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EuGH 13.03.2019 - C-437/17
EuGH 13.03.2019 - C-437/17 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) - 13. März 2019 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Art. 45 AEUV – Verordnung (EU) Nr. 492/2011 – Art. 7 Abs. 1 – Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit – Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub, die von der Dienstzeit des Arbeitnehmers bei dem Arbeitgeber abhängen – Nur teilweise Berücksichtigung von Dienstzeiten, die bei anderen Arbeitgebern zurückgelegt wurden – Arbeits- und Sozialrecht – Unterschiede zwischen den Systemen und Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten“
Leitsatz
In der Rechtssache C-437/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 29. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juli 2017, in dem Verfahren
Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH
gegen
EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter F. Biltgen und E. Levits (Berichterstatter),
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
des Gemeinsamen Betriebsrats EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH, vertreten durch S. Ameshofer sowie Rechtsanwälte G. Storch und R. Storch im Beistand von K. Mayr, Rechtsreferent,
der EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt F. Marhold,
der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und D. Martin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Juli 2018
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Gemeinsamen Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH (im Folgenden: Betriebsrat von Eurothermen) und der EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH (im Folgenden: Eurothermen) darüber, dass bei der Berechnung der Ansprüche der Arbeitnehmer von Eurothermen auf bezahlten Jahresurlaub Vordienstzeiten, die diese Arbeitnehmer bei anderen Arbeitgebern zurückgelegt haben, nur teilweise berücksichtigt werden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 bestimmt:
„Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.“
Österreichisches Recht
§ 2 Abs. 1 des Urlaubsgesetzes vom 7. Juli 1976 (BGBl. Nr. 1976/390 in der Fassung BGBl. I Nr. 2013/3, im Folgenden: UrlG) lautet:
„Dem Arbeitnehmer gebührt für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub. Das Urlaubsausmaß beträgt bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werktage und erhöht sich nach Vollendung des 25. Jahres auf 36 Werktage.“
§ 3 UrlG sieht vor:
„(1) Für die Bemessung des Urlaubsausmaßes sind Dienstzeiten bei demselben Arbeitgeber, die keine längeren Unterbrechungen als jeweils drei Monate aufweisen, zusammenzurechnen.
…
(2) Für die Bemessung des Urlaubsausmaßes sind anzurechnen:
die in einem anderen Arbeitsverhältnis … im Inland zugebrachte Dienstzeit, sofern sie mindestens je sechs Monate gedauert hat;
…
(3) Zeiten nach Abs. 2 Z 1 … sind insgesamt nur bis zum Höchstausmaß von fünf Jahren anzurechnen. …
…“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
Eurothermen ist eine im Tourismusbereich tätige Gesellschaft. Sie hat ihren Sitz in Bad Schallerbach (Österreich) und beschäftigt eine Reihe von Arbeitnehmern, die Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten als der Republik Österreich zurückgelegt haben.
Der Betriebsrat von Eurothermen erhob als zuständiges Organ der Arbeitnehmerschaft von Eurothermen eine Klage im Rahmen des besonderen Verfahrens gemäß § 54 Abs. 1 des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes vom 7. März 1985 (BGBl. Nr. 104/1985).
Bei dieser Klage, die sich gegen Eurothermen richtet, geht es um die Ansprüche der Arbeitnehmer von Eurothermen, die Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten als der Republik Österreich zurückgelegt haben, auf bezahlten Jahresurlaub.
Nach Ansicht des Betriebsrats von Eurothermen stellt der Umstand, dass § 3 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 UrlG die Berücksichtigung von Vordienstzeiten, die bei anderen, in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Arbeitgebern zurückgelegt worden sind, auf fünf Jahre beschränkt, eine Beschränkung der in Art. 45 AEUV garantierten Arbeitnehmerfreizügigkeit dar.
Er ist der Auffassung, dass diese Vordienstzeiten nach dem Unionsrecht vollständig angerechnet werden müssten, so dass jeder Arbeitnehmer mit 25-jähriger Berufserfahrung nach § 2 Abs. 1 UrlG Anspruch auf eine sechste Urlaubswoche habe.
Die Klage des Betriebsrats von Eurothermen wurde in erster Instanz vom Landesgericht Wels (Österreich) und in der Berufungsinstanz vom Oberlandesgericht Linz (Österreich) abgewiesen.
Der im Wege der Revision angerufene Oberste Gerichtshof (Österreich) hat Zweifel, ob eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige eine mittelbare Diskriminierung im Hinblick auf Art. 45 AEUV in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 oder eine Beschränkung im Sinne von Art. 45 AEUV darstellt. Für den Fall, dass dies zu bejahen ist, stellt sich nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs zudem die Frage nach der Rechtfertigung dieser Regelung.
Der Oberste Gerichtshof weist insoweit darauf hin, dass nach seiner eigenen ständigen Rechtsprechung und einhelliger Literaturmeinung § 3 Abs. 2 Z 1 UrlG dahin auszulegen sei, dass Vordienstzeiten bei anderen inländischen und ausländischen Arbeitgebern gleich behandelt werden müssten. Somit seien ungeachtet des Wortlauts dieser Bestimmung im Ausland zurückgelegte Vordienstzeiten ebenfalls bis zu einer Dauer von höchstens fünf Jahren zu berücksichtigen.
Unter diesen Umständen hat der Oberste Gerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren (§ 3 Abs. 2 Z 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 und § 2 Abs. 1 UrlG) entgegenstehen, wonach einem Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Dienstjahre aufweist, diese aber nicht beim selben österreichischen Arbeitgeber absolviert hat, ein Jahresurlaub nur im Ausmaß von fünf Wochen gebührt, während einem Arbeitnehmer, der 25 Dienstjahre beim selben österreichischen Arbeitgeber erbracht hat, ein Anspruch auf sechs Wochen pro Jahr zusteht?
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegenstehen, wonach bei der Feststellung, ob ein Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Jahre Berufstätigkeit aufweist, Anspruch darauf hat, dass sich sein bezahlter Jahresurlaub von fünf auf sechs Wochen erhöht, von den Jahren, die er im Rahmen eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse zurückgelegt hat, die dem Arbeitsverhältnis mit seinem derzeitigen Arbeitgeber vorausgegangen sind, nur höchstens fünf Berufsjahre angerechnet werden, auch wenn ihre tatsächliche Zahl mehr als fünf beträgt.
Zu Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011
Art. 45 Abs. 2 AEUV verbietet jede auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 stellt nur eine besondere Ausprägung des in Art. 45 Abs. 2 AEUV verankerten Diskriminierungsverbots auf dem speziellen Gebiet der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen dar und ist daher ebenso auszulegen wie Art. 45 Abs. 2 AEUV (Urteil vom 5. Dezember 2013, Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken, im Folgenden: Urteil SALK, C-514/12, EU:C:2013:799, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Da die den Arbeitnehmern eingeräumten Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub unbestreitbar zum Gebiet der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gehören, fällt die im Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung somit in den Anwendungsbereich der in der vorstehenden Randnummer angeführten Bestimmungen.
Nach ständiger Rechtsprechung verbietet der sowohl in Art. 45 AEUV als auch in Art. 7 der Verordnung Nr. 492/2011 niedergelegte Grundsatz der Gleichbehandlung nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungskriterien de facto zum gleichen Ergebnis führen (vgl. u. a. Urteile vom 5. Dezember 2013, SALK, C-514/12, EU:C:2013:799, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 2. März 2017, Eschenbrenner, C-496/15, EU:C:2017:152, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof klargestellt, dass eine Vorschrift des nationalen Rechts, wenn sie – obwohl sie ungeachtet der Staatsangehörigkeit anwendbar ist – sich ihrem Wesen nach stärker auf Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, als auf inländische Arbeitnehmer auswirken kann und folglich die Gefahr besteht, dass sie die Erstgenannten besonders benachteiligt, als mittelbar diskriminierend anzusehen ist, sofern sie nicht objektiv gerechtfertigt ist und in angemessenem Verhältnis zum verfolgten Ziel steht (vgl. Urteil vom 2. März 2017, Eschenbrenner, C-496/15, EU:C:2017:152, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall beträgt der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gemäß § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 bis 3 UrlG nach 25 Berufsjahren sechs Wochen, wenn die Berufsjahre beim derzeitigen Arbeitgeber zurückgelegt worden sind. War der Arbeitnehmer vorher bei einem oder mehreren anderen Arbeitgebern tätig, kann von den bei den anderen Arbeitgebern zurückgelegten Zeiten lediglich ein Zeitraum von insgesamt höchstens fünf Jahren berücksichtigt werden. Für einen Anspruch auf sechs Wochen bezahlten Jahresurlaub muss ein Arbeitnehmer demnach entweder 25 Berufsjahre bei seinem derzeitigen Arbeitgeber zurückgelegt haben oder insgesamt 25 Berufsjahre aufweisen, von denen er wenigstens 20 bei seinem derzeitigen Arbeitgeber verbracht hat.
Wie in Rn. 13 des vorliegenden Urteils dargelegt, stellt der Wortlaut von § 3 Abs. 2 Z 1 UrlG zwar nur auf im „Inland“ zurückgelegte Vordienstzeiten ab, nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und einhelliger Literaturmeinung ist diese Bestimmung aber dahin auszulegen, dass die von einem Arbeitnehmer bei anderen Arbeitgebern zurückgelegten Vordienstzeiten unabhängig davon, ob sie im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurden, in gleicher Weise bis zu einer Gesamtdauer von höchstens von fünf Jahren berücksichtigt werden.
Zum Vorliegen einer eventuellen gegen Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßenden Diskriminierung ist zu bemerken, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige – wie der Generalanwalt in Nr. 21 seiner Schlussanträge feststellt – eine Unterscheidung zwischen den Arbeitnehmern vornimmt, die an das Kriterium der Dienstzeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber anknüpft. Nach dieser Regelung zählen nämlich von den bei einem oder mehreren früheren Arbeitgebern zurückgelegten Jahren nur höchstens fünf Berufsjahre, auch wenn ihre tatsächliche Zahl mehr als fünf Jahre beträgt, so dass ein Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Berufsjahre aufweist und davon mindestens 20 bei seinem derzeitigen Arbeitgeber zurückgelegt hat, Anspruch auf sechs Wochen bezahlten Jahresurlaub hat, während ein Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Berufsjahre aufweist, davon aber keine 20 bei seinem derzeitigen Arbeitgeber zurückgelegt hat, Anspruch auf lediglich fünf Wochen bezahlten Jahresurlaub hat.
Folglich kann eine solche Regelung, da sie unterschiedslos für alle Arbeitnehmer mit mindestens 25 Berufsjahren gilt, ohne dass es auf ihre Staatsangehörigkeit ankommt, keine unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpfende Diskriminierung begründen.
Nach Ansicht des Betriebsrats von Eurothermen und der Europäischen Kommission ist die im Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung als mittelbar diskriminierend anzusehen. Die allermeisten österreichischen Arbeitnehmer wohnten nämlich in Österreich und träten dort in das Berufsleben ein, so dass sie leicht 25 Jahre lang ununterbrochen im Dienst ein und desselben Arbeitgebers verbleiben und damit nach Art. 2 Abs. 1 UrlG den Anspruch auf eine sechste Woche bezahlten Jahresurlaubs erwerben könnten. Insoweit genüge die Feststellung, dass die meisten Arbeitnehmer, die die in § 2 Abs. 1 UrlG vorgesehene Voraussetzung einer Dienstzeit von 25 Jahren erfüllten, Österreicher seien.
Hingegen träten Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten seien, üblicherweise in ihrem Herkunftsmitgliedstaat in das Berufsleben ein und wechselten erst im weiteren Verlauf ihres Berufslebens zu einem österreichischen Arbeitgeber. Für sie sei es daher schwerer, die Dienstzeit zu erreichen, die erforderlich sei, um ebenso wie die österreichischen Arbeitnehmer in den Genuss der sechsten Woche bezahlten Jahresurlaubs zu kommen. Die meisten Arbeitnehmer, die von der in § 3 Abs. 3 UrlG vorgesehenen nur teilweisen Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern betroffen seien, seien Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten.
Erstens ist zu bemerken, dass die im Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung sämtliche Arbeitnehmer, sowohl österreichische als auch Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten, die 25 Jahre berufstätig waren, davon aber keine 20 bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber zurückgelegt haben, gegenüber denjenigen benachteiligt, die 25 Jahre berufstätig waren und davon mindestens 20 bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber zurückgelegt haben. Denn bei der erstgenannten Kategorie von Arbeitnehmern hat der Beschäftigungswechsel zur Folge, dass die bei vorherigen Arbeitgebern erworbene Berufserfahrung nur bis zu der in § 3 Abs. 3 UrlG vorgesehenen Grenze von fünf Jahren angerechnet wird.
Damit diese Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, die an das Kriterium der Dienstzeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber anknüpft, als mittelbar diskriminierend im Sinne von Art. 45 Abs. 2 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 angesehen werden kann, muss sie sich ihrem Wesen nach stärker auf Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, als auf inländische Arbeitnehmer auswirken können.
Entgegen dem Vorbringen des Betriebsrats von Eurothermen und der Kommission ergibt sich indessen aus dem Vorlagebeschluss, dass nichts darauf hindeutet, dass österreichische Arbeitnehmer üblicherweise 25 Jahre im Dienst ihres derzeitigen Arbeitgebers verbleiben. Folglich ist nicht nachgewiesen, dass diese Regelung speziell österreichische Arbeitnehmer gegenüber Arbeitnehmern, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, bevorzugt.
In Anbetracht dieser Erwägungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmer, die von der in § 3 Abs. 3 UrlG vorgesehenen begrenzten Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern betroffen sind, mehrheitlich Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind.
Entgegen dem, was die Kommission in ihren Erklärungen vorbringt, würde im Übrigen die Feststellung – auch wenn sie sich als zutreffend erweisen sollte –, dass die meisten Arbeitnehmer, die das in § 2 Abs. 1 UrlG vorgesehene Kriterium der Dienstzeit von 25 Jahren erfüllen, österreichische Staatsangehörige sind, als solche entsprechend den Ausführungen in Rn. 28 des vorliegenden Urteils nicht die Schlussfolgerung erlauben, dass Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, mittelbar diskriminiert werden.
Zweitens kann die Kommission ihre Argumentation weder allgemein auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach es für die Einstufung einer nationalen Maßnahme als „mittelbar diskriminierend“ nicht erforderlich ist, dass diese bewirkt, dass alle Inländer begünstigt oder ausschließlich die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten benachteiligt werden (Urteil vom 20. Juni 2013, Giersch u. a., C-20/12, EU:C:2013:411, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung), noch speziell auf die vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 5. Dezember 2013, SALK (C-514/12, EU:C:2013:799), gegebene Antwort stützen.
Zum einen ist nämlich, wie der Generalanwalt in Nr. 35 seiner Schlussanträge ausführt, die in der vorstehenden Randnummer angeführte Rechtsprechung erst dann einschlägig, wenn feststeht, dass sich die im Ausgangsverfahren streitige nationale Regelung mehr auf Arbeitnehmer, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, auswirken kann als auf inländische Arbeitnehmer. Da dies vorliegend jedoch nicht der Fall ist, kann die angeführte Rechtsprechung nicht als Grundlage für die Feststellung dienen, dass diese Regelung als mittelbar diskriminierend anzusehen ist.
Zum anderen ging es in der Rechtssache, die zu dem Urteil vom 5. Dezember 2013, SALK (C-514/12, EU:C:2013:799), geführt hat, um Dienstnehmer einer Gebietskörperschaft, deren streitige Regelung die Mobilität innerhalb einer Gruppe verschiedener Arbeitgeber gewährleisten und nicht die Treue eines Arbeitnehmers gegenüber einem bestimmten Arbeitgeber honorieren sollte. Die vom Gerichtshof in jenem Urteil angestellten Erwägungen können folglich nicht auf die im Ausgangsverfahren streitige Regelung übertragen werden, die gerade die Treue eines Arbeitnehmers gegenüber seinem derzeitigen Arbeitgeber honorieren soll.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige, die eine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern einführt, die an das Kriterium ihrer Dienstzeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber anknüpft, nicht aus diesem Grund als eine mittelbare Diskriminierung von Arbeitnehmern, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind, und damit nicht als Verstoß gegen Art. 45 Abs. 2 AEUV angesehen werden kann.
Zu Art. 45 Abs. 1 AEUV
Geprüft werden muss noch, ob die im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Bestimmungen eine nach Art. 45 Abs. 1 AEUV verbotene Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit darstellen.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 45 AEUV sowie sämtliche Bestimmungen des Vertrags über die Freizügigkeit zwar den Unionsbürgern die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Union erleichtern sollen und Maßnahmen entgegenstehen, die die Unionsbürger benachteiligen könnten, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als ihres Herkunftsmitgliedstaats eine Tätigkeit ausüben wollen. In diesem Zusammenhang haben die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten insbesondere das unmittelbar aus dem Vertrag abgeleitete Recht, ihren Herkunftsmitgliedstaat zu verlassen, um sich zur Ausübung einer Tätigkeit in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben und sich dort aufzuhalten (Urteil vom 18. Juli 2017, Erzberger, C-566/15, EU:C:2017:562, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Das Primärrecht der Union kann einem Arbeitnehmer jedoch nicht garantieren, dass ein Umzug in einen anderen Mitgliedstaat als seinen Herkunftsmitgliedstaat in sozialer Hinsicht neutral ist, da ein solcher Umzug aufgrund der Unterschiede, die zwischen den Systemen und Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestehen, für die betreffende Person je nach Einzelfall Vorteile oder Nachteile in diesem Bereich haben kann (Urteil vom 18. Juli 2017, Erzberger, C-566/15, EU:C:2017:562, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Das Unionsrecht garantiert nämlich nur, dass Arbeitnehmer, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als ihres Herkunftsmitgliedstaats eine Tätigkeit ausüben, denselben Bedingungen unterliegen wie die Arbeitnehmer dieses anderen Mitgliedstaats (Urteil vom 23. Januar 2019, Zyla, C-272/17, EU:C:2019:49, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Wie der Generalanwalt in den Nrn. 51 und 58 seiner Schlussanträge feststellt, gelten die entsprechenden Erwägungen sowohl für einen Arbeitnehmer, der einen den österreichischen Rechtsvorschriften unterworfenen Arbeitgeber verlassen möchte, als auch für einen Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaats ist und eine Beschäftigung in Österreich attraktiv findet.
Entgegen dem Vorbringen des Betriebsrats von Eurothermen und der Kommission ist die im Ausgangsverfahren streitige Regelung nicht geeignet, österreichische Arbeitnehmer, die beabsichtigten, ihren derzeitigen Arbeitgeber zu verlassen, um zu einem Arbeitgeber eines anderen Mitgliedstaats zu wechseln, aber den Wunsch haben, anschließend in den Dienst ihres ersten Arbeitgebers zurückzukehren, hiervon abzuhalten. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Generalanwalts in den Nrn. 60 bis 62 seiner Schlussanträge ist zu bemerken, dass sich die entsprechende Argumentation auf eine Gesamtheit von Umständen stützt, die zu ungewiss und zu indirekt sind, als dass diese Regelung die Arbeitnehmerfreizügigkeit beeinträchtigen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 2000, Graf, C-190/98, EU:C:2000:49, Rn. 25).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige nicht als eine nach Art. 45 Abs. 1 AEUV verbotene „Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit“ eingestuft werden kann.
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, wonach bei der Feststellung, ob ein Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Jahre Berufstätigkeit aufweist, Anspruch darauf hat, dass sich sein bezahlter Jahresurlaub von fünf auf sechs Wochen erhöht, von den Jahren, die er im Rahmen eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse zurückgelegt hat, die dem Arbeitsverhältnis mit seinem derzeitigen Arbeitgeber vorausgegangen sind, nur höchstens fünf Berufsjahre angerechnet werden, auch wenn ihre tatsächliche Zahl mehr als fünf beträgt.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, wonach bei der Feststellung, ob ein Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Jahre Berufstätigkeit aufweist, Anspruch darauf hat, dass sich sein bezahlter Jahresurlaub von fünf auf sechs Wochen erhöht, von den Jahren, die er im Rahmen eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse zurückgelegt hat, die dem Arbeitsverhältnis mit seinem derzeitigen Arbeitgeber vorausgegangen sind, nur höchstens fünf Berufsjahre angerechnet werden, auch wenn ihre tatsächliche Zahl mehr als fünf beträgt.
Lenaerts
Biltgen
Levits
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. März 2019.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident
K. Lenaerts
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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