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EuGH 17.12.2015 - C-388/14
EuGH 17.12.2015 - C-388/14 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer) - 17. Dezember 2015 ( *) - „Vorlage zur Vorabentscheidung — Steuerrecht — Körperschaftsteuer — Niederlassungsfreiheit — Gebietsfremde Betriebsstätte — Vermeidung der Doppelbesteuerung durch Steuerbefreiung der Einkünfte der gebietsfremden Betriebsstätte — Berücksichtigung der Verluste einer solchen Betriebsstätte — Hinzurechnung der zuvor abgezogenen Verluste im Fall der Veräußerung der gebietsfremden Betriebsstätte — Endgültige Verluste“
Leitsatz
In der Rechtssache C-388/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 19. Februar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 14. August 2014, in dem Verfahren
Timac Agro Deutschland GmbH
gegen
Finanzamt Sankt Augustin
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas, E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
des Finanzamts Sankt Augustin, vertreten durch U. Strake und H. Brandenberg als Bevollmächtigte,
der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und K. Petersen als Bevollmächtigte,
der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, J.-S. Pilczer und S. Ghiandoni als Bevollmächtigte,
der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer, E. Lachmayer, A. Wild und M. Klamert als Bevollmächtigte,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch J. Kraehling als Bevollmächtigte im Beistand von S. Ford und N. Saunders, Barristers,
der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und M. Wasmeier als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. September 2015
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 AEUV.
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Timac Agro Deutschland GmbH (im Folgenden: Timac Agro), einer Kapitalgesellschaft deutschen Rechts, und dem Finanzamt Sankt Augustin über die Nachversteuerung zuvor abgezogener Verluste einer gebietsfremden Betriebsstätte von Timac Agro aus den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 durch das Finanzamt anlässlich der Veräußerung dieser Betriebsstätte an eine gebietsfremde Schwestergesellschaft sowie über die Weigerung des Finanzamts, die nach der Veräußerung in den Veranlagungszeiträumen ab 1999 entstandenen Verluste dieser Betriebsstätte zu berücksichtigen.
Rechtlicher Rahmen
Deutsches Recht
§ 2a Abs. 3 Sätze 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in seiner in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 anwendbaren Fassung sieht vor:
„Sind nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei einem unbeschränkt Steuerpflichtigen aus einer in einem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätte stammende Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit von der Einkommensteuer zu befreien, so ist auf Antrag des Steuerpflichtigen ein Verlust, der sich nach den Vorschriften des inländischen Steuerrechts bei diesen Einkünften ergibt, bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen, soweit er vom Steuerpflichtigen ausgeglichen oder abgezogen werden könnte, wenn die Einkünfte nicht von der Einkommensteuer zu befreien wären, und soweit er nach diesem Abkommen zu befreiende positive Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit aus anderen in diesem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten übersteigt. Soweit der Verlust dabei nicht ausgeglichen wird, ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10d der Verlustabzug zulässig. Der nach den Sätzen 1 und 2 abgezogene Betrag ist, soweit sich in einem der folgenden Veranlagungszeiträume bei den nach diesem Abkommen zu befreienden Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit aus in diesem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten insgesamt ein positiver Betrag ergibt, in dem betreffenden Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte wieder hinzuzurechnen. Satz 3 ist nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass nach den für ihn geltenden Vorschriften des ausländischen Staates ein Abzug von Verlusten in anderen Jahren als dem Verlustjahr allgemein nicht beansprucht werden kann.“
§ 52 Abs. 3 Sätze 3 und 5 EStG in der 2005 anwendbaren Fassung bestimmt:
„§ 2a Abs. 3 Satz 3, 5 und 6 in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1997 (BGBl. I S. 821) ist für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2008 weiter anzuwenden, soweit sich ein positiver Betrag im Sinne des § 2a Abs. 3 Satz 3 ergibt oder soweit eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte im Sinne des § 2a Abs. 4 in der Fassung des Satzes 5 in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, übertragen oder aufgegeben wird … § 2a Abs. 4 ist für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2008 in der folgenden Fassung anzuwenden:
Wird eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte
in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt oder
entgeltlich oder unentgeltlich übertragen oder
aufgegeben, …
so ist ein nach Absatz 3 Satz 1 und 2 abgezogener Verlust, soweit er nach Absatz 3 Satz 3 nicht wieder hinzugerechnet worden ist oder nicht noch hinzuzurechnen ist, im Veranlagungszeitraum der Umwandlung, Übertragung oder Aufgabe in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 3 dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.‘“
Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
Art. 4 Abs. 1 des am 4. Oktober 1954 geschlossenen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern (BGBl. 1955 II S. 749) in der durch das Abkommen vom 8. Juli 1992 (BGBl. 1994 II S. 122) geänderten Fassung sieht vor:
„Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten als Unternehmer oder Mitunternehmer Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen, dessen Wirkung sich auf das Gebiet des anderen Staates erstreckt, so hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte nur insoweit, als sie auf eine dort befindliche Betriebsstätte des Unternehmens entfallen.“
Art. 7 Abs. 1 des Abkommens vom 24. August 2000 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl. 2000 II S. 734, im Folgenden: deutsch-österreichisches Abkommen) bestimmt:
„Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats dürfen nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so dürfen die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können.“
In Art. 23 Abs. 1 des deutsch-österreichischen Abkommens heißt es:
„Bei einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:
Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden die Einkünfte aus der Republik Österreich sowie die in der Republik Österreich gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach diesem Abkommen in der Republik Österreich besteuert werden dürfen und nicht unter Buchstabe b fallen.“
Art. 12 Buchst. b des Protokolls zum deutsch-österreichischen Abkommen bestimmt zu Art. 24 dieses Abkommens:
„Erleiden in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Personen ab dem Wirtschaftsjahr 1990 (1989/90) Verluste in österreichischen Betriebsstätten, werden bis einschließlich des Wirtschaftsjahres 1997 (1996/97) entstandene Verluste nach den Vorschriften des § 2a Absatz 3 [EStG] berücksichtigt. Ab der Veranlagung 1994 unterbleiben Hinzurechnungen gemäß § 2a Absatz 3 dritter Satz [EStG]. Soweit eine steuerliche Verwertung nach diesen Vorschriften in der Bundesrepublik Deutschland nicht vorgenommen werden kann, weil bereits Rechtskraft eingetreten und eine Verfahrenswiederaufnahme wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr möglich ist, ist eine Berücksichtigung in der Republik Österreich im Wege des Verlustabzugs zulässig. Ab dem Wirtschaftsjahr 1998 (1997/98) entstehende Verluste sind auf der Grundlage der Gegenseitigkeit im Betriebsstättenstaat zu berücksichtigen. Die vorstehenden Regelungen sind nur insoweit wirksam, als dies nicht zu einer Doppelberücksichtigung der Verluste führt.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Timac Agro ist eine Kapitalgesellschaft deutschen Rechts und gehört zu einer französischen Unternehmensgruppe. Sie unterhielt seit 1997 eine Betriebsstätte in Österreich. Diese wurde zum 31. August 2005 entgeltlich auf eine in Österreich ansässige Gesellschaft übertragen, die zum gleichen Konzern wie Timac Agro gehört.
Damit stellte sich die Frage der Behandlung der Verluste dieser gebietsfremden Betriebsstätte, denn zwischen 1997 und 2005 hatte sie in jedem Veranlagungszeitraum – mit Ausnahme der Jahre 2000 und 2005 – Verluste erwirtschaftet.
Im Anschluss an eine Steuerprüfung wurden die steuerlichen Bemessungsgrundlagen von Timac Agro für die Jahre 1997 bis 2004 berichtigt. Zum einen wurden die Verluste der österreichischen Betriebsstätte, die ursprünglich von den Einkünften von Timac Agro in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 abgezogen worden waren, ihrem steuerlichen Ergebnis im Veranlagungszeitraum 2005 hinzugerechnet. Zum anderen wurde die Einbeziehung der Verluste dieser Betriebsstätte in die steuerliche Bemessungsgrundlage von Timac Agro für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2004 abgelehnt.
Timac Agro focht diese Berichtigungen an und erhob beim Finanzgericht Köln Klage. Zur Stützung ihrer Klage machte sie geltend, dass sowohl die Hinzurechnung der in ihrer österreichischen Betriebsstätte in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 angefallenen Verluste als auch die Versagung der Möglichkeit, die Verluste dieser Betriebsstätte in den Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2004 in Abzug zu bringen, mit der Niederlassungsfreiheit unvereinbar seien.
Hinsichtlich der streitigen Verlusthinzurechnung meint das vorlegende Gericht, der Gerichtshof habe noch nicht geklärt, ob eine solche Hinzurechnung im Anschluss an die Veräußerung einer gebietsfremden Betriebsstätte mit dem Unionsrecht vereinbar sei.
Zwar sei der Sachverhalt, der dem Urteil Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt (C-157/07, EU:C:2008:588) zugrunde liege, teilweise mit dem des Ausgangsverfahrens vergleichbar; in diesem Urteil sei es aber darum gegangen, dass die Verluste der Bemessungsgrundlage bis zur Höhe der Gewinne der gebietsfremden Betriebsstätte hinzugerechnet worden seien. Im vorliegenden Fall sei die Hinzurechnung der Verluste hingegen wegen der Veräußerung der gebietsfremden Betriebsstätte ohne Zusammenhang mit etwaigen Gewinnen dieser Betriebsstätte erfolgt.
Für den Fall, dass der Gerichtshof die sich aus dem genannten Urteil ergebenden Grundsätze auch auf einen Fall wie den vorliegenden für anwendbar halten sollte, wirft das vorlegende Gericht die Frage auf, ob die vom Gerichtshof in den Rn. 55 und 56 des Urteils Marks & Spencer (C-446/03, EU:C:2005:763) zu endgültigen Verlusten aufgestellten Grundsätze auf die Verluste in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 Anwendung finden könnten, die, nachdem sie wieder hinzugerechnet worden seien, in Deutschland nicht mehr berücksichtigt würden.
Hinsichtlich der Weigerung, die Verluste der in Österreich belegenen Betriebsstätte für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2004 zu berücksichtigen, weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Republik Österreich nach dem deutsch-österreichischen Abkommen das ausschließliche Recht zur Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte zustehe. Die Regelung dieses Doppelbesteuerungsabkommens erfasse nicht nur die Gewinne, sondern auch die Verluste. Die Klage von Timac Agro könnte daher nur Erfolg haben, wenn das deutsch-österreichische Abkommen gegen die Niederlassungsfreiheit verstieße.
Das vorlegende Gericht möchte außerdem wissen, ob in der bei ihm anhängigen Rechtssache endgültige Verluste im Sinne der in den Rn. 55 und 56 des Urteils Marks & Spencer (C-446/03, EU:C:2005:763) aufgestellten Grundsätze vorliegen. Es vermag bislang nicht zu erkennen, nach welchen Kriterien sich die Anwendbarkeit dieser Grundsätze richtet.
Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Köln beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 49 AEUV so zu verstehen, dass er einer Regelung wie § 52 Abs. 3 EStG entgegensteht, soweit Ursache der Hinzurechnung in Höhe zuvor bei der gebietsansässigen Muttergesellschaft steuermindernd berücksichtigter Verluste aus einer gebietsfremden Betriebsstätte die Veräußerung dieser Betriebsstätte an eine andere Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern wie die Veräußerin gehört, und nicht die Erzielung von Gewinnen ist?
Ist Art. 49 AEUV so zu verstehen, dass er einer Regelung wie Art. 23 Abs. 1 Buchst. a des deutsch-österreichischen Abkommens, wonach von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer Einkünfte aus Österreich ausgenommen werden, wenn diese in Österreich besteuert werden dürfen, entgegensteht, wenn in einer österreichischen Betriebsstätte einer deutschen Kapitalgesellschaft angefallene Verluste deshalb nicht mehr in Österreich berücksichtigt werden können, weil die Betriebsstätte an eine österreichische Kapitalgesellschaft, die zu dem gleichen Konzern gehört wie die deutsche Kapitalgesellschaft, veräußert wird?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 49 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach, wenn eine gebietsansässige Gesellschaft eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte an eine gebietsfremde, zum gleichen Konzern wie die veräußernde Gesellschaft gehörende Gesellschaft veräußert, die zuvor abgezogenen Verluste der veräußerten Betriebsstätte dem steuerlichen Ergebnis der veräußernden Gesellschaft wieder hinzugerechnet werden, sofern die Einkünfte einer solchen Betriebsstätte aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Mitgliedstaat des Sitzes der Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehörte, von der Steuer befreit sind.
Die Niederlassungsfreiheit schließt für die im Einklang mit den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Europäischen Union haben, das Recht ein, ihre Tätigkeit im betreffenden Mitgliedstaat durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Auch wenn die Bestimmungen des AEU-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit die Inländerbehandlung im Aufnahmemitgliedstaat sichern sollen, verbieten sie es doch ebenfalls, dass der Herkunftsmitgliedstaat die Niederlassung einer nach seinem Recht gegründeten Gesellschaft – insbesondere durch eine Betriebsstätte – in einem anderen Mitgliedstaat behindert (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Niederlassungsfreiheit wird behindert, wenn nach der Steuerregelung eines Mitgliedstaats eine gebietsansässige Gesellschaft, die eine Tochtergesellschaft oder eine Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat unterhält, steuerlich ungünstiger behandelt wird als eine gebietsansässige Gesellschaft mit einer Betriebsstätte oder einer Tochtergesellschaft im erstgenannten Mitgliedstaat (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Berücksichtigung von Verlusten einer gebietsfremden Betriebsstätte bei der Ermittlung des Ergebnisses und der Berechnung der steuerpflichtigen Einkünfte der Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehört, stellt, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, einen Steuervorteil dar (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Darüber hinaus ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine nur im Fall der Veräußerung einer gebietsfremden Betriebsstätte stattfindende Hinzurechnung solcher Verluste dazu führt, dass einer Gesellschaft mit einer Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Sitzes, anders als eine Gesellschaft mit einer Betriebsstätte im selben Mitgliedstaat, dieser Steuervorteil genommen wird, und dass sie somit eine ungünstigere Behandlung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 21).
Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich außerdem, dass diese ungünstigere Behandlung geeignet ist, eine gebietsansässige Gesellschaft davon abzuhalten, ihre Tätigkeit über eine Betriebsstätte auszuüben, die in einem anderen Mitgliedstaat belegen ist als dem, in dem sich ihr Sitz befindet, und folglich eine Beschränkung darstellt, die nach den Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich unzulässig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 22).
Eine solche Beschränkung ist nur statthaft, wenn sie Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Situationen ist darauf hinzuweisen, dass sich Betriebsstätten, die in einem anderen als dem betreffenden Mitgliedstaat belegen sind, in Bezug auf Maßnahmen dieses Mitgliedstaats, die zur Vermeidung oder Abschwächung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsansässigen Gesellschaft dienen, grundsätzlich nicht in einer mit der Situation gebietsansässiger Betriebsstätten vergleichbaren Situation befinden (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 24).
Die Bundesrepublik Deutschland hat jedoch dadurch, dass sie den Abzug von Verlusten einer in Österreich belegenen Betriebsstätte zugelassen hat, der gebietsansässigen Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehörte, in gleicher Weise einen Steuervorteil gewährt, wie wenn die Betriebsstätte in Deutschland belegen gewesen wäre, und sie somit einer gebietsansässigen Betriebsstätte im Hinblick auf den Verlustabzug gleichgestellt (vgl. in diesem Sinne Urteile Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C-157/07, EU:C:2008:588, Rn. 35, und Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 24). Unter diesen Umständen ist daher die Situation einer gebietsansässigen Gesellschaft, die eine Betriebsstätte in Österreich besitzt, mit der einer gebietsansässigen Gesellschaft, die eine Betriebsstätte in Deutschland besitzt, vergleichbar.
Eine Rechtfertigung der Beschränkung kann sich deshalb nur aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses ergeben. In diesem Fall muss die Beschränkung zudem geeignet sein, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Die Bundesrepublik Deutschland hebt hervor, dass die Einkünfte aus einer in Österreich belegenen Betriebsstätte sowohl während des Zeitraums, in dem die Betriebsstätte zu einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft gehört habe, als auch zum Zeitpunkt der Veräußerung dieser Betriebsstätte in Deutschland von der Steuer befreit seien, da die Befugnis zur Besteuerung dieser Einkünfte nach dem deutsch-österreichischen Abkommen der Republik Österreich zustehe.
Sie führt weiter aus, die im Ausgangsverfahren streitige Hinzurechnung entspreche dem Betrag der zuvor abgezogenen Verluste. Diese Hinzurechnung stelle somit den steuerlichen Ausgleich des Teils der Gewinne der gebietsansässigen Gesellschaft dar, der zuvor nicht besteuert worden sei.
Mit der im Ausgangsverfahren streitigen Steuerregelung solle zudem verhindert werden, dass Steuerpflichtige durch die Vereinbarung unter dem Marktpreis liegender Verkaufspreise oder andere Gestaltungen die Hinzurechnungsregelung umgehen und die Nachversteuerung vereiteln könnten.
Die im Ausgangsverfahren streitige Steuerregelung sei daher durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt, die sich aus dem Erfordernis, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten zu gewährleisten, sowie dem Erfordernis der Kohärenz des Steuersystems und der Verhinderung von Steuerumgehung ergäben.
Was zunächst das Erfordernis angeht, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren, so handelt es sich dabei um ein vom Gerichtshof anerkanntes legitimes Ziel, aufgrund dessen es erforderlich sein kann, auf die wirtschaftlichen Tätigkeiten der in einem dieser Mitgliedstaaten ansässigen Steuerpflichtigen, sowohl was Gewinne als auch was Verluste betrifft, nur dessen Steuerregeln anzuwenden (Urteil K, C-322/11, EU:C:2013:716, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Dieses Ziel bezweckt, wie der Gerichtshof bereits hervorgehoben hat, u. a. die Wahrung der Symmetrie zwischen dem Recht zur Besteuerung der Gewinne und der Möglichkeit, Verluste in Abzug zu bringen, um insbesondere zu verhindern, dass der Steuerpflichtige den Mitgliedstaat, in dem er solche Gewinne oder Verluste geltend macht, frei wählt (Urteil K, C-322/11, EU:C:2013:716, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im Ausgangsverfahren stünde der Bundesrepublik Deutschland, wenn das deutsch-österreichische Abkommen nicht zur Anwendung käme, das Recht zu, die Einkünfte aus einer in Österreich belegenen Betriebsstätte, die zu einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft gehört, zu besteuern.
Infolge der Anwendung des deutsch-österreichischen Abkommens hat die Bundesrepublik Deutschland aber keine Steuerhoheit über diese Einkünfte ausgeübt. Würde der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit versagt, dem steuerlichen Ergebnis der gebietsansässigen Gesellschaft die zuvor abgezogenen Verluste der in Österreich ansässigen Betriebsstätte wieder hinzuzurechnen, wenn die Betriebsstätte veräußert wird, liefe dies darauf hinaus, der gebietsansässigen Gesellschaft zu gestatten, den Mitgliedstaat, in dem sie diese Verluste geltend macht, frei zu wählen (vgl. in diesem Sinne Urteil Lidl Belgium, C-414/06, EU:C:2008:278, Rn. 34).
Unter diesen Umständen erlaubt die im Ausgangsverfahren streitige Hinzurechnung die Wahrung der Symmetrie zwischen dem Recht zur Besteuerung der Gewinne und der Möglichkeit zum Abzug von Verlusten und somit die Gewährleistung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten.
Ferner handelt es sich auch bei der Rechtfertigung, die auf das Erfordernis gestützt wird, die Kohärenz des nationalen Steuersystems zu wahren, um ein vom Gerichtshof anerkanntes legitimes Ziel. Ein auf eine solche Rechtfertigung gestütztes Argument kann nur dann durchgreifen, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dem Ausgleich dieses Vorteils durch eine bestimmte steuerliche Belastung nachgewiesen ist, wobei die Unmittelbarkeit dieses Zusammenhangs anhand des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels beurteilt werden muss (Urteil K, C-322/11, EU:C:2013:716, Rn. 65 und 66).
Im Zusammenhang mit der Hinzurechnung zuvor abgezogener Verluste einer gebietsfremden Betriebsstätte hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Hinzurechnung dieser Verluste nicht von ihrer vorangegangenen Berücksichtigung getrennt werden darf. Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass eine solche Hinzurechnung im Fall einer Gesellschaft, die eine in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Sitzes belegene Betriebsstätte hat, für die dem Mitgliedstaat des Sitzes dieser Gesellschaft kein Besteuerungsrecht zusteht, einer spiegelbildlichen Logik folgt. Somit bestand ein direkter, persönlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den beiden Komponenten der Steuerregelung, da die Hinzurechnung das untrennbare Pendant zum zuvor gewährten Abzug darstellte (vgl. in diesem Sinne Urteil Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C-157/07, EU:C:2008:588, Rn. 42).
Im Ausgangsverfahren genügt die Feststellung, dass, da die Bundesrepublik Deutschland kein Recht zur Besteuerung der Einkünfte aus einer in Österreich belegenen Betriebsstätte ausübt, die Hinzurechnung der betreffenden Verluste zum steuerlichen Ergebnis der gebietsansässigen Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehörte, einer spiegelbildlichen Logik folgt und das untrennbare Pendant zum zuvor gewährten Abzug darstellt. Folglich ist eine Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende auch durch das Erfordernis gerechtfertigt, die Kohärenz des deutschen Steuersystems zu gewährleisten.
Schließlich handelt es sich auch bei der Verhinderung von Steuerumgehung um ein Ziel, das geeignet ist, eine Beschränkung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit zu rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss, damit ein auf eine solche Rechtfertigung gestütztes Argument durchgreifen kann, das spezifische Ziel einer solchen Beschränkung die Verhinderung von Verhaltensweisen sein, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktionen zu errichten, um die Steuer zu umgehen, die normalerweise auf die durch Tätigkeiten im Inland erzielten Gewinne zu zahlen ist (Urteil K, C-322/11, EU:C:2013:716, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zur Relevanz dieser Rechtfertigung angesichts von Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ist festzustellen, dass die Gefahr besteht, dass ein Konzern seine Tätigkeiten so organisiert, dass er von seinen in Deutschland steuerpflichtigen Einkünften die Verluste einer in Österreich belegenen defizitären Betriebsstätte abzieht, um sodann, nachdem diese Betriebsstätte wieder Gewinne erzielt, ihre Tätigkeiten auf eine andere Gesellschaft des gleichen Konzerns zu übertragen, die in einem anderen Mitgliedstaat steuerpflichtig ist.
Werden die insoweit abgezogenen Verluste bei einer Veräußerung der in Österreich belegenen Betriebsstätte dem steuerlichen Ergebnis der in Deutschland ansässigen veräußernden Gesellschaft wieder hinzugerechnet, können mit der in Rede stehenden Steuerregelung somit Praktiken verhindert werden, mit denen die normalerweise auf die durch Tätigkeiten im deutschen Hoheitsgebiet erzielten Gewinne zu zahlende Steuer umgangen werden soll.
In Anbetracht dieser Erwägungen ist festzustellen, dass eine Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein kann, die sich aus dem Erfordernis ergeben, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich sowie die Kohärenz des Steuersystems zu gewährleisten und Steuerumgehung zu verhindern.
Gleichwohl ist noch zu prüfen, ob diese Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung ihrer Ziele erforderlich ist.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Anliegen der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse und der steuerlichen Kohärenz decken (Urteil National Grid Indus, C-371/10, EU:C:2011:785, Rn. 80). Außerdem sind die Ziele der Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und der Vermeidung von Steuerumgehung miteinander verknüpft (Urteil Oy AA, C-231/05, EU:C:2007:439, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zur Verhältnismäßigkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Steuerregelung ist darauf hinzuweisen, dass die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse darauf abzielt, die Symmetrie zwischen dem Recht zur Besteuerung der Gewinne und der Möglichkeit des Abzugs von Verlusten zu wahren. Das Erfordernis der Wahrung dieser Symmetrie verlangt, dass die abgezogenen Verluste einer Betriebsstätte durch die Besteuerung ihrer unter der Steuerhoheit des betreffenden Mitgliedstaats erwirtschafteten Gewinne ausgeglichen werden können, und zwar sowohl der im gesamten Zeitraum, in dem die Betriebsstätte zur gebietsansässigen Gesellschaft gehörte, realisierten Gewinne als auch der zum Zeitpunkt ihrer Veräußerung realisierten Gewinne (Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 32 und 33).
Mit einem solchen Ausgleich kann außerdem die steuerliche Kohärenz gewährleistet werden, da er das untrennbare Pendant zur vorangegangenen Berücksichtigung dieser Verluste ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C-157/07, EU:C:2008:588, Rn. 54).
Überdies lässt sich mit ihm auch eine Steuerumgehung verhindern, weil er die Gefahr von Verhaltensweisen ausschließt, mit denen die normalerweise im Sitzstaat der Gesellschaft, zu der die Betriebsstätte gehört, zu zahlende Steuer umgangen werden soll.
Im Ausgangsverfahren steht fest, dass die Einkünfte aus einer in Österreich belegenen Betriebsstätte, die einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft gehört, sowohl vor der Veräußerung dieser Betriebsstätte als auch zum Zeitpunkt ihrer Veräußerung in Deutschland von der Steuer befreit sind. Demzufolge können die zuvor abgezogenen Verluste der veräußerten Betriebsstätte nicht durch die Besteuerung ihrer Einkünfte ausgeglichen werden. Daher ist die Hinzurechnung derartiger Verluste zum steuerlichen Ergebnis der veräußernden Gesellschaft eine in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen – Wahrung einer ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse sowie der steuerlichen Kohärenz und Verhinderung von Steuerumgehung – stehende Maßnahme.
Schließlich ist auf die Frage des vorlegenden Gerichts nach den in den Rn. 55 und 56 des Urteils Marks & Spencer (C-446/03, EU:C:2005:763) in Bezug auf endgültige Verluste aufgestellten Grundsätzen zu antworten, dass die Bejahung der Verhältnismäßigkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Hinzurechnung nicht bedeutet, dass der Mitgliedstaat, in dem die veräußernde Gesellschaft ansässig ist, die in den genannten Randnummern aufgestellten Grundsätze nicht beachten müsste. Die Hinzurechnung hat nämlich keine Auswirkung auf die Einstufung des betreffenden Verlusts.
Sofern die veräußernde gebietsansässige Gesellschaft nachweist, dass die hinzugerechneten Verluste endgültige Verluste im Sinne von Rn. 55 des Urteils Marks & Spencer (C-446/03, EU:C:2005:763) sind, verstößt es gegen Art. 49 AEUV, wenn es dieser Gesellschaft verwehrt wird, im Mitgliedstaat ihres Sitzes von ihrem steuerpflichtigen Gewinn die Verluste einer gebietsfremden Betriebsstätte abzuziehen (Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich, C-172/13, EU:C:2015:50, Rn. 27).
Zur Endgültigkeit eines Verlusts ist zum einen darauf hinzuweisen, dass sie sich nicht daraus ergeben kann, dass der Mitgliedstaat, in dem die betreffende Betriebsstätte belegen ist, jede Möglichkeit des Verlustvortrags ausschließt (Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich, C-172/13, EU:C:2015:50, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Zum anderen kann die Endgültigkeit eines Verlusts nur dann festgestellt werden, wenn die betreffende Betriebsstätte in dem Mitgliedstaat, in dem sie belegen ist, keine Einnahmen mehr hat, denn solange sie weiterhin – auch nur minimale – Einnahmen hat, besteht die Möglichkeit, die Verluste mit künftigen Gewinnen, die sie selbst oder ein Dritter in diesem Mitgliedstaat erzielt, zu verrechnen (Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich, C-172/13, EU:C:2015:50, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Hinsichtlich der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verluste hat die Republik Österreich angegeben, dass nicht alle Möglichkeiten zur Berücksichtigung dieser Verluste in Österreich ausgeschöpft worden seien.
Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, zu klären, ob Timac Agro tatsächlich den Beweis erbracht hat, dass die betreffenden Verluste endgültig sind.
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 49 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, wonach, wenn eine gebietsansässige Gesellschaft eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte an eine gebietsfremde, zum gleichen Konzern wie die veräußernde Gesellschaft gehörende Gesellschaft veräußert, die zuvor abgezogenen Verluste der veräußerten Betriebsstätte dem steuerlichen Ergebnis der veräußernden Gesellschaft wieder hinzugerechnet werden, sofern die Einkünfte einer solchen Betriebsstätte aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Mitgliedstaat des Sitzes der Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehörte, von der Steuer befreit sind.
Zur zweiten Frage
Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass infolge einer Änderung der deutschen Steuerregelung die Verluste einer gebietsfremden Betriebsstätte ab dem Veranlagungszeitraum 1999 – anders als in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 – in Deutschland nicht mehr berücksichtigt werden, falls der Mitgliedstaat, in dem die betreffende Betriebsstätte belegen ist, die ausschließliche Befugnis zur Besteuerung der Ergebnisse dieser Betriebsstätte hat.
Aus der Vorlageentscheidung geht außerdem hervor, dass diese Befugnis nach dem deutsch-österreichischen Abkommen der Republik Österreich zusteht.
Daher ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner zweiten Frage wissen möchte, ob Art. 49 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die einer gebietsansässigen Gesellschaft im Fall der Veräußerung einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte an eine gebietsfremde, zum gleichen Konzern wie die veräußernde Gesellschaft gehörende Gesellschaft die Möglichkeit verwehrt, die Verluste der veräußerten Betriebsstätte in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen, sofern aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die ausschließliche Befugnis zur Besteuerung der Ergebnisse dieser Betriebsstätte dem Mitgliedstaat zusteht, in dem sie belegen ist.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Steuerregelung, die es gestattet, Verluste einer im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats belegenen Betriebsstätte bei der Ermittlung der Ergebnisse und der Berechnung der steuerpflichtigen Einkünfte der gebietsansässigen Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehört, zu berücksichtigen, einen Steuervorteil darstellt, und dass die Versagung dieses Steuervorteils für den Fall, dass die Verluste aus einer Betriebsstätte stammen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Sitzes der Gesellschaft belegen ist, geeignet ist, eine gebietsansässige Gesellschaft davon abzuhalten, ihre Tätigkeiten über eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte auszuüben, und somit eine Beschränkung darstellt, die nach den Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich unzulässig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Lidl Belgium, C-414/06, EU:C:2008:278, Rn. 23 bis 26).
Nach der in Rn. 26 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ist eine solche Beschränkung nur statthaft, wenn sie Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.
Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Situationen ist in Rn. 27 des vorliegenden Urteils darauf hingewiesen worden, dass sich eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte in Bezug auf Maßnahmen eines Mitgliedstaats, die zur Vermeidung oder Abschwächung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsansässigen Gesellschaft dienen, grundsätzlich nicht in einer mit der Situation einer gebietsansässigen Betriebsstätte vergleichbaren Situation befindet.
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Situation einer in Österreich belegenen Betriebsstätte, über deren Ergebnisse die Bundesrepublik Deutschland keine Steuerhoheit ausübt und deren Verluste in Deutschland nicht mehr abzugsfähig sind, in Bezug auf Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung oder Abschwächung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsansässigen Gesellschaft nicht mit der Situation einer in Deutschland belegenen Betriebsstätte vergleichbar ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Nordea Bank Danmark, C-48/13, EU:C:2014:2087, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Unter diesen Umständen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 49 AEUV dahin auszulegen ist, dass er einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die einer gebietsansässigen Gesellschaft im Fall der Veräußerung einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte an eine gebietsfremde, zum gleichen Konzern wie die veräußernde Gesellschaft gehörende Gesellschaft die Möglichkeit verwehrt, die Verluste der veräußerten Betriebsstätte in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen, sofern aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die ausschließliche Befugnis zur Besteuerung der Ergebnisse dieser Betriebsstätte dem Mitgliedstaat zusteht, in dem sie belegen ist.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, wonach, wenn eine gebietsansässige Gesellschaft eine in einem anderen Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte an eine gebietsfremde, zum gleichen Konzern wie die veräußernde Gesellschaft gehörende Gesellschaft veräußert, die zuvor abgezogenen Verluste der veräußerten Betriebsstätte dem steuerlichen Ergebnis der veräußernden Gesellschaft wieder hinzugerechnet werden, sofern die Einkünfte einer solchen Betriebsstätte aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im Mitgliedstaat des Sitzes der Gesellschaft, zu der diese Betriebsstätte gehörte, von der Steuer befreit sind.
Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Steuerregelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die einer gebietsansässigen Gesellschaft im Fall der Veräußerung einer in einem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte an eine gebietsfremde, zum gleichen Konzern wie die veräußernde Gesellschaft gehörende Gesellschaft die Möglichkeit verwehrt, die Verluste der veräußerten Betriebsstätte in die Bemessungsgrundlage der Steuer einzubeziehen, sofern aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die ausschließliche Befugnis zur Besteuerung der Ergebnisse dieser Betriebsstätte dem Mitgliedstaat zusteht, in dem sie belegen ist.
Unterschriften
( *) Verfahrenssprache: Deutsch.
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