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BFH 19.01.2012 - X B 4/10
BFH 19.01.2012 - X B 4/10 - Überraschungsentscheidung durch Aufhebung eines Beweisbeschlusses
Normen
§ 119 Nr 3 FGO, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 6. November 2009, Az: 15 K 2630/06, Urteil
Leitsatz
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NV: Hebt das Gericht einen Beweisbeschluss auf, muss sichergestellt sein, dass die Beteiligten hiervon rechtzeitig Kenntnis erlangen, sofern nicht ein entsprechender Hinweis entbehrlich ist.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhob gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) wegen der Einkommensteuer- und Umsatzsteuer-Bescheide 2002 und 2003 vom 28. März 2006, des Umsatzsteuer-Bescheids 2004 vom 30. März 2006 und wegen eines nicht näher bezeichneten Einkommensteuer-Bescheids 2004 Untätigkeitsklage. Für den Kläger handelte als Bevollmächtigte die X-Ltd. mit Sitz in Belgien und den Niederlanden. Die X-Ltd. wurde durch ihren Director Z vertreten.
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Auf den Einwand des FA, es habe die Einsprüche des Klägers vom 4. April 2006 nicht erhalten, machte dieser geltend, Z und die unter Geschäftsadresse der X-Ltd. erreichbare Frau S hätten an diesem Tage den Einspruch abends persönlich in den Hausbriefkasten des FA eingeworfen. Hierzu bot der Kläger Beweis durch Vernehmung der Zeugen Z und S an. Auch trug er vor, es seien nachvollziehbare Einträge "in Akte und Postausgang" vorhanden.
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Am 5. Oktober 2009 beschloss das Finanzgericht (FG), über das vom Kläger bezeichnete Beweisthema Beweis zu erheben durch Vernehmung der Zeugen Z und S. Diesen wurde aufgegeben, das Fristenkontrollbuch und das Postausgangsbuch im Zusammenhang mit der streitigen Einspruchseinlegung im Original zum Termin mitzubringen.
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Am 28. Oktober 2009 beantragte der Kläger beim FG, den auf den 6. November 2009 anberaumten Verhandlungs- und Beweisaufnahmetermin, zu dem auch das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet worden war, aufzuheben. Der Antrag wurde damit begründet, das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Y (Steufa Y) habe eine Steuerfahndungsprüfung wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der unerlaubten Hilfe in Steuersachen durch Z durchgeführt. Die Steufa Y habe auch Unterlagen wie Fristenkalender und Postausgangsbücher an sich genommen, die zur Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2009 erforderlich seien. Die Steufa Y habe die Einsichtnahme in die beschlagnahmten Unterlagen und die Fertigung von Ablichtungen verweigert. Es liege "ein Komplott unter Beteiligung des FG vor, um die durch Z vertretene X-Ltd. wehrlos zu machen". Auch weil die Sitzung "eine Farce" sei, werde die Klägerseite hierzu nicht erscheinen.
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Das FG bat hierauf das FA, die Steufa Y zu veranlassen, aus den sichergestellten Unterlagen diejenigen herauszusuchen, die im Zusammenhang mit dem Kläger stünden und diese Z zur Einsichtnahme und zur Fertigung von Ablichtungen zur Verfügung zu stellen. Hierauf lieferte die Steufa Y am 4. November 2009 einen Karton Unterlagen beim FG zur amtlichen Verwahrung mit der Maßgabe ab, dass im Einklang mit Vorschriften der Strafprozessordnung nur Z und seine Bevollmächtigten im Strafverfahren Einsicht in diese Unterlagen nehmen dürften. Hierauf bot das FG dem Strafverteidiger von Z und auch der X-Ltd. an, an einem der beiden Tage vor der mündlichen Verhandlung Einsicht in die von der Steufa Y vorgelegten Unterlagen zu nehmen. Zudem forderte das FG die Klägerseite auf, die Gründe für die beantragte Terminverlegung glaubhaft zu machen. Die angebotene Akteneinsicht wurde von Z nicht wahrgenommen. Auch unterblieb eine Äußerung zu der erbetenen Glaubhaftmachung.
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Hierauf teilte der Vorsitzende des zuständigen Senats des FG der X-Ltd. per FAX am Tag vor der vorgesehenen mündlichen Verhandlung mit, der Antrag auf Terminsaufhebung werde auf der Basis der derzeitigen Aktenlage abgelehnt. Sofern nicht noch eine gegenteilige Mitteilung erfolge, werde die mündliche Verhandlung wie terminiert durchgeführt.
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Daraufhin rügte die durch Z vertretene X-Ltd. mit zwei Schriftsätzen, die am 5. November 2009 in den Nachtbriefkasten geworfen wurden und daher dem zuständigen Senat des FG erst am Morgen des Sitzungstages vorlagen, die Ablehnung des Terminsaufhebungsantrags sei ein grober Verfahrensfehler. Das Verfahren sei "ein Schauprozess". Für die Klägerseite würde niemand zur Sitzung erscheinen, um "gar nicht erst den Anschein rechtmäßigen Vorgehens" zu erwecken. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, den Senatsvorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, vor der Entscheidung über diesen Antrag eine dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Richters einzuholen und der Klägerseite unter Einräumung einer angemessenen Frist zur Gegenäußerung zu übersenden. Zur Begründung wurde vorgetragen, die Steufa Y habe mit der Durchsuchungsmaßnahme und Sicherstellung der Unterlagen einen "Einbruchsdiebstahl" begangen. Der abgelehnte Richter und das FA hätten unter Verletzung von § 110 der Strafprozessordnung und in strafbarer Weise auf die "gestohlenen Akten" der X-Ltd. Zugriff nehmen wollen.
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Das FG beurteilte den Befangenheitsantrag als rechtsmissbräuchlich und allein der Prozessverschleppungsabsicht dienend. Es verhandelte und entschied deshalb in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung unter Beteiligung des abgelehnten Vorsitzenden. Ankündigungsgemäß war für die Klägerseite zu der mündlichen Verhandlung niemand erschienen. Auch die Zeugen Z und S blieben diesem Termin fern.
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Auf den in diesem Termin vom FA gestellten Antrag, zwei Steuerfahndungsbeamte als präsente Zeugen dazu zu hören, dass im Rahmen der Sicherstellungsaktion der Steufa Y keine Unterlagen sichergestellt worden seien, welche die vorliegend zu verhandelnden Streitsachen beträfen, verkündete das FG in der mündlichen Verhandlung den Beschluss, den angebotenen Zeugenbeweis zu erheben.
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Nach Vernehmung der beiden Zeugen gab das FG in der mündlichen Verhandlung u.a. den rechtlichen Hinweis, das Verhalten der Klägerseite könne für das Gericht möglicherweise "Anlass für das Ergebnis sein", dass das Gericht den im Streitfall gestellten Beweisantrag rückwirkend für rechtsmissbräuchlich hält. Im Anschluss hieran wurde die Sitzung kurzzeitig unterbrochen und nach deren Fortsetzung der Beschluss verkündet, der (u.a. in der Streitsache ergangene) Beweisbeschluss vom 5. Oktober 2009 werde aufgehoben.
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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wies das FG die Klage ab. Die Klage hinsichtlich Einkommensteuer 2004 sei mangels Beschwer unzulässig, da im Zeitpunkt der Klageerhebung für dieses Jahr noch kein Einkommensteuer-Bescheid vorgelegen habe. Auch hinsichtlich der übrigen Streitgegenstände sei die Klage unzulässig. Der Kläger habe nicht nachgewiesen, dass er gegen die für diese Jahre ergangenen Bescheide jeweils Einspruch eingelegt habe. Dem klägerischen Beweisantrag habe das Gericht nicht entsprechen müssen, da er zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt bzw. aufrechterhalten worden sei. Dies werde durch zahlreiche (vom FG im Einzelnen dargestellte) Indizien belegt. Der klägerische Beweisantritt sei kein ernsthafter Antrag gewesen, jedenfalls habe er nach den Ausführungen im klägerischen Schriftsatz vom 27. Oktober 2009 nicht mehr ernsthaft verfolgt werden, sondern nur noch von der Nichtexistenz bzw. der Nichtvorlage des Postausgangs- und Fristenkontrollbuchs ablenken sollen. Dass zunächst ein Beweisbeschluss ergangen sei, stehe dem nicht entgegen. Erst die nach Eintritt der Ladung eingetretenen Ereignisse, insbesondere das angekündigte Nichterscheinen der Zeugen in der vom Kläger selbst beantragten Beweisaufnahme habe dem Gericht maßgeblich die klägerische Prozessverschleppungsabsicht vermittelt.
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Da der Kläger das Verfahren verzögert und insbesondere die Beweisaufnahme unmöglich gemacht habe, habe er mit der Aufhebung des Beweisbeschlusses und der Nichterhebung des beantragten Beweises rechnen müssen. Zudem stehe der Rüge einer unzulässigen Überraschungsentscheidung entgegen, dass der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen sei. Zugleich liege darin ein Verzicht der Rüge des Übergehens seines Beweisantrags. Durch den in der mündlichen Verhandlung gegebenen Hinweis des Gerichts auf die in Betracht kommende Aufhebung des Beweisbeschlusses sei gegenüber dem Kläger trotz seiner Abwesenheit in dieser dessen Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt worden. Zudem sei "aus den Umständen des Verfahrens" und den Ausführungen im klägerischen Schriftsatz vom 4. November 2009 der Schluss zu ziehen, dass der Kläger an seinem Beweisantritt nicht mehr festhalten wolle. Es sei widersprüchlich und unverständlich, wenn die Klägerseite die Vernehmung der Zeugen durch das Gericht erwarten würde, andererseits Zeugen und Kläger aber einvernehmlich der mündlichen Verhandlung in der Annahme fernblieben, die Beweisaufnahme zu vereiteln.
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Mit seiner Beschwerde macht der Kläger geltend, die Revision sei zuzulassen. Das angefochtene Urteil beruhe auf Verfahrensmängeln. Das FG habe insbesondere dem klägerischen Beweisantrag nicht entsprochen und gebotene richterliche Hinweise nicht erteilt. Es habe die vom Kläger beantragte Vernehmung von zwei Zeugen zwar durch Beweisbeschluss angeordnet, die Beweisaufnahme aber dann nicht ausgeführt. Die Annahme des FG, der Kläger habe sinngemäß zum Ausdruck gebracht, er verzichte auf diese Beweiserhebung, sei unzutreffend. Allein die beantragte Zeugenvernehmung sei geeignet gewesen, ihm, dem Kläger, zum Erfolg zu verhelfen. Zu Unrecht habe das FG auch angenommen, die klägerischen Beweisanträge dienten der Prozessverschleppung. Das FG habe es versäumt, darauf hinzuweisen, dass es beabsichtige, die Beweisanträge wegen Vorliegens einer solchen Verschleppungsabsicht abzulehnen. Im Falle eines rechtzeitigen Hinweises wäre dargelegt worden, aus welchen Gründen eine solche Verschleppungsabsicht nicht vorgelegen habe. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der vor der mündlichen Verhandlung geführte klägerische Schriftwechsel vor dem Hintergrund zu sehen sei, dass sich die vom FG angebotene Akteneinsicht in die bei Z beschlagnahmten Unterlagen nicht auf das gesamte beschlagnahmte Material, sondern lediglich auf von der Steufa Y vorsortierte Unterlagen bezogen habe.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat Erfolg, soweit sie die Einkommensteuer 2002 und 2003 sowie die Umsatzsteuer der Streitjahre 2002 bis 2004 und die hierzu ergangenen Zinsbescheide betrifft. Insoweit wird das Urteil des FG aufgehoben und die Streitsache nach § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Das angefochtene Urteil beruht in diesem Umfang auf einer unzulässigen Überraschungsentscheidung. Im Übrigen hat die Beschwerde keinen Erfolg, weil das Urteil, soweit es sich auf die Einkommensteuer 2004 und die Zinsen hierzu bezieht, nicht auf dem genannten Verfahrensmangel beruht.
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1. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung verletzt den Anspruch auf ein faires Verfahren und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 119 Nr. 3 FGO).
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a) Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--; vgl. z.B. Urteil vom 21. Januar 1998 III R 31/97, BFH/NV 1998, 732).
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Hat sich das FG gegenüber den Beteiligten in der den Rechtsstreit betreffenden maßgeblichen Tat- oder Rechtsfrage in der Besetzung geäußert, die später in der Sache entscheidet, dann liegt eine solche Überraschungsentscheidung vor, wenn das FG ohne vorher auf eine Änderung seiner Beurteilung hinzuweisen entgegen der zuvor geäußerten Absicht entscheidet (BFH-Beschluss vom 7. Juli 2003 VIII B 228/02, BFH/NV 2003, 1440, und BFH-Urteil vom 11. November 2008 IX R 14/07, BFHE 223, 308, BStBl II 2009, 309; zur Abgrenzung vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. März 2008 IX B 258/07, BFH/NV 2008, 1180). Aus diesem Grund muss das FG, wenn es eine durch Beweisbeschluss angeordnete Beweisaufnahme nicht oder nicht in vollem Umfang durchzuführen beabsichtigt, zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung gegenüber den Beteiligten vor Erlass des Urteils unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass bzw. inwiefern es den Beweisbeschluss als erledigt betrachtet (Senatsbeschuss vom 3. Dezember 2002 X B 26/02, BFH/NV 2003, 343, und BFH-Beschluss vom 27. August 2010 III B 113/09, BFH/NV 2010, 2292).
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Im Streitfall hat das FG durch Beweisbeschluss vom 5. Oktober 2009 angeordnet, S und Z als Zeugen zu vernehmen. In der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2009, hat das FG hingegen den Beweisbeschluss wieder aufgehoben. Da für die Klägerseite zu dieser Verhandlung niemand erschienen war, gelangte der in dieser Verhandlung erteilte Hinweis auf die beabsichtigte Aufhebung des Beweisbeschlusses nicht rechtzeitig zur Kenntnis des Klägers. Der zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung gebotene rechtliche Hinweis wurde mithin dem Kläger nicht erteilt.
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b) Ein solcher Hinweis kann entbehrlich sein. Hierfür genügt jedoch nicht, dass die Beteiligten allgemein in Betracht ziehen müssen, das FG werde von der Beweisaufnahme absehen. Denn das FG hat durch den Beweisbeschluss eine Verfahrenslage geschaffen, auf welche die Beteiligten ihre Prozessführung einrichten dürfen. Sie können daher grundsätzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht eher ergehen wird, bis der Beweisbeschluss vollständig ausgeführt ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 2292). Abweichendes kann nur gelten, wenn das Gericht zu Recht davon ausgehen kann, es sei auch aus der Sicht der Beteiligten zweifelsfrei, dass sich eine angeordnete Beweisaufnahme erledigt habe, ohne dass es eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises bedürfe.
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Von einer solchen Erledigung durfte das FG im Streitfall nicht ausgehen.
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Die Würdigung durch das FG, der Kläger habe durch sein angekündigtes Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung und seine in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen konkludent auf seinen Beweisantritt verzichtet, vermag der hier beschließende Senat nicht zu teilen.
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Zum einen fehlt eine eindeutige Aussage des Klägers, er halte an seinem Beweisantrag nicht mehr fest. Andererseits berücksichtigt das FG nicht, dass Prozessanträge im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten auszulegen sind (BFH-Beschluss vom 29. Juli 2009 VI B 44/09, BFH/NV 2009, 1822). Danach ist nicht erkennbar, weshalb der Kläger --insbesondere zur Wahrung seiner Rechte im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens-- auf seinen Beweisantrag verzichten sollte. Der Kläger weist in seiner Beschwerdebegründung zu Recht darauf hin, dass der Erfolg seiner Klage wesentlich von dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme abhänge. Nicht zutreffend ist auch die Erwägung des FG, der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er an der Beweisaufnahme festhalte, andererseits aber eine Zeugenvernehmung dadurch verhindere, dass er die Zeugen zum Fernbleiben von der angeordneten Beweisaufnahme veranlasse. Das FG berücksichtigt insoweit nicht, dass es durch die Mittel des Ordnungsrechts (vgl. § 380 der Zivilprozessordnung --ZPO-- i.V.m. § 155 FGO) das Erscheinen der Zeugen erzwingen kann.
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Entgegen der Ansicht des FG war ein Hinweis auf die beabsichtigte Aufhebung des Beweisbeschlusses auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kläger durch sein Verhalten den Grund dafür geliefert hat und er mit der Beschlussaufhebung rechnen musste. Wie dargelegt genügt die bloße Annahme, der Kläger müsse mit der Nichtdurchführung der Beweisaufnahme rechnen, nicht, den bereits ergangenen Beweisbeschluss ohne vorherigen Hinweis aufzuheben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das FG seine Annahme, der gestellte Beweisantrag diene allein der Verschleppungsabsicht, auch auf das Ergebnis der Vernehmung der vom FA benannten beiden Steuerfahndungsbeamten gestützt hat, obwohl der Kläger von diesen Vernehmungen und deren Ergebnis keine Kenntnis hatte.
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c) Der vorherige Hinweis an den Kläger auf die beabsichtigte Aufhebung des Beweisbeschlusses war auch nicht deshalb entbehrlich, weil dieser der anberaumten mündlichen Verhandlung ferngeblieben ist. Der Kläger hat durch das Fernbleiben nicht sein Recht zur Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs verloren.
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aa) Zwar wird der Anspruch auf rechtliches Gehör durch die prozessuale Mitverantwortung der Beteiligten begrenzt. Dementsprechend kann im Grundsatz der Beteiligte, der nicht in der mündlichen Verhandlung erscheint, keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, BFH/NV 2000, 580). Dies gilt jedoch nur im Hinblick auf bereits in das Verfahren eingeführte und den Beteiligten bekannte oder bekannt gegebene Tatsachen oder Rechtsfragen (BFH-Beschlüsse vom 18. Juli 2003 XI B 47/01, BFH/NV 2004, 51, m.w.N. aus der BFH-Rechtsprechung, und vom 1. Februar 2010 XI B 50/09, BFH/NV 2010, 921). Im Fall einer wesentlichen Änderung der maßgeblichen Prozesssituation ist hingegen rechtliches Gehör zu gewähren. Das Gericht ist in einem solchen Fall gehalten, die mündliche Verhandlung zu vertagen, wenn anderweitig das rechtliche Gehör nicht gewahrt werden kann.
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Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Das FG hat zunächst durch den von ihm erlassenen Beweisbeschluss bei den Verfahrensbeteiligten einen Vertrauenstatbestand des Inhalts geschaffen, es werde die Beweisaufnahme wie angeordnet durchführen. Will das FG hiervon abrücken, so bewirkt dies eine veränderte prozessuale Lage, der es --auch im Fall der Abwesenheit eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung-- durch vorherige Anhörung der Verfahrensbeteiligten hätte Rechnung tragen müssen, was im Streitfall unterblieben ist.
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bb) Der Kläger hat auch sein Rügerecht nicht i.S. des § 295 ZPO i.V.m. § 155 FGO verloren. Die Nichtteilnahme des Klägers an der mündlichen Verhandlung bewirkt nicht, dass sein Recht, die fehlende Vertagung zu rügen, infolge eines Rügeverzichts entfällt (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 921). Der BFH-Beschluss vom 2. März 2005 VII B 142/04 (BFH/NV 2005, 1576) ist im Streitfall nicht einschlägig. Die Aussage des BFH, ein Beteiligter, der unentschuldigt nicht zur mündlichen Verhandlung erscheine, verliere infolge Rügeverzichts sein Recht, eine unterlassene Beweisaufnahme zu rügen, ist nicht in einem Fall ergangen, in dem das FG bereits einen Beweisbeschluss erlassen hatte. In einem solchen Fall muss ein Beteiligter nicht damit rechnen, dass das FG ohne vorherigen Hinweis von einer Beweisaufnahme absehen wird. Es fehlt im Streitfall daher an dem für einen Rügeverzicht erforderlichen Merkmal, dass das Unterlassen der Beweiserhebung vorhersehbar sein muss (BFH-Urteil vom 29. Juni 1994 I R 108/93, BFH/NV 1995, 320).
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2. Da im Falle der Zulassung der Revision aller Voraussicht nach das FG-Urteil in dem im Tenor bestimmten Umfang aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden müsste, macht der beschließende Senat von § 116 Abs. 6 FGO Gebrauch und verweist den Rechtsstreit insoweit bereits im Beschwerdeverfahren an das FG zurück.
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3. Soweit das Urteil die Einkommensteuer 2004 und die Zinsen hierzu betrifft, beruht es nicht auf dem vorstehend dargelegten Verfahrensfehler. Das FG hat --worauf es bereits in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2009 hingewiesen hatte-- die Klage deshalb abgewiesen, weil im Zeitpunkt der Klageerhebung noch kein Einkommensteuer-Bescheid 2004 existierte. Die Klage war daher bereits wegen fehlender Beschwer unzulässig. Die Entscheidung über die insoweit erhobene Klage war somit nicht von dem Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme abhängig. In diesem Umfang beruht das angefochtene Urteil daher nicht darauf, dass das FG ohne vorherige Anhörung seinen Beweisbeschluss aufgehoben hat. Andere Verfahrensmängel, auf denen die die Einkommensteuer 2004 betreffende Klage beruhen könnte, sind nicht ersichtlich.
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4. Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts und einer zusätzlichen Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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