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BFH 14.05.2014 - X R 7/12
BFH 14.05.2014 - X R 7/12 - Berücksichtigung von Sanierungsaufwendungen beim Erlass eines Folgebescheides vor dem Erlass eines Grundlagenbescheides der Denkmalschutzbehörde
Normen
§ 10f Abs 1 EStG, § 7i Abs 1 EStG, § 7i Abs 2 EStG, § 155 Abs 2 AO, § 162 Abs 5 AO, § 74 FGO, § 5 AO, § 102 FGO, § 88 Abs 2 AO, § 165 Abs 1 AO, § 165 Abs 2 AO, EStG VZ 2008
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 22. Februar 2012, Az: 2 K 42/12, Urteil
Leitsatz
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1. Die Finanzbehörde muss eine Ermessensentscheidung treffen, ob sie auch ohne den Grundlagenbescheid der Denkmalschutzbehörde gemäß § 7i Abs. 2 EStG einen Einkommensteuerbescheid gemäß § 155 Abs. 2 AO erlässt sowie ob und in welcher Höhe der gemäß § 10f Abs. 1 EStG geltend gemachte Abzugsbetrag gemäß § 162 Abs. 5 AO zu berücksichtigen ist.
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2. Weicht sie von der Steuererklärung des Steuerpflichtigen ab, muss sie überprüfbar darlegen, aus welchen Gründen sie die geltend gemachten Sanierungsaufwendungen nicht (vorläufig) ansetzt.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erwarben mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 18. Juli 2007 zwei unsanierte Eigentumswohnungen in L, die im Rahmen der Sanierung durch eine innenliegende Treppe zusammengelegt wurden. Der Kaufpreis von 545.000 € wurde so aufgeteilt, dass auf das Grundstück 84.749 €, auf die Altbausubstanz 67.799 € und auf die Sanierungskosten 392.452 € entfielen. Die Kläger bezogen im Dezember 2008 die sanierte Wohnung. Aus der dem Vertrag beigefügten Anlage 3 ergibt sich, dass im Dachbereich ein Atrium statt einer Dachterrasse erstellt werden sollte. Mit Eingangsbestätigung vom 27. März 2009 teilte das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege der Stadt L (Denkmalbehörde) mit, ein Antrag der Kläger auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß §§ 7i, 10f und 11b des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung (EStG) sei am 25. März 2009 eingegangen. Die Antragssumme für die zu bescheinigenden Aufwendungen für Baumaßnahmen an einem denkmalgeschützten Gebäude belaufe sich auf 392.452 €. Außerdem enthält die Eingangsbestätigung den Hinweis, eine Bestätigung der unteren Denkmalbehörde liege vor, nach der das erforderliche Abstimmungsverfahren eingehalten worden sei.
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Die Kläger machten im Streitjahr 2008 Aufwendungen in Höhe von 35.321 € als Sonderausgaben für selbstgenutztes Wohneigentum gemäß § 10f Abs. 1 EStG geltend. Sie sind der Auffassung, diese Aufwendungen seien auch ohne Vorlage der erforderlichen Bescheinigung im Wege der Schätzung zum Sonderausgabenabzug zuzulassen. Aufgrund des Kaufvertrages könne der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ohne Weiteres die Höhe der von den Klägern aufgewendeten Sanierungskosten ermitteln. Die Einsichtnahme in die Denkmalliste zeige, dass die Wohnung in einem denkmalgeschützten Gebäude liege. Es bestehe für das FA auch die Möglichkeit, in die Unterlagen der Denkmalbehörde Einsicht zu nehmen. Anhaltspunkte dafür, dass der Erwerb zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, in dem die Sanierung schon teilweise oder gar vollständig abgeschlossen gewesen sei, lägen nicht vor. Es sei ihnen, den Klägern, nicht zuzumuten, wegen einer mehrere Jahre dauernden Bearbeitung ihres Antrags durch die Denkmalbehörde auf den Sonderausgabenabzug in dieser Zeit zu verzichten.
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Das FA lehnte den geltend gemachten Sonderausgabenabzug sowohl bei der Einkommensteuerveranlagung als auch im Einspruchsverfahren ab. Die gemäß § 10f Abs. 1 i.V.m. § 7i EStG gesetzlich vorgeschriebene Bescheinigung der zuständigen Denkmalbehörde sei unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. September 2005 IX R 13/04 (BFHE 215, 158, BStBl II 2007, 373) eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Gewährung der Steuervergünstigung. Soweit der BFH meine, die Finanzbehörde müsse gemäß § 155 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) von ihrem Ermessen Gebrauch machen und prüfen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Abzugsbetrag vorläufig zu berücksichtigen sei, habe die Ermessensausübung im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis geführt, dass eine vorläufige Berücksichtigung der Sanierungsaufwendungen nicht in Betracht komme. Ihm, dem FA, sei zwar bekannt gewesen, dass ein Antrag auf Erteilung der Bescheinigung gestellt worden sei und sich aus dem Kaufvertrag Sanierungskosten in Höhe von 392.452 € ergäben. Es könne aber nicht erkennen, welche konkreten Baumaßnahmen hiervon betroffen seien und wie sich die Kosten hierauf im Einzelnen verteilten. Auch könne aufgrund der fehlenden Sachkunde nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den beantragten Aufwendungen um nicht begünstigte Sanierungskosten handele.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1001 veröffentlichten Urteil überwiegend statt.
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Seine Revision begründet das FA mit der Verletzung des § 7i EStG i.V.m. § 155 Abs. 2 und § 162 Abs. 5 AO. Das FG habe nicht erkannt, dass das FA im Streitfall keine Schätzungsbefugnis gehabt habe. Ressortfremde Grundlagenbescheide fielen nicht in den Anwendungsbereich der §§ 155 Abs. 2 und 162 Abs. 5 AO. Sinn und Zweck dieser Regelungen sei die Erleichterung und Beschleunigung des Steuerfestsetzungsverfahrens gewesen. Um dies zu erreichen, sei davon auszugehen, dass die Begriffe "Festsetzungs- und Feststellungsverfahren" nur die Verfahren der Finanzbehörde meinten, aus denen sich numerische Besteuerungsgrundlagen ergäben, die von dem Veranlagungsbeamten nur noch übernommen werden müssten.
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Die mit der Bescheinigung der Denkmaleigenschaft eines Gebäudes verbundene Prüfung obliege originär den Denkmalschutzbehörden. Ob ein Gebäude oder einzelne Gebäudeteile diese Merkmale aufwiesen und welche der getätigten Aufwendungen begünstigt seien, könne von einem Steuerbeamten nicht fehlerfrei beantwortet werden. In jedem Fall sei es sehr zeitaufwändig, sich mit den Aufgaben anderer Fachbehörden zu befassen und zu einer eigenen Entscheidung zu gelangen. Die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen, über die abschließend in Grundlagenbescheiden ressortfremder Behörden entschieden werde, stehe daher im Widerspruch zu dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Zweck der neu eingefügten Vorschriften.
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Die verfahrensrechtliche Situation bei der Gewerbesteuer sei insoweit vergleichbar. Solange die Verwaltungsbefugnis hinsichtlich des Messbetragsverfahrens ihnen nicht übertragen worden sei, dürften die Gemeinden die Bemessungsgrundlagen auch nicht schätzen.
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Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten und unterstützt das Vorbringen des FA. Das FG habe dem Umstand, dass die nach § 7i Abs. 2 EStG für die Gewährung erhöhter Abschreibungen erforderliche Bescheinigung materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung sei, bei seiner Entscheidung nicht hinreichend Rechnung getragen. Den Finanzbehörden sei es mangels eigener Sachkunde nicht möglich zu überprüfen, ob die Maßnahmen gemäß der §§ 7h und 7i EStG durchgeführt worden seien.
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Gemäß § 38 AO entständen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, wenn der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Liege die tatbestandlich erforderliche Bescheinigung (noch) nicht vor, sei folglich auch (noch) kein Anspruch auf die Steuervergünstigung entstanden. Diese fehlende Tatbestandsvoraussetzung könne nicht geschätzt werden.
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Das FG berufe sich zwar auf den Senatsbeschluss vom 20. Juli 2010 X B 70/10 (BFH/NV 2010, 2007), nach dem auch qualitative Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 5 AO dem Grunde nach geschätzt werden könnten. Geschätzt werden könnten aber nur messbare Sachverhalte und Vorgänge; Besteuerungsvorgänge also nur insoweit, als sie Quantitäten zum Gegenstand hätten. Ob nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal vorliege, lasse sich durch die Finanzbehörden nicht schätzen; allenfalls sei die Höhe der Aufwendungen schätzbar.
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Auch die systematischen Erwägungen des FG überzeugten nicht, um die Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO auch auf materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzungen auszudehnen. Es sei anerkannt, dass nach § 162 Abs. 1 und 2 AO nur quantitative Größen, nicht aber qualitative Merkmale geschätzt werden könnten. Wenn als Begründung für eine Ausdehnung der Schätzungsbefugnis auf die Besteuerungsgrundlagen geltend gemacht werde, die Schätzung nach § 162 Abs. 1 und 2 AO sei "endgültig", während die Schätzung gemäß § 162 Abs. 5 AO lediglich "vorläufig" erfolge (so Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 162 AO Rz 87), könne dieser Ansatz insbesondere in diesem Falle nicht überzeugen. Sollte nämlich die zuständige Denkmalbehörde überhaupt nicht entscheiden oder den Antrag ablehnen, sei fraglich, ob und wann die Finanzbehörde davon erfahre. Hätte in einem solchen Fall die Finanzbehörde die Sanierungskosten bereits geschätzt und bliebe das FA in Unkenntnis der Ablehnung des Antrags, bestünde die Gefahr, dass die steuerbegünstigende Schätzung der Tatbestandsvoraussetzungen zu Unrecht fortbestehe.
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Folge man der Vorinstanz und dem Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 2007, bleibe es der Finanzverwaltung verwehrt, in eigener Zuständigkeit eine Schätzung von Tatbestandsmerkmalen vorzunehmen, während sie im fachfremden Bereich qualitative Besteuerungsgrundlagen schätzen müsse, obgleich der Gesetzgeber bewusst die Expertise anderer besonders sachkundiger Behörden vorsehe. Es sei damit sachwidrig, in dieser Situation der Finanzverwaltung eine besondere Schätzungskompetenz zuzubilligen. Dies zeigten auch andere Beispiele aus dem Einkommensteuerrecht. So sei unumstritten, dass die Pauschbeträge für behinderte Menschen nach § 33b EStG nur dann gewährt werden dürften, wenn die nach § 33b Abs. 7 EStG i.V.m. § 65 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung vorgeschriebenen Nachweise erbracht würden.
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Der Bescheinigung der zuständigen Denkmalbehörde, auf deren Gültigkeit weitgehend gebaut werden könne, werde im Funktionsgebilde des § 7i EStG eine überragende Bedeutung beigemessen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 24. Juni 2009 X R 8/08, BFHE 225, 431, BStBl II 2009, 960). Auch vor diesem Hintergrund könne die Bescheinigung nicht mit der Folge ersetzt werden, dass die Finanzbehörde verpflichtet werde, sich im Wege der Schätzung denkmalschutzrechtlichen Fragen zu widmen.
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Den Klägern obliege es, den tatbestandlich in § 7i Abs. 2 EStG festgeschriebenen Nachweis zu erbringen. Auch eine Verteilung der Beweislast nach Sphären führe zu diesem Ergebnis, denn es liege in den Händen des Steuerpflichtigen, die erforderliche Bescheinigung zu erwirken. Hierdurch komme es auch nicht zu unsachgemäßen Ergebnissen. Denn sobald die erforderliche Bescheinigung vorliege, könne über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auch ein bereits bestandskräftiger Steuerbescheid geändert werden. Den Klägern drohe also kein endgültiger Verlust ihres Anspruchs auf erhöhte Absetzungen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das Verfahren ist nicht auszusetzen (dazu unter 1.). Die Voraussetzungen zum Abzug der von den Klägern geltend gemachten Sanierungsaufwendungen gemäß § 10f Abs. 1 i.V.m. § 7i Abs. 1 EStG lagen im Zeitpunkt des finanzgerichtlichen Urteils (noch) nicht vor (unter 2.), so dass das FA vor Ablehnung der Berücksichtigung der Sanierungsaufwendungen im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu prüfen hatte, ob und in welcher Höhe der Abzugsbetrag gemäß § 155 Abs. 2 i.V.m. § 162 Abs. 5 AO bereits vor dem Erlass der Bescheinigung der Denkmalbehörde anzusetzen war (unter 3.). Die Entscheidung des FA, im Streitfall die Sanierungsaufwendungen nicht bereits gemäß §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO zu berücksichtigen, ist ermessensgerecht (unter 4.).
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1. Das Verfahren war nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es regelmäßig geboten und zweckmäßig, dass das Gericht den Streit um die Rechtmäßigkeit eines Folgebescheides aussetzt, solange noch unklar ist, ob und wie der angegriffene Grundlagenbescheid geändert wird. Das gilt auch, wenn die Finanzbehörde zunächst einen Folgebescheid erlassen hat und der Grundlagenbescheid noch nachgeholt werden soll (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 7. November 1996 IV R 72/95, BFH/NV 1997, 574). Nur in seltenen Ausnahmefällen kann deshalb trotz ausstehender Entscheidung über einen Grundlagenbescheid eine Fortführung des Verfahrens ermessensgerecht sein (vgl. BFH-Beschluss vom 3. August 2000 III B 179/96, BFHE 192, 255, BStBl II 2001, 33).
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Eine solche Ausnahmekonstellation ist nach Ansicht des erkennenden Senats im Streitfall gegeben. Das Kernproblem liegt in den --kontrovers diskutierten-- Fragen, ob die Finanzbehörde ohne weitere Prüfung den Ansatz von Sanierungsaufwendungen im Einkommensteuerbescheid verweigern kann, wenn der Steuerpflichtige Sanierungsaufwendungen gemäß §§ 10f, 7i EStG geltend macht, ohne die erforderliche Bescheinigung der Denkmalbehörde zu erbringen, oder ob sie nicht vielmehr verpflichtet ist, eine Ermessensentscheidung zu treffen und --falls dies zu bejahen sein sollte-- ob sie ihr Ermessen im Einzelfall auch pflichtgemäß ausgeübt hat.
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Die Notwendigkeit und die Ordnungsmäßigkeit der Ermessensausübung können nur in einem Verfahren gegen den gemäß §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO erlassenen Folgebescheid gerichtlich überprüft werden; in einem Verfahren gegen den Grundlagenbescheid stellen sich diese Fragen überhaupt nicht. Müsste das Gericht das Verfahren gegen den Folgebescheid aussetzen, bestünde die Gefahr, dass die genannten Streitfragen niemals einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt würden (zur Möglichkeit des vorläufigen Rechtsschutzes s. BFH-Beschluss vom 1. Februar 2000 IV B 138/98, BFH/NV 2000, 713; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 55, Stichwort Folgebescheid; s. auch Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 2007).
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2. Nach § 7i Abs. 1 EStG in der im Streitjahr 2008 geltenden Fassung kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland gelegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 EStG im Kalenderjahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 % und in den folgenden vier Jahren bis zu 7 % der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, absetzen. Die erhöhten Absetzungen können jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des Absatzes 1 für das Gebäude und die Erforderlichkeit der Aufwendungen durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachweist (§ 7i Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei der Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid, dessen verbindliche Feststellungen sich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts beschränken, nämlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes, sowie darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind (ständige BFH-Rechtsprechung, s. z.B. Urteil in BFHE 225, 431, BStBl II 2009, 960, unter II.3.a, m.w.N.).
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Im Streitfall konnten die Kläger lediglich eine Eingangsbestätigung der Denkmalbehörde vorlegen, in der bestätigt wurde, dass ein Antrag der Kläger auf Ausstellung einer Bescheinigung gemäß §§ 7i, 10f und 11b EStG eingegangen sei, die Antragssumme für die zu bescheinigenden Aufwendungen für Baumaßnahmen an einem denkmalgeschützten Gebäude sich auf 392.452 € belaufe und eine Bestätigung der unteren Denkmalbehörde vorliege, nach der das erforderliche Abstimmungsverfahren eingehalten worden sei. Dies ist keine Bescheinigung i.S. von § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG, da es an einer Entscheidung mit verbindlichem Charakter zur Höhe der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen fehlt.
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3. Das FA hatte folglich eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob auch ohne die notwendige Bescheinigung nach § 7i Abs. 2 EStG der Einkommensteuerbescheid 2008 gemäß § 155 Abs. 2 AO zu erlassen sowie ob und in welcher Höhe der geltend gemachte Abzugsbetrag gemäß § 162 Abs. 5 AO zu berücksichtigen war.
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a) Gemäß § 155 Abs. 2 AO kann ein Steuerbescheid auch dann erteilt werden, wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. Macht das FA von dieser Möglichkeit im Rahmen seines Ermessens (so FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. September 1980 1 K 166/80, EFG 1981, 2; Schuster in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 155 AO Rz 44; Pahlke/Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 155 Rz 47; Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 155 Rz 39; Frotscher in Schwarz, AO, § 155 Rz 46; v. Wedelstädt in: Kühn/v.Wedelstädt, 20. Aufl., AO, § 155 Rz 18; Forchhammer in Leopold/Madle/Rader AO, § 155, Rz 24) Gebrauch und erlässt vor Ergehen des Grundlagenbescheides --wie im Streitfall-- einen Einkommensteuerbescheid, muss es alle betroffenen Besteuerungsgrundlagen (also auch alle Sonderausgaben) berücksichtigen und selbst überprüfen (s. BFH-Beschluss vom 24. Februar 1981 VIII B 14/78, BFHE 132, 402, BStBl II 1981, 416; Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 155 Rz 41). Dies folgt aus dem Untersuchungsgrundsatz des § 88 Abs. 2 AO, wonach die Finanzbehörde alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen hat (BFH-Beschluss in BFHE 132, 402, BStBl II 1981, 416, unter 2.b).
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b) Lassen sich die Besteuerungsgrundlagen nicht ohne Weiteres ermitteln, können die feststellungsbedürftigen Voraussetzungen nach § 162 Abs. 5 AO geschätzt werden. Die Ermessensausübung der Finanzbehörde bezieht sich damit zum einen gemäß § 155 Abs. 2 AO auf den Zeitpunkt, zum anderen gemäß § 162 Abs. 5 AO auch auf den Inhalt der Steuerfestsetzung (so auch Schuster in HHSp, § 155 Rz 44). Die Frage, ob gemäß § 155 Abs. 2 AO ein Folgebescheid zu erlassen ist und --wenn ja-- in welcher Höhe die noch nicht durch einen Grundlagenbescheid festgestellten (positiven oder negativen) Einkünfte nach § 162 Abs. 5 AO anzusetzen sind, kann nur einheitlich beantwortet werden, so dass insgesamt nur eine Ermessensentscheidung vorliegt.
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c) Die Befugnis zur Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO hat damit einen anderen rechtlichen Hintergrund als die Schätzung nach § 162 Abs. 1 und 2 AO. Während die letztgenannte Schätzung notwendig wird, wenn sich die Finanzbehörde oder das Gericht nicht in der Lage sehen, bestimmte Besteuerungsgrundlagen konkret und präzise zu ermitteln, ist die Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO die Antwort auf die Frage, wie zu verfahren ist, wenn die Finanzbehörde ihr Ermessen in dem Sinne ausübt, dass sie bereits nach § 155 Abs. 2 AO einen Folgebescheid erlässt, obwohl ein Grundlagenbescheid noch aussteht.
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Während nach § 162 Abs. 1 und 2 AO nur quantitative Größen, nicht aber qualitative Besteuerungsmerkmale geschätzt werden können, umfasst die Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 5 AO alle in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Sie knüpft damit in systematischer Hinsicht nicht an die Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 und 2 AO an. Deshalb können die Besteuerungsgrundlagen nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach geschätzt werden (so die Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2010, 2007; vom 18. Juli 2012 X S 19/12, BFH/NV 2012, 2008, und vom 29. August 2012 X R 5/12, BFH/NV 2013, 53; FG Nürnberg, Urteil vom 26. September 2012 3 K 723/12, EFG 2013, 100; FG Münster, Urteil vom 29. August 2012 11 K 977/12 E, EFG 2012, 2194; Sächsisches FG, Entscheidungen vom 11. Januar 2012 2 K 1416/11, EFG 2012, 1633; vom 14. November 2011 4 V 989/11, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2012, 530, und vom 5. Juni 2012 1 V 262/12, EFG 2012, 1883; Seer, a.a.O., § 155 AO Rz 29 und § 162 Rz 87; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 162 Rz 278; Cöster, a.a.O., § 162 Rz 92; Rüsken, a.a.O., § 162 Rz 55; wohl auch Forchhammer, § 162 Rz 51; a.A. Frotscher, a.a.O., § 162 Rz 8 und 65).
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d) Die vorstehenden Grundsätze gelten auch im Rahmen der §§ 10f, 7i EStG, so dass die Finanzbehörde bei noch fehlender Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde im Rahmen ihres Ermessens zu entscheiden hat, ob und in welcher Höhe sie die geltend gemachten Sanierungsaufwendungen bereits in ihrem Folgebescheid berücksichtigt (so Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2010, 2007; in BFH/NV 2012, 2008, und in BFH/NV 2013, 53; FG Nürnberg in EFG 2013, 100; FG Münster in EFG 2010, 2194; Sächsisches FG in EFG 2012, 1633, und in EFG 2012, 1883; Schmidt/Kulosa, EStG, 33. Aufl., § 7i Rz 7; Kaligin in Lademann, EStG, § 7i EStG Rz 45a; Kleeberg, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 7i Rz C 6; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 7i Rz 6; Kratzsch in Frotscher, EStG, § 7i Rz 43; Bartone in Korn, § 7i EStG Rz 15; Blümich/Erhard, § 7i EStG Rz 44; a.A. Finanzverwaltung, vgl. z.B. Landesamt für Steuern Bayern, Verfügung vom 22. Juli 2011 - S 2198 b.2.1 - 9/9 St 32, Deutsches Steuerrecht 2011, 1761; v. Wedelstädt, AO-Steuerberater 2014, 150).
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Das bedeutet aber nicht, dass die Finanzbehörde trotz fehlenden Grundlagenbescheides (im Streitfall Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde) die Aufwendungen --vorläufig-- ansetzen muss: Sie hat lediglich ihr Ermessen auszuüben, ob sie überhaupt einen Folgebescheid bereits erlassen will sowie ob und in welcher Höhe sie die noch fehlenden Grundlagen übernehmen will bzw. aus welchen Gründen sie davon absieht. Falls die Finanzbehörde von der Steuererklärung des Steuerpflichtigen abweichen will, muss sie überprüfbar darlegen, aus welchem Grund die Anerkennung versagt werden soll (so bereits Senatsbeschluss in BFH/NV 2010, 2007, unter II.2.c bb).
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e) Die vom FA und BMF hiergegen geltend gemachten Gründe überzeugen den erkennenden Senat nicht.
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aa) Weder dem Wortlaut des § 155 Abs. 2 AO noch dem des § 162 Abs. 5 AO ist eine Eingrenzung des Anwendungsbereichs auf die Grundlagenbescheide, die von der Finanzverwaltung erlassen werden, zu entnehmen.
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Gemäß § 162 Abs. 5 AO können die "in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen" geschätzt werden. Davon sind alle in einem Grundlagenbescheid feststellbaren Besteuerungsgrundlagen umfasst. Dies sind nicht nur quantitative Feststellungen, sondern insbesondere bei ressortfremden Grundlagenbescheiden auch qualitative Feststellungen. Das zeigt eindrücklich der im Streitfall relevante Grundlagenbescheid nach § 7i Abs. 2 EStG, dessen verbindliche Feststellungen sich auf die Tatbestände des zum Landesrecht gehörenden Denkmalrechts beschränken, nämlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes, sowie darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind (vgl. Senatsurteil in BFHE 225, 431, BStBl II 2009, 960, unter II.3.a).
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bb) Auch die Entstehungsgeschichte beider Vorschriften lässt keine Rückschlüsse auf eine Eingrenzung der Schätzungsbefugnis auf quantitative Besteuerungsgrundlagen und die Ausgrenzung ressortfremder Grundlagenbescheide zu.
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Die Regelungen wurden auf Vorschlag des Bundesrates durch das Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und anderer Gesetze vom 20. August 1980 (BGBl I 1980, 1545) in die Abgabenordnung eingefügt. Grund war, dass die Finanzämter in der damaligen Praxis beim Erlass von Folgebescheiden häufig mit geschätzten Werten gearbeitet hatten, wenn ein an sich erforderlicher Grundlagenbescheid (z.B. über Verlustanteile, Einheitswerte usw.) noch nicht vorlag. An der Zulässigkeit dieses Verfahrens hatte der BFH jedoch in dem Urteil vom 17. Mai 1978 I R 50/77 (BFHE 125, 423, BStBl II 1978, 579) Zweifel geäußert, so dass von Seiten des Bundesrates befürchtet wurde, die allgemeine Bestätigung dieser Zweifel würde zu erheblichen Verzögerungen bei der Steuerfestsetzung führen. Dies hätte --laut Bundesrat-- einerseits schwerwiegende Verzögerungen im Steuereingang und damit vorübergehende Einnahmeausfälle zur Folge gehabt. Andererseits weist der Bundesrat aber auch ausdrücklich darauf hin, dass in vielen Fällen Steuerpflichtige mit Anspruch auf Abschreibungen nach § 7b EStG a.F. nicht mehr zur Einkommensteuer veranlagt werden könnten, bevor nicht der Einheitswert des Gebäudes festgestellt worden sei. Dies würde zu steuerpolitisch nicht vertretbaren Verzögerungen im Erstattungsverfahren führen (vgl. BTDrucks 8/3648, 35). Zur Behebung der bestehenden Rechtsunsicherheiten werde durch Änderungen des § 155 Abs. 2 AO klargestellt, dass ein Steuerbescheid auch dann erteilt werden könne, wenn in einem Grundlagenbescheid gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen noch nicht festgestellt seien. Korrespondierend damit habe in § 162 Abs. 3 AO (jetzt § 162 Abs. 5 AO) auch klarstellend geregelt werden müssen, dass die Finanzbehörde --wie bisher in der Praxis-- diese Besteuerungsgrundlagen schätzen könne (BTDrucks 8/3648, a.a.O.).
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Die Gesetzgebungsmaterialien nennen zwar nur Grundlagenbescheide, die von anderen Finanzbehörden festgestellt werden, schließen aber ressortfremde Grundlagenbescheide nicht aus. Das in der Gesetzesbegründung aufgeführte Beispiel zeigt zudem, dass die nunmehr gesetzliche Normierung der Schätzungsbefugnis nicht nur der schnelleren Steuererhebung dienen, sondern ebenfalls dadurch zugunsten des Steuerpflichtigen wirken sollte, dass dieser zeitnah Abschreibungsmöglichkeiten nutzen kann.
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cc) Auch die vom BMF vorgebrachten systematischen Gründe erfordern keine Eingrenzung des Anwendungsbereichs der §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO auf Grundlagenbescheide der Finanzbehörden.
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(1) Das BMF äußert zunächst Bedenken, dass es der Finanzverwaltung bei Zugrundelegung der Senatsrechtsprechung verwehrt sei, in eigener Zuständigkeit nicht numerische Tatbestandsmerkmale zu schätzen, während sie im fachfremden Bereich qualitative Besteuerungsgrundlagen schätzen müsse. Das BMF übersieht dabei jedoch, dass sich die --auch die qualitative Merkmale umfassende-- Schätzungsbefugnis gemäß §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO unterschiedslos auf alle Grundlagenbescheide bezieht. Eine Ungleichbehandlung von ressortfremden Grundlagenbescheiden mit denen anderer Finanzbehörden ist damit nicht erkennbar.
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(2) Die Überlegung des BMF, die Schätzung nach §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO sei nicht in allen Fällen als lediglich vorläufig anzusehen, sondern könne auch zur Folge haben, dass die steuerbegünstigende Schätzung der Tatbestandsvoraussetzungen zu Unrecht fortbestehe, wenn nämlich die zuständige (ressortfremde) Behörde überhaupt nicht entscheide oder den Antrag ablehne und die Finanzbehörde davon nicht oder verspätet erfahre, kann im Ergebnis nicht zur Versagung der Schätzungsbefugnis führen.
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Zum einen ist darauf zu verweisen, dass dieses --nicht wünschenswerte-- Ergebnis die mögliche Folge der Regelungen der §§ 155 Abs. 2 AO, 162 Abs. 5 AO ist. Zum anderen kann die Finanzverwaltung den nicht mehr änderbaren Ansatz von materiell unrichtigen Besteuerungsgrundlagen dadurch vermeiden, dass sie von der Möglichkeit Gebrauch macht, den auf §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO gestützten Steuerbescheid im Hinblick auf die geschätzten Besteuerungsgrundlagen gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO für vorläufig zu erklären. Damit kann die Finanzbehörde dann, wenn der Grundlagenbescheid nicht erlassen wird, gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO die im "vorauseilenden Folgebescheid" (Buciek, a.a.O., § 162 Rz 282) erfolgte Schätzung korrigieren und die geschätzten Besteuerungsgrundlagen, hier die Sanierungsaufwendungen, wieder außer Ansatz lassen (vgl. auch Buciek, a.a.O., § 162 Rz 282 und § 165 Rz 22). Die durch § 165 Abs. 2 Satz 1 AO ermöglichte anderweitige Festsetzung setzt nicht den Wegfall der Ungewissheit voraus, sondern ergeht im Regelfall unter Fortbestand der tatsächlichen Ungewissheit (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Juli 2004 XI B 189/03, BFH/NV 2005, 206, unter 2.a).
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(3) Es spricht ebenfalls nicht gegen die Anwendung der §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO, dass in diesem Verfahrensstadium eine andere Behörde als die gesetzlich vorgesehene eine Besteuerungsgrundlage (vorläufig) schätzt. Auch dies ist die Konsequenz der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit, nach § 155 Abs. 2 AO "vorauseilende Folgebescheide" zu erlassen. Dass es in Ausnahmefällen, wie bei der Gewerbesteuer gemäß Art. 108 Abs. 4 Satz 2 des Grundgesetzes, nicht möglich ist, von §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO Gebrauch zu machen, ändert nichts an dem grundsätzlichen Befund.
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dd) Es bedarf keiner teleologischen Reduktion der §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO dergestalt, dass ressortfremde Grundlagenbescheide nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften fallen.
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Dem FA und dem BMF ist zwar zuzugeben, dass sich der Gesetzgeber bewusst dazu entschieden hat, die Kompetenz von Fachbehörden außerhalb der Finanzverwaltung in die Beurteilung von bestimmten Sachverhalten einzubeziehen, um sowohl der Finanzverwaltung die Handhabung zu erleichtern als auch sie für den Steuerpflichtigen berechenbar auszugestalten (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil vom 21. Februar 2013 V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529, unter Rz 32). Eine Schätzung der "ressortfremden" Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 5 AO erfordert daher eine nicht unerhebliche Anstrengung.
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Es ist jedoch zu bedenken, dass der Erlass des Folgebescheides vor dem Ergehen des Grundlagenbescheides verbunden mit der gemäß § 162 Abs. 5 AO möglichen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen eine Ermessenentscheidung der Finanzbehörde ist. Bei der Ausübung dieses Ermessens, nämlich der Entscheidung, ob und wie sie ihr Ermessen ausübt, kann und muss die Finanzbehörde berücksichtigen, dass die Schätzung von nichtsteuerlichen Sachverhalten mangels Sachkenntnis schwierig sein kann. Diese Schwierigkeiten allein können indes nicht dazu führen, es der Finanzbehörde generell zu verwehren, auf eine Steuerveranlagung vor dem Erlass des ressortfremden Grundlagenbescheides zu verzichten bzw. es ihr zu gestatten, die ressortfremden Besteuerungsgrundlagen bei einer "vorauseilenden Veranlagung" von vornherein überhaupt nicht anzusetzen.
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ee) Eine teleologische Reduzierung der §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO ist auch nicht insoweit vorzunehmen, dass diese Vorschriften in den Fällen nicht anwendbar sind, in denen durch das Grundlagenverfahren selbst Nachweise geschaffen werden, die ihrerseits materiell-rechtliche Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung sind.
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Zwar weisen das FA und das BMF insoweit zu Recht auf § 38 AO hin und darauf, dass bei dem (Noch-)Nichtvorliegen einer tatbestandlich erforderlichen Bescheinigung (noch) kein Anspruch auf die Steuervergünstigung entstanden ist (BFH-Urteil vom 10. August 1994 II R 103/93, BFHE 175, 288, BStBl II 1994, 951; vgl. auch zu den bei § 162 Abs. 1 und 2 AO unbestrittenen Schätzungsverboten Buciek, a.a.O., § 162 Rz 90; Cöster, a.a.O., § 162, Rz 95 f.; Seer, a.a.O., § 162 Rz 90 f.). Auf der anderen Seite ermöglicht es aber § 155 Abs. 2 AO, einen Folgebescheid vor dem Ergehen eines Grundlagenbescheides zu erlassen.
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Damit stehen sich in der Konstellation, in dem die Bescheinigung ein Grundlagenbescheid ist, zwei Rechtspositionen gegenüber, die es gegeneinander abzuwägen gilt. Auf der einen Seite ist die Verfahrensvereinfachung für die Finanzbehörde zu bedenken, die lediglich das Vorhandensein der entsprechenden Bescheinigung einer sachnäheren Behörde zu prüfen hat. Auf der anderen Seite muss der berechtigte Anspruch des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, bei Vorlage aller erforderlichen Belege die beantragte Steuervergünstigung auch zeitnah in der Steuerveranlagung berücksichtigt zu wissen.
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Nach Auffassung des erkennenden Senats kann diese Interessenkollision nicht dazu führen, dass für die Finanzverwaltung überhaupt keine Möglichkeit besteht, einen "vorauseilenden Folgebescheid" mit einer (vorläufigen) Berücksichtigung der noch nicht nachgewiesenen Besteuerungsgrundlage zu erlassen. Wie bereits dargestellt, kann die Finanzbehörde im Rahmen ihres Ermessens die unterschiedlichen Interessenlagen (z.B. Schwierigkeit der Ermittlung, Bedeutung der Bescheinigung für den Steuerpflichtigen, Verhalten der anderen Behörde u.ä.) im Einzelfall abwägen und auch zu dem Ergebnis kommen, dass sie mangels Nachweises die angestrebte Steuervergünstigung bis zum Erlass eines Grundlagenbescheides vorläufig nicht berücksichtigen will. Sie hat dies lediglich nachvollziehbar darzulegen.
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Für das vom Senat gefundene Abwägungsergebnis spricht zudem, dass ein Steuerpflichtiger --falls §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO in einer solchen Konstellation nicht anwendbar wären-- dadurch schlechter gestellt wäre, dass die Sachverhaltsmerkmale, die zu einer Steuervergünstigung führen, in einem separaten Verfahren einer ressortfremden Behörde geprüft werden und er auf deren Grundlagenbescheid (ggf. lange) zu warten hat. Würde der betreffende steuerlich relevante Umstand nicht durch einen Grundlagenbescheid, sondern im Veranlagungsverfahren selbst geprüft, müsste das FA bereits bei der Steuerfestsetzung die Entscheidung über die Erfüllung der Voraussetzungen einer Steuervergünstigung treffen.
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4. Der erkennende Senat teilt jedoch nicht die Auffassung des FG, das FA habe im Streitfall rechtsfehlerhaft keine Ermessensentscheidung gemäß §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO getroffen.
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a) Während die Auslegung von Verträgen zu der dem FG obliegenden Feststellung der Tatsachen gehört, die der BFH lediglich daraufhin überprüfen kann, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), die Denkgesetze und die Erfahrungssätze zutreffend angewandt worden sind (vgl. z.B. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 X R 41/07, BFH/NV 2010, 860, unter II.3.b), ist die Auslegung des Inhalts von Verwaltungsakten durch das FG im Revisionsverfahren in vollem Umfang nachprüfbar (BFH-Urteil vom 26. November 2009 III R 93/07, BFH/NV 2010, 856).
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b) Bei der dem erkennenden Senat im Streitfall obliegenden Auslegung ist zu berücksichtigen, dass eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO) von den Gerichten nur in den von § 102 FGO --ggf. i.V.m. § 121 Satz 1 FGO-- gezogenen Grenzen überprüft werden kann (Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603). Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem ihr eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Senatsurteil vom 12. Dezember 2013 X R 39/10, BFH/NV 2014, 670, Rz 13). Ebenfalls liegt ein Ermessensfehler --in Form der Ermessensunterschreitung-- vor, wenn die Behörde das Ermessen, das ihr nach dem Gesetz eingeräumt ist, überhaupt nicht ausübt. Auch insoweit unterliegt die nach Ermessen zu treffende Entscheidung der gerichtlichen Nachprüfung gemäß § 102 FGO (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. November 1994 VII R 94/93, BFH/NV 1995, 754). Wegen der Befugnis und Verpflichtung des Gerichts zur Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen müssen die bei der Ausübung des Verwaltungsermessens angestellten Erwägungen aus der Entscheidung erkennbar sein (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 2. September 2010 VI R 3/09, BFHE 230, 500, BStBl II 2011, 233, unter II.2.c, m.w.N.).
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c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das FA nach Ansicht des erkennenden Senats in der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2011 sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Zwar hat es zunächst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder der Auffassung sei, eine Berücksichtigung der Steuerbegünstigung nach § 10f EStG komme im Rahmen einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen ohne Vorlage der gesetzlich geforderten Bescheinigung --entgegen der Senatsrechtsprechung-- nicht in Betracht.
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In einem weiteren Begründungsstrang hat das FA aber --insoweit der Senatsrechtsprechung folgend-- Ermessensüberlegungen angestellt und begründet, warum es im Streitfall insbesondere unter Hinweis auf die von den Klägern vorgelegten Unterlagen, die keine Informationen darüber enthielten, auf welche einzelnen Baumaßnahmen sich die in dem Antrag genannten Sanierungskosten in Höhe von 392.452 € konkret bezogen, nicht habe ausschließen können, dass es sich um Aufwendungen gehandelt habe, die nicht gemäß §§ 10f, 7i EStG begünstigt seien. Unter Berücksichtigung der fehlenden eigenen Sachkunde, der Tatsache, dass der erforderliche Grundlagenbescheid auch im Rechtsbehelfsverfahren noch nicht vorgelegt werden konnte, sowie der Gefahr von ungerechtfertigten Steuervergütungen hat das FA entschieden, die Steuerermäßigung nach § 10f EStG im Streitfall erst bei Vorlage der Bescheinigung des Denkmalamtes zu gewähren. Der erkennende Senat sieht diese Begründung als nachvollziehbar und ausreichend an.
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d) Damit kommt es nicht mehr darauf an, dass das FG zu Unrecht von einer eigenen Schätzungsbefugnis gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO ausgegangen ist. Bei einer Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung gemäß §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO ist für eine finanzgerichtliche Schätzung gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz FGO kein Raum.
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