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BVerfG 08.02.2021 - 1 BvR 242/21
BVerfG 08.02.2021 - 1 BvR 242/21 - Erfolglose Verfassungsbeschwerde bzgl der Versagung von Eilrechtsschutz gegen die infektionsschutzbedingte Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen in Bayern (§§ 18 Abs 1, 19 Abs 1 der 11. BayIfSMV <juris: CoronaVV BY 12>) - mangelnde Rechtswegerschöpfung bei unterbliebener Anhörungsrüge im fachgerichtlichen Verfahren
Normen
Art 103 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 18 Abs 1 CoronaVV BY 12, § 19 Abs 1 CoronaVV BY 12, § 4 Abs 1 IfSG, § 28 IfSG, § 28a Abs 1 Nr 16 IfSG, § 32 IfSG, § 33 IfSG, § 152a Abs 1 VwGO
Vorinstanz
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 29. Januar 2021, Az: 20 NE 21.201, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Gründe
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I.
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Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Januar 2021 - 20 NE 21.201 -, mit dem ihr Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung von § 18 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (im Folgenden: 11. BayIfSMV) abgelehnt wurde.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen (vgl. dazu BVerfGE 90, 22 24 ff.>). Sie ist bereits unzulässig.
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1. Soweit sich die Beschwerdeführer zu 1) bis 5) gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die in § 18 Abs. 1 der 11. BayIfSMV geregelte Schließung der Schulen wenden, rügen sie unter anderem eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs; sie haben jedoch nicht dargelegt, dass sie vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde eine Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 1 VwGO erhoben haben.
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a) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 198>; 126, 1 17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß (BVerfGE 134, 106 113>). Das ist hier der Fall.
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b) Die Beschwerdeführer rügen, die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, geöffnete Schulen trügen nach der Einschätzung des zur Beurteilung der pandemischen Situation nach § 4 Abs. 1 IfSG berufenen Robert-Koch-Instituts maßgeblich zum Infektionsgeschehen bei, beruhe auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs. Sie hätten sich auf mehrere Aussagen des Robert-Koch-Instituts aus jüngster Zeit berufen, aus denen sich das Gegenteil ergebe. Diese Aussagen habe der Verwaltungsgerichtshof übergangen.
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Nach diesem Vorbringen ist eine Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 1 VwGO nicht offensichtlich aussichtslos. Es spricht im Gegenteil einiges dafür, dass der Verwaltungsgerichtshof auf wesentliches Vorbringen der Beschwerdeführer zur spezifischen Rolle geöffneter Schulen am Infektionsgeschehen nicht vollständig eingegangen ist. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Gerichte das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 295 f.>; 70, 288 293>). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. auch BVerfGE 47, 182 189>; 86, 133 146>). Das dürfte hier der Fall sein.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Annahme, Schulen trügen maßgeblich zum Infektionsgeschehen bei, neben der Entscheidung des Gesetzgebers, Schulen als Einrichtungen mit besonderer Relevanz für die Transmission von Infektionskrankheiten (§ 33 IfSG) und die Schließung von Schulen als notwendige Schutzmaßnahme zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 einzustufen (§ 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG), vor allem auf eine entsprechende Einschätzung des Robert-Koch-Instituts gestützt, da dieses nach § 4 Abs. 1 IfSG zur Beurteilung der pandemischen Situation berufen sei. Die Beschwerdeführer hatten demgegenüber mehrere Aussagen des Robert-Koch-Instituts und des Behördenleiters anlässlich einer Pressekonferenz am 19. November 2020 zum Infektionsgeschehen an geöffneten Schulen genannt, die für sich genommen die Annahme des Gerichts in Frage stellen könnten. Die Gründe des angegriffenen Beschlusses lassen keine ausreichende Auseinandersetzung des Gerichts mit diesen Aussagen erkennen. Dazu hätte jedoch Anlass bestanden. Angesichts der Bedeutung, die der Verwaltungsgerichtshof der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts zum Einfluss geöffneter Schulen auf das Infektionsgeschehen beimisst, dürfte es sich um einen wesentlichen Kern des tatsächlichen Vorbringens der Beschwerdeführer zu einer für das Verfahren zentralen Frage handeln. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer dürfte sich auch nicht angesichts der vom Verwaltungsgerichtshof selbst zitierten Publikation des Robert-Koch-Instituts erübrigt haben. Denn in dieser Publikation wird lediglich die Zahl der an das Institut übermittelten COVID-19-Fälle unter anderem an Schulen genannt, diese Zahlen werden jedoch nicht hinsichtlich der Frage bewertet, welche Bedeutung geöffnete Schulen auf das Infektionsgeschehen haben. Eine solche Bewertung lässt sich auch dem angegriffenen Beschluss nicht entnehmen. In Randnummer 33 werden neuere Studien aus dem Ausland zwar zitiert, nicht aber ausgewertet und ihre Relevanz für das Beschwerdevorbringen erläutert.
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2. Das Unterlassen des statthaften Rechtsbehelfs der Anhörungsrüge hat zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde, soweit sie die Schließung von Schulen nach § 18 Abs. 1 der 11. BaylfSMV betrifft, nicht nur in Bezug auf die behauptete Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, sondern insgesamt unzulässig ist.
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3. Soweit sich die Beschwerdeführer zu 1), 2) und 6) außerdem dagegen wenden, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ihren Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung der Regelung des § 19 Abs. 1 der 11. BayIfSMV zur Schließung von Tagesbetreuungsangeboten als unzulässig abgelehnt hat, zeigen sie auch angesichts der Möglichkeit einer Notbetreuung eine Verletzung von verfassungsbeschwerdefähigen Rechten schon nicht hinreichend substantiiert auf.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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