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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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EuGH 27.09.2012 - C-587/10
EuGH 27.09.2012 - C-587/10 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 27. September 2012 ( *1) - „Steuerwesen — Mehrwertsteuer — Lieferung von Gegenständen — Besteuerung von Reihengeschäften — Versagung der Steuerbefreiung wegen fehlender Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers“
Leitsatz
In der Rechtssache C-587/10
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. November 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Dezember 2010, in dem Verfahren
Vogtländische Straßen-, Tief- und Rohrleitungsbau GmbH Rodewisch (VSTR)
gegen
Finanzamt Plauen,
Beteiligter:
Bundesministerium der Finanzen,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal, der Richter K. Schiemann und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Vogtländische Straßen-, Tief- und Rohrleitungsbau GmbH Rodewisch (VSTR), vertreten durch die Rechtsanwälte T. Küffner, S. Maunz und T. Streit,
der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,
der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Mölls und C. Soulay als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Juni 2012
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in ihrer zuletzt durch die Richtlinie 98/80/EG des Rates vom 12. Oktober 1998 (ABl. L 281, S. 31) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der VSTR Vogtländische Straßen-, Tief- und Rohrleitungsbau GmbH Rodewisch (im Folgenden: VSTR) und dem Finanzamt Plauen wegen dessen Weigerung, eine von einer Tochtergesellschaft von VSTR (im Folgenden: VSTR-Tochter) durchgeführte Lieferung von Gegenständen von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie definiert den Begriff „Steuerpflichtiger“ wie folgt:
„Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.“
Art. 22 der Sechsten Richtlinie in der Fassung des Art. 28h dieser Richtlinie sieht im inneren Anwendungsbereich verschiedene Verpflichtungen der Steuerschuldner vor, u. a. in Bezug auf die Buchführung, die Ausstellung von Rechnungen, die Steuererklärung sowie die der Finanzverwaltung vorzulegende Aufstellung.
Art. 22 Abs. 1 Buchst. c erster und dritter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie in der Fassung des Art. 28h dieser Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Vorkehrungen, damit jeder Steuerpflichtige eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhält,
der im Inland Lieferungen von Gegenständen bewirkt bzw. Dienstleistungen erbringt, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht …; hiervon ausgenommen sind die in Artikel 28a Absatz 4 genannten Steuerpflichtigen. …
…
der im Inland den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für Zwecke seiner Umsätze bewirkt, die sich aus wirtschaftlichen Tätigkeiten gemäß Artikel 4 Absatz 2 ergeben, die er im Ausland erbringt.“
Art. 22 Abs. 3 Buchst. a der Sechsten Richtlinie in der Fassung des Art. 28h dieser Richtlinie sieht vor:
„Jeder Steuerpflichtige hat für die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen, die er an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt, eine Rechnung oder ein an deren Stelle tretendes Dokument auszustellen. Jeder Steuerpflichtige hat ebenfalls eine Rechnung … auszustellen … für unter den Bedingungen des Artikels 28c Teil A ausgeführte Lieferungen von Gegenständen. …“
Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie in der Fassung des Art. 28h dieser Richtlinie bestimmt:
„Die Rechnung muss außerdem Folgendes ausweisen:
…
für die in Artikel 28c Teil A Buchstabe a) genannten Umsätze die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Steuerpflichtigen im Inland sowie die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers in einem anderen Mitgliedstaat.
…“
Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung des Art. 28h dieser Richtlinie sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten können unter Beachtung der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen im Inland und zwischen Mitgliedstaaten bewirkten Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen.“
Art. 28a Abs. 1 Buchst. a Unterabs. 1 und 2 und Abs. 3 Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen auch
der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, der gegen Entgelt im Inland durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder aber durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, wenn der Verkäufer ein Steuerpflichtiger ist und als solcher handelt und für ihn die Steuerbefreiung gemäß Artikel 24 nicht gilt und er nicht unter Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Satz 2 oder Artikel 28b Teil B Absatz 1 fällt.
Abweichend von Unterabsatz 1 unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, der unter den Bedingungen von Absatz 1a durch einen Steuerpflichtigen oder durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, nicht der Mehrwertsteuer.
…
(3) Als innergemeinschaftlicher Erwerb eines Gegenstands gilt die Erlangung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen beweglichen körperlichen Gegenstand zu verfügen, welcher durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung befand, an den Erwerber versendet oder befördert wird.“
Art. 28b Teil A dieser Richtlinie bestimmt:
„(1) Als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen gilt der Ort, in dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands oder der Beförderung an den Erwerber befinden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 gilt jedoch als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen im Sinne des Artikels 28a Absatz 1 Buchstabe a) das Gebiet des Mitgliedstaats, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, sofern der Erwerber nicht nachweist, dass dieser Erwerb nach Maßgabe der Regelung in Absatz 1 besteuert worden ist.
Wird der Erwerb dagegen nach Absatz 1 im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung der Gegenstände besteuert, nachdem er nach Maßgabe des Unterabsatzes 1 besteuert wurde, so wird die Besteuerungsgrundlage in dem Mitgliedstaat, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt hat, entsprechend verringert.
…“
Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie sieht vor:
„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsbestimmungen befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen:
die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt.“
Deutsches Recht
§ 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) definiert die innergemeinschaftliche Lieferung wie folgt:
„(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
der Abnehmer ist
ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
…
(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. …“
§ 17c Abs. 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) legt dem Lieferer folgende Pflichten auf:
„Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a Abs. 1 und 2 [UStG]) muss der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Im November 1998 verkaufte eine in Deutschland ansässige VSTR-Tochter zwei Steinzerkleinerungsmaschinen an die Atlantic International Trading Co. (im Folgenden: Atlantic) mit Sitz in den Vereinigten Staaten. Atlantic hatte eine Niederlassung in Portugal, war aber in keinem Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke registriert.
Die VSTR-Tochter forderte Atlantic auf, ihr ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen. Atlantic gab daraufhin an, die Maschinen an ein in Finnland ansässiges Unternehmen veräußert zu haben, und teilte der VSTR-Tochter die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dieses Unternehmens mit, die die VSTR-Tochter auf ihre Richtigkeit überprüfte.
Die Gegenstände wurden sodann von einer von Atlantic beauftragten Spedition bei der VSTR-Tochter abgeholt, um auf dem Landweg nach Lübeck (Deutschland) verbracht und nach Finnland verschifft zu werden.
Über die Lieferung der Steinzerkleinerungsmaschinen stellte die VSTR-Tochter auf den Namen von Atlantic und unter Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des finnischen Unternehmens, an das die Maschinen weiterveräußert worden waren, eine Rechnung ohne Mehrwertsteuer aus.
Das Finanzamt Plauen war jedoch der Auffassung, dass die Lieferung zwischen der VSTR-Tochter und Atlantic nicht von der Mehrwertsteuer befreit werden könne, da die VSTR-Tochter nicht die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von Atlantic angegeben habe.
Das Sächsische Finanzgericht wies in erster Instanz die gegen diese Entscheidung des Finanzamts Plauen gerichtete Klage von VSTR ab.
VSTR legte daraufhin Revision beim Bundesfinanzhof mit der Begründung ein, dass der vom Finanzamt Plauen für die Versagung der Mehrwertsteuerbefreiung herangezogene Grund gegen die Sechste Richtlinie verstoße. Das Finanzamt hingegen vertritt die Auffassung, die Mitgliedstaaten könnten, ohne gegen Unionsrecht zu verstoßen, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Bedingung abhängig machen, dass der Erwerber in einem Mitgliedstaat über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfüge.
Der Bundesfinanzhof stellt fest, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Geschäft zu zwei aufeinanderfolgenden Lieferungen geführt habe: die erste von der VSTR-Tochter an Atlantic, die zweite von Atlantic an das finnische Unternehmen.
Die erste Lieferung könnte nach den Angaben des Bundesfinanzhofs als innergemeinschaftliche Lieferung von der Mehrwertsteuer befreit sein, sofern die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG erfüllt sei, dass der Erwerb der Gegenstände beim Abnehmer in Finnland tatsächlich der Besteuerung unterliege. Dieses Tatbestandsmerkmal könnte voraussetzen, dass der Abnehmer im Bestimmungsmitgliedstaat tatsächlich über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfüge, damit die Verwaltung des Bestimmungsmitgliedstaats den Vorgang der Umsatzbesteuerung unterwerfen könne.
Die Befreiung von der Mehrwertsteuer könnte auch an § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV scheitern, der den Lieferer verpflichte, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachzuweisen.
Auch wenn Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie für eine Mehrwertsteuerbefreiung bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht ausdrücklich verlange, dass der Erwerber unter einer eigenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer handle, könnte sich für den Bundesfinanzhof eine derartige Voraussetzung gleichwohl aus der in dieser Bestimmung aufgestellten Bedingung ergeben, dass der Erwerber ein „Steuerpflichtiger“ sei, „der … als solcher … in einem anderen Mitgliedstaat … handelt“. Der Bundesfinanzhof fragt sich außerdem, ob diese Bedingung unter Berücksichtigung des Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung von Art. 28h dieser Richtlinie und des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht ermächtige, dem Lieferer eine solche Art des Nachweises vorzuschreiben, und zwar insbesondere dann, wenn der in einem Drittstaat ansässige Erwerber wie im Ausgangsverfahren in keinem Mitgliedstaat registriert sei und der Lieferer auch nicht nachgewiesen habe, dass der Erwerber bei der Steuerverwaltung eine Erklärung über den innergemeinschaftlichen Erwerb abgegeben habe.
Außerdem könnte die Pflicht zur Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufgrund der mit der Sechsten Richtlinie geschaffenen und in der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigten Entsprechung zwischen der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung und der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs gerechtfertigt sein.
Der Bundesfinanzhof hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Erlaubt die Sechste Richtlinie den Mitgliedstaaten, eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nur dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers buchmäßig nachweist?
Ist es für die Antwort auf diese Frage von Bedeutung,
ob es sich bei dem Erwerber um einen in einem Drittland ansässigen Unternehmer handelt, der zwar den Gegenstand der Lieferung im Rahmen eines Reihengeschäfts von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat versendet hat, aber in keinem Mitgliedstaat umsatzsteuerrechtlich registriert ist, und
ob der Steuerpflichtige die Abgabe einer Steuererklärung über den innergemeinschaftlichen Erwerb durch den Erwerber nachgewiesen hat?
Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie, der innergemeinschaftliche Lieferungen von der Mehrwertsteuer befreit, ist Teil der Übergangsregelung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten in Abschnitt XVIa dieser Richtlinie, deren Ziel darin besteht, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt (vgl. u. a. Urteil vom 7. Dezember 2010, R, C-285/09, Slg. 2010, I-12605, Randnr. 37).
Der mit dieser Übergangsregelung geschaffene Mechanismus besteht zum einen darin, dass der Abgangsmitgliedstaat für die im Wege des innergemeinschaftlichen Versands oder der innergemeinschaftlichen Beförderung erfolgende Lieferung eine Steuerbefreiung – ergänzt durch das Recht auf Vorsteuerabzug oder Erstattung der in diesem Mitgliedstaat im Voraus entrichteten Mehrwertsteuer – gewährt, und zum anderen darin, dass der Eingangsmitgliedstaat den innergemeinschaftlichen Erwerb besteuert. Durch diesen Mechanismus wird somit eine klare Abgrenzung der Steuerhoheit der betroffenen Mitgliedstaaten gewährleistet (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil R, Randnr. 38) und die Doppelbesteuerung und damit eine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem innewohnenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität vermieden (vgl. u. a. Urteile vom 27. September 2007, Teleos u. a., C-409/04, Slg. 2007, I-7797, Randnr. 25, und Collée, C-146/05, Slg. 2007, I-7861, Randnr. 23).
Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen ein Vorgang als innergemeinschaftliche Lieferung im Sinne von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie eingestuft werden kann, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass unter diesen Begriff Lieferungen von Gegenständen fallen und somit steuerfrei sind, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb eines Mitgliedstaats, aber innerhalb der Union versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt (vgl. u. a. Urteil R, Randnr. 40).
Neben diesen Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft als Steuerpflichtiger, die Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, und die physische Verbringung der Gegenstände von einem Mitgliedstaat in einen anderen darf keine weitere Voraussetzung für die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen aufgestellt werden (vgl. Urteil Teleos u. a., Randnr. 70), wobei der Begriff der innergemeinschaftlichen Lieferung ebenso wie der des innergemeinschaftlichen Erwerbs objektiven Charakter hat und unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anwendbar ist (vgl. u. a. Urteil Teleos u. a., Randnr. 38).
Auch wenn sich die Fragen des vorlegenden Gerichts auf die Eigenschaft des Erwerbers als Steuerpflichtiger beziehen, hält es der Gerichtshof dennoch für erforderlich, dem vorlegenden Gericht auch Hinweise zu der Voraussetzung in Bezug auf die Beförderung zu geben. Da das Ausgangsverfahren einen Vorgang betrifft, bei dem in Bezug auf die verkauften Gegenstände zwei aufeinanderfolgende Lieferungen, aber nur eine innergemeinschaftliche Beförderung durchgeführt wurden, hängt nämlich die Einstufung der ersten Lieferung zwischen der VSTR-Tochter und Atlantic als innergemeinschaftliche Lieferung, die als solche nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit werden kann, davon ab, ob die innergemeinschaftliche Beförderung – wovon die Vorlageentscheidung offenbar ausgeht – tatsächlich der ersten Lieferung zugerechnet werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. April 2006, EMAG Handel Eder, C-245/04, Slg. 2006, I-3227, Randnr. 45, und vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding, C-430/09, Slg. 2010, I-13335, Randnr. 21).
Die Beantwortung dieser Frage hängt von einer umfassenden Würdigung aller besonderen Umstände des Einzelfalls ab (vgl. Urteil Euro Tyre Holding, Randnr. 27) und insbesondere von der Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, dem Endempfänger übertragen worden ist (vgl. Urteil Euro Tyre Holding, Randnrn. 31 bis 35). Falls nämlich die zweite Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, stattgefunden hat, bevor die innergemeinschaftliche Beförderung erfolgt, könnte die innergemeinschaftliche Beförderung nicht mehr der Lieferung an den Ersterwerber zugerechnet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Euro Tyre Holding, Randnr. 33).
Im Ausgangsverfahren wäre somit die Lieferung seitens der VSTR-Tochter an Atlantic keine nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreite innergemeinschaftliche Lieferung, falls die zweite Übertragung des Eigentums an den in Rede stehenden Gegenständen – von Atlantic auf das finnische Unternehmen – stattgefunden haben sollte, bevor die innergemeinschaftliche Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland erfolgt ist.
Hinsichtlich der Umstände, die bei der Würdigung berücksichtigt werden können, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass, wenn der Ersterwerber das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der ersten Lieferung erlangt hat, seine Absicht bekundet, diesen Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern, und mit seiner von dem letztgenannten Staat zugewiesenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer auftritt, die innergemeinschaftliche Beförderung der ersten Lieferung zugerechnet werden müsste, sofern das Recht, über den Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Beförderung auf den Zweiterwerber übertragen wurde (vgl. Urteil Euro Tyre Holding, Randnrn. 44 und 45).
Der Gerichtshof hat jedoch auch klargestellt, dass dies nicht der Fall ist, wenn nach der Übertragung des Rechts, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber dieser dem die erste Lieferung durchführenden Lieferer mitgeteilt hat, dass der Gegenstand, bevor er den Liefermitgliedstaat verlassen habe, an einen anderen Steuerpflichtigen weiterverkauft werde (Urteil Euro Tyre Holding, Randnr. 36).
Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens teilweise der letztgenannten Fallgestaltung entsprechen könnte, da Atlantic gegenüber der VSTR-Tochter vor der Beförderung der in Rede stehenden Gegenstände nach Finnland erklärt haben soll, dass die Gegenstände bereits an ein finnisches Unternehmen weiterverkauft worden seien, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Atlantic der VSTR-Tochter mitgeteilt hat.
Diese Umstände können jedoch für sich allein nicht als Nachweis dafür dienen, dass die Übertragung des Rechts, über die in Rede stehenden Gegenstände wie ein Eigentümer zu verfügen, auf das finnische Unternehmen vor der Beförderung dieser Gegenstände nach Finnland stattgefunden hätte; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles zu beurteilen, ob dies der Fall war.
Da folglich die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Lieferung eine innergemeinschaftliche Lieferung darstellen könnte, ist eine Beantwortung der Vorlagefragen angezeigt.
Zu den beiden Fragen
Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt. Das vorlegende Gericht bittet den Gerichtshof, klarzustellen, ob der Umstand, dass der Erwerber in einem Drittstaat ansässig ist, ohne sonst in einem Mitgliedstaat registriert zu sein, oder der Umstand, dass der Lieferer nachweist, dass der Erwerber den innergemeinschaftlichen Erwerb angemeldet hat, zu einer anderen Antwort auf diese Fragen führen können.
Die in Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie aufgestellte Bedingung, dass der Erwerber ein „Steuerpflichtiger“ ist, „der … als solcher … in einem anderen Mitgliedstaat … handelt“, verlangt für sich genommen nicht, dass der Erwerber unter einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer tätig wird.
Die Fragen des vorlegenden Gerichts sind daher so zu verstehen, dass sie die Beweismodalitäten betreffen, die dem Lieferer für den Nachweis, dass die Bedingung in Bezug auf die Steuerpflichtigeneigenschaft des Erwerbers erfüllt ist, vorgeschrieben werden können.
Insoweit hat der Gerichtshof bereits entscheiden, dass, da die Sechste Richtlinie keine Vorschrift enthält, die sich hiermit befasst, und in ihrem Art. 28c Teil A erster Halbsatz lediglich vorsieht, dass die Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen festlegen, die Mitgliedstaaten für die Frage zuständig sind, welche Beweise die Steuerpflichtigen vorlegen können, um in den Genuss der Mehrwertsteuerbefreiung zu gelangen (vgl. u. a. Urteile Collée, Randnr. 24, und R, Randnr. 43).
Der Gerichtshof hat außerdem darauf hingewiesen, dass der Lieferer von Gegenständen den Beweis erbringen muss, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie – einschließlich der von den Mitgliedstaaten aufgestellten Bedingungen zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch – erfüllt sind (vgl. u. a. Urteil R, Randnr. 46).
Ferner können die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung des Art. 28h dieser Richtlinie Maßnahmen erlassen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, unter dem Vorbehalt, dass die Maßnahmen insbesondere nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Collée, Randnr. 26, und R, Randnr. 45). Diese Maßnahmen dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer, die ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist, in Frage stellen würden (vgl. Urteile Teleos u. a., Randnr. 46, und Collée, Randnr. 26).
Es würde daher über das, was erforderlich ist, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen, hinausgehen, wenn das Recht auf Mehrwertsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Wesentlichen von der Einhaltung formeller Pflichten abhängig gemacht würde, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind (vgl. Urteil Collée, Randnr. 29).
Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität erfordert nämlich, dass die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat; anders verhält es sich nur, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden (vgl. Urteil Collée, Randnr. 31). Dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass sich der Lieferer nicht vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat, die das reibungslose Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet. Hat er dies getan, kann er sich, wie der Gerichtshof entschieden hat, nämlich nicht mit Erfolg auf den Grundsatz der steuerlichen Neutralität berufen (vgl. Urteil R, Randnr. 54).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten einem Lieferer von Gegenständen vorschreiben können, dass er den Beweis erbringt, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat handelt als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der betreffenden Gegenstände, sofern die allgemeinen Rechtsgrundsätze und insbesondere das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit beachtet werden.
Hinsichtlich der Frage, ob diese Erfordernisse beachtet werden, wenn, wie im Ausgangsverfahren, ein Mitgliedstaat dem Lieferer die Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers vorschreibt, ist unbestreitbar, dass diese Identifikationsnummer in dem mit der Sechsten Richtlinie geschaffenen System eng mit der Steuerpflichtigeneigenschaft zusammenhängt. Nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. c erster und dritter Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie in der Fassung des Art. 28h dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit ein Steuerpflichtiger eine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhält.
Dennoch kann dieser Beweis nicht in allen Fällen ausschließlich von der Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer abhängen, da nach der Definition in Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie als Steuerpflichtiger bereits gilt, wer eine der in Abs. 2 dieses Artikels genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis, ohne dass dies insoweit davon abhinge, dass der Betreffende eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer besitzt. Darüber hinaus ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass ein Steuerpflichtiger in dieser Eigenschaft handelt, wenn er im Rahmen seiner steuerbaren Tätigkeit Umsätze tätigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2006, Optigen u. a., C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Slg. 2006, I-483, Randnr. 42).
Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Lieferer aus irgendeinem Grund nicht über diese Nummer verfügt, zumal die Einhaltung dieser Verpflichtung durch den Lieferer von den vom Erwerber erhaltenen Informationen abhängt.
Auch wenn die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer folglich dem Nachweis des steuerlichen Status des Steuerpflichtigen dient und die Kontrolle innergemeinschaftlicher Umsätze erleichtert, handelt es sich doch nur um ein formelles Erfordernis, das den Anspruch auf Mehrwertsteuerbefreiung nicht in Frage stellen kann, sofern die materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfüllt sind (vgl. Urteil vom 6. September 2012, Mecsek-Gabona, C-273/11, Randnr. 60).
Infolgedessen ist es zwar legitim, von einem Lieferer zu verlangen, dass er redlich ist und alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (vgl. Urteil Euro Tyre Holding, Randnr. 38); die Mitgliedstaaten würden aber über die Maßnahmen, die für eine ordnungsgemäße Steuererhebung unbedingt erforderlich sind, hinausgehen, wenn sie bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Mehrwertsteuerbefreiung allein deshalb verweigern würden, weil der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht mitgeteilt hat, wenn dieser redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Nummer nicht mitteilen kann, außerdem aber andere Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.
Aus der Vorlageentscheidung geht insoweit hervor, dass der Lieferer im Ausgangsverfahren Atlantic um deren Identifikationsnummer ersucht hat und Atlantic, die keine besaß, ihm die Identifikationsnummer des Zweiterwerbers mitgeteilt hat. Somit hat offenbar keiner dieser Beteiligten betrügerisch gehandelt. Außerdem betrifft die in Rede stehende Lieferung Gegenstände, die ihrer Art nach dafür bestimmt zu sein scheinen, im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt zu werden.
Der Umstand, dass der Erwerber – wie im Ausgangsverfahren – in einem Drittstaat ansässig ist, kann grundsätzlich nicht geeignet sein, eine andere Antwort zu rechtfertigen. Denn weder in der Übergangsregelung der Sechsten Richtlinie für innergemeinschaftliche Lieferungen noch in der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs wird nach dem Ort, an dem der Erwerber ansässig ist, unterschieden.
Hinsichtlich des Falles, dass der Lieferer die Steuererklärung des Erwerbers über seinen innergemeinschaftlichen Erwerb vorgelegt haben sollte, ist darauf hinzuweisen, dass – wie in Randnr. 30 des vorliegenden Urteils ausgeführt – neben den Voraussetzungen in Bezug auf die Eigenschaft als Steuerpflichtige, die Übertragung der Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, und die physische Verbringung der Gegenstände von einem Mitgliedstaat in einen anderen keine weitere Voraussetzung für die Einstufung eines Umsatzes als innergemeinschaftliche Lieferung oder innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenständen aufgestellt werden darf. Somit kann für den Anspruch auf Steuerbefreiung nach Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie vom Lieferer nicht verlangt werden, Beweise für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs der in Rede stehenden Gegenstände vorzulegen.
Im Übrigen kann eine solche Erklärung für sich allein nicht als entscheidender Beweis für die Steuerpflichtigeneigenschaft des Erwerbers angesehen werden und bestenfalls ein Indiz darstellen (vgl. entsprechend Urteile Teleos u. a., Randnr. 71, und vom 27. September 2007, Twoh International, C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Randnr. 37).
Der Umstand, dass der Lieferer diese Erklärung vorgelegt hat oder nicht, kann daher ebenfalls nichts an der Antwort auf die Fragen des vorlegenden Gerichts ändern.
Nach alledem ist daher auf die beiden Fragen zu antworten, dass Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt; dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 98/80/EG des Rates vom 12. Oktober 1998 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt; dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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