betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. Mai 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juni 2014, in dem Verfahren
unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richter F. Biltgen und E. Levits, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) und des Richters S. Rodin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2015,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Juni 2015
Die Erwägungsgründe 10, 16 und 21 der Richtlinie 2004/38 lauten:
Allerdings sollten Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, während ihres ersten Aufenthalts die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen. …
…
Solange die Aufenthaltsberechtigten die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen, sollte keine Ausweisung erfolgen. Die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen sollte daher nicht automatisch zu einer Ausweisung führen. Der Aufnahmemitgliedstaat sollte prüfen, ob es sich bei dem betreffenden Fall um vorübergehende Schwierigkeiten handelt, und die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen Umstände und den gewährten Sozialhilfebetrag berücksichtigen, um zu beurteilen, ob der Leistungsempfänger die Sozialhilfeleistungen unangemessen in Anspruch genommen hat, und in diesem Fall seine Ausweisung zu veranlassen. In keinem Fall sollte eine Ausweisungsmaßnahme gegen Arbeitnehmer, Selbstständige oder Arbeitssuchende in dem vom Gerichtshof definierten Sinne erlassen werden, außer aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit.
…
Allerdings sollte es dem Aufnahmemitgliedstaat überlassen bleiben, zu bestimmen, ob er anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, die diesen Status beibehalten, und ihren Familienangehörigen Sozialhilfe während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder im Falle von Arbeitssuchenden für einen längeren Zeitraum gewährt oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Unterhaltsbeihilfen für die Zwecke des Studiums, einschließlich einer Berufsausbildung, gewährt.“
Art. 6 („Recht auf Aufenthalt bis zu drei Monaten“) dieser Richtlinie bestimmt:
„(1) Ein Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, wobei er lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen braucht.
(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige im Besitz eines gültigen Reisepasses, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen.“
Art. 7 („Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate“) Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:
„Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er
Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder
für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen …
…“
Art. 14 („Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts“) der Richtlinie 2004/38 lautet:
„(1) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach Artikel 6 zu, solange sie die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen.
(2) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach den Artikeln 7, 12 und 13 zu, solange sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllen.
In bestimmten Fällen, in denen begründete Zweifel bestehen, ob der Unionsbürger oder seine Familienangehörigen die Voraussetzungen der Artikel 7, 12 und 13 erfüllen, können die Mitgliedstaaten prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Prüfung wird nicht systematisch durchgeführt.
(3) Die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen durch einen Unionsbürger oder einen seiner Familienangehörigen im Aufnahmemitgliedstaat darf nicht automatisch zu einer Ausweisung führen.
(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 und unbeschadet der Bestimmungen des Kapitels VI darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden, wenn
die Unionsbürger Arbeitnehmer oder Selbstständige sind oder
die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden.“
Art. 24 („Gleichbehandlung“) der Richtlinie 2004/38 sieht vor:
„(1) Vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich auch auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt genießen.
(2) Abweichend von Absatz 1 ist der Aufnahmemitgliedstaat jedoch nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbstständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b) einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens, zu gewähren.“
§ 19a Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch sieht folgende zwei Hauptarten von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vor:
„Nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende können in Anspruch genommen werden
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit,
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.“
§ 1 („Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende“) SGB II bestimmt in seinen Abs. 1 und 3:
„(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.
…
(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen
zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Arbeit und
zur Sicherung des Lebensunterhalts.“
§ 7 („Leistungsberechtigte“) SGB II sieht in seinem Abs. 1 vor:
„Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
erwerbsfähig sind,
hilfebedürftig sind und
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des [Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern, im Folgenden: FreizügG/EU] freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen.“
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.“
Gemäß § 7 Abs. 2 und 3 SGB II haben nicht erwerbsfähige Minderjährige, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer „Bedarfsgemeinschaft“ leben, einen abgeleiteten Anspruch auf die Leistungen nach dem SGB II.
§ 8 („Erwerbsfähigkeit“) Abs. 1 SGB II lautet:
„Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.“
§ 9 Abs. 1 SGB II bestimmt:
„Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.“
§ 20 SGB II enthält ergänzende Bestimmungen über den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts. § 21 SGB II regelt die Mehrbedarfe und § 22 SGB II die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Die §§ 28 bis 30 SGB II schließlich regeln die Leistungen für Bildung und Teilhabe.
In § 1 des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (im Folgenden: SGB XII) heißt es:
„Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. …“
§ 21 SGB XII bestimmt:
„Personen, die nach dem [SGB II] als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, erhalten keine Leistungen für den Lebensunterhalt …“
Sämtliche Mitglieder der Familie Peña-García sind spanische Staatsangehörige. Frau García-Nieto und Herr Peña Cuevas lebten seit mehreren Jahren in Spanien als Paar, ohne eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet zu haben, in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrer gemeinsamen Tochter, Jovanlis Peña García, und dem noch minderjährigen Sohn von Herrn Peña Cuevas, Joel Luis Peña Cruz, zusammen.
Im April 2012 reiste Frau García-Nieto zusammen mit ihrer Tochter, Jovanlis Peña García, nach Deutschland ein und meldete sich am 1. Juni 2012 Arbeit suchend. Ab dem 12. Juni 2012 übte sie den Beruf einer Küchenhilfe aus; aufgrund dieser Tätigkeit unterlag sie ab dem 1. Juli 2012 der Versicherungspflicht in der deutschen Sozialversicherung und erhielt eine monatliche Nettovergütung von 600 Euro.
Am 23. Juni 2012 zogen Herr Peña Cuevas und sein Sohn Frau García-Nieto und Jovanlis nach. Bis zum 1. November 2012 wohnte die Familie Peña-García bei der Mutter von Frau García-Nieto und bestritt ihren Lebensunterhalt aus dem Einkommen von Frau García-Nieto. Außerdem bezogen Herr Peña Cuevas und Frau García-Nieto seit Juli 2012 Kindergeld für ihre Kinder Jovanlis und Joel Luis, die seit dem 22. August 2012 die Schule besuchen.
Am 30. Juli 2012 beantragte die Familie Peña-García beim Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (im Folgenden: in Rede stehende Leistungen). Das Jobcenter lehnte jedoch die Bewilligung der in Rede stehenden Leistungen an Herrn Peña Cuevas und seinen Sohn für die Monate August und September 2012 ab; es bewilligte sie allerdings ab Oktober 2012.
Das Jobcenter stützte seine Entscheidung über die Nichtbewilligung auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II und führte zur Begründung aus, dass sich Herr Peña Cuevas und sein Sohn zum Zeitpunkt des Antrags weniger als drei Monate in Deutschland aufgehalten hätten und Herr Peña Cuevas im Übrigen weder Arbeitnehmer noch Selbständiger gewesen sei. Dem Jobcenter zufolge galt der Leistungsausschluss auch für den Sohn von Herrn Peña Cuevas. Nachdem die deutsche Regierung am 19. Dezember 2011 den Vorbehalt hinsichtlich des Fürsorgeabkommens erklärt habe, sei dieses nämlich nicht mehr anspruchsbegründend.
Der Klage, die die Familie Peña-García gegen die Entscheidung des Jobcenters erhob, wurde vom Sozialgericht Gelsenkirchen stattgegeben, das die Ausschlussgründe nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II aus gesetzessystematischen Gründen für nicht anwendbar hielt. Das Jobcenter legte gegen dieses Urteil beim vorlegenden Gericht, dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Berufung ein.
Das vorlegende Gericht äußert Zweifel, ob der vollständige Ausschluss von den in Rede stehenden Leistungen mit dem Unionsrecht, wie in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II vorgesehen, vereinbar sei.
Unter diesen Umständen hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 – mit Ausnahme des Exportausschlusses des Art. 70 Abs. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 – auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen im Sinne von Art. 70 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 883/2004?
Falls 1) bejaht wird: Sind – gegebenenfalls in welchem Umfang – Einschränkungen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 durch Bestimmungen in nationalen Rechtsvorschriften in Umsetzung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 möglich, nach denen der Zugang zu diesen Leistungen ausnahmslos für die ersten drei Monate des Aufenthalts nicht besteht, wenn Unionsbürger in der Bundesrepublik Deutschland weder Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind?
Falls 1) verneint wird: Stehen andere primärrechtliche Gleichbehandlungsgebote – insbesondere Art. 45 Abs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 18 AEUV – einer nationalen Bestimmung entgegen, die Unionsbürgern eine Sozialleistung in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts ausnahmslos verweigert, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, wenn diese Unionsbürger zwar weder Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, aber eine tatsächliche Verbindung zum Aufnahmestaat und insbesondere zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaats aufweisen können?
Mit Entscheidung vom 19. März 2015 hat das vorlegende Gericht allerdings die erste Frage für erledigt erklärt, da eine Frage gleichen Inhalts in der Rechtssache gestellt worden war, in der das Urteil Dano (C-333/13, EU:C:2014:2358) ergangen ist, wo er sie bejaht und insoweit entschieden hat, dass „die Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass ihr Art. 4 für die ‚besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen‘ im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und Art. 70 dieser Verordnung gilt“.
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 24 der Richtlinie 2004/38 und Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten, die sich in einer von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 erfassten Situation befinden, vom Bezug bestimmter „besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen“ im Sinne von Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004, die auch eine Leistung der „Sozialhilfe“ im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 darstellen, ausgeschlossen werden.
Im Urteil Alimanovic (C-67/14, EU:C:2015:597, Rn. 44 bis 46) hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Leistungen wie die in Rede stehenden Leistungen nicht als finanzielle Leistungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats erleichtern sollen, eingestuft werden können, sondern als „Sozialhilfe“ im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 anzusehen sind.
Hinsichtlich des Zugangs zu solchen Leistungen kann ein Unionsbürger eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats nach Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 nur verlangen, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38 erfüllt (Urteile Dano, C-333/13, EU:C:2014:2358, Rn. 69, und Alimanovic, C-67/14, EU:C:2015:597, Rn. 49).
Ließe man nämlich zu, dass Personen, denen kein Aufenthaltsrecht nach der Richtlinie 2004/38 zusteht, unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer Sozialleistungen beanspruchen könnten, liefe dies dem im zehnten Erwägungsgrund dieser Richtlinie genannten Ziel zuwider, eine unangemessene Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats durch Unionsbürger, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, zu verhindern (Urteile Dano, C-333/13, EU:C:2014:2358, Rn. 74, und Alimanovic, C-67/14, EU:C:2015:597, Rn. 50).
Um feststellen zu können, ob Sozialhilfeleistungen wie die in Rede stehenden Leistungen auf der Grundlage der Ausnahmebestimmung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 verweigert werden dürfen, muss daher vorab geprüft werden, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie anwendbar ist, und damit, ob sich der betreffende Unionsbürger rechtmäßig im Gebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhält (Urteil Alimanovic, C-67/14, EU:C:2015:597, Rn. 51).
Wie aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten hervorgeht, kann Herr Peña Cuevas ein Aufenthaltsrecht aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 ableiten.
Nach dieser Bestimmung hat ein Unionsbürger nämlich das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, wobei er lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen braucht, und nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie besteht dieses Recht für den Unionsbürger und seine Familienangehörigen fort, solange sie die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen (Urteile Ziolkowski und Szeja, C-424/10 und C-425/10, EU:C:2011:866, Rn. 39, sowie Dano, C-333/13, EU:C:2014:2358, Rn. 70).
Unbeschadet dessen kann sich der Mitgliedstaat in einem solchen Fall aber auf die Ausnahmebestimmung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 berufen, um dem betreffenden Unionsbürger die beantragte Sozialhilfeleistung zu verweigern (Urteil Dano, C-333/13, EU:C:2014:2358, Rn. 70).
Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift geht nämlich ausdrücklich hervor, dass der Aufnahmemitgliedstaat anderen Personen als Arbeitnehmern, Selbständigen oder Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts jegliche Sozialhilfeleistungen verweigern darf.
Die betreffende Vorschrift steht – wie der Generalanwalt in Rn. 70 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – im Einklang mit dem Ziel der Erhaltung des finanziellen Gleichgewichts der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten, das mit der Richtlinie 2004/38 verfolgt wird, was sich u. a. aus deren zehntem Erwägungsgrund ergibt. Da die Mitgliedstaaten von Unionsbürgern nicht verlangen dürfen, dass diese für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten im Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts und eine persönliche Absicherung für den Fall der Krankheit verfügen, ist es legitim, dass den betreffenden Mitgliedstaaten nicht auferlegt wird, während dieses Zeitraums die Kosten für sie zu übernehmen.
In diesem Kontext ist außerdem darauf hinzuweisen, dass der Mitgliedstaat zwar die persönlichen Umstände des Betreffenden berücksichtigen muss, wenn er eine Ausweisung veranlassen oder feststellen will, dass diese Person im Rahmen ihres Aufenthalts dem Sozialhilfesystem eine unangemessene Belastung verursacht (Urteil Brey, C-140/12, EU:C:2013:565, Rn. 64, 69 und 78), eine solche individuelle Prüfung aber bei einer Fallgestaltung wie der des Ausgangsverfahrens nicht geboten ist.
Der Gerichtshof hat nämlich im Urteil Alimanovic (C-67/14, EU:C:2015:597, Rn. 60) bereits festgestellt, dass die Richtlinie 2004/38, die ein abgestuftes System für die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft schafft, das das Aufenthaltsrecht und den Zugang zu Sozialleistungen sichern soll, selbst verschiedene Faktoren berücksichtigt, die die jeweiligen persönlichen Umstände der eine Sozialleistung beantragenden Person kennzeichnen, insbesondere die Dauer der Ausübung einer Erwerbstätigkeit.
Wenn daher eine solche Prüfung bei einem Arbeit suchenden Unionsbürger, der nicht mehr den Status eines Erwerbstätigen hat, nicht erforderlich ist, gilt dies erst recht bei Personen, die sich in einer Situation befinden wie Herr Peña Cuevas im Ausgangsverfahren.
Da die Ausnahme nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38, wonach die Bundesrepublik Deutschland einem Unionsbürger während der ersten drei Monate seines Aufenthalts in ihrem Hoheitsgebiet keinen Anspruch auf Sozialhilfe einräumen muss, es den Betroffenen ermöglicht, ihre Rechte und Pflichten eindeutig zu erfassen, ist sie nämlich geeignet, bei der Gewährung von Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Grundsicherung ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit und Transparenz zu gewährleisten, und steht zugleich im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. entsprechend Urteil Alimanovic, C-67/14, EU:C:2015:597, Rn. 61).
Was zudem die individuelle Prüfung angeht, mit der eine umfassende Beurteilung der Frage vorgenommen werden soll, welche Belastung die Gewährung einer Leistung konkret für das gesamte im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Sozialhilfesystem darstellen würde, ist festzustellen, dass die einem einzigen Antragsteller gewährte Hilfe schwerlich als „unangemessene Inanspruchnahme“ eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 eingestuft werden kann; eine solche Inanspruchnahme kann nämlich den betreffenden Mitgliedstaat nicht infolge eines einzelnen Antrags, sondern nur nach Aufsummierung sämtlicher bei ihm gestellten Einzelanträge belasten (vgl. Urteil Alimanovic, C-67/14, EU:C:2015:597, Rn. 62).
Unter diesen Umständen steht Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegen, wenn diese die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten, die sich in einer von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 erfassten Situation befinden, vom Bezug bestimmter „besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen“ im Sinne des Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 ausschließt.
Das Gleiche gilt hinsichtlich der Auslegung von Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004. Die in Rede stehenden Leistungen, bei denen es sich um „besondere beitragsunabhängige Geldleistungen“ im Sinne des Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung handelt, werden nämlich nach Art. 70 Abs. 4 ausschließlich in dem Mitgliedstaat, in dem die betreffenden Personen wohnen, und nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats gewährt. Daher spricht nichts dagegen, solche Leistungen Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten, die weder Arbeitnehmer oder Selbständige sind noch Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts im Aufnahmestaat zu verweigern (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile Brey, C-140/12, EU:C:2013:965, Rn. 44, und Dano, C-333/13, EU:C:2014:2358, Rn. 83).
Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 24 der Richtlinie 2004/38 und Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten, die sich in einer von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 erfassten Situation befinden, vom Bezug bestimmter „besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen“ im Sinne von Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004, die auch eine Leistung der „Sozialhilfe“ im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 darstellen, ausgeschlossen werden.