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BFH 08.08.2013 - II B 3/13
BFH 08.08.2013 - II B 3/13 - Voraussetzungen der Verfahrensunterbrechung bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters; Darlegung einer Divergenz
Normen
§ 21 Abs 2 S 1 Nr 2 InsO, § 22 Abs 1 S 1 InsO, § 240 S 2 ZPO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 15. November 2012, Az: 2 K 37/10, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters für das Vermögen des Klägers führt nicht zur Unterbrechung eines finanzgerichtlichen Verfahrens, wenn dem Kläger kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird.
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2. NV: Zur Darlegung einer Divergenz muss der Beschwerdeführer dartun, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen entscheidungserheblich war, ferner dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist.
Gründe
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I. Auswirkungen auf das Verfahren ergeben sich nicht daraus, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) einen Insolvenzantrag gestellt hat und durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom … Juni 2013 für sein Vermögen ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet wurde, dass Verfügungen des Klägers nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 der Insolvenzordnung --InsO--). Ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 1 InsO wurde dem Kläger nicht auferlegt. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Klägers ist daher nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen.
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Es ist deshalb weder zu einem Beteiligtenwechsel gekommen noch wurde das vorliegende Verfahren gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 240 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen. Das Verfahren wird nur dann gemäß § 240 Satz 2 ZPO unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Nur in diesem Fall kommt es auch zu einem Beteiligtenwechsel (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 51 Rz 7). Es genügt nicht, wenn wie im vorliegenden Fall lediglich angeordnet wird, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (Urteile des Bundesgerichtshofs vom 21. Juni 1999 II ZR 70/98, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 2822, und des Bundesarbeitsgerichts vom 25. April 2001 5 AZR 360/99, NJW 2002, 532; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Februar 2008 X S 27/07 (PKH), BFH/NV 2008, 818, und vom 8. April 2008 X B 129/07, BFH/NV 2008, 1190; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 71. Aufl., § 240 Rz 3; Hüßtege in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 34. Aufl., § 240 Rz 2).
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II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
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1. Der Kläger hat nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz der Vorentscheidung von anderen Entscheidungen zuzulassen sei.
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a) Um die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch Vermeidung einer Divergenz hinreichend darzulegen, müssen die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidung so herausgearbeitet und gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird (BFH-Beschlüsse vom 19. Mai 2010 IX B 11/10, BFH/NV 2010, 1648; vom 30. Mai 2012 III B 239/11, BFH/NV 2012, 1470; vom 15. April 2013 IX B 169/12, BFH/NV 2013, 1241, Rz 2). Der Beschwerdeführer muss dartun, dass das Finanzgericht (FG) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen entscheidungserheblich war, ferner dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (BFH-Beschlüsse vom 31. März 2010 IV B 131/08, BFH/NV 2010, 1487; vom 27. September 2010 II B 164/09, BFH/NV 2011, 193, und vom 5. Oktober 2010 X B 72/10, BFH/NV 2011, 273, Rz 2). Es muss also dargelegt werden, dass das FG seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem ebenfalls tragenden abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung eines anderen Gerichts abweicht (BFH-Beschlüsse vom 7. Februar 2013 I B 82/12, BFH/NV 2013, 1237, Rz 3; vom 25. April 2013 III B 111/12, BFH/NV 2013, 1244, Rz 7; vom 8. Mai 2013 III B 140/12, BFH/NV 2013, 1248, Rz 8, und vom 14. Mai 2013 X B 184/12, BFH/NV 2013, 1257, Rz 15). Derartige Rechtssätze müssen von dem jeweiligen Gericht allerdings nicht ausdrücklich ausgesprochen worden sein. Sie können vielmehr auch konkludent in scheinbar fallbezogenen Ausführungen enthalten sein (BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1257, Rz 16). Eine (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls sowie schlichte Subsumtionsfehler des FG reichen nicht aus (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2010, 1648; in BFH/NV 2012, 1470; vom 13. Juli 2012 IX B 3/12, BFH/NV 2012, 1635, und vom 19. Oktober 2012 III B 40/12, BFH/NV 2013, 222).
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b) Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt an der erforderlichen Gegenüberstellung entscheidungserheblicher abstrakter Rechtssätze. Den Ausführungen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, worin die Vorentscheidung bezogen auf dieselbe Rechtsfrage im Grundsätzlichen von den von ihm angeführten Entscheidungen abweichen soll.
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aa) Nach Ansicht des Klägers beruht die Vorentscheidung auf den Rechtssätzen, dass das Finanzamt in Haftungsfällen bei der Ausübung seines Auswahlermessens (auch) dann ermessensfehlerfrei entscheidet, wenn es in seine Ermessenserwägungen neben dem in Anspruch genommenen Haftungsschuldner (nur) einen von mehreren weiteren Haftungsschuldnern einbezieht, der denselben Haftungstatbestand verwirklicht, und wenn die Ausübung (einschließlich der Darstellung) des Auswahlermessens sich dabei auf den Kreis potentieller Haftungsschuldner beschränkt, der denselben Haftungstatbestand wie der in Anspruch genommene Haftungsschuldner verwirklicht.
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bb) Da das FG seine Entscheidung nicht ausdrücklich auf diese Rechtssätze gestützt hat, hätte der Kläger substantiiert darlegen müssen, dass und aus welchen scheinbar fallbezogenen Ausführungen des FG sie sich ergeben sollen. Dies ist indes nicht geschehen.
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Die Vorentscheidung könnte nur dann auf den vom Kläger genannten Rechtssätzen beruhen, wenn das FG angenommen hätte, es kämen neben dem Kläger und dem ebenfalls als Haftungsschuldner in Anspruch genommenen ehemaligen Vorstandsmitglied Z weitere Haftungsschuldner in Betracht. Lediglich bei einer solchen Annahme hätte das FG aus seiner materiell-rechtlichen Sicht Anlass zu der Prüfung gehabt, ob es der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids entgegensteht, dass in den diesem Bescheid und der Einspruchsentscheidung zugrunde liegenden Ermessenserwägungen nicht auf weitere Haftungsschuldner eingegangen wurde.
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Dass das FG vom Vorhandensein weiterer Haftungsschuldner ausgegangen sei, hat der Kläger indes nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Das FG hat vielmehr erkennbar angenommen, dass die Vorstandsmitglieder X und Y, die nach den vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) bereits ab 1. Januar 2001 bzw. 1. Oktober 2001 dem Vorstand der …-AG (AG) nicht mehr angehört hatten, nicht als Haftungsschuldner neben dem Kläger und Z in Betracht kamen. Da sich dies aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des FG ohne weiteres ergab, brauchte es das FG nicht ausdrücklich auszusprechen.
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Nach dem angefochtenen Haftungsbescheid in Gestalt der Vorentscheidung haftet der Kläger gemäß § 191 Abs. 1, § 69 i.V.m. § 34 der Abgabenordnung als Vorstandsmitglied für die Versicherungsteuer erst für den Zeitraum ab August 2001 und für die Feuerschutzsteuer erst für den Zeitraum ab Oktober 2002. Das FG führte dazu aus, der Vorwurf einer groben Sorgfaltspflichtverletzung könne dem Kläger erst ab dem Zeitpunkt gemacht werden, ab dem er aufgrund der am 11. Oktober 2002 ergangenen Schätzungsbescheide habe erkennen müssen, dass die steuerlichen Erklärungspflichten der AG über den langen Zeitraum von einem Jahr nicht erfüllt worden seien.
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Die Vorstandsmitglieder X und Y waren somit bereits vor Beginn der Zeiträume, für die der Kläger in Haftung genommen wird, bzw. vor dem Eintritt der Ereignisse, die nach Ansicht des FG die grobe Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers begründen, aus dem Vorstand ausgeschieden. Dass bezüglich der vom FG erkennbar vertretenen Ansicht, die Vorstandsmitglieder X und Y kämen deshalb nicht als Haftungsschuldner neben dem Kläger und Z in Betracht, ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO gegeben sei, bringt der Kläger nicht vor. Er sieht vielmehr lediglich eine Haftung dieser Vorstandsmitglieder als gegeben an, ohne dies zu begründen.
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Das FG ist ferner ersichtlich davon ausgegangen, dass die Versicherungsnehmer ebenfalls nicht als weitere Haftungsschuldner in Betracht kommen. Dies ist auch zutreffend. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsteuergesetzes in der vor der Änderung durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl I 2012, 2431) geltenden Fassung ist der Versicherungsnehmer Steuerschuldner und nicht Haftender.
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cc) Es kann danach auf sich beruhen, ob dem vom Kläger angeführten BFH-Urteil vom 9. August 2002 VI R 41/96 (BFHE 200, 200, BStBl II 2003, 160) der von ihm formulierte abstrakte Rechtssatz zugrunde liegt. Mit dem Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 18. Juli 2008 VII B 184/07 (BFH/NV 2008, 1805) kann eine Divergenz schon deshalb nicht begründet werden, weil es sich dabei um die Entscheidung über eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision handelt und die Revision wegen Divergenz zu einer solchen Entscheidung nicht zugelassen werden kann. Beschlüsse, die in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergehen, entscheiden keine revisiblen Rechtsfragen, so dass sie als Divergenzentscheidungen ausscheiden (BFH-Beschluss vom 21. Januar 2013 III B 167/11, BFH/NV 2013, 754, Rz 8, m.w.N.).
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2. Weitere Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO hat der Kläger nicht geltend gemacht.
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