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BFH 20.08.2014 - X K 9/13
BFH 20.08.2014 - X K 9/13 - Unangemessene Verfahrensdauer bei 77-monatiger Dauer des finanzgerichtlichen Klageverfahrens; Präklusionswirkung der nicht "unverzüglich" erhobenen Verzögerungsrüge bei Altfällen; Vererblichkeit der Entschädigung
Normen
§ 198 GVG, Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 2 S 2 GVG, § 198 Abs 4 S 1 GVG, § 198 Abs 3 GVG, Art 23 S 2 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 3 ÜberlVfRSchG
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 19. März 2013, Az: 12 K 3431/06, Urteil
Leitsatz
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1. Bei einem finanzgerichtlichen Klageverfahren, dessen Schwierigkeit schon als überdurchschnittlich anzusehen ist und bei dem das FG trotz wiederholter Sachstandsanfragen und Erhebung einer Verzögerungsrüge erst rund sechs Jahre nach Klageeingang mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, ist von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen .
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2. Eine nicht "unverzüglich" nach Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG erhobene Verzögerungsrüge präkludiert sowohl einen Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG als auch die Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG (Anschluss an die Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 10. April 2014 III ZR 335/13, NJW 2014, 1967) .
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3. Die Regelung des § 198 Abs. 5 Satz 3 GVG, die die Nichtübertragbarkeit der Entschädigung bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Klage regelt, betrifft nicht die Vererblichkeit des Anspruchs .
Tatbestand
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A. Die Klägerin begehrt gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Entschädigung wegen der von ihr als unangemessen angesehenen Dauer eines vom 10. November 2006 (Klageeingang beim Finanzamt --FA--) bis zum 26. März 2013 (Zustellung des Urteils) vor dem Hessischen Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahrens.
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Dem Ausgangsverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Der im Klageverfahren verstorbene Ehemann (E) der Klägerin war als Bürgermeister einer Stadt im Jahre 1987 wegen versuchter umweltgefährdender Abfallbeseitigung angeklagt worden. Er wurde Ende 1996 durch ein Urteil des zuständigen Landgerichts verwarnt und mit einer Geldbuße in Höhe von 3.000 DM belegt. Nach seiner Verurteilung legte er wegen der langen Verfahrensdauer zunächst Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und anschließend Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein. Im Jahr 2001 entschied der EGMR, neun Verhandlungsjahre seien im Vergleich zum Strafmaß nicht zu rechtfertigen und stellten folglich einen Verstoß gegen Art. 6 § 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten dar. E wurde deshalb neben einem Betrag von 10.000 DM für immaterielle Schäden ein Betrag von weiteren 15.000 DM für Auslagen und Gerichtskosten zugesprochen.
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Für die Vertretung im Verfahren vor dem BVerfG entstanden Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen in Höhe von 28.681 DM und im Verfahren vor dem EGMR solche in Höhe von 20.050,72 DM, wovon 12.518,72 DM im Jahr 2000 in Rechnung gestellt und bezahlt wurden.
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Die Klägerin und der mit ihr zusammen zur Einkommensteuer veranlagte E machten unter Anrechnung des vom EGMR ausgeurteilten Betrages von 15.000 DM die Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen in ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1997 geltend. Das FA erkannte diese Aufwendungen weder als außergewöhnliche Belastungen noch als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des E an.
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Nach erfolglosem Vorverfahren reichten die Klägerin und E die Klageschrift am 10. November 2006 beim FA ein, die an das FG weitergeleitet wurde. Bis zum 19. Februar 2008 wurden Schriftsätze der Beteiligten ausgetauscht.
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Am 5. November 2008 bat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin um Mitteilung, wann mit einem Fortgang des Verfahrens zu rechnen sei. Der Berichterstatter verfügte unter Verwendung eines entsprechenden Formulars, dass aufgrund zahlreicher vorrangig zu bearbeitender anderer Streitsachen derzeit leider noch nicht absehbar sei, wann im Ausgangsverfahren eine Entscheidung anstehe. Eine erneute Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten vom 8. Dezember 2009 wurde entsprechend formularmäßig beantwortet.
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Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2010 verzichteten die Klägerin und E aufgrund eines Telefonats ihres Prozessbevollmächtigten mit dem Berichterstatter des FG vom gleichen Tag auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Am 12. Oktober 2010 ging die Verzichtserklärung des FA beim FG ein, die dem Prozessbevollmächtigten am 13. Oktober 2010 übersandt wurde.
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Mit Schreiben vom 18. Juli 2011 wies das FG die Beteiligten auf die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abziehbarkeit von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen hin. Der sich hieran anschließende Schriftwechsel der Beteiligten endete mit Übersendung des Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten vom 31. Oktober 2011 an das FA am 8. November 2011.
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Mit Schreiben vom 22. November 2011 erhoben die Klägerin und E "vorsorglich die Verzögerungsrüge (§ 198 Abs. 3 GVG)". Gleichzeitig übersandten sie eine Kopie des Beschlusses des BVerfG vom 13. Februar 1997 2 BvR 135/97, den das FG bereits mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 angefordert hatte. Am 6. Dezember 2011 ergänzten die Prozessbevollmächtigten ihre bisherigen Stellungnahmen.
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Am 4. Juni 2012, beim FG eingegangen am 6. Juni 2012, wiederholten die Prozessbevollmächtigten ihre "bereits geltend gemachte Verzögerungsrüge" und erkundigten sich am 14. Dezember 2012 beim FG erneut nach dem Stand des Verfahrens.
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Das FG teilte den Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 21. Dezember 2012 mit, mit einer Entscheidung sei voraussichtlich im 1. Quartal 2013 zu rechnen. Mit Urteil vom 19. März 2013, das den Prozessbevollmächtigten am 26. März 2013 zugestellt worden ist, wies das FG die Klage ab. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist zwischenzeitlich zurückgewiesen worden (BFH-Beschluss vom 11. Oktober 2013 VI B 41/13, nicht veröffentlicht).
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Am 3. Mai 2013 haben die Klägerin und E die vorliegende Entschädigungsklage erhoben. Sie weisen darauf hin, die durchschnittliche Dauer erstinstanzlicher Finanzgerichtsverfahren betrage nach einer Statistik des Statistischen Bundesamtes durchschnittlich 17,5 Monate. Im vorliegenden Verfahren hätten die Klägerin und E gerade unter dem Eindruck der zu Gunsten des E ergangenen Entscheidung des EGMR und des hohen Alters der Kläger eine zügige Entscheidung erwarten können.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten zu verurteilen, ihr, auch als Alleinerbin des verstorbenen E, wegen der überlangen Dauer des Verfahrens vor dem Hessischen FG 12 K 3431/06 eine Entschädigung in Höhe von 8.400 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Das Verfahren habe zwar insgesamt fünf Jahre und vier Monate keine Förderung durch das Gericht erfahren. Allerdings sei die Verzögerungsrüge nicht unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜberlVfRSchG) erhoben worden. Relevant sei allein die am 6. Juni 2012 beim FG eingegangene Verzögerungsrüge. Somit sei die Zeit vor Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG am 3. Dezember 2011 ohne Belang. Ggf. könne eine Rückwirkung dieser Verzögerungsrüge bis zum Inkrafttreten angenommen werden. Deswegen komme allenfalls eine Entschädigung in Höhe von 1.200 € für die neun Monate ab Zugang der Verzögerungsrüge am 6. Juni 2012 und die Hälfte der sechs Monate bis zum Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG in Frage.
Entscheidungsgründe
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B. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
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I.
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Die Klage ist zulässig, da sie mehr als sechs Monate nach der (letzten) Verzögerungsrüge vom 4. Juni 2012, aber noch vor Rechtskraft der finanzgerichtlichen Entscheidung (§ 198 Abs. 5 Satz 2 GVG) erhoben worden ist. Das Urteil wurde mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 116 Abs. 5 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Beschluss vom 11. Oktober 2013 rechtskräftig.
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II.
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Die Dauer des Ausgangsverfahrens war unangemessen. Soweit diese unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens den Zeitraum vor Erhebung der Verzögerungsrüge vom 4. Juni 2012 betrifft, kann weder eine Entschädigung in Geld noch die Feststellung der Unangemessenheit ausgesprochen werden, da es an der nach Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG nötigen unverzüglichen Rügeerhebung fehlt (dazu unter 1.). Für den Zeitraum ab der Rügeerhebung vom 4. Juni 2012 steht der Klägerin auch als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 1.200 € zu (dazu unter 3.).
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1. Für den Zeitraum bis zur Erhebung der Verzögerungsrüge vom 4. Juni 2012 steht der Klägerin --auch als Alleinerbin des E-- weder ein Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG noch eine Feststellung der überlangen Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG zu, da eine unverzüglich i.S. des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG erhobene Rüge nicht vorliegt. Diese Ansprüche sind deshalb präkludiert.
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a) Gemäß der Übergangsregelung des Art. 23 Satz 1 ÜberlVfRSchG ist das genannte Gesetz auch auf Verfahren anwendbar, die bei seinem Inkrafttreten (3. Dezember 2011) bereits anhängig waren. Für anhängige Verfahren, die bei Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG bereits verzögert waren, gilt § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge "unverzüglich" nach Inkrafttreten erhoben werden muss (Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG). Weder die Rüge vom 22. November 2011 (unter aa) noch die vom 4. Juni 2012 erhobene Rüge (unter bb) werden dieser Voraussetzung gerecht. Der Senat kann demzufolge eine Entschädigung nach § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG für den Zeitraum bis zum 6. Juni 2012 (unter cc) nicht aussprechen.
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aa) Die am 22. November 2011 erhobene "vorsorgliche Verzögerungsrüge" kann nicht als Verzögerungsrüge i.S. des § 198 Abs. 3 GVG angesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt war das ÜberlVfRSchG --und damit die Vorschrift des § 198 Abs. 3 GVG-- noch nicht in Kraft getreten. Das genannte Gesetz ist am Tag nach seiner Verkündung --d.h. am 3. Dezember 2011-- in Kraft getreten. Eine bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes erhobene Verzögerungsrüge erfüllt diese Voraussetzung nicht (so auch Senatsurteil vom 7. November 2013 X K 13/12, BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, unter II.1.b).
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bb) Die Verzögerungsrüge vom 4. Juni 2012 wurde nicht mehr "unverzüglich nach Inkrafttreten" i.S. des Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG erhoben.
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Der Senat hat bereits entschieden, dass im Rahmen der gebotenen normspezifischen Auslegung des in Art. 23 Satz 2 ÜberlVfRSchG verwendeten Begriffs "unverzüglich" ein Zeitraum von drei Monaten als sachgerecht anzusehen ist (so schon Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, unter II.1.d; insoweit folgend auch Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10. April 2014 III ZR 335/13, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2014, 1967; ebenso BGH-Urteil vom 17. Juli 2014 III ZR 228/13, NJW 2014, 2588). Dieser Zeitraum ist vorliegend überschritten.
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b) Folge der nicht "unverzüglich nach Inkrafttreten erhobenen" Verzögerungsrüge ist nach Ansicht des Senats, dass zunächst die Zuerkennung einer Geldentschädigung vor dem Inkrafttreten des ÜberlVfRSchG entfällt (vgl. Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, unter II.1.b). Nach Ansicht des BGH in NJW 2014, 1967, unter II.1.d aa soll darüber hinaus ein solcher Anspruch nach § 198 GVG für den Zeitraum, der vom Inkrafttreten bis zur Erhebung einer solchen Verzögerungsrüge verstrichen ist, ausgeschlossen sein; dies ergebe sich aus dem Umkehrschluss aus Art. 23 Satz 3 ÜberlVfRSchG. Mit Rücksicht auf diese Entscheidung und zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes schließt sich der Senat dieser Rechtsansicht an und hält an seiner im Senatsurteil vom 17. April 2013 X K 3/12 (BFHE 240, 516, BStBl II 2013, 547) geäußerten Rechtsansicht im Anwendungsbereich des Art. 23 ÜberlVfRSchG nicht weiter fest.
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Folglich ist hier eine ggf. vorliegende Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer für die Zeit vor der Erhebung der Verzögerungsrüge vom 4. Juni 2012 nicht möglich.
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2. Bezogen auf den Zeitraum ab Erhebung der Verzögerungsrüge war die Dauer des Ausgangsverfahrens unangemessen. Die Verzögerung beläuft sich auf sechs Monate.
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a) Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Diese gesetzlichen Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung des EGMR und des BVerfG (vgl. hierzu und zum Begriff der Angemessenheit im Finanzgerichtsverfahren ausführlich Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, unter II.2.).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist das Ausgangsverfahren für den Zeitraum nach Erhebung der Verzögerungsrüge um sechs Monate in unangemessener Weise verzögert worden.
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aa) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien vermittelt im Streitfall kein einheitliches Bild.
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Der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens war als eher überdurchschnittlich anzusehen. Einerseits waren Aufwendungen im Zusammenhang mit Rechtsanwaltskosten bei einem Verfahren vor dem EGMR zu beurteilen, für die eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vorlag. Zum anderen befand sich die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen, wenn auch den Zivilprozess betreffend, im Fluss.
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Die Bedeutung des Ausgangsverfahrens war für die Klägerin und E erheblich. Zum einen waren beide Eheleute bei Klageerhebung im Ausgangsverfahren hoch betagt und zum anderen hatten sie bereits ein Verfahren vor dem EGMR wegen eines überlangen Strafverfahrens anstrengen müssen. Verständlicherweise war ihr Wunsch nach endgültiger Klärung der Streitigkeiten groß, zu denen aus ihrer Sicht auch der Finanzgerichtsprozess um die Anerkennung der Rechtsanwaltsgebühren als Annex zu dem vorangegangenen Strafverfahren und den Verfahren vor dem BVerfG und dem EGMR zu zählen ist.
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bb) Die Würdigung, dass die Verfahrensdauer in Bezug auf einen Zeitraum von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge vom 4. Juni 2012 unangemessen ist, ergibt sich aus einer Betrachtung des konkreten Verfahrensablaufs.
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Im Juni 2012 hatte das Ausgangsverfahren bereits fünfeinhalb Jahre gedauert. Faktisch hat es bis zu diesem Zeitpunkt geruht und wurde --trotz der Verzögerungsrüge am 4. Juni 2012-- erst dadurch aufgenommen, dass das FG im Dezember 2012 eine Entscheidung im 1. Quartal 2013 in Aussicht stellte. Demgemäß ist im Zeitraum von Juni 2012 bis November 2012 (insgesamt sechs Monate) eine unangemessene Verzögerung des Verfahrens eingetreten.
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3. Für die Verzögerung des Verfahrens von der Erhebung der Verzögerungsrüge vom 4. Juni 2012 bis zum November 2012 ist der Klägerin eine Entschädigung für Nichtvermögensnachteile in Höhe von 1.200 € zuzusprechen.
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a) Das Entstehen eines Nichtvermögensnachteils wird in Fällen unangemessener Verfahrensdauer gemäß § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG vermutet (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 240, 516, BStBl II 2013, 547, unter III.6.a).
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b) Eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 GVG wäre im Streitfall für die unangemessenen Verzögerungszeiträume ab Inkrafttreten des Gesetzes nicht ausreichend. Dafür spricht vor allem, dass das FG auf die zahlreichen Versuche der Klägerin und des E, es zu einer Entscheidung innerhalb angemessener Frist zu bewegen, gar nicht reagiert und ihnen nicht einmal einen Zeitpunkt in Aussicht gestellt hat, ab dem mit einer Verfahrensförderung zu rechnen sei. In diesem Fall ist offensichtlich, dass die Klägerin und E aus nachvollziehbaren Gründen an einer zügigen Entscheidung interessiert und infolgedessen von der Verfahrensverzögerung in stärkerem Maße betroffen waren.
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c) Umstände dafür, dass der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG genannte Regelbetrag von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung vorliegend unbillig (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) sein könnte, sind nicht ersichtlich. Sie ergeben sich weder aus dem hohen Alter der Klägerin und des E noch daraus, dass dieses Ausgangsverfahren seinen Ursprung in einem erfolgreichen Verfahren vor dem EGMR hatte.
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Auch wenn im Gesetz ein Jahresbetrag genannt ist, kann dieser im konkreten Fall nach Monaten bemessen werden (ebenso bereits Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179).
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d) Der Klägerin ist für den erlittenen immateriellen Nachteil für sich und E jeweils ein Entschädigungsbetrag von 600 € zu zahlen.
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aa) Der Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils ist ein personenbezogener Anspruch. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Er ist als ein Jedermann-Recht konzipiert und steht dementsprechend jeder Person zu, die an einem Gerichtsverfahren beteiligt ist (weiterführend: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014 5 C 1/13 D, Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 3). Verfahrensbeteiligt waren bei Klageerhebung die Klägerin und ihr während des Klageverfahrens verstorbener Ehemann, als dessen Alleinerbin die Klägerin das Klageverfahren fortführt.
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bb) Der Entschädigungsanspruch des E ist vererblich, entspricht die Entschädigung doch einem Schadensersatzanspruch für immaterielle Schäden (zur Vererblichkeit eines solchen Anspruchs vgl. nur Palandt/Heinrichs, § 253 BGB Rz 22, m.w.N.).
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Diese Vererblichkeit wird auch nicht durch die Regelung in § 198 Abs. 5 Satz 3 GVG ausgeschlossen (so auch Zöller/ Lückemann, ZPO, 30. Aufl., § 198 GVG, Rz 11, unter Hinweis auf Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rz 267). Zwar bestimmt diese Vorschrift, dass "bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage (...) der Anspruch nicht übertragbar (ist)". Diese Vorschrift, die § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen nachgebildet worden ist, soll jedoch allein die Pfändbarkeit nach § 851 Abs. 1 der Zivilprozessordnung und damit den Handel mit dem Anspruch verhindern (vgl. BTDrucks 17/3802, 36).
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4. Der Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 288 Abs. 1, 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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Die Klägerin und E haben eine Entschädigung in Höhe von 8.400 € beantragt.
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Der Klägerin ist --auch als Alleinerbin des E-- eine Entschädigung in Höhe von 1.200 € zuzusprechen, so dass sie zu 1.200/8.400, also zu 1/7 obsiegt hat.
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6. Mit Einverständnis der Beteiligten (§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 155 Satz 2 FGO) hat der erkennende Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden.
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