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BFH 25.04.2013 - III B 111/12
BFH 25.04.2013 - III B 111/12 - Gegenüberstellung abweichender Rechtssätze bei Rüge der Divergenz
Normen
§ 1 Abs 1 EStG 2002, § 1 Abs 3 EStG 2002, § 62 Abs 1 Nr 2 Buchst b EStG 2002, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2 FGO, EStG VZ 2005, EStG VZ 2006, EStG VZ 2007
Vorinstanz
vorgehend FG München, 14. Juni 2012, Az: 5 K 3478/10, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Revision ist nicht wegen Divergenz zuzulassen, wenn der Kläger den Rechtssatz aus dem angefochtenen FG-Urteil, wonach die Behandlung eines Steuerpflichtigen als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 EStG keine Bindungswirkung für die Kindergeldfestsetzung hat, dem Rechtssatz im BFH-Urteil vom 24.5.2012 III R 14/10 (BStBl II 2012, 897, BFH/NV 2012, 1384) gegenüberstellt, dem zufolge die steuerliche Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG für das Kindergeldverfahren bindend ist.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein polnischer Staatsbürger, wurde von einem polnischen Arbeitgeber für eine Tätigkeit vom 20. September 2005 bis zum 31. Januar 2007 nach Deutschland entsandt. Die Familie des Klägers, zu der drei Kinder gehören, lebt in Polen. Die Ehefrau des Klägers hatte in der Zeit, in der sich der Kläger in Deutschland aufhielt, Anspruch auf Familienleistungen nach polnischem Recht für den Sohn A.
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Der Kläger beantragte im Januar 2010 bei der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) Kindergeld für seine drei Kinder, die sich nach seinen Angaben in Schulausbildung befanden. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab. Im Verlauf des anschließenden Einspruchsverfahrens erließ sie einen Änderungsbescheid und gewährte für den Zeitraum Juli 2006 bis Januar 2007 Kindergeld für die Tochter B, weil für diese nach polnischem Recht kein Anspruch auf Familienleistungen bestehe. Im Übrigen wies sie den Einspruch als unbegründet zurück.
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Die Klage, mit welcher der Kläger begehrte, die Familienkasse zu verpflichten, ihm Kindergeld für seine drei Kinder unter Berücksichtigung des für B gewährten Kindergeldes für den Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2007 zu gewähren, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er im streitigen Zeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Es sei nicht verbindlich, dass die beiden Finanzämter, welche die Einkommensteuerveranlagungen für den Kläger durchgeführt hätten, ihn als nach § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unbeschränkt steuerpflichtig behandelt hätten. Insoweit bestehe keine Bindungswirkung. Der Kläger habe auch nicht davon ausgehen dürfen, dass er von den beiden Finanzämtern auf seinen Antrag hin nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt worden sei.
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Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Angesichts der Auskünfte der beiden Veranlagungsfinanzämter, der Angaben in den Steuererklärungen und der Bestätigung des polnischen Arbeitgebers sei unklar, welche Anspruchsvoraussetzungen das FG als nicht nachgewiesen erachtet habe. Nach einer Mitteilung des Finanzamts habe er --der Kläger-- sich im gesamten Jahr 2006 sowie vom 20. Juni 2007 bis zum 31. Dezember 2007 ununterbrochen in Deutschland aufgehalten. Wegen der über sechs Monate hinausgehenden Entsendedauer habe somit ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland vorgelegen. Aus welchen Gründen das FG dennoch seinen gewöhnlichen Aufenthalt als nicht nachgewiesen angesehen habe, sei nicht nachvollziehbar.
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Das FG sei bewusst von den Feststellungen der veranlagenden Finanzämter abgewichen. Das FG habe sich auf das BFH-Urteil vom 20. November 2008 III R 53/05 (BFH/NV 2009, 564) bezogen, in dem es heiße, dass es sich bei der Festsetzung von Einkommensteuer und von Kindergeld um unterschiedliche Verfahren handele, so dass der Einkommensteuerbescheid hinsichtlich des inländischen Wohnsitzes für die Kindergeldfestsetzung nicht bindend sei. Es sei der Entscheidung des BFH vom 24. Mai 2012 III R 14/10 (BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897) nicht gefolgt, durch welche die vorherige Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben worden sei. Der BFH bejahe nunmehr eine Bindung an die einkommensteuerliche Bewertung durch das veranlagende Finanzamt. Es liege somit eine Divergenz vor. Das FG habe den seine Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt, dass die Veranlagung durch ein Finanzamt als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 EStG für das FG bzw. für das Kindergeldverfahren nicht verbindlich sei. Hiervon abweichend vertrete der BFH im Urteil in BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897 den Standpunkt, dass § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG bereits in seinem Tatbestand eine Abhängigkeit der Kindergeldberechtigung von der einkommensteuerlichen Behandlung des Antragstellers vorsehe. Der BFH habe sich in dem genannten Urteil von seiner früheren Rechtsprechung distanziert, die das FG im angefochtenen Urteil jedoch weiterhin angewandt habe.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet und wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die vom Kläger geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor.
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1. Wird als Zulassungsgrund die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend gemacht, weil das FG von der BFH-Rechtsprechung abgewichen sei, so muss in der Beschwerde(begründungs-)schrift die Entscheidung des BFH, von der das Urteil des FG abweichen soll, bezeichnet werden. Darüber hinaus muss aus der Entscheidung des FG ein diese tragender abstrakter Rechtssatz abgeleitet werden, der zu einem ebenfalls tragenden abstrakten Rechtssatz der Entscheidung des BFH in Widerspruch stehen kann. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers voneinander abweichenden Rechtssätze sind dabei gegenüberzustellen (z.B. Senatsbeschluss vom 16. August 2011 III B 155/10, BFH/NV 2012, 48; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 54).
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2. Der Kläger hat in seiner Beschwerde zwar abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und dem Senatsurteil in BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897 andererseits herausgearbeitet und einander gegenübergestellt. Allerdings widersprechen sich diese Rechtssätze nicht. Im angefochtenen Urteil hat das FG den Rechtssatz aufgestellt, dass die Behandlung eines Steuerpflichtigen als nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig im Verfahren zur Festsetzung von Kindergeld nicht verbindlich ist. Das vom Kläger als Divergenz-entscheidung bezeichnete Senatsurteil in BFHE 237, 239, BStBl II 2012, 897 betrifft die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag des Kindergeldberechtigten. Hierzu hat der Senat entschieden, dass es für die persönliche Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG darauf ankommt, ob ein Steuerpflichtiger auf seinen Antrag hin tatsächlich vom Finanzamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird. Aus dem genannten Senatsurteil geht zudem ausdrücklich hervor, dass die Behandlung eines Steuerpflichtigen als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 1 EStG für das Verfahren zur Festsetzung von Kindergeld keine Bindungswirkung hat. Diesen Rechtssatz hat das FG im angefochtenen Urteil seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es ist damit nicht von der BFH-Rechtsprechung abgewichen.
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3. Soweit der Kläger rügt, das FG habe angesichts der erteilten Auskünfte und vorgelegten Nachweise seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nicht verneinen dürfen, macht er keinen Zulassungsgrund geltend. Die Sachverhaltswürdigung und die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165, m.w.N.; Lange in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 246).
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