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BFH 19.03.2013 - XI S 2/13 (PKH)
BFH 19.03.2013 - XI S 2/13 (PKH) - Wechsel des beigeordneten Rechtsanwalts im Verfahren der Prozesskostenhilfe
Normen
§ 142 Abs 1 FGO, § 121 Abs 1 ZPO
Leitsatz
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NV: Auf den Antrag eines Beteiligten hin ist die im Verfahren wegen Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom Gericht zunächst getroffene Beiordnung eines Rechtsanwalts aufzuheben und ein neuer Prozessbevollmächtigter beizuordnen, wenn der zunächst Beigeordnete im Hinblick auf die bevorstehende Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit das Mandat niedergelegt hat .
Tatbestand
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I. Mit Beschluss des vormals zuständigen III. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. April 2011 III S 45/10 (PKH) wurde der Antragstellerin für das Revisionsverfahren gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 30. August 2010 7 K 4726/09 Kg Prozesskostenhilfe bewilligt und die Rechtsanwältin A als Prozessbevollmächtigte gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 121 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) beigeordnet.
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Der nunmehr für die Antragstellerin als prozessbevollmächtigt auftretende Rechtsanwalt B teilte durch am 7. März 2013 beim BFH eingegangenes Schreiben vom 5. März 2013 mit, dass die zunächst beigeordnete Rechtsanwältin das Mandat niedergelegt habe. Er beantragte zugleich, diese zu entpflichten und ihn selbst beizuordnen.
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Dem Antrag vom 5. März 2013 waren eine den Prozessbevollmächtigten legitimierende Vollmacht der Antragstellerin vom 4. März 2013 im Original sowie eine Kopie des Schreibens der zunächst beigeordneten Rechtsanwältin vom 13. Februar 2013 beigefügt. Diese erklärte darin, sie werde ihre Tätigkeit zum 28. Februar 2013 einstellen, sie habe "nichts abgerechnet" und werde dies auch nicht tun.
Entscheidungsgründe
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II. Antragsgemäß wird die Beiordnung von Rechtsanwältin A aufgehoben und der Antragstellerin Rechtsanwalt B beigeordnet.
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1. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Entpflichtung der zunächst beigeordneten Rechtsanwältin.
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a) In Verfahren, die der Parteiherrschaft unterliegen, kann einer Partei kein Rechtsanwalt gegen ihren Willen aufgezwungen werden. Die Partei kann daher jederzeit die Entpflichtung des ihr beigeordneten Rechtsanwalts verlangen, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund vorliegen müsste (vgl. dazu Oberlandesgericht --OLG-- Nürnberg, Beschluss vom 13. Januar 2003 4 W 66/03, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 2003, 712; OLG Celle, Beschluss vom 5. Februar 2007 6 W 2/07, OLG-Report --OLGR-- Celle 2007, 579, m.w.N.). Gleiches gilt --wie hier-- gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO für die Verfahren nach der FGO.
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b) Einem eigenen Antragsrecht der Partei --hier der Antragstellerin als Beteiligte i.S. des § 57 Nr. 1 FGO-- steht § 48 Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung nicht entgegen. Zwar räumt diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach lediglich dem beigeordneten Rechtsanwalt das Recht ein, aus wichtigem Grund die Aufhebung der Beiordnung zu beantragen. Daraus kann jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass es der Partei verwehrt ist, selbst einen solchen Antrag zu stellen. Zwingende Rückschlüsse auf das Antragsrecht der Partei lassen sich dieser auf den Rechtsanwalt zugeschnittenen Vorschrift nicht entnehmen (vgl. dazu z.B. OLG Nürnberg, Beschluss in MDR 2003, 712, m.w.N.; ferner BFH-Beschluss vom 7. Februar 2011 VII S 7/11 (PKH), BFH/NV 2012, 954; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 71. Aufl., § 121 Rz 24; a.A. z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 14. November 2011 II-8 WF 256/11, nicht veröffentlicht, juris; Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 121 Rz 34, jeweils m.w.N.; vgl. auch BFH-Beschluss vom 14. Dezember 2011 X S 11/11 (PKH), BFH/NV 2012, 441; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 142 FGO Rz 194).
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Denn die Beiordnung verliert ihren Sinn, wenn die Prozessvollmacht widerrufen --oder wie hier das Mandat im Hinblick auf die bevorstehende Beendigung der Berufstätigkeit der zunächst beigeordneten Rechtsanwältin niedergelegt-- ist, weil der beigeordnete Rechtsanwalt ohne Prozessvollmacht nicht mehr wirksam für die Partei handeln kann (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss in MDR 2003, 712, m.w.N.). Dann aber besteht kein Grund mehr, gegen den Willen der Partei an der nunmehr sinnlos gewordenen Beiordnung festzuhalten.
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Die Antragstellerin konnte damit verlangen, dass die zunächst getroffene Beiordnung aufgehoben wird.
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2. Ein Anwaltswechsel kann --wie hier-- zur Beiordnung des neuen Prozessbevollmächtigten führen (vgl. dazu Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 31. Oktober 1991 XII ZR 212/90, Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1992, 189; OLG Celle, Beschluss in OLGR Celle 2007, 579; ferner BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 954).
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a) Ein derartiger Anspruch besteht regelmäßig nur dann, wenn der Staatskasse dadurch keine höheren Ausgaben entstehen oder wenn das Vertrauensverhältnis zum beigeordneten Rechtsanwalt nicht durch sachlich ungerechtfertigtes und mutwilliges Verhalten des Antragstellers gestört worden ist, d.h. wenn der zunächst beigeordnete Rechtsanwalt aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ohne ein Dazutun des Antragstellers zur Vertretung nicht mehr in der Lage ist oder wenn der Antragsteller Veranlassung hatte, den Mandatsvertrag aus einem Grund zu kündigen, der auch einen vermögenden Kläger veranlasst hätte, sich von seinem Wahlanwalt zu trennen (vgl. dazu BGH-Beschluss in NJW-RR 1992, 189; OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. August 2000 1 WF 143/00, OLGR Frankfurt 2000, 310; OLG Celle, Beschluss in OLGR Celle 2007, 579; ferner BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 954).
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b) Im Streitfall hatte die zunächst beigeordnete Rechtsanwältin mit Schreiben vom 13. Februar 2013 das Mandat im Hinblick auf die bevorstehende Beendigung ihrer beruflichen Tätigkeit niedergelegt. Die Antragstellerin hatte die Trennung von ihrer zunächst beigeordneten Rechtsanwältin mithin nicht zu vertreten. Eine weitere Zusammenarbeit war --ohne ein Verschulden der Antragstellerin-- nicht mehr möglich.
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Darüber hinaus fallen durch die Beiordnung des neuen Prozessbevollmächtigten keine zusätzlichen Anwaltskosten an. Denn die zunächst beigeordnete Rechtsanwältin hat bisher keine Kosten liquidiert und beabsichtigt dies nach ihrer Erklärung im Schreiben vom 13. Februar 2013 auch nicht nachzuholen.
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Hiernach war dem Antrag auf Beiordnung des nunmehr als prozessbevollmächtigt auftretenden Rechtsanwalts ebenso zu entsprechen.
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3. Als Zeitpunkt der Aufhebung der bisherigen und Anordnung der neuen Beiordnung ist der Tag des Zugangs der neuen Prozessvollmacht bei Gericht --hier der 7. März 2013-- zu bestimmen (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 954).
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4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
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