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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 30.04.2024 - 1 ABR 10/23
BAG 30.04.2024 - 1 ABR 10/23 - Betriebsrat - Auskunftsanspruch - Tarifkollision
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hannover, 4. Mai 2022, Az: 5 BV 11/21, Beschluss
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 13. Januar 2023, Az: 17 TaBV 36/22, Beschluss
Leitsatz
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Die gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse im Betrieb bei einer nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG aufzulösenden Tarifkollision sind jeweils zu dem Zeitpunkt zu bestimmen, in dem der letzte kollidierende Tarifvertrag schriftlich abgeschlossen wurde. Auf das Datum eines rückwirkenden Inkrafttretens kommt es nicht an.
Tenor
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Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. Januar 2023 - 17 TaBV 36/22 - wird zurückgewiesen.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten über Auskunftsansprüche des Betriebsrats.
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Die Arbeitgeberin unterhält verschiedene - durch einen Zuordnungstarifvertrag nach § 3 BetrVG gebildete - Betriebe des Schienennahverkehrs. Sie ist Mitglied des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbands der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (AGV MOVE). Antragsteller ist der für den Wahlbetrieb R.3.1. Niedersachsen/Bremen gebildete Betriebsrat.
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Der AGV MOVE hat sowohl mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) als auch mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zahlreiche Tarifverträge - darunter ua. den Bundes-Rahmentarifvertrag für das Zugpersonal der Schienenbahnen des Personen- und Güterverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland (BuRa-ZugTV) vom 24. Februar 2022 - abgeschlossen. In der Vergangenheit vereinbarte der AGV MOVE mit der EVG und der GDL jeweils einen Verzicht auf die Anwendung von § 4a TVG. Der hierzu mit der GDL abgeschlossene Tarifvertrag zur Regelung von Grundsatzfragen endete am 31. Dezember 2020 ohne Nachwirkung.
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Mit Schreiben vom 18. März 2021 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber, dass seit dem 1. Januar 2021 im Betrieb nach Maßgabe von § 4a TVG nur noch die Tarifverträge der Mehrheitsgewerkschaft zur Anwendung kämen. Da lediglich die EVG ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einem notariellen Verfahren zur Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft erklärt habe, habe sie - die Arbeitgeberin - die gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse im Betrieb ua. anhand der Ergebnisse der Betriebsratswahl im Jahr 2018, der ihr vorliegenden Tarifbindungsanzeigen und der notariell ermittelten gewerkschaftlichen Mitgliederzahl der EVG bestimmt.
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Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe ihm Auskunft über die Tatsachen und die Wertungen zu erteilen, die der Feststellung der Mehrheitsverhältnisse im Betrieb zugrunde lägen. Da seit dem 1. Januar 2021 eine Kollisionslage iSv. § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG bestehe, müsse er beurteilen können, welche Tarifverträge im Betrieb zur Anwendung kämen. Er habe über die Durchführung der für die Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge zu wachen. Die begehrten Auskünfte seien zudem für die Wahrnehmung seines Beteiligungsrechts bei von der Arbeitgeberin geplanten Eingruppierungen erforderlich. Soweit die Arbeitgeberin nicht über die begehrten Informationen verfüge, müsse sie diese ggf. bei der Konzernmutter - der Deutsche Bahn AG - beschaffen.
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Der Betriebsrat hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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1.
der Arbeitgeberin aufzugeben, ihn bezogen auf den Stichtag 1. Januar 2021 über die Anzahl der im Rahmen eines Verfahrens mit der EVG ermittelten gewerkschaftlichen Mitgliedschaften bei der EVG im Wahlbetrieb R.3.1. zu unterrichten;
2.
der Arbeitgeberin aufzugeben, ihn bezogen auf den Stichtag 1. Januar 2021 über die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder im Wahlbetrieb R.3.1. getrennt nach Gewerkschaftsmitgliedschaft bei der EVG und der GDL zu unterrichten;
3.
der Arbeitgeberin aufzugeben, ihn bezogen auf den Stichtag 1. Januar 2021 über die Anzahl der Tarifbindungsanzeigen im Wahlbetrieb R.3.1. getrennt nach Gewerkschaftsmitgliedschaft bei der EVG und der GDL zu unterrichten;
4.
der Arbeitgeberin aufzugeben, ihn bezogen auf den Stichtag 1. Januar 2021 darüber zu unterrichten, aufgrund welcher Wertungen die Ergebnisse der Betriebsratswahl 2018 in die Bewertung der gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse eingegangen sind, insbesondere
a)
auf welche Weise die Wahlbeteiligung in diese Bewertung einbezogen wurde,
b)
wie die Ergebnisse der freien Liste 6W in diese Bewertung einbezogen wurden,
c)
auf welche Weise die Tatsache, dass die Betriebsratswahl zum Zeitpunkt der Betrachtung ca. drei Jahre zurückliegt, in diese Bewertung einbezogen wurde.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, die Anträge seien schon unzulässig. Im Übrigen habe der Betriebsrat keinen konkreten Aufgabenbezug dargelegt. Die Ermittlung der anwendbaren Tarifverträge nach § 4a TVG sei keine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit und damit nicht vom Überwachungsrecht des Betriebsrats umfasst. Diese Frage sei vielmehr im Rahmen eines Verfahrens nach § 99 ArbGG zu klären.
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Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.
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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zu Recht zurückgewiesen. Die Anträge sind unbegründet.
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I. Die Anträge sind zulässig.
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1. Sie sind jedoch auslegungsbedürftig.
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a) Mit dem Antrag zu 1. begehrt der Betriebsrat Auskunft über die im Rahmen „eines Verfahrens“ ermittelte Anzahl von Gewerkschaftsmitgliedern der EVG. Damit ist erkennbar das - zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt - in der Vergangenheit unter Beteiligung der EVG durchgeführte notarielle Verfahren gemeint, auf das sich die Arbeitgeberin in ihrem Schreiben vom 18. März 2021 bezogen hat. Der im Antrag genannte Stichtag verdeutlicht, dass der Betriebsrat davon ausgeht, die gewerkschaftliche Mitgliederzahl der EVG im Betrieb sei auf diesem Weg bezogen auf den Zeitpunkt des 1. Januar 2021 ermittelt worden.
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b) Der Antrag zu 2. ist - rechtsschutzgewährend - in Bezug auf die Mitglieder der EVG einschränkend auszulegen. Da der Betriebsrat bereits mit seinem ersten Antrag eine Auskunft über die Anzahl der notariell ermittelten Mitglieder dieser Gewerkschaft im Betrieb begehrt, kann sich der Antrag zu 2. insoweit nur auf vom Ergebnis der notariellen Auskunft abweichende Kenntnisse der Arbeitgeberin richten. Hilfsweise wird er für den Fall gestellt, dass die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder nicht zum Stichtag 1. Januar 2021 ermittelt wurde. Zudem erstrebt der Betriebsrat - entgegen der umfassenden Formulierung des Antrags - erkennbar nur Auskunft über die der Arbeitgeberin bekannten Mitgliederzahlen beider Gewerkschaften. Allerdings sollen hierzu nach dem Vorbringen des Betriebsrats auch solche gehören, die sie bei der Konzernmutter, der Deutsche Bahn AG, erfragen kann. Dieses Antragsverständnis hat der Betriebsrat in der mündlichen Anhörung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt.
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c) Mit dem Antrag zu 3. begehrt der Betriebsrat die Mitteilung der der Arbeitgeberin für den Betrieb bekannten Tarifbindungsanzeigen. Der im Antrag enthaltene Stichtag bezieht sich dabei ersichtlich nicht auf den Zeitpunkt, zu dem die Anzeigen erfolgten, sondern darauf, wie viele Tarifbindungsanzeigen der Arbeitgeberin zu diesem Zeitpunkt vorlagen. Dafür genügt es, dass die an diesem Tag betriebszugehörigen Arbeitnehmer der Arbeitgeberin ihre Mitgliedschaft in einer der beiden Gewerkschaften in der Zeit bis einschließlich 1. Januar 2021 mitgeteilt und sie nicht zuvor über deren Beendigung unterrichtet haben.
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d) Mit dem Antrag zu 4. möchte der Betriebsrat schließlich wissen, „aufgrund welcher Wertungen“ die Ergebnisse der Betriebsratswahl 2018 in die Bestimmung der gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse eingeflossen sind. Entgegen der weitergehenden Antragsfassung beschränkt sich das Begehren - wie auch bei den übrigen Anträgen - auf die von der Arbeitgeberin für den Wahlbetrieb R.3.1. Niedersachsen/Bremen vorgenommene Bewertung. Der Betriebsrat begehrt - unter beispielhafter Erläuterung - Auskunft über den von ihr insoweit durchlaufenen Erkenntnisprozess. Dabei geht er ersichtlich davon aus, dass die Arbeitgeberin die Mehrheitsgewerkschaft anhand aller ihr bekannten Kriterien bezogen auf den 1. Januar 2021 ermittelt hat. Ob dies tatsächlich zutrifft, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags.
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2. Die so verstandenen Anträge sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin kann erkennen, welche Auskünfte der Betriebsrat verlangt.
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3. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin sind die Anträge nicht mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis verlangt als Sachentscheidungsvoraussetzung ein berechtigtes Interesse an der Inanspruchnahme der Gerichte. Bei Leistungsklagen folgt es regelmäßig aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs. Ob dieser besteht, ist grundsätzlich eine Frage der Begründetheit (BAG 24. April 2018 - 1 ABR 6/16 - Rn. 20; 19. Februar 2008 - 1 ABR 65/05 - Rn. 12).
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II. Die Anträge sind jedoch unbegründet.
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1. Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Anspruchsvoraussetzung ist damit zum einen, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben, und zum anderen, dass im Einzelfall die verlangte Information zur Wahrnehmung der Aufgabe erforderlich ist. Der Betriebsrat hat die Aufgabe sowie die Erforderlichkeit der begehrten Auskunft darzulegen (vgl. BAG 9. Mai 2023 - 1 ABR 14/22 - Rn. 16; 12. März 2019 - 1 ABR 48/17 - Rn. 23 mwN, BAGE 166, 98). Erst anhand dieser Angaben können der Arbeitgeber und - im Streitfall - die Gerichte für Arbeitssachen beurteilen, ob die Voraussetzungen einer Auskunftspflicht und eines damit korrespondierenden Auskunftsanspruchs erfüllt sind. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, ohne solche Angaben von Amts wegen zu prüfen, welche Aufgabe den Auskunftsanspruch stützen und aus welchen Gründen die verlangte Information für die Durchführung dieser Aufgabe benötigt werden könnte (BAG 9. April 2019 - 1 ABR 51/17 - Rn. 12 mwN, BAGE 166, 269).
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2. In Anwendung dieser Grundsätze bleibt das Auskunftsverlangen des Betriebsrats erfolglos.
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a) Sofern sein Vorbringen dahin zu verstehen sein sollte, dass er die bloße Einhaltung von § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG überwachen will, zeigt der Betriebsrat bereits keine Aufgabe iSv. § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auf. § 4a TVG ist kein zugunsten der Arbeitnehmer geltendes Gesetz im Sinn eines konkreten Ge- oder Verbots (vgl. zu diesem Erfordernis etwa BAG 9. April 2019 - 1 ABR 51/17 - Rn. 13 mwN, BAGE 166, 269). Die Norm zielt vielmehr darauf ab, durch die Auflösung von Tarifkollisionen die „Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie“, dh. die „Schutzfunktion, Verteilungsfunktion, Befriedungsfunktion sowie Ordnungsfunktion von Rechtsnormen des Tarifvertrags“ zu sichern (BT-Drs. 18/4062 S. 8, 11). Nach der Intention des Gesetzgebers ist es ihr Zweck, den tarifgebundenen Arbeitgeber zu schützen, der sich in einem tarifpluralen Betrieb jederzeit einer Vielzahl von Forderungen konkurrierender Gewerkschaften gegenübersehen und deshalb nicht mehr davon ausgehen könne, „mittels eines Tarifvertrags oder mittels mehrerer aufeinander abgestimmter Tarifverträge die Arbeitsbedingungen für die Belegschaft abschließend geregelt zu haben“ (vgl. BT-Drs. 18/4062 S. 8).
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b) Auch der Vortrag des Betriebsrats, er benötige die begehrten Informationen, um den Arbeitnehmern „Auskünfte … zur Anwendung von Tarifverträgen“ zu erteilen „und weitere Aufgaben aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verantwortungsvoll und kompetent zu erfüllen“, lässt nicht mit der gebotenen Deutlichkeit eine betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe erkennen. Zudem ermöglicht ein solch pauschaler Vortrag es nicht, die Erforderlichkeit der begehrten Informationen zu überprüfen.
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c) Soweit der Betriebsrat geltend gemacht hat, er brauche die begehrten Informationen, um nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu überwachen, ob die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge im Betrieb durchgeführt werden, fehlt es schon nach seinem eigenen Vortrag an der Erforderlichkeit der verlangten Informationen. Der Betriebsrat hat eine Liste der - seiner Meinung nach - im Betrieb iSv. § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG kollidierenden Tarifverträge beider Gewerkschaften eingereicht. Bereits hieraus ergibt sich, dass der in sämtlichen Anträgen genannte Stichtag für die Feststellung der Mehrheitsverhältnisse im Betrieb nicht mehr relevant ist. Auf die Frage, ob - wie die Arbeitgeberin meint - das Gesetz für die Feststellung, welche Gewerkschaft im Betrieb mehrheitlich vertreten ist, ausschließlich das besondere Verfahren nach § 99 ArbGG vorsieht, kommt es deshalb nicht an (vgl. dazu auch BVerfG 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 ua. - Rn. 175 mwN, BVerfGE 146, 71).
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aa) Nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG sind im Fall kollidierender Tarifverträge im Betrieb nur die Rechtsnormen des Mehrheitstarifvertrags anwendbar. Hierbei handelt es sich um den Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft, die „zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen kollidierenden Tarifvertrags im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat“. Maßgebend ist danach der Zeitpunkt, in dem der Tarifvertrag schriftlich abgeschlossen wird (BT-Drs. 18/4062 S. 13). Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut von Abs. 2 Satz 2 der Norm kommt es dagegen nicht auf das Datum an, zu dem der Tarifvertrag (rückwirkend) in Kraft getreten ist (Wiedemann/Jacobs TVG 9. Aufl. § 4a Rn. 237 f.; Löwisch/Rieble TVG 4. Aufl. § 4a Rn. 130, 150; vgl. auch BVerfG 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 ua. - Rn. 176, BVerfGE 146, 71; aA MHdB ArbR/Klumpp 5. Aufl. § 256 Rn. 49; HWK/Henssler 11. Aufl. § 4a TVG Rn. 30). Als Abschluss gilt auch die Änderung eines bestehenden Tarifvertrags. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Änderung nur dann unerheblich sein, wenn sie lediglich „eine tarifliche Auslegungsfrage klarstellt“ (BT-Drs. 18/4062 S. 13). Die im Zeitpunkt einer Tarifkollision bestehenden Mehrheitsverhältnisse sind daher nach der Konzeption des § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG immer nur so lange maßgebend, bis es - durch einen weiteren Tarifabschluss - zu einer erneuten Tarifkollision im Betrieb kommt. Kollidieren die Tarifverträge erst zu einem späteren Zeitpunkt, kommt es nach § 4a Abs. 2 Satz 3 TVG auf diesen an. Dabei genügt es für eine Kollision iSv. § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG, wenn sich die räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereiche der nicht inhaltsgleichen Tarifverträge der verschiedenen Gewerkschaften überschneiden. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers ist es hingegen nicht erforderlich, dass sich die Regelungsbereiche der Tarifverträge decken (vgl. BT-Drs. 18/4062 S. 13). Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Umfang der Verdrängungswirkung eines Tarifvertrags im Einzelfall aus verfassungsrechtlichen Gründen eingeschränkt sein kann (vgl. dazu BVerfG 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 ua. - Rn. 172 f., 186 ff., aaO).
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bb) Danach sind die gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse im Betrieb zu dem vom Betriebsrat angegebenen Stichtag (1. Januar 2021) nicht mehr maßgebend. Seit den Abschlüssen des BuRa-ZugTV und zahlreicher weiterer - vom Betriebsrat in seiner Liste aufgeführter - Tarifverträge am 24. Februar 2022 kommt es nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG für die Ermittlung des Mehrheitstarifvertrags und damit für die Frage, welcher Tarifvertrag im Betrieb anwendbar ist, nicht mehr auf die an diesem Tag bestehenden gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse im Wahlbetrieb an. Ein Anspruch auf Auskunft dieser - in der Vergangenheit liegenden - Umstände steht dem Betriebsrat nicht zu. Da die Überwachungsaufgabe nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gegenwarts- und zukunftsbezogen ist, besteht ein vergangenheitsbezogener Auskunftsanspruch nur dann, wenn sich hieraus Rückschlüsse auf das derzeitige oder künftige Verhalten des Arbeitgebers ziehen lassen (BAG 24. April 2018 - 1 ABR 6/16 - Rn. 26). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.
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d) Entsprechendes gilt, soweit der Betriebsrat geltend macht, er benötige die Informationen, um seiner Aufgabe der Mitbeurteilung nach § 99 BetrVG bei beabsichtigten Eingruppierungen nachkommen zu können. Zwar umfasst die Eingruppierung neben der Einreihung in die zutreffende Entgeltgruppe und ggf. Stufe auch die Entscheidung über die anzuwendende Vergütungsordnung. Der Betriebsrat kann daher nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG rügen, der Arbeitgeber habe die unzutreffende Vergütungsordnung gewählt (vgl. BAG 27. Juni 2000 - 1 ABR 36/99 - zu B II 1 b der Gründe mwN). Auch steht die dem Arbeitgeber bei einer beabsichtigten Eingruppierung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG obliegende Unterrichtungspflicht einem allgemeinen Auskunftsanspruch des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 BetrVG nicht entgegen (vgl. dazu BAG 27. Oktober 2010 - 7 ABR 36/09 - Rn. 37; 31. Januar 1989 - 1 ABR 72/87 - zu B I 2 der Gründe). Jedoch ist der in den Anträgen genannte Stichtag - schon nach dem eigenen Vortrag des Betriebsrats - für die Frage der Anwendung des „richtigen“ Tarifvertrags bei der Eingruppierung von Arbeitnehmern überholt.
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e) Ungeachtet dessen fehlt es hinsichtlich der mit den Anträgen zu 3. und 4. verlangten Informationen auch deswegen an der notwendigen Erforderlichkeit, weil es für die Ermittlung der Mehrheitsgewerkschaft nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG weder auf die bis zu einem bestimmten Stichtag erfolgten Tarifbindungsanzeigen von betriebsangehörigen Arbeitnehmern noch auf die subjektive Bewertung des Arbeitgebers einer im Betrieb erfolgten Betriebsratswahl 2018 ankommt. Eine Verdrängung nach § 4a Abs. 2 Satz 2 TVG kann nur durch einen Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft bewirkt werden, die im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder „hat“ (vgl. auch BT-Drs. 18/4062 S. 12). Welche Gewerkschaft dies ist, ist deshalb - anders als von der Arbeitgeberin praktiziert - objektiv anhand der zum jeweils maßgebenden Zeitpunkt bestehenden Mitgliedschaftsverhältnisse festzustellen. Ob die im Ausgangsfall von der Arbeitgeberin vorgenommenen „Schätzungen“ „schlüssig“ und „plausibel“ sind - was der Betriebsrat überprüfen möchte -, ist rechtlich unerheblich.
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