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EuGH 02.09.2021 - C-836/19
EuGH 02.09.2021 - C-836/19 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 2. September 2021 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Gesundheit – Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte – Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 – Art. 9 Buchst. d und Art. 10 Buchst. a und f – Kategorisierung der Produkte – Zersetzung, Verderb und Vorhandensein von Fremdkörpern – Auswirkungen auf die ursprüngliche Kategorisierung“
Leitsatz
In der Rechtssache C-836/19
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Gera (Deutschland) mit Entscheidung vom 14. November 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 18. November 2019, in dem Verfahren
Toropet Ltd
gegen
Landkreis Greiz
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter N. Piçarra, D. Šváby (Berichterstatter) und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Toropet Ltd, vertreten durch Rechtsanwalt S. Artopée,
des Landkreises Greiz, vertreten durch K. Reiher als Bevollmächtigten,
der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Eggers und W. Farrell als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Mai 2021
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Buchst. d und Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (ABl. 2009, L 300, S. 1).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Toropet Ltd, einer Gesellschaft englischen Rechts, die Inhaberin eines in Deutschland ansässigen Betriebs ist, in dem Schlachtprodukte verarbeitet werden, und dem Landkreis Greiz (Deutschland) wegen der von diesem getroffenen Anordnung der Beseitigung bestimmter tierischer Nebenprodukte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung (EG) Nr. 178/2002
Die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. 2002, L 31, S. 1) bestimmt in Art. 14 Abs. 5:
„Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, ist zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist.“
Verordnung (EG) Nr. 1013/2006
In Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1, Berichtigung ABl. 2015, L 277, S. 61) ist der Begriff „gefährliche Abfälle“ definiert als Abfälle im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 91/689/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle (ABl. 1991, L 377, S. 20).
Verordnung (EG) Nr. 853/2004
Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. 2004, L 139, S. 55, Berichtigung ABl. 2004, L 226, S. 22) bestimmt in den Nrn. 1.9 und 8.1:
„1.9. ‚Schlachtkörper‘ Körper eines Tieres nach dem Schlachten und Zurichten (‚dressing‘);
…
8.1. ‚Erzeugnisse tierischen Ursprungs‘
Lebensmittel tierischen Ursprungs, einschließlich Honig und Blut,
zum menschlichen Verzehr bestimmte lebende Muscheln, lebende Stachelhäuter, lebende Manteltiere und lebende Meeresschnecken sowie
sonstige Tiere, die lebend an den Endverbraucher geliefert werden und zu diesem Zweck entsprechend vorbereitet werden sollen“.
Verordnung Nr. 1069/2009
In den Erwägungsgründen 2, 5, 6, 11, 29, 35, 36 und 38 der Verordnung Nr. 1069/2009 heißt es:
Tierische Nebenprodukte entstehen hauptsächlich während der Schlachtung von Tieren, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, bei der Herstellung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs wie Milcherzeugnissen, bei der Beseitigung toter Tiere und im Zuge der Seuchenbekämpfung. Unabhängig von ihrer Quelle stellen sie ein mögliches Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie für die Umwelt dar. Dieses Risiko muss auf geeignete Weise begrenzt werden, und zwar dadurch, dass solche Produkte unter strengen Bedingungen, die die betreffende[n] Gesundheitsrisiken verringern, entweder sicher beseitigt oder für andere Zwecke verwendet werden.
…
Die Hygienevorschriften der Gemeinschaft bezüglich der Sammlung, des Transports, der Handhabung, der Behandlung, der Umwandlung, der Verarbeitung, der Lagerung, des Inverkehrbringens, des Vertriebs, der Verwendung und der Beseitigung tierischer Nebenprodukte sollten in einem kohärenten und umfassenden Rahmen festgelegt werden.
Diese allgemeinen Vorschriften sollten dem Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier angemessen sein, das tierische Nebenprodukte, wenn sie während ihres Lebenszyklus von der Sammlung bis zu ihrer Verwendung oder Beseitigung von den Unternehmen behandelt werden, bergen. In den Vorschriften sollten die dabei entstehenden Risiken für die Umwelt ebenfalls Berücksichtigung finden. Der gemeinschaftliche Rechtsrahmen sollte gegebenenfalls Vorschriften über das Inverkehrbringen einschließlich der Einfuhr tierischer Nebenprodukte sowie des innergemeinschaftlichen Handels mit diesen enthalten.
…
… Die Hauptziele der Vorschriften über tierische Nebenprodukte, also die Begrenzung von Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier und der Schutz der Sicherheit der Lebensmittel- und Futtermittelkette, sollten klar formuliert werden. Die Vorschriften der vorliegenden Verordnung sollten es ermöglichen, die genannten Ziele zu erreichen.
…
Tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte sollten auf der Grundlage von Risikobewertungen in drei Kategorien eingeteilt werden, die ihre Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier widerspiegeln. Tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte mit hohem Risiko sollten nur für Zwecke außerhalb der Futtermittelkette verwendet werden, deren Nutzung sollte bei geringerem Risiko unter sicheren Bedingungen erlaubt werden.
…
… Alle anderen tierischen Nebenprodukte, die nicht unter einer der drei Kategorien aufgeführt sind, sollten nach dem Vorsorgeprinzip weiterhin automatisch als Material der Kategorie 2 gelten, damit insbesondere der Grundsatz mehr Gewicht erhält, dass solche Materialien nicht in die für Nutztiere, die keine Pelztiere sind, bestehende Futtermittelkette gelangen sollten.
Gemäß anderen Vorschriften, die durch die Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. 2002, L 273, S. 1)] ergänzt werden und in Kraft getreten sind, nachdem die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 … erlassen wurde, liegt die Verantwortung, die Gemeinschaftsvorschriften zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier einzuhalten, hauptsächlich bei den Lebens- und Futtermittelunternehmern; es handelt sich bei diesen anderen Vorschriften um die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene [(ABl. 2004, L 139, S. 1)], die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 und die Verordnung (EG) Nr. 183/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Januar 2005 mit Vorschriften für die Futtermittelhygiene [(ABl. 2005, L 35, S. 1)]. In Übereinstimmung mit den genannten Vorschriften sollten Unternehmer, die Tätigkeiten gemäß der vorliegenden Verordnung durchführen, ebenfalls die Hauptverantwortung dafür tragen, dass die vorliegende Verordnung eingehalten wird. Diese Pflicht sollte klar gefasst und näher erläutert werden, was die Mittel betrifft, mit denen die Rückverfolgbarkeit sichergestellt wird, also etwa die gesonderte Sammlung und Kanalisierung tierischer Nebenprodukte. …
…
Tierische Nebenprodukte sollten nur verwendet werden, wenn die Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier im Zuge ihrer Verarbeitung und des Inverkehrbringens von Folgeprodukten verringert werden, die auf der Grundlage tierischer Nebenprodukte hergestellt wurden. Ist dies nicht möglich, so sollten die tierischen Nebenprodukte unter sicheren Bedingungen beseitigt werden. Die Möglichkeiten, tierische Nebenprodukte der einzelnen Kategorien zu verwenden, sollten im Einklang mit anderen Gemeinschaftsvorschriften klarer formuliert werden. In der Regel sollten die Optionen für eine höhere Risikokategorie auch für geringere Risikokategorien möglich sein, es sei denn, besondere Erwägungen gelten im Hinblick auf das mit bestimmten tierischen Nebenprodukten verbundene Risiko.“
Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1069/2009 bestimmt:
„Diese Verordnung gilt für:
tierische Nebenprodukte und ihre Folgeprodukte, die gemäß dem Gemeinschaftsrecht vom Verzehr ausgeschlossen sind, …“
Art. 3 („Definitionen“) bestimmt in den Nrn. 3, 4, 10 und 11:
„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Begriff
…
‚Erzeugnisse tierischen Ursprungs‘: Erzeugnisse tierischen Ursprungs im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 853/2004, Anhang I Nummer 8.1;
‚Schlachtkörper‘: Schlachtkörper im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 853/2004, Anhang I Nummer 1.9;
…
‚zuständige Behörde‘: die zentrale Behörde eines Mitgliedstaats, die für die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung zuständig ist oder jegliche andere Behörde, der diese Zuständigkeit übertragen wurde; dies schließt gegebenenfalls auch die entsprechende Behörde eines Drittlandes ein;
‚Unternehmer‘: die natürlichen oder juristischen Personen, unter deren effektiver Kontrolle sich ein tierisches Nebenprodukt oder ein Folgeprodukt befindet; dies schließt Beförderungsunternehmen, Händler und Verwender ein“.
Art. 4 („Ausgangspunkt in der Herstellungskette und Pflichten“) bestimmt in den Abs. 1 bis 3:
„(1) Sobald die Unternehmer tierische Nebenprodukte oder Folgeprodukte herstellen, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, kennzeichnen sie diese und gewährleisten, dass sie in Übereinstimmung mit dieser Verordnung behandelt werden (Ausgangspunkt).
(2) Die Unternehmer stellen allen Phasen der Sammlung, des Transports, der Handhabung, der Verarbeitung, der Umwandlung, der Bearbeitung, der Lagerung, des Inverkehrbringens, des Vertriebs, der Verwendung und Entsorgung in den unter ihrer Kontrolle stehenden Unternehmen sicher, dass tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte den Anforderungen dieser Verordnung, die für ihre Aktivitäten von Bedeutung sind, gerecht werden.
(3) Die Mitgliedstaaten überwachen und überprüfen, dass die einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung von den Unternehmern über die gesamte Kette tierischer Nebenprodukte und deren Folgeprodukte im Sinne von Absatz 2 erfüllt werden. Zu diesem Zweck halten sie in Übereinstimmung mit den einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften ein System der amtlichen Kontrollen aufrecht.“
Art. 7 („Kategorisierung tierischer Nebenprodukte und ihrer Folgeprodukte“) bestimmt in Abs. 1:
„Tierische Nebenprodukte sind nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier gemäß den in den Artikeln 8, 9 und 10 festgelegten Listen in spezifische Kategorien einzustufen.“
Art. 8 („Material der Kategorie 1“) bestimmt in Buchst. g:
„Material der Kategorie 1 umfasst folgende tierische Nebenprodukte:
…
Gemische von Material der Kategorie 1 mit Material der Kategorie 2 oder der Kategorie 3 oder mit Material beider Kategorien.“
Art. 9 („Material der Kategorie 2“) bestimmt in den Buchst. d und h:
„Material der Kategorie 2 umfasst folgende tierische Nebenprodukte:
…
Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aufgrund des Vorliegens von Fremdkörpern als für den menschlichen Verzehr nicht geeignet erklärt wurden;
…
andere tierische Nebenprodukte als Material der Kategorie 1 oder der Kategorie 3.“
Art. 10 („Material der Kategorie 3“) bestimmt in den Buchst. a und f:
„Material der Kategorie 3 umfasst folgende tierische Nebenprodukte:
Schlachtkörper und Teile von geschlachteten Tieren oder[,] im Fall von getötetem Wild, ganze Körper oder Teile von toten Tieren, die gemäß den Gemeinschaftsvorschriften genusstauglich, jedoch aus kommerziellen Gründen nicht dafür bestimmt sind;
…
Erzeugnisse tierischen Ursprungs oder Lebensmittel, die Produkte tierischen Ursprungs enthalten, die nicht mehr zum menschlichen Verzehr aus kommerziellen Gründen oder aufgrund von Herstellungs- oder Verpackungsmängeln oder Mängeln, von denen keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht, bestimmt sind;
…“
Art. 14 („Beseitigung und Verwendung von Material der Kategorie 3“) bestimmt:
„Material der Kategorie 3 ist
mit oder ohne vorherige Verarbeitung als Abfall durch Verbrennung zu beseitigen;
mit oder ohne vorherige Verarbeitung durch Mitverbrennung zu verwerten oder zu beseitigen, wenn es sich bei dem Material der Kategorie 3 um Abfall handelt;
in einer genehmigten Deponie nach Verarbeitung zu beseitigen;
zu verarbeiten, außer wenn es sich um Material der Kategorie 3 handelt, das sich durch Zersetzung, oder Verderb so verändert hat, dass es durch dieses Produkt eine unannehmbare Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier darstellt, …
…“
Art. 24 („Zulassung von Anlagen oder Betrieben“) bestimmt:
„(1) Die Unternehmer sorgen dafür, dass die ihrer Kontrolle unterstehenden Anlagen oder Betriebe von der zuständigen Behörde zugelassen werden, wenn diese Anlagen oder Betriebe eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten ausüben:
Verarbeitung tierischer Nebenprodukte durch Drucksterilisation, durch Verarbeitungsmethoden gemäß Artikel 15 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b oder zugelassene alternative Methoden gemäß Artikel 20;
…
Behandlung tierischer Nebenprodukte nach ihrer Sammlung, in Form von Tätigkeiten wie Sortieren, Zerlegen, Kühlen, Einfrieren, Salzen, Entfernen von Häuten und Fellen oder von spezifiziertem Risikomaterial;
…“
Art. 25 („Allgemeine Hygieneanforderungen“) der Verordnung bestimmt in Abs. 1 Buchst. e:
„Die Unternehmer sorgen dafür, dass die ihrer Kontrolle unterstehenden Anlagen oder Betriebe, die die Tätigkeiten gemäß Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben a und h durchführen:
…
über geeignete Vorkehrungen für die Reinigung und die Desinfektion von Containern und Fahrzeugen verfügen, um Risiken einer Kontamination zu vermeiden.“
Art. 28 („Eigenkontrollen“) der Verordnung Nr. 1069/2009 bestimmt:
„Die Unternehmer richten in ihren Anlagen oder Betrieben Eigenkontrollen zur Überwachung der Einhaltung dieser Verordnung ein, führen sie durch und halten sie aufrecht. Sie stellen sicher, dass keine tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte, bei denen der Verdacht besteht oder bekannt ist, dass sie dieser Verordnung nicht entsprechen, die Anlage oder den Betrieb verlassen, außer zur Beseitigung.“
Verordnung (EU) Nr. 142/2011
In Anhang IV Kapitel I Abschnitt 4 der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 der Kommission vom 25. Februar 2011 zur Durchführung der Verordnung Nr. 1069/2009 sowie zur Durchführung der Richtlinie 97/78/EG des Rates hinsichtlich bestimmter gemäß der genannten Richtlinie von Veterinärkontrollen an der Grenze befreiter Proben und Waren (ABl. 2011, L 54, S. 1) bestimmt Nr. 3:
„Folgende Vorschriften gelten zusätzlich zu den allgemeinen Bedingungen gemäß Abschnitt 1:
…
Betriebe für die Verarbeitung von Material der Kategorie 3 müssen über eine Einrichtung zur Kontrolle auf Vorhandensein von Fremdkörpern, wie etwa Verpackungsmaterial oder Metallteile, in den tierischen Nebenprodukten oder Folgeprodukten verfügen, wenn sie Material verarbeiten, das zur Verfütterung bestimmt ist. Solche Fremdkörper sind vor oder während der Verarbeitung zu entfernen.“
Deutsches Recht
Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz
Das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 25. Januar 2004 (BGBl. 2004 I, S. 82) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (BGBl. 2016 I, S. 1966) (im Folgenden: TierNebG) bestimmt in § 1 („Geltungsbereich“)
„Dieses Gesetz dient der Durchführung der [Verordnung Nr. 1069/2009] und der in ihrem Rahmen oder zu ihrer Durchführung erlassenen unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union.“
§ 3 („Beseitigungspflicht“) TierNebG bestimmt:
„(1) Soweit nach den in § 1 genannten Vorschriften
tierische Nebenprodukte der Kategorie 1 im Sinne des Artikels 8 der Verordnung … Nr. 1069/2009,
tierische Nebenprodukte der Kategorie 2 im Sinne des Artikels 9 der Verordnung … Nr. 1069/2009, ausgenommen Gülle, Guano, Magen- und Darminhalt, Milch, Milcherzeugnisse, Kolostrum, Eier sowie Eiprodukte, oder
Folgeprodukte aus den in den Nummern 1 oder 2 genannten tierischen Nebenprodukten
abzuholen, zu sammeln, zu kennzeichnen, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten, zu verwenden oder zu beseitigen sind, hat die zuständige Behörde die Voraussetzungen für die Abholung, Sammlung, Kennzeichnung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung, Verwendung und Beseitigung zu schaffen. Die zuständige Behörde ist verpflichtet,
tierische Nebenprodukte der Kategorie 1,
tierische Nebenprodukte der Kategorie 2, ausgenommen Gülle, Guano, Magen- und Darminhalt, Milch, Milcherzeugnisse, Kolostrum sowie Eier und Eiprodukte, und
Folgeprodukte aus den in den Nummern 1 oder 2 genannten tierischen Nebenprodukten,
die in ihrem Gebiet anfallen, nach Maßgabe der in § 1 genannten unmittelbar geltenden Rechtsakte, dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften abzuholen, zu sammeln, zu kennzeichnen, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten, zu verwenden oder zu beseitigen. Bis zur Abholung durch die zuständige Behörde bleiben die Pflichten der Besitzer zur Kennzeichnung, Beförderung und Lagerung der bei ihnen angefallenen tierischen Nebenprodukte und Folgeprodukte nach den Vorschriften der in § 1 genannten unmittelbar geltenden Rechtsakte unberührt. Die zuständige Behörde kann sich zur Erfüllung ihrer Pflichten nach Satz 2 Dritter bedienen. Satz 2 gilt auch für verendete wild lebende Tiere, soweit die zuständige Behörde eine Verwendung, Verarbeitung oder Beseitigung aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung angeordnet hat.
(2) Absatz 1 Satz 2 ist nicht anzuwenden, soweit tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte zur Herstellung von Futtermitteln und Folgeprodukten nach den Artikeln 33 und 36 der Verordnung … Nr. 1069/2009 bestimmt sind und die tierischen Nebenprodukte und Folgeprodukte von im Sinne des Artikels 23 der Verordnung … Nr. 1069/2009 registrierten oder im Sinne des Artikels 24 der Verordnung … Nr. 1069/2009 zugelassenen Unternehmen, Anlagen oder Betrieben gesammelt, gekennzeichnet, befördert, gelagert, behandelt, verarbeitet oder verwendet worden sind.
(3) Die zuständige Behörde kann einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts, die einen Verarbeitungsbetrieb, eine Verbrennungsanlage oder eine Mitverbrennungsanlage betreibt, für die in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten tierischen Nebenprodukte und Folgeprodukte mit deren Zustimmung die Pflicht ganz oder teilweise übertragen, tierische Nebenprodukte oder Folgeprodukte abzuholen, zu sammeln, zu kennzeichnen, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten, zu verwenden oder zu beseitigen, soweit
keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen,
der Verarbeitungsbetrieb, die Verbrennungsanlage oder die Mitverbrennungsanlage die in den Artikeln 6, 8 und 9 der [Verordnung Nr. 142/2011] in der jeweils geltenden Fassung genannten Anforderungen an die jeweilige Art der Verarbeitung erfüllt und
gewährleistet ist, dass die übrigen Vorschriften der Verordnung … Nr. 1069/2009, der zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsakte, dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften beachtet werden.
Im Falle einer teilweisen Übertragung kann diese mit der Auflage verbunden werden, dass der Verarbeitungsbetrieb, die Verbrennungsanlage oder die Mitverbrennungsanlage die in einem Gebiet anfallenden tierischen Nebenprodukte und Folgeprodukte abzuholen, zu sammeln, zu kennzeichnen, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten, zu verwenden oder zu beseitigen hat, soweit das öffentliche Interesse dies erfordert.
(4) Die zuständige Behörde kann einen Verarbeitungsbetrieb, eine Verbrennungsanlage oder eine Mitverbrennungsanlage verpflichten, gegen angemessenes Entgelt, bei dem Aufwand und Ertrag zu berücksichtigen sind, vorübergehend die Mitbenutzung des Betriebs oder der Anlage zur Verarbeitung oder Beseitigung der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte, die außerhalb des Einzugsbereichs des Verarbeitungsbetriebs, der Verbrennungsanlage oder der Mitverbrennungsanlage anfallen, zu gestatten, soweit dies zumutbar ist und die tierischen Nebenprodukte oder Folgeprodukte anders nicht zweckmäßig oder nur mit erheblichen Mehrkosten verarbeitet oder beseitigt werden können. Kommt eine Einigung über das Entgelt nicht zustande, so wird das Entgelt durch die zuständige Behörde festgesetzt.“
§ 12 („Überwachung“) TierNebG bestimmt:
„(1) Die Einhaltung der Vorschriften der in § 1 genannten unmittelbar geltenden Rechtsakte, die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie der nach den in § 1 genannten unmittelbar geltenden Rechtsakten, diesem Gesetz oder nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung getroffenen vollziehbaren Anordnungen werden durch die zuständige Behörde, im Bereich der Bundeswehr durch die vom Bundesministerium der Verteidigung bestimmten Dienststellen, überwacht.
(2) Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Einhaltung der Vorschriften der in § 1 genannten unmittelbar geltenden Rechtsakte, dieses Gesetzes sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlich sind. Dies gilt auch nach erfolgter Registrierung nach Artikel 23 der Verordnung … Nr. 1069/2009 oder der Erteilung einer Zulassung nach Artikel 24 der Verordnung … Nr. 1069/2009.“
Thüringer Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz
Das Thüringer Ausführungsgesetz zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 10. Juni 2005 (ThürGVBl. 2005, S. 224) (im Folgenden: ThürTierNebG) bestimmt in § 2 („Träger der Verarbeitung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2“):
„(1) Die Landkreise und kreisfreien Städte sind zuständige Körperschaften des öffentlichen Rechts (Beseitigungspflichtige) im Sinne des § 3 Abs. 1 TierNebG. Sie nehmen diese Aufgabe als Selbstverwaltungsaufgabe wahr.
(2) Die Beseitigungspflichtigen nach Absatz 1 können zur Erfüllung der Aufgabe einen Zweckverband bilden. Das Nähere regelt die Satzung. Mit der Übernahme der Aufgabenerfüllung durch den Zweckverband ist nur dieser Beseitigungspflichtiger.“
§ 3 („Einzugsbereiche“) ThürTierNebG bestimmt:
„(1) Das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium legt durch Rechtsverordnung im Benehmen mit den Beseitigungspflichtigen die Einzugsbereiche fest, innerhalb derer die Beseitigungspflichtigen die in § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG bezeichneten tierischen Nebenprodukte abzuholen, zu sammeln, zu befördern, zu lagern, zu behandeln, zu verarbeiten oder zu beseitigen haben. Dabei sind die Belange des Tierseuchenschutzes, der Anfall der in § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG bezeichneten tierischen Nebenprodukte, die Verkehrsverhältnisse und die Leistungsfähigkeit der Verarbeitungsbetriebe zu berücksichtigen.
(2) Das für das Veterinärwesen zuständige Ministerium kann in besonderen Ausnahmefällen zulassen, dass die in § 3 Abs. 1 Satz 1 TierNebG bezeichneten tierischen Nebenprodukte auch in Verarbeitungsbetrieben, Verbrennungsanlagen oder Mitverbrennungsanlagen außerhalb des nach Absatz 1 festgelegten Einzugsbereichs behandelt, verarbeitet oder beseitigt werden dürfen.“
Thüringer Verordnung über die Einzugsbereiche nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz
Die Thüringer Verordnung über die Einzugsbereiche nach dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 11. Oktober 2005 (ThürGVBl. 2005, S. 355) bestimmt in § 1:
„Der Einzugsbereich des Verarbeitungsbetriebs in Elxleben, Landkreis Sömmerda, für das in § 3 Abs. 1 Satz 1 [TierNebG] in der jeweils geltenden Fassung bezeichnete Material erstreckt sich auf den gesamten Bereich des Landes.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Toropet ist Inhaberin eines in Deutschland ansässigen Betriebs, der nach der Verordnung Nr. 1069/2009 als Zwischenbehandlungsbetrieb für Material der Kategorie 3 im Sinne von Art. 10 der Verordnung zugelassen und außerdem als Transporteur für tierische Nebenprodukte registriert ist. Toropet ist jedoch nicht befugt, mit Material der Kategorien 1 und 2 im Sinne von Art. 8 bzw. 9 der Verordnung umzugehen. Im Rahmen ihrer Tätigkeiten verarbeitet Toropet tierische Schlachtprodukte, die u. a. an Hersteller von Tiernahrung, Verwerter von Tierfett und Biogasanlagen verkauft werden.
Am 23. Januar 2018 stellte der Landkreis Greiz bei einer amtlichen Kontrolle in dem Betrieb von Toropet bei 38 Paloxen mit tierischen Nebenprodukten der Kategorie 3 Schimmel, Verwesung und Fremdkörper wie Putzstücke, Plastikreste und Sägespäne fest. Er stufte das betreffende Material aufgrund dieser Mängel in die Kategorie 2 ein und ordnete die sofortige Beseitigung der 38 Paloxen im Rahmen einer Ersatzvornahme an, die noch am selben Tag durchgeführt wurde. Dadurch entstanden Kosten in Höhe von 2346,17 Euro, die Toropet auferlegt wurden.
Die Ersatzvornahme wurde vom Landkreis Greiz mit Bescheid vom 25. Januar 2018 bestätigt, in dem ausgeführt wird, dass das betreffende Material aufgrund dieser Mängel nicht mehr der Kategorie 3, sondern nur noch der Kategorie 2 habe zugeordnet werden können. Weder Toropet noch deren Handelspartner, der das Material habe verarbeiten sollen, seien aber befugt, mit Material der Kategorie 2 umzugehen. Im Übrigen habe das Material bis zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung nicht vor Ort gelagert werden können. Es sei kein gesonderter Kühlraum vorhanden gewesen.
Am 9. Oktober 2018 erhob Toropet beim Verwaltungsgericht Gera (Deutschland) Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 25. Januar 2018.
Toropet macht geltend, dass der Landkreis Greiz das Material nicht habe in die Kategorie 2 einstufen dürfen, ohne vorher eine wissenschaftliche Untersuchung durchzuführen. Die Bewertung des Materials als verdorben, verwest oder verschimmelt sei nicht gerechtfertigt gewesen. Das Kriterium, auf das die Veterinärmedizinerinnen und der Landkreis Greiz abgestellt hätten, nämlich, ob die Produkte genusstauglich gewesen seien, überspanne die Vorschrift des Art. 10 der Verordnung Nr. 1069/2009.
Art. 14 Buchst. d der Verordnung Nr. 1069/2009 lasse sich entnehmen, dass die Zersetzung und der Verderb tierischer Nebenprodukte nicht die Einstufung in eine niedrigere Kategorie rechtfertigten, da eine Verwertung gemäß Art. 14 Buchst. b der Verordnung möglich sei, und dass eine Beseitigung nicht immer erforderlich sei. Die in Rede stehenden tierischen Nebenprodukte könnten unter Art. 10 Buchst. f der Verordnung fallen, da diese Bestimmung nur Produkte ausschließe, die erhebliche Gefahren durch Tierseuchen in sich bürgen. Verdorbenes Fleisch, das mit Schimmel oder Fäulnis befallen sei, sei insoweit harmlos. Das Vorhandensein von Fremdkörpern wie Putzstücken, Plastikresten und Sägespänen in dem betreffenden Material könne, solange eine einfache mechanische Trennung möglich sei, nicht zu einer Einstufung in eine andere Kategorie führen.
Material der Kategorie 3 sei nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt. Deshalb komme es nicht darauf an, ob das in Rede stehende Material genusstauglich sei.
Das vorlegende Gericht führt aus, dass es sich bei den tierischen Nebenprodukten, um die es im Ausgangsverfahren gehe, hauptsächlich um Material gehandelt habe, das ursprünglich gemäß Art. 10 Buchst. a (Schlachtkörper und Teile von geschlachteten Tieren, die genusstauglich, jedoch nicht dafür bestimmt sind) bzw. f (Erzeugnisse tierischen Ursprungs oder Lebensmittel, die Produkte tierischen Ursprungs enthalten, die nicht aus kommerziellen oder anderen Gründen, von denen keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht, nicht mehr zum menschlichen Verzehr bestimmt sind) der Verordnung Nr. 1069/2009 in die Kategorie 3 eingestuft worden sei.
Die Zersetzung und der Verderb von Material der Kategorie 3 führten grundsätzlich zum Wegfall der Genusstauglichkeit und stellten eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier dar. Es stelle sich deshalb die Frage, ob das Material aufgrund solcher Veränderungen in eine andere Kategorie einzustufen sei.
Wie sich aus ihrem elften Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergebe, sei Hauptziel der Verordnung Nr. 1069/2009 die Begrenzung von Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier und der Schutz der Sicherheit der Lebens- und Futtermittelkette. Dementsprechend beschränke sich die Gefährlichkeit nicht lediglich auf die menschliche Gesundheit. Art. 14 Buchst. d der Verordnung verdeutliche, dass Zersetzung und Verderb zu Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier führten.
Gegen eine Veränderung einer ursprünglich erfolgten Einstufung des betreffenden Materials infolge von Zersetzung und Verderb könne jedoch Art. 14 Buchst. d der Verordnung Nr. 1069/2009 sprechen. Aus dieser Regelung lasse sich der Schluss ziehen, dass bei Material der Kategorie 3 Zersetzung und Verderb grundsätzlich nicht für die Einstufung, sondern allenfalls für die Verwendung relevant seien. Zwar sei die Verwendung von solchem Material zur Herstellung von Futtermitteln für Tiere nach Art. 14 Buchst. d der Verordnung ausgeschlossen. Es sei aber wohl möglich, das Material auf andere Weise zu verwenden, insbesondere es gemäß Art. 14 Buchst. b der Verordnung durch Mitverbrennung zu verwerten.
Das vorlegende Gericht hat ferner Fragen zur Auslegung von Art. 9 Buchst. d der Verordnung Nr. 1069/2009. Nach dieser Bestimmung ist Material, das aufgrund des Vorliegens von Fremdkörpern als für den menschlichen Verzehr nicht geeignet erklärt wurde, in die Kategorie 2 einzustufen. Allerdings lasse sich Anhang IV Kapitel I Abschnitt 4 Nr. 3 der Verordnung Nr. 142/2011 entnehmen, dass das Vorhandensein von Fremdkörpern nicht bereits dazu führe, dass das betreffende Material als Material der Kategorie 2 einzustufen sei. Die Regelung schreibe nämlich vor, dass Betriebe für die Verarbeitung von Material der Kategorie 3 über eine Einrichtung zur Kontrolle auf Vorhandensein von Fremdkörpern verfügen müssten. Solche Fremdkörper seien vor oder während der Verarbeitung zu entfernen. Außerdem sei fraglich, inwieweit die Abwehr der Gefahr des Vorhandenseins von Fremdkörpern relevant sei, wenn Material der Kategorie 3 nicht zur Verarbeitung zu Futter, sondern zur Verbrennung oder zur Herstellung von Biodiesel bestimmt sei.
Das Verwaltungsgericht Gera hat das Verfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 10 Buchst. a der Verordnung Nr. 1069/2009 dahin auszulegen, dass die ursprüngliche Einstufung als Material der Kategorie 3 verloren geht, wenn durch Zersetzung und Verderb die Genusstauglichkeit entfällt?
Ist Art. 10 Buchst. f der Verordnung Nr. 1069/2009 dahin auszulegen, dass die ursprüngliche Einstufung als Material der Kategorie 3 für Erzeugnisse tierischen Ursprungs oder Lebensmittel, die Produkte tierischen Ursprungs enthalten, verloren geht, wenn durch spätere Zersetzungs- bzw. Verderbnisprozesse von dem Material eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht?
Ist die Regelung des Art. 9 Buchst. d der Verordnung Nr. 1069/2009 einschränkend dahin gehend auszulegen, dass mit Fremdkörpern wie Sägespänen vermischtes Material nur dann als Material der Kategorie 2 einzustufen ist, wenn es sich um zu verarbeitendes Material handelt und es zur Fütterung bestimmt ist?
Zu den Vorlagefragen
Es bietet sich an, die drei Vorlagefragen zusammen zu prüfen. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung Nr. 1069/2009 dahin auszulegen ist, dass tierische Nebenprodukte, die nach dieser Vorschrift ursprünglich als Material der Kategorie 3 eingestuft worden sind, wenn sie sich durch Zersetzung oder Verderb so verändert haben oder mit Fremdkörpern wie Putzstücken oder Sägespänen so durchsetzt sind, dass sie nicht mehr genusstauglich sind und/oder bei ihnen nicht angenommen werden kann, dass von ihnen keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht, nicht den ihrer Kategorie entsprechenden Grad der Gefahr aufweisen und daher in eine niedrigere Kategorie einzustufen sind.
Zur Beantwortung dieser Fragen ist in einem ersten Schritt zunächst darauf einzugehen, wie die Einstufung eines tierischen Nebenprodukts in eine bestimmte Kategorie überhaupt erfolgt. In einem zweiten Schritt wird sodann der Frage nachgegangen werden, ob eine solche Einstufung endgültig ist oder ob ein tierisches Nebenprodukt aufgrund von Zersetzung oder Verderb bzw. aufgrund einer nach der ursprünglichen Kategorisierung erfolgten Durchsetzung mit Fremdkörpern in eine andere Kategorie eingestuft werden kann.
Was als Erstes die Frage angeht, wie die Einstufung eines tierischen Nebenprodukts in eine bestimmte Kategorie erfolgt, ist festzustellen, dass die Kategorisierung tierischer Nebenprodukte und ihrer Folgeprodukte in Titel I Kapitel I Abschnitt 4 der Verordnung Nr. 1069/2009 mit den Art. 7 bis 10 geregelt ist.
Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1069/2009 sind tierische Nebenprodukte nach dem Grad der von ihnen für die Gesundheit von Mensch und Tier ausgehenden Gefahr in spezifische Kategorien einzustufen. Die Verordnung sieht in den Art. 8, 9 und 10 drei Kategorien vor, die Material der Kategorien 1, 2 bzw. 3 umfassen, wobei tierische Nebenprodukte zwingend unter eine dieser drei Kategorien fallen müssen. Unter die Kategorie 3 fällt Material, bei dem der Unionsgesetzgeber annimmt, dass von ihm eine geringe Gefahr ausgeht. Von Material der Kategorien 1 und 2 geht hingegen eine hohe Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier aus, die höchste von Material der Kategorie 1.
Erstens ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 9 Buchst. h der Verordnung Nr. 1069/2009, dass die Liste mit Material der Kategorie 2 andere tierische Nebenprodukte als Material der Kategorie 1 oder der Kategorie 3 umfasst. Kategorie 2 stellt mithin eine Auffangkategorie dar. Wie der Generalanwalt in Nr. 62 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist weiter festzustellen, dass Art. 9 Buchst. h der Verordnung nach deren 35. Erwägungsgrund, wonach alle tierischen Nebenprodukte, die nicht unter einer der drei Kategorien aufgeführt sind, automatisch als Material der Kategorie 2 gelten sollten, weit auszulegen ist, und zwar dahin, dass er alle tierischen Nebenprodukte umfasst, die nicht in eine andere Kategorie eingestuft sind.
Daraus folgt, dass die in den Art. 8 und 10 der Verordnung Nr. 1069/2009 enthaltenen Listen mit Material der Kategorien 1 und 3 abschließenden Charakter haben und somit eng auszulegen sind: Sie umfassen nur das in ihnen ausdrücklich aufgeführte Material, und das betreffende Material muss nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung den der betreffenden Kategorie entsprechenden Grad der Gefahr aufweisen.
Dementsprechend fällt unter die Kategorie 3 nur das Material, das dort ausdrücklich aufgeführt ist und den dieser Kategorie entsprechenden Grad der Gefahr aufweist.
Zweitens ist, wie der Generalanwalt in Nr. 54 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, festzustellen, dass der Grad der Gefahr auch das maßgebliche Kriterium für die Endverwendung tierischer Nebenprodukte ist. Die Verordnung Nr. 1069/2009 enthält in den Art. 12 bis 14 – wie sich auch aus ihrem 38. Erwägungsgrund ergibt – für die einzelnen Kategorien von Material Listen mit den jeweiligen Möglichkeiten der Verwendung und Beseitigung sowie die Regeln, die jeweils zu beachten sind, um die Gefahr möglichst gering zu halten. Sie schließt jedoch nicht aus, dass von den für eine höhere Risikokategorie vorgesehenen Möglichkeiten der Verwendung und Beseitigung auch bei niedrigeren Risikokategorien Gebrauch gemacht wird.
Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass das Material, um das es im Ausgangsverfahren geht, gemäß Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung Nr. 1069/2009 ursprünglich in die Kategorie 3 eingestuft worden ist.
Unter die Kategorie 3 fallen nach Art. 10 Buchst. a der Verordnung Nr. 1069/2009 Schlachtkörper und Teile von geschlachteten Tieren, die genusstauglich, jedoch aus kommerziellen Gründen nicht dafür bestimmt sind, und nach Art. 10 Buchst. f Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aus kommerziellen Gründen oder aufgrund von Herstellungs- oder Verpackungsmängeln oder Mängeln, von denen keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht, nicht mehr zum menschlichen Verzehr bestimmt sind. Es wird in diesen beiden Bestimmungen also darauf abgestellt, dass das tierische Nebenprodukt genusstauglich ist und/oder von ihm für die Gesundheit von Mensch oder Tier keine Gefahr ausgeht.
Was die Genusstauglichkeit von Lebensmitteln angeht, sieht Art. 14 Abs. 5 der Verordnung Nr. 178/2002 vor, dass ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, wenn es infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist.
Als Zweites ist zu prüfen, ob Mängel aufgrund von Zersetzung oder Verderb oder aufgrund des Vorhandenseins von Fremdkörpern, wie sie im Rahmen der amtlichen Kontrolle vom 23. Januar 2018 festgestellt worden sind (siehe oben, Rn. 26), geeignet sind, den Grad der Gefahr zu verändern, die von dem ursprünglich als Material der Kategorie 3 im Sinne von Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung Nr. 1069/2009 eingestuften Material ausgeht, und somit eine Einstufung des Materials in die Kategorie 2 zu rechtfertigen.
Zunächst ist festzustellen, dass in der Verordnung Nr. 1069/2009 weder Art. 7 noch irgendeine andere Bestimmung ausdrücklich die Einstufung von ursprünglich in Kategorie 3 eingestuftem Material in eine niedrigere Kategorie vorsieht. Dem Wortlaut von Art. 7 der Verordnung, in dem es lediglich heißt, dass tierische Nebenprodukte nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier einzustufen sind, lässt sich nicht entnehmen, ob die Einstufung von Material geändert werden kann.
Da der Wortlaut von Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung Nr. 1069/2009 insoweit nichts hergibt, sind bei der Auslegung der Vorschrift insbesondere der Kontext, in den sie eingebettet ist, und die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgten Ziele zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Oktober 2017, Vion Livestock, C-383/16, EU:C:2017:783, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Was erstens die mit der Verordnung Nr. 1069/2009 verfolgten Ziele angeht, ist festzustellen, dass sich aus Art. 1 und den Erwägungsgründen 2, 5, 6 und 11 der Verordnung ergibt, dass mit der Regelung über die tierischen Nebenprodukte hauptsächlich folgende Ziele verfolgt werden: ausreichende Kontrolle der Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier und Schutz der Sicherheit der Lebensmittel- und Futtermittelkette sowie Schaffung eines kohärenten und umfassenden Rahmens von Hygienevorschriften, die dem Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier angemessen sein sollten, das tierische Nebenprodukte, wenn sie während ihres Lebenszyklus von der Sammlung bis zu ihrer Verwendung oder Beseitigung von den Unternehmen behandelt werden, bergen.
Der Unionsgesetzgeber wollte die Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier mithin während der gesamten Dauer der Nutzung der tierischen Nebenprodukte ausreichend und angemessen kontrollieren. Hierzu muss die Einstufung eines tierischen Nebenprodukts während der Dauer seiner Nutzung jederzeit überprüft werden können. Sind die Voraussetzungen der ursprünglichen Einstufung nicht mehr erfüllt, muss das tierische Nebenprodukt mithin in eine andere Kategorie eingestuft werden können.
Zweitens ist festzustellen, dass diese Auslegung durch den Kontext bestätigt wird, in den die Art. 7 und 10 der Verordnung Nr. 1069/2009 eingebettet sind.
Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1069/2009 haben die Unternehmer nämlich „[in] allen Phasen der Sammlung, des Transports, der Handhabung, der Verarbeitung, der Umwandlung, der Bearbeitung, der Lagerung, des Inverkehrbringens, des Vertriebs, der Verwendung und Entsorgung“ sicherzustellen, dass tierische Nebenprodukte den Anforderungen der Verordnung gerecht werden.
Wie sich aus ihrem 36. Erwägungsgrund ergibt, sieht die Verordnung Nr. 1069/2009 außerdem vor, dass die Unternehmer die Hauptverantwortung dafür tragen, dass die Verordnung eingehalten wird, um die Gesundheit von Mensch und Tier zu schützen. Die Unternehmer haben die Verordnung, soweit sie für ihre Tätigkeiten gilt, beim Umgang mit tierischen Nebenprodukten einzuhalten. In diesem Zusammenhang sind die Unternehmer nach Art. 28 der Verordnung Nr. 1069/2009 verpflichtet, durch Eigenkontrollen sicherzustellen, dass keine tierischen Nebenprodukte, bei denen der Verdacht besteht oder bekannt ist, dass sie der Verordnung nicht entsprechen, die Anlage oder den Betrieb außer zur Beseitigung verlassen.
Ferner halten die Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1069/2009 ein System der amtlichen Kontrollen aufrecht, in deren Rahmen sie überwachen und überprüfen, dass die einschlägigen Anforderungen der Verordnung von den Unternehmern über die gesamte Kette tierischer Nebenprodukte erfüllt werden. Auch diese Bestimmung bestätigt, dass die Unternehmer in jedem Stadium der Herstellungskette überprüfen müssen, ob die tierischen Nebenprodukte nach wie vor unter die Kategorie fallen, in die sie ursprünglich eingestuft worden sind.
Somit ist festzustellen, dass sich aus dem Kontext, in den Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung Nr. 1069/2009 eingebettet ist, und aus den mit der Regelung, zu der diese Bestimmungen gehören, verfolgten Zielen ergibt, dass die ursprüngliche Einstufung von Material in eine bestimmte Kategorie während der gesamten Herstellungskette kontrolliert und überprüft werden muss, so dass das Material, wenn es nicht mehr den Grad der Gefahr aufweist, der ihm ursprünglich zugeordnet worden ist, in eine andere Kategorie einzustufen ist, um die Sicherheit der Lebensmittel- und Futtermittelkette zu gewährleisten. Wie der Generalanwalt in Nr. 80 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist die Einstufung in eine bestimmte Kategorie also nicht endgültig. Vielmehr hängt sie davon ab, dass der ihr zugeordnete Grad der Gefahr nach wie vor derselbe ist.
Bei einer Veränderung von Material wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das ursprünglich gemäß Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung Nr. 1069/2009 in die Kategorie 3 eingestuft worden ist, durch Zersetzung oder Verderb oder durch das Vorhandensein von Fremdkörpern, so dass das Material nicht mehr genusstauglich und/oder bei ihm nicht angenommen werden kann, dass von ihm keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht, hat demnach zwangsläufig eine Einstufung in eine niedrigere Kategorie zu erfolgen.
Wie sowohl das vorlegende Gericht als auch die Europäische Kommission ausgeführt haben, entstehen bei der Zersetzung oder dem Verderb von Material der Kategorie 3 nämlich Toxine, die grundsätzlich zum Wegfall seiner Genusstauglichkeit führen und außerdem eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen.
In die Kategorie 3 eingestufte tierische Nebenprodukte wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die einen höheren Grad der Gefahr aufweisen als denjenigen, der für eine Einstufung in diese Kategorie zulässig ist, verlieren deshalb die Einstufung in diese Kategorie.
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 42), fallen andere tierische Nebenprodukte als Material der Kategorie 1 oder der Kategorie 3 nach Art. 9 Buchst. h der Verordnung Nr. 1069/2009 unter die Kategorie 2. Diese Bestimmung kommt bei tierischen Nebenprodukten, die aufgrund von Zerfall oder Verderb einen zu hohen Grad der Gefahr aufweisen, um den Anforderungen an Material der Kategorie 3 zu genügen, mithin zum Tragen.
Was das Vorhandensein von Fremdkörpern wie Gipsstücken oder Sägespänen in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Material angeht, ist erstens festzustellen, dass aus dem Vorabentscheidungsersuchen und den Akten, die dem Gerichtshof vorliegen, hervorgeht, dass solche Fremdkörper ihrer Art nach nicht als gefährliche Abfälle im Sinne der Verordnung Nr. 1013/2006 angesehen werden. Wie der Generalanwalt in Nr. 43 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, fällt ein derartiges Gemisch demnach grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1069/2009 (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. September 2020, P. F. Kamstra Recycling u. a., C-21/19 bis C-23/19, EU:C:2020:636, Rn. 55).
Zweitens ist festzustellen, dass Betriebe für die Verarbeitung von Material der Kategorie 3 nach Anhang IV Kapitel I Abschnitt 4 Nr. 3 der Verordnung Nr. 142/2011 über eine Einrichtung zur Kontrolle auf Vorhandensein von Fremdkörpern, wie etwa Verpackungsmaterial oder Metallteile, verfügen müssen. Wie der Generalanwalt in Nr. 45 seiner Schlussanträge ausgeführt hat und die Kommission und der Landkreis Greiz geltend gemacht haben, fallen Fremdkörper, mit denen Material der Kategorie 3 durchsetzt ist, daher nur dann unter diese Bestimmung, sofern sie sich leicht, sicher und unter Beachtung der Anforderungen, die die Richtlinie Nr. 1069/2009 bei dieser Kategorie im Hinblick auf den Grad der Gefahr stellt, entfernen lassen.
Fremdkörper wie Putzstücke oder Sägespäne können sich aber, selbst wenn sie aufgespürt werden können, derart eng mit dem tierischen Nebenprodukt verbinden, dass ihre Entfernung schwierig, wenn nicht unmöglich ist. Sie können deshalb nicht als Fremdkörper angesehen werden, die unter Anhang IV Kapitel I Abschnitt 4 Nr. 3 der Verordnung Nr. 142/2011 fallen.
Insoweit ist festzustellen, dass, wie der Generalanwalt in Nr. 74 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, das Gemisch aus tierischen Nebenprodukten und Fremdkörpern wie Putzstücken oder Sägespänen dieselben Eigenschaften hat und insbesondere denselben Grad der Gefahr aufweist wie Material der Kategorie 2 gemäß Art. 9 Buchst. d der Verordnung Nr. 1069/2009, der „Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aufgrund des Vorliegens von Fremdkörpern als für den menschlichen Verzehr nicht geeignet erklärt wurden“, umfasst. Ein Gemisch wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende ist mithin in die Kategorie 2 einzustufen. Für Erzeugnisse tierischen Ursprungs im Sinne dieser Bestimmung ergibt sich dies aus Art. 9 Buchst. d, für andere tierische Nebenprodukte aus Art. 9 Buchst. h der Verordnung.
Schließlich ist festzustellen, dass dem Vorbringen, dass aus Art. 14 Buchst. d der Verordnung Nr. 1069/2009 abgeleitet werden könne, dass bei Material der Kategorie 3 Zersetzung oder Verfall nicht für die Einstufung, sondern für die Verwendung relevant seien, nicht gefolgt werden kann. Eine solche Auslegung ließe sich weder mit dem Ziel noch mit der Systematik der Verordnung vereinbaren.
Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 45), enthalten die Art. 12 bis 14 der Verordnung Nr. 1069/2009 für Material der Kategorien 1 bis 3 im Sinne der Art. 8 bis 10 der Verordnung nämlich Listen mit Möglichkeiten der Beseitigung und Verwendung, die sich stets an dem Grad der Gefahr, den die verschiedenen Kategorien aufweisen, orientieren. Folglich legt Art. 14 der Verordnung keine Anforderungen für die Einstufung des Materials in Kategorien fest. Diese sind ausschließlich in den Art. 8 bis 10 der Verordnung definiert. An dem System der Einstufung, wie es der Unionsgesetzgeber in diesen Artikeln geschaffen hat, vermag Art. 14 der Verordnung deshalb nichts zu ändern.
In diesem Zusammenhang kann auch dem Vorbringen von Toropet nicht gefolgt werden, dass die ursprüngliche Einstufung des Materials in die Kategorie 3 unabhängig von der Zersetzung oder dem Verderb des Materials und unabhängig von der Durchsetzung mit Fremdkörpern bestehen bleiben könne, da das Material, auch wenn es nicht mehr zu Tierfutter verarbeitet werden könne, zu anderen Zwecken verwendet werden könne, etwa zur Verbrennung oder Umwandlung in Biogas. Wegen des hohen Grades der von dem in Rede stehenden Material für die Gesundheit von Mensch und Tier ausgehenden Gefahr vermag die Änderung seiner ursprünglichen Zweckbestimmung seine weitere Einstufung in die Kategorie 3 nicht zu rechtfertigen.
Nach alledem ist auf die drei Fragen zu antworten, dass Art. 7 Abs. 1, Art. 9 Buchst. h und Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung Nr. 1069/2009 im Licht von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung dahin auszulegen sind, dass tierische Nebenprodukte, die nach Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung ursprünglich als Material der Kategorie 3 eingestuft worden sind, wenn sie sich durch Zersetzung oder Verderb so verändert haben oder mit Fremdkörpern wie Putzstücken oder Sägespänen so durchsetzt sind, dass sie nicht mehr genusstauglich sind und/oder bei ihnen nicht angenommen werden kann, dass von ihnen keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht, nicht den ihrer Kategorie entsprechenden Grad der Gefahr aufweisen und daher in eine niedrigere Kategorie einzustufen sind.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 7 Abs. 1, Art. 9 Buchst. h und Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) sind im Licht von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung dahin auszulegen, dass tierische Nebenprodukte, die nach Art. 10 Buchst. a und f der Verordnung ursprünglich als Material der Kategorie 3 eingestuft worden sind, wenn sie sich durch Zersetzung oder Verderb so verändert haben oder mit Fremdkörpern wie Putzstücken oder Sägespänen so durchsetzt sind, dass sie nicht mehr genusstauglich sind und/oder bei ihnen nicht angenommen werden kann, dass von ihnen keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch oder Tier ausgeht, nicht den ihrer Kategorie entsprechenden Grad der Gefahr aufweisen und daher in eine niedrigere Kategorie einzustufen sind.
Vilaras
Piçarra
Šváby
Rodin
Jürimäe
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. September 2021.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Vierten Kammer
M. Vilaras
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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