der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. In diesem Fall gilt die Wiederaufnahme der Prüfung mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 als neue Prüfung i.S. des § 171 Abs. 5 Satz 1 AO, die erneut eine Hemmungswirkung entfaltet, da zu diesem Zeitpunkt noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten war (vgl. BFH-Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BFHE 186, 299, BStBl II 1999, 28).
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4. Der Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO steht nicht entgegen, dass aufgrund der Selbstanzeige (zeitweise) auch der Hemmungstatbestand des § 171 Abs. 9 AO erfüllt war.
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a) Der Ablauf der Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2010 wurde durch den Eingang der Selbstanzeige des Klägers am 5. März 2010 gemäß § 171 Abs. 9 AO für die Dauer eines Jahres gehemmt. Nach der Rechtsprechung des BFH schließt eine Hemmung nach § 171 Abs. 9 AO eine weitere Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO nicht aus, sofern deren Voraussetzungen vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist verwirklicht wurden (Senatsurteil in BFHE 226, 198, BStBl II 2010, 583; so auch Paetsch in Beermann/Gosch, AO § 171 Rz 155; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 84; a.A. Klein/ Rüsken, AO, 12. Aufl., § 171 Rz 93; Banniza in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz 188). Dies ist vorliegend der Fall, da die Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO aufgrund der Ermittlungen der Steuerfahndung mit Schreiben vom 6. Dezember 2010 vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist eingetreten war. Es lag danach keine unzulässige Kombination der Festsetzungshemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO mit der Auswertungsfrist des § 171 Abs. 9 AO vor.
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b) Würde man der Rechtsauffassung des Klägers folgen und hätte der Eintritt der Hemmung nach § 171 Abs. 9 AO generell den Ausschluss der Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO zur Folge, hätte es der Steuerpflichtige in der Hand, durch eine Selbstanzeige die Zeit für die Überprüfung und Ermittlung der hinterzogenen Steuern durch das Finanzamt auf ein Jahr zu begrenzen. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 226, 198, BStBl II 2010, 583 ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 171 Abs. 9 AO dem Fiskus zur Auswertung einer Selbstanzeige bewusst eine Auswertungsfrist von einem Jahr gewährt und eine zeitlich unbegrenzte Ablaufhemmung nicht geschaffen habe. Er ist dabei jedoch davon ausgegangen, dass die Bewältigung der Auswertungsarbeiten innerhalb eines Jahres objektiv auch ohne weiteres möglich ist, da eine Selbstanzeige i.S. des § 371 Abs. 1 AO nur dann vorliegt, wenn das Finanzamt durch die Angaben in der Berichtigungserklärung in die Lage versetzt wird, ohne langwierige große Nachforschungen die zutreffende Steuer --gegebenenfalls im Schätzungswege-- festzusetzen.
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Zwischenzeitlich hat der BFH jedoch in seinem Urteil vom 21. April 2010 X R 1/08 (BFHE 229, 49, BStBl II 2010, 771) entschieden, dass an eine zur Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO führende Selbstanzeige geringere Anforderungen zu stellen sind, als an eine die Straffreiheit bewirkende Selbstanzeige i.S. des § 371 AO. Ausreichend für den Beginn der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO ist, dass die angezeigte Steuerverkürzung dem Grunde nach individualisiert werden kann. Das FA wird danach nicht in jedem Fall durch die Selbstanzeige in die Lage versetzt, ohne langwierige eigene Ermittlungen die zutreffende Steuer festzusetzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige --wie im vorliegenden Fall-- die hinterzogenen Einkünfte schätzt und die einjährige Frist des § 171 Abs. 9 AO zur Überprüfung und Auswertung der Selbstanzeige nicht ausreichend ist. In diesem Fall kann das FA nicht darauf verwiesen werden, auf die noch fehlenden Angaben des Steuerpflichtigen bis zum Ablauf der einjährigen Hemmungsfrist des § 171 Abs. 9 AO zu warten, sondern muss die Möglichkeit haben, --vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist-- eigene Ermittlungen durch die Steuerfahndung anzustellen, die zur Hemmung nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO führen (Paetsch in Beermann/Gosch, AO § 171 Rz 155). Voraussetzung für eine Hemmung ist jedoch auch in diesem Fall, dass die Steuerfestsetzung auf den Ermittlungen der Steuerfahndung beruht.
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c) Dagegen bestehen keine rechtsstaatlichen Bedenken, da dem Interesse des Steuerpflichtigen, nach einer Selbstanzeige nicht durch weitere Ermittlungsmaßnahmen belastet zu werden, die Pflicht des Staates entgegensteht, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten (vgl. Senatsurteil vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227).
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III.
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Die Revision der Klägerin ist begründet und deren Klage ist stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das angefochtene Urteil und der Einkommensteueränderungsbescheid für 1999 vom 4. Juli 2011 nebst Zinsbescheid sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. November 2011 sind insoweit rechtswidrig und aufzuheben, als sie die Klägerin betreffen. Die Änderung der Steuerfestsetzung gegen die Klägerin war unzulässig, da die Festsetzungsfrist abgelaufen war (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO).
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1. Die Einkommensteuererklärung für 1999 wurde von der Klägerin gemeinsam mit dem Kläger im Jahr 2000 abgegeben, so dass der Beginn der Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO auf das Jahresende 2000 fiel. Selbst wenn auch in Bezug auf die Klägerin eine Anwendung der zehnjährigen Festsetzungsfrist wegen des Vorliegens einer Steuerhinterziehung nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO in Betracht käme, war im Zeitpunkt des Ergehens des geänderten Bescheids vom 4. Juli 2011 die Festsetzungsfrist am 31. Dezember 2010 bereits abgelaufen. Die Ermittlungen der Steuerfahndung vom 6. Dezember 2010 richteten sich allein gegen den Kläger, so dass in Bezug auf die Klägerin keine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 Satz 1 AO eingetreten war.
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2. Dem steht nicht entgegen, dass gegenüber dem Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des geänderten Zusammenveranlagungsbescheids vom 4. Juli 2011 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten war. Auch im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten ist die Frage, ob Festsetzungsverjährung eingetreten ist, für jeden Ehegatten gesondert zu prüfen (BFH-Urteil vom 25. April 2006 X R 42/05, BFHE 212, 421, BStBl II 2007, 220).
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IV.
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Die Kostenentscheidung folgt für den Kläger aus § 135 Abs. 2 FGO und für die Klägerin aus § 135 Abs. 1 FGO.
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